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Hausratversicherung – Leistungsfreiheit bei nachträglich veränderten Rechnungsbelegen

LG Düsseldorf, Az.: 11 O 94/12, Urteil vom 18.08.2015

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Hausratsversicherung nach einem behaupteten Einbruchsdiebstahl in Anspruch.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem 01.06.2006 eine Hausratversicherung, der nach Umstellung im Jahre 2010 die VHB 2007 in der Fassung 2009 zugrunde liegen.

Hausratversicherung - Leistungsfreiheit bei nachträglich veränderten Rechnungsbelegen
Symbolfoto: Von Rido /Shutterstock.com

Der Kläger meldete am 02.10.2010 um 0.40 Uhr bei der Polizei einen Einbruchsdiebstahl, das Ermittlungsverfahren wurde bei der Staatsanwaltschaft unter dem Aktenzeichen X geführt. Nach Angaben des Klägers verließen er und seine Ehefrau mit den gemeinsamen Kindern die Wohnung am Vortag gegen 17.30 Uhr, um bei Freunden den Abend zu verbringen. Als sie gegen 0.40 Uhr zur Wohnung zurückkehrten, soll die Wohnungstür offen gestanden haben und die Wohnung vollständig verwüstet, insbesondere die Wohnungseinrichtung zu einem Großteil mit Farbe besprüht gewesen sein. Hinsichtlich der Verunreinigungen durch Farbe, wird auf die zu den Akten gereichten Lichtbilder (Anlage B 2, Bl. 49 ff. GA) Bezug genommen. Gemäß Aktenvermerk eines der den gemeldeten Einbruchsdiebstahl aufnehmenden Polizeibeamten (Bl. 77 GA) roch es allerdings nicht nach frischer Farbe.

Die Stehlgutliste wurde durch den Kläger unter dem 04.10.2010 erstellt und bei der Polizei eingereicht (Bl. 75 ff. GA). Mit der Klage macht der Kläger diverse Haushaltsgegenstände sowie den Diebstahl von Schmuck geltend, zudem begehrt er Ersatz der durch die Farbverschmierungen beschädigten Möbel. Insgesamt macht der Kläger einen Schaden und eine Versicherungsleistung in Höhe von 44.059,05 EUR geltend. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageschrift vom 02.03.2012, Bl. 4 – 7 GA, Bezug genommen. Unter anderem begehrt er Ersatz für zwei angeblich entwendete Schmuckstücke, nämlich einer Halskette im Wert von angeblich 1.060,00 EUR sowie einem Schmuckset im Wert von angeblich 2.330,00 EUR (Originalbelege Bl. 151, 152 GA). Diesbezüglich streiten die Parteien darüber, ob die vorgenannten Belege zur Täuschung der Beklagten durch den Kläger nachträglich verändert wurden.

Der Kläger befindet sich derzeit in Haft in der Justizvollzugsanstalt Köln, nachdem er erstinstanzlich wegen Mordes an seiner Ehefrau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Er bestreitet, die vorgenannten Rechnungen verändert zu haben. Die Verwüstungen in seiner Wohnung seien auch nicht durch ihn verursacht worden. Er könne sich nicht erklären, weshalb die Täter, die in seine Wohnung eingedrungen seien, in diesem Ausmaß Vandalismusschäden angerichtet hätten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.059,05 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2011 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.110,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.03.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet einen Einbruchsdiebstahl. Sie verweist insoweit auf eine ihrer Ansicht nach Fülle von Auffälligkeiten und Merkwürdigkeiten, so unter anderem, dass es in der Wohnung nicht nach frischer Farbe gerochen habe. Für die Vandalismusschäden durch etwaige Täter gebe es keinerlei Erklärung, vielmehr läge eine Beziehungstat nahe. Darüber hinaus beruft sich die Beklagte darauf, leistungsfrei geworden zu sein, weil der Kläger versucht habe, sie, die Beklagte, arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für Grund oder Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, indem er nachträglich verfälschte Belege zur Begründung der Schadenshöhe eingereicht habe.

Die Kammer hat ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Frage eingeholt, ob die streitgegenständlichen Belege nachträglich verändert wurden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen M vom 24.06.2014 (Bl. 227 ff. GA) Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll sowie den sonstigen Akteninhalt, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Dem Kläger stehen keine Versicherungsleistungen aus dem von ihm behaupteten Einbruchsdiebstahl vom 01./.02.10.2010 zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger einerseits das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls ausreichend dargelegt oder andererseits die Beklagte die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Indizien bewiesen hat. Denn die Beklagte ist gemäß § 30 VHB in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer (Kläger) leistungsfrei geworden.

Leistungsfreiheit tritt ein, wenn der Versicherungsnehmer oder seine Repräsentanten den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen versuchen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Im Falle der Arglist kommt es auf die Kausalität nicht an.

Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist, dass über Tatsachen getäuscht wird, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Insoweit genügt jede objektiv falsche Angabe oder das Verschweigen offenbarungspflichtiger Tatsachen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Versicherungsnehmer zu Herkunft und Höhe eines von ihm als gestohlen gemeldeten Gegenstandes unwahre bzw. bewusst unvollständige Angaben macht, um hierdurch die Aussichten für eine Schadensregulierung durch den Versicherer insgesamt zu erhöhen (vgl. OLG Hamm, Versicherungsrecht 2012, 356 bis 358).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben, da der Kläger nachträglich veränderte, nämlich erhöhte Rechnungsbelege eingereicht hat. Dass die aus dem Ausland (Italien) stammenden Belege nachträglich verfälscht wurden, steht zur Überzeugung der Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.

Das im Ergebnis von dem Kläger nicht angegriffene Gutachten des Sachverständigen M hat ergeben, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Betragsangaben auf den Rechnungsbelegen durch Hinzufügungen verändert worden sind. Nach Art und Ausmaß der Merkmale sei bei beiden fraglichen Schreibleistungen jeweils eine Korrektur im Sinne einer Verbesserung bei einem Schreibfehler auszuschließen. Die Gründe für diese eindeutige Feststellung, die unter anderem darin liegen, dass sich die Schleifspuren der Kugelschreiber bei den streitgegenständlichen, hinzugefügten Ziffern, deutlich von den anderen unterscheiden, unter anderem auch der Sättigungsgrad unterschiedlich ist, etc., hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend in seinem schriftlichen Gutachten im Einzelnen ausgeführt. Dem ist der Kläger, wie bereits ausgeführt, auch nicht entgegen getreten.

 

Soweit der Kläger behauptet, dass nicht er die nachträglichen Verfälschungen, nämlich Erhöhungen der Rechnungsbeträge, vorgenommen habe, entlastet ihn dies indes nicht. Zwar ist durch das kriminaltechnische Gutachten eindeutig nur bewiesen, dass die beiden Rechnungsbelege verändert wurden, was bei deren Betrachtung aufgrund der Optik der Belege bereits naheliegt. Zur Überzeugung der Kammer steht jedoch aufgrund der sonstigen Umstände auch fest, dass dies allein durch den Kläger geschehen sein kann bzw. dem Kläger bei Einreichung dieser Belege bewusst gewesen ist, dass diese unzutreffend sind. Denn ein Interesse an der Veränderung der Rechnungsbelege besteht einzig und allein für den Kläger. Nur ihm kommt im Zusammenhang mit der begehrten Versicherungsleistung eine Erhöhung der Rechnungsbeträge zugute. Dass der Rechnungsbetrag dagegen vom ursprünglichen Aussteller nachträglich verändert worden ist, kann ausgeschlossen werden. Aber auch die Veränderung durch eine andere Person ist auszuschließen. In Betracht käme allenfalls noch die inzwischen verstorbene Ehefrau des Klägers, hierfür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Zudem ist der Schmuck dem Kläger auch bekannt gewesen. Da das Anschaffungsdatum (11.07.2009 bzw. 12.08.2009) nur etwas über ein Jahr vor dem vermeintlichen Diebstahl liegt, war dem Kläger auch bewusst, dass der Schmuck nicht den Wert des nunmehr veränderten Rechnungsbetrages hatte. Dies gilt insbesondere für den Beleg vom 12.08.2009, bei welchem der Rechnungswert von 330,00 EUR auf 2.330,00 EUR nachträglich verändert wurde. Diese Wertdifferenz kann dem Kläger nicht verborgen geblieben sein, so dass er auch bei Einreichung des Belegs jedenfalls das Bewusstsein hatte, die Beklagte täuschen zu wollen.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 2 ZPO.

Streitwert: 44.059,05 EUR

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