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Hausverwalter ist Versicherungsnehmer: Eigentümer nicht prozessführungsbefugt!

Wohnungseigentümer scheitern mit Ansprüchen aus Gebäudeversicherung

In einem aktuellen Gerichtsverfahren verlangten Wohnungseigentümer Schadensersatz von ihrer Gebäudeversicherung aufgrund eines Wasserschadens. Die Kläger konnten jedoch nicht erfolgreich gegen die Beklagte vorgehen, da ihnen die Prozessführungsbefugnis fehlte.

Direkt zum Urteil: Az.: 21 O 3045/21 springen.

Wasserschaden und Streit um Zuständigkeit

Die Kläger, Sondereigentümer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, machten Ansprüche aus einer Gebäudeversicherung geltend, die das Risiko austretenden Leitungswassers abdeckt. 2018 entstanden in ihrer Wohnung Schäden durch einen Wasseraustritt in der darüberliegenden Wohnung. Die Kläger verlangten 18.793,82 EUR für die Beseitigung der Schäden.

Gericht entscheidet gegen Kläger

Das Landgericht Ingolstadt entschied, dass die Klage unzulässig sei, da die Kläger nicht prozessführungsbefugt waren. Die Versicherungspolice benannte die Hausverwaltung als Versicherungsnehmer, sodass nur sie berechtigt war, Ansprüche geltend zu machen. Die Kläger, als Teil der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), waren somit nicht prozessführungsbefugt.

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Das vorliegende Urteil

LG Ingolstadt – Urteil vom 14.02.2023 – 21 O 3045/21

Die Kl. machen gegenüber der Bekl. Ansprüche aus einer Gebäudeversicherung geltend. Es geht um eine Wohnung im Erdgeschoss links im Anwesen …, einem Mehrfamilienhaus mit insgesamt 36 Wohnungen. Für dieses Gebäude besteht eine Wohngebäudeversicherung, die unter anderem das Risiko austretenden Leitungswassers abdeckt. ….

Im Jahre 2018 kam es in der über der hier streitgegenständlichen Wohnung liegenden Wohnung zu einem Austritt von Leitungswasser, durch das Wasser wurde auch die hier streitgegenständliche Wohnung in Mitleidenschaft gezogen und es entstanden Schäden.

Auf der 1. Seite des Versicherungsscheins heißt es unter dem Wort Versicherungsschein:

„Wohngebäudeversicherung VGB 2008 Hausverwalter optimal“.

Als VN ist ausgewiesen: Hausverwaltung ….

Seinerzeit war die Hausverwaltung … der Verwalter für das streitgegenständliche Anwesen. …

Zum 1.4.2022 wurde eine neue Hausverwaltung bestimmt. …

Die Kl. tragen vor, sie seien Sondereigentümer der streitgegenständlichen Wohnung.

Die Kl. tragen weiter vor, für die Beseitigung der durch austretendes Leitungswasser verursachten Schäden seien 18.793,82 EUR aufzuwenden.

Die Kl. meinen, sie seien trotz der Regelung des § 44 VVG berechtigt, ihre Ansprüche gegenüber der Bekl. selbst geltend zu machen, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht bereit gewesen sei, die Ansprüche für die Kl. gegenüber der Bekl. geltend zu machen oder die Kl. ermächtigt habe, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Auch die Hausverwaltung sei in dieser Richtung nicht tätig geworden.

Bereits mit der Klage haben die Kl. der Wohnungseigentümergemeinschaft … vertreten durch die Hausverwaltung und der damaligen Hausverwaltung … den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten der Kl. beizutreten.

Mit Schriftsatz vom 25.1.2022 haben die Streitverkündeten den Beitritt erklärt, allerdings nicht auf Seiten der Kl., sondern auf Seiten der Bekl. …

Die Bekl. bestreitet mit Nichtwissen, dass die Kl. Sondereigentümer in der WEG sind und dass die geltend gemachten Kosten den kausal auf den Versicherungsfall zurückgehenden objektiv erforderlichen Wiederherstellungskosten entsprechen.

Die Bekl. ist der Meinung, die Kl. seien gar nicht klagebefugt, die Klage demnach unzulässig. Nicht die WEG, sondern die Hausverwaltung sei VN.

Es sei eine Versicherung für fremde Rechnung abgeschlossen worden.

Gemäß Teil I. B § 12 Nummer 1 Satz 2 VGB 2008 stehe die Ausübung der Rechte aus diesem Vertrag nur dem VN und nicht nach dem Versicherten zu. Der fehlenden Prozessführungsbefugnis könnte auch nicht durch eine etwaige Bevollmächtigung abgeholfen werden.

Der Bekl. sei es auch nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die fehlende Klagebefugnis zu berufen. …

Gründe:

2. Die Klage ist … unzulässig.

Die Kl. sind nicht prozessführungsbefugt.

Prozessführungsbefugt wäre alleine die Hausverwaltung. Nur die Hausverwaltung ist VN. Auch die WEG wäre mangels Versicherungsnehmereigenschaft nicht prozessführungsbefugt.

Ausweislich des eindeutigen Wortlauts im Versicherungsschein ist VN des streitgegenständlichen Vertrages alleine die Hausverwaltung.

Dies wird auch erkennbar an der Bezeichnung der Versicherung im Versicherungsschein. Dort heißt es:

„Wohngebäudeversicherung VGB 2008 Hausverwalter optimal“.

Bei der Bezeichnung des VN auf der 1. Seite des Versicherungsscheins findet sich im Übrigen der Zusatz: „für WEG …“. Nach Teil B, § 12 Abs. 1 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen ist im Fall der Versicherung für fremde Rechnung alleine der VN zur Geltendmachung von Ansprüchen berechtigt. Der Versicherte ist auch dann nicht prozessführungsbefugt, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Wenn also schon die WEG als Versicherte nicht prozessführungsbefugt, gilt dies erst recht für die Kl. als Teil der WEG.

Es ist auch nicht treuwidrig von der Bekl., sich gegenüber den Kl. hierauf zu berufen.

Das Gericht verkennt nicht, dass für die Kl. eine problematische Situation eintritt, wenn weder die WEG noch die zuständige Hausverwaltung geneigt ist, Ansprüche der Kl. gegenüber der Versicherung durchzusetzen und die Kl. dies selbst aufgrund der fehlenden Prozessführungsbefugnis aber nicht können.

Den Kl. bleibt aber wohl die Möglichkeit offen, entweder von der Hausverwaltung oder von der WEG zu verlangen, dass ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchgesetzt werden. Gegebenenfalls haben die Kl. unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen die WEG oder die Hausverwaltung. Ob solche Ansprüche tatsächlich bestehen, ist hier nicht streitgegenständlich.

Rechtsmissbräuchliches oder treuwidriges Verhalten der Versicherung könnte nur angenommen werden, wenn das Verhalten der Versicherung nicht von einem beachtlichen, im Zweckbereich der Vertragsklausel liegenden Interesse gedeckt wäre.

Vorliegend stellt Teil I. B § 12 Nr. 1 VGB 2008 eine zulässige teilweise Abbedingung der Vorschrift des § 44 Abs. 2 VVG dar. Dass diese Abbedingung grundsätzlich zulässig ist, wird auch von den Kl. nicht bezweifelt.

Es besteht ein erkennbares und nachvollziehbares Interesse der Versicherung daran, nur mit dem VN und nicht mit sonstigen Personen verhandeln zu müssen. Die Anwendung von § 242 BGB begegnet vorliegend schon deswegen Bedenken, weil die Kl. ja genau genommen gar nicht Vertragspartner der Bekl. sind.

Weiter ist zu sehen, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft erfahrungsgemäß ja durch Veräußerung des Sondereigentums wechseln können und die Versicherung jedes Mal überprüfen müsste, ob eine Person, die mit Ansprüchen an die Versicherung herantritt, tatsächlich Sondereigentümer im Rahmen der WEG ist oder nicht.

Es besteht also ein anerkennenswertes Interesse der Versicherung daran, es im Streitfall nur mit dem VN und nicht parallel mit mehreren Beteiligten zu tun zu haben. Dies wird insbesondere an einem Fall wie dem vorliegenden deutlich, wodurch einen Wasserschaden ja ohne weiteres mehrere Wohnungen und damit mehrere Sondereigentümer betroffen sein können.

Die Klage ist daher mangels Prozessführungsbefugnis der Kl. bereits unzulässig.

Die Kl. haben zwar durch Vorlage eines entsprechenden Grundbuchauszugs ihr Sondereigentum nachgewiesen. Dies kann aber letztlich dahinstehen, wie bereits ausgeführt.

Es kann weiter dahinstehen, ob bereits der gestellte Feststellungsantrag unzulässig ist, am Ergebnis der Unzulässigkeit der Klage ändert dies nichts. Die Klage wäre auch dann unzulässig, wenn die Kl. einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt hätten oder stellen würden.

Auch auf die Höhe einer möglichen Entschädigung kommt es hier nicht an.

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