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Hausratversicherung – Wirksamkeit einer Tresorklausel

OLG Hamm – Az.: 20 U 92/20 – Urteil vom 07.09.2020

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

Beide Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Das Landgericht hat die auf Zahlung einer restlichen Versicherungsleistung aus einem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag über eine Hausratversicherung gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers aus der Berufungsbegründung vom 26.08.2020 (Bl. 56 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz, im Folgenden: eGA-II) greifen nicht durch.

1.

Der Kläger hat keinen weitergehenden vertraglichen Anspruch.

Soweit nach dem Versicherungsfall vom 12.07.2019 ein Anspruch auf Zahlung einer Versicherungsleistung bestand, ist dieser aufgrund der von der Beklagten bereits erbrachten Zahlung durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB.

Ein darüber hinausgehender Anspruch steht dem Kläger nicht zu, weil die nach der Behauptung des Klägers entwendenden Wertsachen und das Bargeld schon nach dessen eigenem Vorbringen nicht gemäß § 28 Nr. 3 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung (im Folgenden: VHB 2005, Bl. 45 ff. des elektronischen Anlagenbandes zum Schriftsatz vom 10.03.2020) in einem Tresor aufbewahrt wurden.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Regelung in § 28 Nr. 3 VHB 2005 wirksam ist.

Sie stellt eine primäre Risikobeschreibung dar, die weder überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB ist noch den Versicherungsnehmer unangemessen gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB benachteiligt (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1983 – IVa ZR 111/81, r+s 1983, 102, juris Rn. 18 ff.; Senat, Beschluss vom 31.08.2016 – 20 U 69/16, r+s 2017, 21, juris Rn. 57 und Beschluss vom 03.05.2013 – 20 U 247/12, r+s 2013, 439; OLG Oldenburg, Beschluss vom 13.01.2017 – 5 U 162/16, juris; OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2016 – 9 U 127/16, VersR 2017, 612).

Dagegen wendet sich die Berufung auch nicht.

2.

Hausratversicherung – Wirksamkeit einer Tresorklausel
(Symbolfoto: Von Krakenimages.com/Shutterstock.com)

Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht einen auf eine Regulierung des Versicherungsfalls bis zur Entschädigungsgrenze gemäß § 28 Nr. 2 VHB 2005 (hier: 30 % der Versicherungssumme) gerichteten Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 6 Abs. 5 VVG abgelehnt.

a)

Dabei kann offen bleiben, ob dem Zeugen T als Agent der Beklagten eine dieser zurechenbare Pflichtverletzung im Sinne von § 6 Abs. 1, 4 VVG vorzuwerfen ist. Zweifel daran könnten deshalb bestehen, weil den Versicherer nach dieser Vorschrift nur in Ausnahmefällen eine Belehrungspflicht über in den AVB enthaltene Verschlussvorschriften trifft. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird nicht davon ausgehen, dass Wertsachen unabhängig von ihrem Wert ohne zusätzliche Sicherung versichert sind (OLG Celle, Urteil vom 23.09.2010 – 8 U 47/10, VersR 2011, 212; OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.07.2010 – 5 U 613/09, VersR 2011, 489; Senat, Beschluss vom 03.05.2013 – 20 U 247/12, r+s 2013, 439). Zudem schloss der Kläger – auch nach seiner eigenen Darstellung – die Anschaffung eines Tresors von Vornherein aus.

Letztlich kommt es auf das Vorstehende jedoch nicht an.

b)

Denn das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der vom Kläger geltend gemachte Schaden – nämlich die Differenz zwischen der Leistung der Beklagten auf der Grundlage von § 28 Nr. 3 VHB 2005 und der ohne diese Tresorklausel geltenden Entschädigungsgrenze – jedenfalls nicht kausal auf einer solchen etwaigen Pflichtverletzung beruhte.

aa)

Die Begründung des Klägers, dass er sich bei anderer Beratung einen Tresor angeschafft und die Wertsachen in demselben aufbewahrt hätte, greift nicht durch.

Der Senat hat keine Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Feststellung des Landgerichts, wonach der Kläger sich auch dann, wenn er – zu seinen Gunsten unterstellt, dass dies nicht geschehen ist – vom Zeugen T explizit auf den begrenzten Versicherungsschutz hingewiesen worden wäre, keinen Tresor angeschafft hätte.

Zu Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, dass der Kläger selbst in erster Instanz sowohl schriftsätzlich als auch bei seiner Anhörung angegeben hat, er hätte den Vertrag mit der Beklagten gekündigt, wenn ihm gesagt worden wäre, dass bei der Aufbewahrung außerhalb eines Tresors nur eingeschränkter Versicherungsschutz bestehe (eGA-I 127). Das davon nunmehr abweichende Vorbringen in der Berufungsbegründung, der Kläger hätte bei gehöriger Aufklärung „seine Einstellung noch einmal überdacht und sich einen Tresor angeschafft“ (eGA-II 58), ist – stellt man zugunsten des Klägers zunächst einmal nur auf diesen Satz ab – nicht nur neu im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO, sondern steht im eklatanten Widerspruch zu den ausdrücklichen Angaben, die der Kläger selbst bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht gemacht hat. Es ist daher unbeachtlich.

Ohnehin behauptet der Kläger wohl auch gar nicht bestimmt, dass er einen Tresor erworben hätte. Denn die Berufungsbegründung fährt fort, dass der Kläger „alternativ“ den Vertrag gekündigt und einen anderen Versicherer gesucht hätte.

bb)

Aber auch ausgehend von einer solchen hypothetischen Kündigung stellt die mit der Klage geltend gemachte Differenz zwischen der Leistung der Beklagten auf der Grundlage von § 28 Nr. 3 VHB 2005 und der ohne diese Tresorklausel geltenden Entschädigungsgrenze keinen kausalen Schaden dar.

Zwar kann der Versicherungsnehmer nach § 6 Abs. 5 VVG als Schaden eine sogenannte „Quasi-Deckung“ beanspruchen, wenn er bei gehöriger Aufklärung einen anderen Vertrag geschlossen hätte, der ihm für den in Rede stehenden Versicherungsfall Versicherungsschutz geboten hätte (BGH, Beschluss vom 03.02.2011 – IV ZR 171/09, VersR 2011, 623). Dass am Markt ein Vertrag über eine Hausratversicherung verfügbar wäre, in dem Wertsachen gänzlich wertunabhängig auch dann versichert sind, wenn sie ohne jegliche Sicherung aufbewahrt werden, ist aber nicht ersichtlich.

II.

Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.

Nach dem Hinweis ist die Berufung zurückgenommen worden.

 

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