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Inanspruchnahme des Garanten durch den Garantienehmer

OLG München – Az.: 7 U 313/12

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.12.2011, Az. 12HK O 3228/08, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10.08.2012.

Gründe

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Die Würdigung durch das Landgericht ist frei von Rechtsfehlern (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Unter zutreffender Würdigung des Parteivortrags, der Gesamtumstände sowie der vorgelegten Unterlagen hat das Gericht in 1. Instanz zu Recht festgestellt, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der O. eine Insolvenzforderung in Höhe von 2.046.951,25 Euro zusteht. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Die hiergegen von Seiten des Beklagten vorgebrachten Einwände überzeugen nicht und vermögen seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Voranzustellen ist zunächst, dass das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Argumentation in § 10 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags ein selbständiges Garantieversprechen der Gemeinschuldnerin gesehen hat. Auf die Ausführungen hierzu im landgerichtlichen Urteil kann verwiesen werden. Die hiergegen von Seiten des Beklagten erneut vorgebrachten Einwände hat das Erstgericht bereits berücksichtigt. Es handelt sich nicht um eine akzessorische Garantieverpflichtung, wie der Beklagte meint. Dies ergibt sich aus der eindeutigen Formulierung im Vertrag. Dass es dort heißt: unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit und der Aufrechenbarkeit hat nicht zur Folge, dass der Haftungseintritt der Schuldnerin vom Bestehen der gesicherten Forderung abhängig sein soll -wie der Beklagte meint. Aus dem Gesamtzusammenhang und dem richtigen Verständnis der Vereinbarung insgesamt ergibt sich vielmehr, dass durch die Formulierung klargestellt werden sollte, dass Gegenrechte, die aus dem Valutaverhältnis zwischen dem Garantienehmer, hier die Klägerin, und dessen Schuldner, hier die H. KG, bei Inanspruchnahme aus der Garantie nicht entgegen gehalten werden können und dürfen.

Dies hat zur Folge, dass infolge der Selbständigkeit der Garantie gegenüber der zu sichernden Forderung der Garant grundsätzlich und vorbehaltlich eines etwaigen Rechtsmissbrauchs keine Einwendungen und Einreden aus dem zwischen dem Garantienehmer und dessen Schuldner bestehenden Valutaverhältnis herleiten kann. Ausgeschlossen ist auch die Geltendmachung von Einwendungen und Einreden aus dem Deckungsverhältnis des Garanten zum Garantieauftraggeber, d.h. dem Schuldner der gesicherten Forderung. Dem Garanten stehen demnach grundsätzlich nur diejenigen Einwendungen und Einreden zu, die sich unmittelbar aus dem Garantieverhältnis ergeben (vgl. Münchener Kommentar zum BGB, online, 2009, vor § 765 Rdnr. 20).

Dies hat im vorliegenden Fall zur Folge, dass – da der Garantiefall unstreitig eingetreten ist – lediglich Einwendungen gegen das Garantieversprechen an sich erhoben werden können und ggf. die Einrede des Rechtsmissbrauchs geltend gemacht werden kann.

Der Beklagte wendet auch in seiner Berufungsbegründung einen Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalerhaltung nach § 30 GmbHG ein. Auch hierauf ist das Erstgericht in seiner Entscheidung bereits näher eingegangen. Der Senat vermag der Auffassung des Beklagten, wonach der Inanspruchnahme aus der Garantie entgegen stehe, dass die Forderungen der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zu berücksichtigen gewesen sei, da die spätere Gemeinschuldnerin nicht über ausreichend freies Vermögen verfügt habe, um die Forderung der Klägerin ohne Verstoß gegen § 30 GmbHG zu erfüllen, nicht zu folgen. Entscheidend ist nämlich, dass es sich hierbei um eine Einwendung handelt, die sich nicht unmittelbar aus dem Garantieverhältnis ergibt, sondern um Einwendungen, die das Valutaverhältnis, d.h. das Verhältnis zwischen der Klägerin und der H. KG betreffen, bzw. mittelbar das Deckungsverhältnis zwischen der Garantin und der H. KG. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung des BGH (NJW 1990,1725) betrifft den Fall, in dem die KG an einen Kommanditisten, der als Nurkommanditist nicht gleichzeitig an der Komplementärbeteiligt war, Auszahlungen leistete, bevor das Stammkapital der Komplementär-GmbH auf andere Weise gedeckt war. In diesem Fall hat der BGH einen Rückzahlungsanspruch der KG analog §§ 30, 31 GmbHG bejaht. Selbst wenn man in der vorliegenden Konstellation, in der die Komplementärin aufgrund ihres Garantieversprechens direkt an die Kommanditistin Zahlungen unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften wegen der Mitverantwortung des Kommanditisten für die Erhaltung des Stammkapitals der GmbH zu leisten verpflichtet ist, eine weitere analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG nach erfolgter Zahlung bejahen würde (vgl. Ulmer/Habersack Großkommentar zum GmbHG, 2006, § 30 Rdnr. 107; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage, § 30 Rdnr. 60 ff.; Scholz, GmbHG, 10. Auflage, § 30 Rdnr. 59 ff.; Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage, § 30 Rdnr. 171 ff.; Binz/Sorg, „Die GmbH und Co. KG“, 11. Auflage, § 12 Rdnr. 46 ff.), führt dies vorliegend nicht dazu, dass eine Zahlungspflicht des Beklagten aus dem Garantieversprechen in jedem Fall ausgeschlossen ist und die beantragte Feststellung, dass eine entsprechende Insolvenzforderung besteht, nicht ausgesprochen werden kann. Von vornherein kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterkapitalisierung beseitigt wird und dann die Forderung erfüllt werden muss.

Wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, kann die Frage, ob die Auszahlung des geltend gemachten Betrags einen Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften in der GmbH und Co. KG darstellen würde, dahinstehen, da es sich bei der Forderung um eine nachrangige Insolvenzforderung i.S.d. § 39 Nr. 5 InsO handelt.

Dass es sich um eine nachrangige Forderung handelt, führt – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht dazu, die Klage abweisen zu müssen. Auch nachrangige Forderungen sind Insolvenzforderungen (vgl. Eickmann/Flessner, Insolvenzordnung, 4. Auflage, § 39 Rdnr. 6), die erst Deckung erlangen, wenn alle Forderungen des § 38 InsO voll gedeckt sind. Es geht vorliegend auch nicht um die Frage der Anmeldung der Forderung zur Tabelle und in welcher Form bzw. unter welcher Voraussetzung diese zu erfolgen hat, sondern allein um die Feststellung des Bestehens einer Insolvenzforderung.

Schließlich kann der Beklagte auch mit seinem Einwand der Konfusion und der unzulässigen Rechtsausübung nicht durchdringen. Der Beklagte stützt sich dabei darauf, dass aufgrund des nicht wirksam erfolgten Eintritts der C… GmbH gem. § 7 des Gesellschaftsvertrags nach den Regelungen in § 14 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags das Vermögen der Gesellschaft der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft angewachsen sei. Demgegenüber hat in erster Instanz die Klägerin die Auffassung vertreten, dass ein wirksamer Beitritt der C….. GmbH erfolgt sei, sie auch als Komplementärin ins Handelsregister eingetragen sei.

Soweit der Beklagte meint, ein Anspruch der Klägerin scheide wegen Konfusion aus, ist ihm entgegen zu halten, dass gerade diese Konfusion, d.h. das Zusammenfallen von Schuldner und Gläubiger, einen Einwand darstellt, der nicht das Garantieverhältnis, sondern das Valutaverhältnis betrifft und zudem der Beklagtenvortrag nicht nachgewiesen oder evident ist. Letzteres führt damit auch dazu, dass der Beklagte mit seinem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (dolo facit, qui petit, quod statim redditurus est) nicht durchdringen kann. Der Nachweis, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft anzusehen ist und sie selbst Rückforderungsansprüchen des in Anspruch genommenen Garanten ausgesetzt ist, ist nicht evident und liquide bewiesen.

Der Senat regt daher an, die Berufung zur Meidung weiterer Kosten zurückzunehmen, im Fall der Rechtsmittelrücknahme ermäßigen sich die zweitinstanziellen Gerichtsgebühren um die Hälfte.

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