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Hausratversicherung: Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung über den Umfang des Schadens

LG Köln, Az.: 24 O 207/06, Urteil vom 23.08.2007

1. Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 6.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.03.2006 zu zahlen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Wasserschaden Hausratversicherung
Symbolfoto: JamieWilson/Bigstock

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch aus einem Hausratversicherungsvertrag wegen eines angeblichen Einbruchs von Ende Januar 2006 geltend. Die Beklagte verlangt widerklagend eine Entschädigungsleistung, die sie auf der Grundlage desselben Vertrages wegen eines ihr gemeldeten Leitungswasserschadens an den Kläger erbracht hat mit Rücksicht auf die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung.

Der Kläger hatte bis Juli 1997 bei der G. Versicherung einen Hausratversicherungsvertrag. Zwischen 1994 und 1997 meldete er sechs Schäden. Die G. Versicherung kündigte schließlich den Vertrag.

Alsdann schloss der Kläger bei der N. Versicherung einen Hausratversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn 26.06.1997. Die N. Versicherung nahm er zweimal in Anspruch. Die Versicherungsgesellschaft kündigte alsdann den Versicherungsvertrag.

Ab dem 10.08.2001 unterhielt der Kläger bei der B Versicherung einen Hausratversicherungsvertrag. Gegenüber dieser Versicherung machte er einen Schaden aus einem – angeblichen – Einbruchdiebstahl vom 15.02.2002 geltend und erhielt 19.083,62 € ausbezahlt. Tatbeute soll vornehmlich eine große Anzahl von CD’s gewesen sein. Nachdem der Kläger sodann die B Versicherung wegen eines Leitungswasserschadens vom 19.10.2002 erfolgreich auf Zahlung von 12.000,- € in Anspruch genommen hatte – beschädigt worden sollen u.a. eine Vielzahl von CD’s gewesen sein -, kündigte die B den Hausratversicherungsvertrag.

Am 20.02.2003 begab der Kläger sich in das M-Büro des Zeugen Y in Köln-T. Der Zeuge Y füllte mit Hilfe seines Laptop den Antrag auf eine Hausratversicherung aus, den der Kläger sodann nach Ausdruck unterschrieb. In der Spalte „Vorversicherung“ heißt es u.a.: „Es bestand eine Vorversicherung in folgenden Sparten: Hausrat: Bei der B Vers. AG, Vers-Schein-Nr.; Kündigung durch VR; keine Vorschäden.“ Die Versicherungsschein-Nr. des Klägers betr. den Vertrag mit der B wurde seitens des Zeugen Y später handschriftlich nachgetragen und der Antrag sodann per Fax an die Beklagte weitergeleitet. Auf den Versicherungsantrag wird Bezug genommen (Anlage K 1, Bl. 14 f GA). Die Beklagte policierte den Hausratversicherungsvertrag unter dem 26.02.2003 auf der Grundlage der VHB 2000 (Anlage K 2, Bl. 16 ff GA).

Auf der Grundlage dieses Vertrages regulierte die Beklagte einen seitens des Klägers gemeldeten Leitungswasserschaden vom 20.09.2003 (den 9. seit 1994) mit einer Zahlung von 6.000,- €.

Am 28.01.2006 meldete der Kläger der Beklagten einen angeblichen Einbruchdiebstahl , der sich zwischen dem 24./25.01.und dem 28.01.2006 ereignet haben soll. Er gab an, ihm seien insgesamt u.a. 2.665 CD’s entwendet worden. Im Verlauf der Regulierung überreichte der Kläger der Beklagten hunderte von Kaufbelegen betr. CD’s, ohne hierzu nähere Angaben zu machen. Der Kläger wusste, dass eine Vielzahl von Belegen CD´s betreffen, die bei dem Einbruch aus Februar 2002 entwendet worden waren und dass auch bei weitem nicht alle CD´s, die Ende Januar 2006 entwendet worden sein sollen, erwerbsmäßig belegt werden können.

Mit Schreiben vom 21.03.2006 (Anlage K 5, Bl. 27 GA) erklärte die Beklagte die Deckungsablehnung bzgl. des streitgegenständlichen Einbruchschadens und focht zudem den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Mit Rücksicht darauf forderte sie den Kläger auf, die Entschädigungsleistung, die sie auf den Leitungswasserschaden vom 20.09.2003 erbracht hatte, bis zum 07.03.2006 zurückzuzahlen.

Der Kläger behauptet, zwischen dem 24./25.01. und dem 28.01.2006 wiederum Opfer eines Einbruchdiebstahls geworden zu sein. Der oder die Täter sollen die zum Garten gelegene Tür des Hobbyraums unter irreparabler Beschädigung des Schlosses aufgebrochen haben. Danach sei der größte Teil der Regale, welche mit CD’s und Videokassetten bestückt gewesen seien, leer gewesen. Sämtliche elektronischen Geräte des Klägers hätten ebenfalls gefehlt. Wegen der Spezifizierung des Schadens wird auf Bl. 8 ff der Klageschrift (Bl. 8 ff GA) und deren Anlagen K 4 (Bl. 22 ff) und K 18 (Bl. 68 ff). Der Kläger behauptet, neben 152 Videokassetten seien auch 2.665 CD’s, die CD’s im Wert von 45.404,50 € entwendet worden.

Der Kläger behauptet, die entwendeten Gegenstände würden einen Gesamtschaden von 48.986,23 € ergeben.

Soweit er im Rahmen der Schadensregulierung Kaufbelege eingereicht habe, die CD’s betrafen, welche nicht Ende Januar 2006, sondern bereits 2002 gestohlen worden seien, beruhe dies nicht auf Täuschungsabsicht, sondern nur darauf, dass er sich nicht der Mühe unterzogen habe, insoweit zu differenzieren. Er habe halt alles vorgelegt, was er noch an Belegen gehabt habe.

Der Kläger behauptet, er habe dem Zeugen Y am 20. 02.2003 über die beiden Vorschäden, die er mit B Versicherung abgerechnet habe, in Kenntnis gesetzt. Herr Y habe erklärt, er werde sich diesbezüglich mit einem Mitarbeiter der B Versicherung, Herrn L, in Verbindung setzen, und sodann der Beklagten eine entsprechende Meldung durchgeben. Der Kläger habe zwar zumindest zeitnah nach Unterzeichnung des Versicherungsantrags erkannt, dass dort fälschlicherweise steht „keine Vorschäden“. Er habe jedoch darauf vertraut, der Zeuge Y werde dies gegenüber der Beklagten richtig stellen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 48.986,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen

2. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 6.000,- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.03.2006 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet das äußere Bild des Einbruchdiebstahls sowie die geltend gemachte Schadenshöhe. Sie hält den Versicherungsfall für vorgetäuscht. In diesem Zusammenhang verweist sie insbesondere auch auf das KTU-Gutachten vom 26.04.2006 (Bl. 86 f der Akte 62 Js 340/06 StA Köln = Bl. 603 f GA), das das Ergebnis der Untersuchung des von den Dieben angeblich überwundenen Schlosses wie folgt festhält: „In sperrtechnischer Hinsicht muss angezweifelt werden, dass der Einsatz des Bohrers zur erfolgreichen Überwindung der Schließung des Einsteckschlosses der Kellertür geführt hat, da weitere zu erwartende Spuren nicht festzustellen sind.“

Die Beklagte geht zudem von einer arglistigen Täuschung sowie einer vorsätzlichen Aufklärungsobliegenheitsverletzung aus. Hierzu verweist sie auf den unstreitigen Umstand, dass der Kläger hunderte von Einkaufsbelegen im Rahmen der Schadensregulierung eingereicht hat, ohne deutlich zu machen, dass zahlreiche Belege die Anschaffung insbesondere von CD’s betreffen, die bereits bei der B Versicherung als gestohlen gemeldet worden waren.

Die Beklagte geht davon aus, zudem wegen der Anfechtung des Vertrages leistungsfrei geworden zu sein und zudem die für den Leitungswasserschaden gezahlten 6.000,- € zurückverlangen zu können. Hierzu behauptet sie, der Kläger habe in Täuschungsabsicht im Versicherungsantrag angegeben „keine Vorschäden“, da er genau gewusst habe, dass die Beklagte das Vertragsangebot nicht angenommen hätte, wenn sie insbesondere über den gegenüber der B Versicherung geltend gemachten Einbruchvorschaden informiert worden wäre. Sie sei auch nicht von dem Zeugen Y zu irgendeinem Zeitpunkt über die Vorschäden in Kenntnis gesetzt worden. Der Kläger habe dem Zeugen Y auch nicht über die Vorschäden aufgeklärt. Sollte dies allerdings doch der Fall gewesen sein, so liege ein kollusives Verhalten des Zeugen Y vor, das die Beklagte sich nicht zurechnen lassen müsse.

Die Kammer hat den Kläger persönlich angehört. Auf die Sitzungsniederschrift vom 08.03.2007 wird Bezug genommen (Bl. 288 ff GA). Die Kammer hat ferner zu der Frage, welche Erklärungen bei Aufnahme des Versicherungsantrags abgegeben worden sind, Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 08.03.2007 (Bl. 290, 311 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Aussage des Zeugen I (Bl. 327 GA) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.06.2007 (Bl. 594 ff GA) Bezug genommen.

Die Akte 62 Js 340/06 StA Köln – Hauptakte ohne Anlagenbände – ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die Widerklageforderung ist berechtigt.

Dem Kläger steht aus dem angeblichen Einbruch von Ende Januar 2006 keine Entschädigung zu.

Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger im Rahmen der Regulierung die Beklagte im Sinne des § 31 VHB 2000 arglistig zu täuschen versucht hat, indem er eine Unzahl von Kaufbelegen einreichte und hiermit bewusst irreführend suggerierte, die Belege beträfen alle den geltend gemachten Schaden, dessen Höhe folglich jedenfalls weit überwiegend mit Einkaufsnachweisen nachvollziehbar sei, während die Belege in einem großen Umfang statt dessen CD’s betrafen, die nicht Gegenstand des streitgegenständlichen sondern eines früheren Versicherungsfalles waren. Der Kläger hat eingeräumt, die Belege bei der Beklagten eingereicht zu haben, obgleich ihm bekannt war, dass eine Vielzahl von Kaufnachweisen CD’s betrafen, die Ende Januar 2006 nicht gestohlen worden waren, sondern anlässlich des Einbruchdiebstahls vom 15.02.2002, den die B Versicherung abgewickelt hat. Unstreitig ist auch, dass bei weitem nicht für alle CD’s, die Ende Januar 2006 gestohlen worden sein sollen, Kaufnachweise vorliegen. Unstreitig ist schließlich, dass der Kläger bei Einreichung der Erwerbsnachweise keine zusätzlichen Erklärungen gegenüber der Beklagten abgegeben hat. Seine Erklärung, er sei nur zu bequem gewesen, insoweit danach zu differenzieren, welche Belege welchen Schadensfall betreffen, verfängt nicht. Wer im Rahmen einer Schadensregulierung Belege einreicht, erklärt damit – was auch für einen versicherungsrechtlichen Laien selbstverständlich ist -, dass die Belege den geltend gemachten Schaden betreffen. Nichts anderes wollte auch der Kläger erklären. Hierbei war er sich darüber im Klaren, dass die Beklagte aufgrund des Umfangs der Belege davon ausgehen würde, eine weitaus größere Anzahl der als gestohlen gemeldeten CD’s sei als vom Kläger erworben belegt, als dies in Wirklichkeit der Fall war. Dass insoweit Fragen aufkommen würde, weil angesichts der besonders hohen Anzahl der angeblich gestohlenen CD’s klar. Angesichts der Mühsal, eine konkrete Abgleichung der im einzelnen bezeichneten CD’s mit den Kaufbelegen vorzunehmen, war andererseits auch zu erwarten, dass sich dieser Arbeit der Sachbearbeiter der Beklagten wohl nicht unterziehen werde, zumal der Kläger selbst in seiner Schadensauflistung nicht auf bestimmte Kaufbelege Bezug genommen hatte. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eine zur Leistungsfreiheit insgesamt führende arglistige Täuschung vorliegt, wenn dem Versicherer vorgespiegelt werden soll, es lägen Schadensnachweise in einem größeren Umfang vor, als dies in Wahrheit der Fall ist; unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Schaden objektiv in der angegebenen Höhe entstanden ist.

Die Beklagte ist zudem leistungsfrei, weil sie die Annahme des Antrags des Klägers auf Abschluss eines Versicherungsvertrages wirksam wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG, § 123 StGB angefochten hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer der Überzeugung, dass der Kläger bewusst irreführend angegeben hat, es habe keine Vorschäden gegeben. Das Antragsformular ist sehr übersichtlich gehalten. Der Zeuge Y hat betont, dass er die Frage nach Vorschäden wegen ihrer Bedeutung für die Beklagte regelmäßig stelle. Dementsprechend behauptet der Kläger auch nicht, er sei nicht nach Vorschäden gefragt worden. Unterstellt, der Kläger habe den Zeugen Y über die Vorschäden bei der B Versicherung in Kenntnis gesetzt, fragt es sich dann allerdings, weshalb es in dem seitens des Klägers unterzeichneten Antrag gleichwohl heißt: „keine Vorschäden“. Für ein etwaiges Versehen des Zeugen Y, dass dieser mittelbar in seiner Vernehmung dadurch in den Raum gestellt hat, dass er schilderte, die Angabe „keine Vorschäden“ sei vom EDV-gestützten System vorgegeben und werde übernommen, wenn man die entsprechende „0“ nicht ändere, spricht nichts. Denn nach der Behauptung des Klägers ist ihm ja die falsche Angabe selbst aufgefallen, ohne dass sie sodann – was doch bei Annahme eines Versehens mehr als naheliegend gewesen wäre – sogleich geändert worden wäre. Der Kläger hat in der Replik geschildert (Bl. 240 GA), er habe dem Zeugen Y bei Aufnahme des Versicherungsantrages auch das Kündigungsschreiben der B vorgelegt. Deshalb habe auch handschriftlich die frühere Versicherungsnummer nachgetragen werden können, damit für die Beklagte die Möglichkeit einer Recherche beim Vorversicherer bestanden hätte. Im Schriftsatz vom 02.03.2007 (Bl. 282 f GA) konkretisierte der Kläger sodann wie folgt: Er habe dem Zeugen Y über die Vorschäden berichtet. Dieser habe Eingaben in seinem Computer vorgenommen. Den ausgedruckten Antrag habe der Zeuge Y sodann dem Kläger vorgelegt. Der Kläger habe sodann festgestellt, dass unter dem Punkt Vorversicherung „keine Vorschäden“ angegeben war. Aus diesem Grunde habe der Kläger darauf bestanden, dass die Versicherungsvertragsnummer der Vorversicherung handschriftlich in den Antrag aufgenommen wurde. Da das Kündigungsschreiben der B, aus dem die Versicherungsvertragsnummer übertragen worden sein soll, nach dem Vorbringen des Klägers bereits bei der Antragsaufnahme vorgelegen hat, kann dies nur dahin verstanden werden, dass dem Kläger bereits bei der Antragsaufnahme die Fehlerhaftigkeit der Angabe „keine Vorschäden“ aufgefallen war. Auf diesen Punkt im Termin vom 08.03.2007 (Bl. 288 ff GA) angesprochen, druckste der Kläger lange herum, ohne ausschließen zu können, dass er tatsächlich bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Antrages die Falschangabe bemerkt habe. Nichts aber wäre näherliegender gewesen, als die Falschangabe dann sofort zu ändern. Als Grund dafür, weshalb er nicht sofort die Vorschäden im Antragsformular angegeben hat, nachdem ihm der Fehler aufgefallen war, gab der Kläger im Schriftsatz vom 02.03.2007 an, es sei zwischen ihm und dem Zeugen Y vereinbart worden, dieser solle sich mit einem bestimmten Mitarbeiter der B in Verbindung setzen, „um von diesem mehrere Informationen über die Vorschäden zu erhalten“. Im Termin vom 08.03.2007 hat der Kläger jedoch erklärt, bei Antragsaufnahme seien ihm die Größenordnungen der beiden Versicherungsleistungen der B bekannt gewesen; nach dem Formular der Beklagten war auch – dies sieht der Kläger richtig – nur nach der letzten Vorversicherung und Vorschäden gefragt, die im Verlauf der letzten Vorversicherung geltend gemacht worden sind. Der Zeuge Y habe ihn gefragt, wie viele Fälle es gewesen seien, was es für Fälle gewesen seien und welche Versicherungsleistungen erbracht worden seien. Diese Fragen habe er dem Zeugen Y jeweils beantwortet. War der Zeuge Y jedoch konkret informiert, um welche Vorschäden es ging, so bestand auch keine Veranlassung, die Falschangabe so lange unkorrigiert zu lassen, bis der Zeuge Y nähere Informationen über einen Mitarbeiter der B eingezogen hätte. Im Übrigen wäre aus Sicht eines redlichen Versicherungsnehmers nichtmals verständlich, weshalb die falsche Angabe nicht sogleich gestrichen wurde, auch wenn man nicht zeitgleich über hinreichend konkrete Informationen bzgl. der Vorschäden verfügt hätte; denn eins war gewiss: Die Angabe, es habe keine Vorschäden gegeben, war schlicht und ergreifend falsch und es stand auch nicht zu erwarten, dass sie bei weiteren – nach dem Klägervorbringen zudem völlig überflüssigen – Recherchen sich als richtig herausstellen würde. Die Ausführung des Klägers im Schriftsatz vom 02.03.2007, er sei davon ausgegangen, dass er, wenn etwas nicht stimmen sollte, Rückmeldung von der Beklagten erhalten würde, überrascht, wenn man von einem redlichen Versicherungsnehmer ausgeht: Dass etwas nicht stimmte, war dem Kläger doch klar und offen war nur, ob die Beklagte dies rechtzeitig merken würde. Aufgrund der Angabe der früheren Versicherungsnummer blieb zudem aus Sicht des Klägers das Hintertürchen offen, die Beklagte hätte doch schließlich die Möglichkeit gehabt, sich selbst bei der B kundig zu machen; so denn auch der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 04.10.2006 (Bl. 240 f GA). In diesen Zusammenhang passt auch die gestellte Blauäugigkeit des Klägers im Termin vom 08.03.2007, die sich in der Bemerkung zeigt, er habe zwar vor Annahme seines Versicherungsantrags bemerkt, dass die Angabe „keine Vorschäden“ nicht stimme; er habe jedoch nicht erwartet, dass noch mal ein Versicherungsfall eintritt. Wer soll das glauben, nachdem der Kläger zwischen 1994 und 2003 neun Versicherungsfälle im Rahmen von vier Hausratsversicherungen geltend gemacht hatte ? Für die Bösgläubigkeit des Klägers bei Unterzeichnung bzw. Absendung des Versicherungsantrages spricht zudem – ohne dass es hierauf entscheidend ankäme – seine Arglist im Zusammenhang im Regulierungsverfahren, wie sie oben beschrieben worden ist. Ohne dass es bei der Beweiswürdigung hierauf noch ankäme, zeigt auch der Umstand, dass der Kläger bedenkenlos heimlich mit dem Zeugen Y geführte Telefonate aufgenommen hat, dass es dem Kläger bei der Durchsetzung seiner Interessen nicht unbedingt auf die Einhaltung des vorgegebenen rechtlichen Rahmens ankommt, hat sich doch allgemein rundgesprochen, dass die heimliche Aufnahme von Telefonaten strafbewehrt ist.

Die schriftlichen und mündlichen Aussagen des Zeugen Y (Bl. 327, 595 ff GA) waren nicht geeignet, zu für den Kläger günstigeren Feststellungen zu gelangen. Inwieweit dem Zeugen Y geglaubt werden kann, der sich auf auffallend viele Gedächtnislücken berief, mag dahinstehen. Falls der Kläger aber den Zeugen Y tatsächlich über die Vorschäden bei der B aufgeklärt haben sollte, so ist von einem kollusiven Zusammenwirken des Klägers mit dem Versicherungsagenten der Beklagten auszugehen mit der Folge, dass dessen Kenntnisstand nicht der Beklagten zuzurechnen ist. Denn wenn sich bereits bei Antragsaufnahme herausgestellt hat, dass die Angabe, es gebe keine Vorschäden, falsch ist, so ist nichts dafür ersichtlich, weshalb der Zeuge Y, wenn er sich schon die Mühe machte, die frühere Versicherungsscheinnummer des Klägers handschriftlich auf dem Antrag nachzutragen, nicht mit einem Federstrich das Wörtchen „keine“ bei Vorschäden gestrichen hat. Gerade also wenn es stimmt, dass der Zeuge Y gegenüber dem Kläger bei Telefonaten im Zusammenhang mit der (drohenden) Deckungsablehnung eingeräumt hat, er sei vom Kläger über die Vorschäden informiert gewesen und er werde dem Kläger solange gegenüber der Beklagten die Stange halten, wie seine eigene wirtschaftliche Existenz nicht auf dem Spiel stehe, so ist dies nur nachvollziehbar, wenn der Zeuge Y mit dem Kläger unter einer Decke steckte. Denn Nachforschungen bei Herrn L/der B über die Vorschäden machten nach den eigenen Äußerungen des Klägers im Termin vom 08.03.2007 keinen Sinn, da der Zeuge Y hinreichend vom Kläger selbst über die Vorschäden informiert worden war; abgesehen davon, dass es sich ohnehin mit der Annahme der Redlichkeit der handelnden Personen nicht verträgt, die Falschangabe stehen zu lassen, nachdem „erkannt“ worden war, dass sie falsch war. Ein mögliches Motiv für ein arglistiges Zusammenwirken des Klägers mit dem Zeugen Y hat der Zeuge Y in seiner Vernehmung vom 14.06.2007 angegeben, als er erklärte, er helfe eigentlich lieber den Kunden, weil er von denen ja auch sein Geld verdiene. Nichts spricht dafür, dass der Zeuge Y die Beklagte über die Vorschäden in Kenntnis gesetzt hätte; das hat er selbst nicht behauptet. Angesichts der versicherungsvertraglichen Vergangenheit, allein schon im Hinblick auf die Vorversicherung bei der B AG, kann auch nicht im Ernst angenommen werden, die Beklagte hätte sodann den vorliegenden Vertrag mit einem Kunden abgeschlossen, der (wie recherchierbar gewesen wäre) wegen seiner Schadenshäufung in den Jahren davor von drei Versicherungen die Kündigung erhalten hatte. Auch spricht nach dem zuvor Ausgeführten nichts dafür, der Zeuge Y hätte etwa hinter dem Rücken des Klägers etwas Falsches in dem Antrag eingetragen, um auf jeden Fall zu einer Provision zu gelangen. Hiergegen spricht vor allem, dass dem Kläger ja der Fehler „aufgefallen“ war, ohne sich hierdurch veranlasst zu sehen, die Angabe „keine Vorschäden“ schriftlich ins Gegenteil zu verkehren, um damit der Wahrheit die Ehre zu geben.

Damit ist der Versicherungsvertrag, der die Parteien verband, wegen fristgemäßer Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung als von Anfang an nichtig anzusehen, § 142 BGB. Der Kläger ist danach gemäß § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB verpflichtet, die folglich wegen eines fehlenden wirksamen Vertragsverhältnisses zu Unrecht erhaltene Entschädigung aus dem gegenüber der Beklagten geltend gemachten Leitungswasserschaden in Höhe von 6.000,- € zurückzuzahlen. Die seitens der Beklagten geltend gemachten Zinsen rechtfertigen sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 54.986,23 € (Addition der Streitwerte von von Klage und Widerklage).

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