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Hausratversicherung – Erweiterung der Stehlgutliste nach 10 Monaten

Überarbeitung der Stehlgutliste / Wertgegenstandsliste

KG Berlin – Az.: 6 U 143/15 – Beschluss vom 10.05.2017

In dem Rechtsstreit hat der Senat nunmehr über die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 17. September 2015 beraten und beabsichtigt im Ergebnis, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt wegen eines streitigen Kellereinbruchs, der sich zwischen dem 24. November 2011 und dem 19. Januar 2012 ereignet haben soll und bei dem aus dem Kellerabteil, das der Kläger nutzte, diverse Gegenstände entwendet worden sein sollen, vom Beklagten die Zahlung einer Versicherungsleistung von – nach einer vorgerichtlich erfolgten Zahlung von 5.000,- EUR – weiteren 29.152,85 EUR aus einem bestehenden Vertrag über eine Hausratsversicherung.

Zu den Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts im ersten Rechtszug sowie zum Inhalt des streitigen Parteivorbringens und der vor dem Landgericht gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar das Vorliegen eines äußeren Bildes eines versicherten Einbruchsdiebstahls vorliege, die Angaben des Klägers aber nicht geeignet seien, dem Gericht die Überzeugung von der Richtigkeit des Umfangs der entwendeten Gegenstände zu vermitteln. Der Beweisantritt durch den erst in der mündlichen Verhandlung benannten Zeugen sei verspätet. Es könne ungeklärt bleiben, ob der Beklagte wegen versuchter arglistiger Täuschung seitens des Klägers leistungsfrei sei.

Zu den Einzelheiten der Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter verfolgt.

Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe seine Hinweispflicht verletzt. Es hätte die beantragte Frist zur Stellungnahme zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung gewähren müssen. Der Beweisantritt in der mündlichen Verhandlung sei nicht verspätet.

Der Kläger trägt vor, welche Wahrnehmungen der Zeuge … beim Verbringen von Gegenständen in den Kellerverschlag gemacht habe. Zu den Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungsschrift (Bl. 161, 162 d. A.) verwiesen.

Der Kläger habe auch die Stehlgutliste an die Polizei gefaxt.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 29.152,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. April 2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bestreitet den neuen Vortrag des Klägers. Der Beklagte verweist auf seinen bisherigen Vortrag und macht geltend, aus seiner Sicht sei der gesamte Einbruch vorgetäuscht, jedenfalls habe der Kläger über die Schadenshöhe getäuscht.

Zu den Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zwar zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beide Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor.

1) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass dem Kläger der Nachweis des äußeren Bildes eines versicherten Kellerdiebstahls gelungen ist. Dieser Auffassung stimmt der Kläger zu.

2) Das Landgericht hat auch zutreffend die volle Beweislast für das Abhandenkommen versicherter Sachen bei diesem Kellereinbruch beim Kläger gesehen. Der Kläger muss also nachweisen, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen unmittelbar vor dem Diebstahl in dem Kellervorschlag vorhanden waren und nach dem Einbruch nicht mehr vorhanden waren. Für diesen sogen. Beutenachweis muss er grundsätzlich den Vollbeweis gemäß § 286 ZPO führen. Dieser Nachweis gelingt dem Kläger nicht.

Hausratversicherung - Erweiterung der Stehlgutliste nach 10 Monaten
(Symbolfoto: Von Rebecca Schochenmaier/Shutterstock.com)

a) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Neffen des Klägers nicht als Zeugen vernommen hat. Denn er ist kein geeigneter Zeuge für das Abhandenkommen der nunmehr als gestohlen gemeldeten Gegenstände. Wann die Tat stattgefunden hat, ist von den Polizeibeamten nicht aufzuklären gewesen. Der Zeuge könnte also nur angeben, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeinsam mit dem Kläger Gegenstände in den Kellerverschlag gebracht und dort Gegenstände wahrgenommen hat. Er kann jedoch keine Angaben dazu machen, dass diese Gegenstände dort bis zum Diebstahl im Kellerverschlag aufbewahrt wurden und nach dem Diebstahl verschwunden waren. Der Kläger behauptet selbst gar nicht, dass der Zeuge nach dem Bemerken des Diebstahls durch den Kläger vor Ort war und Wahrnehmungen gemacht hat. Der Kläger trägt auch nicht vor, dass der Zeuge die alleinige Kontrolle über den Zugang zum Kellerverschlag hatte. Er kann deshalb aus eigener Wahrnehmung nicht angeben, welche Gegenstände bei einem Einbruchdiebstahl aus dem Kellerverschlag abhandengekommen sind, weil er nicht weiß, wann der Diebstahl stattgefunden hat und welche Gegenstände zu diesem Zeitpunkt im Kellerverschlag vorhanden waren.

Im Übrigen wäre der Beweisantritt auch verspätet gewesen. Der Termin zur mündlichen Verhandlung war durch die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers zum Zwecke der Sachaufklärung erkennbar ein Termin, der so vorbereitet werden sollte, dass in ihm der Sachverhalt bis zur Entscheidungsreife des Rechtsstreits aufgeklärt werden sollte. Da der Streit über den Umfang der abhanden gekommenen Sachen den Kern des Rechtsstreits bildete, musste ein etwaiger Beweisantritt spätestens nach der Klageerwiderung und rechtzeitig vor dem Termin erfolgen, damit eine Ladung des Zeugen noch hätte erfolgen können, § 282 ZPO. Die Zurückweisung ist gemäß § 296 Abs. 2 ZPO auch rechtsfehlerfrei gewesen, denn der Kläger hat Entschuldigungsgründe nicht vorgetragen. Einer Aufforderung seitens des Landgerichts, Beweis für den Schadensumfang anzutreten, bedurfte es angesichts des Einwandes der Beklagten, der Kläger täusche arglistig über die Anzahl der entwendeten Gegenstände, nicht. Der Kläger wurde dadurch deutlich darauf hingewiesen, dass es an ihm ist, den Umfang der entwendeten Gegenstände zu beweisen.

b) Dem Kläger gelingt der Nachweis der Entwendung der genannten Gegenstände auch mit seinen eigenen Angaben nicht. Der Senat berücksichtigt, dass ein Versicherungsnehmer, der Opfer eines Einbruchdiebstahls geworden ist, oftmals keine Zeugen benennen kann, die kurz vor der Tat den Hausrat wahrgenommen haben und bestätigen können, welche Gegenstände nach der Tat nicht mehr an dem versicherten Ort vorhanden waren. Deswegen kann es im Einzelfall für die Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 ZPO ausreichen, wenn der Versicherungsnehmer selbst uneingeschränkt glaubwürdig ist und glaubhafte Angaben zum Schadensumfang macht. Der Vortrag des Klägers und das Ergebnis seiner Anhörung vor dem Landgericht sind jedoch nicht geeignet, dem Senat die volle Überzeugung von der Richtigkeit des klägerischen Vortrages zu verschaffen, dass die im Schreiben seiner vormals bevollmächtigten Rechtsanwältin Dr. R… vom 15. November 2012 (Anlage B 2) aufgeführten Gegenstände, die er mit Schriftsatz vom 30. März 2015 zum Gegenstand seiner Klage gemacht hat, tatsächlich entwendet worden sind.

Gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spricht der Umstand, dass in der Stehlgutliste vom 1. Februar 2012 (Bl. 14 d. A.) deutlich weniger Gegenstände aufgeführt waren als in diesem Schreiben. Der Versuch des Klägers, diese Abweichung damit zu erklären, es sei menschlich, dass der genaue Umfang der gestohlenen Gegenstände erst nach einer bestimmten Zeit deutlich wird (Bl. 95 d. A.), kann nicht überzeugen. Denn zwischen dem Entdecken des Diebstahls und dem Fertigen der Stehlgutliste lag ein Zeitraum von fast zwei Wochen, der ausreichend ist, um den genauen Schadensumfang zu ermitteln. Jeder Versicherungsnehmer weiß, dass er der Polizei möglichst zeitnah alle entwendeten Gegenstände benennen muss, damit überhaupt eine sinnvolle und zielgerichtete Ermittlungsarbeit möglich wird. Selbst wenn ein Tatverdächtiger oder Hehler ermittelt würde, könnten die Polizeibeamten nicht feststellen, welche Gegenstände beim Kläger entwendet worden sind. Ein Zeitraum von fast zwei Wochen reicht für einen Versicherungsnehmer, der ein ernsthaftes Interesse daran hat, die Fahndung zu unterstützen, aus, um eine detaillierte Stehlgutliste zu erstellen. Die Erweiterung der Liste nach über zehn Monaten begründet daher nicht zu überwindende Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben.

Im Übrigen erscheint es auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers, die den Diebstahl aufnehmenden Polizeibeamten hätten ihm gesagt, er solle weitere Angaben über gestohlene Gegenstände in einer nachzureichenden Liste aufführen, wenig plausibel, dass die am Tatort den Diebstahl aufnehmenden Polizeibeamten als entwendete Gegenstände allein zwei Fahrräder und vier Winterreifen aufgenommen haben, wenn nach der Behauptung des Klägers schon auf den ersten Blick eine Vielzahl technischer Geräte sowie mehrere Kartons mit eingelagerten Gegenständen gestohlen wurden, da es dann nahe gelegen hätte, dass diese Tatsache – wenn auch ohne Einzelheiten – aufgenommen wird. Stattdessen ist in der Ermittlungsakte (BA, Bl. 2) nur vermerkt, dass die Täter den Kellerverschlag “durchwühlten”. Danach müssen noch in erheblichem Umfang Gegenstände vorhanden gewesen sein, andernfalls könnte nicht von einem “Durchwühlen” gesprochen werden.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers sind zudem dadurch begründet, dass er im Rechtsstreit einräumt, diverse Gegenstände, die er im Keller gelagert habe und die er als gestohlen meldete, seien für seinen Haushalt nicht mehr benötigt und dort zwecks späterer Veräußerung auf dem Flohmarkt im Keller zwischengelagert worden. Dies betrifft nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung nicht nur die Kinderkleidung sowie Spielsachen, sondern auch eine Vielzahl elektrischer Geräte bzw. Bauteile. Im Schreiben vom 15. November 2012 wurden für all diese Geräte jedoch der Anschaffungspreis als geforderte Versicherungsleistung geltend gemacht, obwohl nach § 9 Nr. 1 c) der VHB 2008 Sachen, die für ihren Zweck im versicherten Haushalt nicht mehr zu verwenden sind, nur in Höhe des erzielbaren Verkaufspreises (gemeiner Wert) entschädigt werden. Darüber hat der Kläger die Beklagte nicht informiert, obwohl er anwaltlich beraten war.

3) Dem Kläger könnte auch zur Höhe nicht der Nachweis gelingen, dass ihm über die vom Beklagten gezahlten 5.000,- EUR hinaus noch ein hinausgehender Anspruch auf eine Versicherungsleistung zustünde.

a) Die bei der polizeilichen Aufnahme der Diebstahlsanzeige als gestohlen angegebenen Gegenstände können schon deshalb keinen weitergehenden Anspruch begründen, weil die Fahrräder nicht Gegenstand der Klage und die vier Autoreifen nebst Felgen gemäß § 6 Nr. 4 lit. c) der VHB 2008 als Kraftfahrzeugteile und Zubehör nicht versichert sind. Der Kläger behauptet nicht, dass ein Sonderfall vorliegt, der von Nr. 2 lit. c) der genannten Klausel erfasst ist.

b) Bei den Technischen Geräten (B 2 – Nr. I.) sind sechs Funksets der Marke Motorola sowie die Leuchtreklameschilder nicht vom Versicherungsschutz umfasst, denn es handelt sich weder um Hausrat gemäß § 6 Nr. 2 lit. a) der VHB 2008 noch um Arbeitsgeräte oder Einrichtungsgegenstände. Auch Handelsware, die gemäß Bl. 47 d. A. im hier vereinbarten (Bl. 8 d. A.) Exclusiv-Schutz bis zu 5.000,- EUR versichert wäre, liegt nicht vor.

c) Bei weiteren technischen Geräten, der Kleidung, dem Spielzeug sowie bei Büchern und CD’s kann aus den oben genannten Gründen gemäß § 9 Nr. 1 c) der VHB 2008 nur der gemeine Wert zum Ansatz kommen, der im Vergleich zum Neupreis sehr gering ist. Aufgrund der Zweifel, welche konkreten Gegenstände außer den polizeilich aufgenommenen sich zum Zeitpunkt des Diebstahls tatsächlich im Keller befanden und auch noch nicht “aussortiert” waren, kann demzufolge auch nicht festgestellt werden, dass überhaupt noch ein 5.000,- EUR übersteigender Entschädigungsanspruch bestünde.

4) Es kommt aus den vorstehenden Gründen nicht darauf an, ob die Beklagte insgesamt wegen Vortäuschung eines Diebstahls oder versuchter arglistiger Täuschung über die Zahl der entwendeten Gegenstände leistungsfrei wäre.

5) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil unter Zulassung der Revision nicht erforderlich. Zur Rechtsfortbildung eignet sich die hier streitige Sache nicht. Sonstige Gründe, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebieten, liegen nicht vor.

III.

Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen gegeben. Aus Kostengründen sollte die Zurücknahme der Berufung erwogen werden.

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