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Hausratversicherung – Beweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls

OLG Köln – Az.: 9 W 71/10 – Beschluss vom 14.02.2011

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Prozesskostenhilfe versagende Beschluss der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 07.06.2010 – 24 O 42/10 – in der Fassung des Beschlusses vom 27.09.2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht die Erfolgsaussicht des Begehrens verneint (§ 114 S. 1 ZPO). Die ergänzende Stellungnahme des Antragstellers im Beschwerdeverfahren führt nicht zu einer anderen Beurteilung.

1. Dem Antragsteller steht wegen des behaupteten Einbruchdiebstahls im Zeitraum vom 13.02. bis 19.02.2009 gegen die Antragsgegnerin kein Anspruch auf Entschädigung auf Grund der abgeschlossenen Hausratversicherung nach den §§ 3 Nr. 1b), 5 Nr. 1a) VHB 2002 (04/05) zu.

Nach § 5 Nr. 1a ) VHB 2002 liegt ein Einbruchdiebstahl vor, wenn jemand Sachen wegnimmt, nachdem er in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge eindringt.

Falsch ist ein Schlüssel nach dem Bedingungswerk, wenn seine Anfertigung für das Schloss nicht von einer dazu berechtigten Person veranlasst oder gebilligt worden ist. Der Gebrauch falscher Schlüssel ist nicht schon dann bewiesen, wenn feststeht, dass versicherte Sachen abhanden gekommen sind.

Der Versicherungsfall ist vorliegend nicht dargelegt und bewiesen.

Hausratversicherung - Beweis des äußeren Bildes eines Einbruchdiebstahls
(Symbolfoto: Von sdecoret/Shutterstock.com)

2. Dem Versicherungsnehmer kommen nach der Rechtsprechung Beweiserleichterungen zugute. Er genügt seiner Beweislast, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen (vgl. BGH VersR 2007, 102 m.w.N.) Bei einem Einbruchdiebstahl gehört zu diesem Minimalsachverhalt, dass die als gestohlen bezeichneten Sachen vor dem behaupteten Diebstahl am angegebenen Ort vorhanden und danach nicht mehr aufzufinden waren. Zudem gehört dazu, dass Einbruchspuren vorhanden sind, wenn nicht ein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt (BGH, a.a.O.). Diese Einbruchspuren müssen stimmig sein; die konkrete Spurenlage muss den Schluss auf einen Einbruch zulassen (vgl. OLG Schleswig r+s 2011, 25; Senat VersR 2006, 832 sowie Urteil vom 1.2.2011 – 9 U 125/10 zur Veröffentlichung bestimmt; OLG Karlsruhe VersR 1998, 757; KG VersR 2004, 733). Es ist vom Versicherungsnehmer konkret darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wie der Täter eingedrungen ist. Daran fehlt es vorliegend.

Soweit der Antragsteller nunmehr in der Beschwerdebegründung vorträgt, er könne nicht wissen, ob es Einbruchspuren am Türschloss und an den Fenstern gebe, ist dieser Vortrag im Sinne der genannten Rechtsprechung nicht ausreichend. Eine Erklärung mit Nichtwissen im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO ist nach der Rechtsprechung zum äußeren Bild nicht zulässig. Dies gilt hier vor allem vor dem Hintergrund, dass mit der Antragsschrift vorgetragen wird (vgl. auch die Angaben gegenüber dem Zeugen T vom 9.4.2009 (Anlage B 6), dass der Antragsteller bei Verlassen der Wohnung sämtliche Fenster verschlossen und die Wohnungseingangstüre zweimal abgeschlossen habe. Dass subtile Einbruchmethoden vorgelegen haben könnten, wird allgemein in den Raum gestellt und ist reine theoretische Spekulation.

Angesichts des Vortrags des Antragstellers zur Verschlusssituation scheidet auch ein „Einsteigen“ im Sinne der Bedingungen aus.

Wenn der Antragsteller nunmehr auch die Möglichkeit des Nachschlüsseldiebstahls geltend macht, kann dieser Gesichtspunkt dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Der Versicherungsnehmer genügt insoweit seiner Beweislast, wenn er konkrete Umstände dartut und nachweist, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass ein Nachschlüssel benutzt wurde (vgl. Senat, Urteil vom 1.2.2011 – 9 U 125/10). Diesen Anforderungen genügt der allgemein gehaltene Vortrag des Antragstellers nicht. Im übrigen fehlt es an einer Darlegung, dass es unwahrscheinlich ist, dass weitere richtige Schlüssel existieren (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 5 VHB 2000 Rn 4 m.w.N.). Vielmehr bleibt nach den Angaben des Antragstellers, auch gegenüber der Polizei (Bl. 52 der beigezogenen Akte 304 UJs 13439/09 A28 der Staatsanwaltschaft Itzehoe) offen, ob bei dem Vermieter, der die Schließanlage hat einbauen lassen, weitere richtige Schlüssel existieren.

3. Im übrigen entfällt ein Entschädigungsanspruch, weil nach der Gesamtschau vorliegend eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung des Versicherungsfalles besteht.

Dem Versicherer werden von der Rechtsprechung ebenfalls Beweiserleichterungen gewährt. Er muss Tatsachen darlegen und beweisen, die eine Vortäuschung des Versicherungsfalles mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahelegen (vgl. OLG Frankfurt VersR 2006, 68; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28 Aufl., § 5 VHB 2000 Rn 6 m.w.N.).

Dabei kann sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit sowohl aus allgemeinen Tatsachen ergeben als auch aus Zweifeln an der persönlichen Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers, insbesondere, wenn der Vortrag durch Ungereimtheiten gekennzeichnet ist. So liegt es hier.

Es spricht nämlich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass zum maßgebenden Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei eine Buttersäurekontamination nicht vorgelegen hat. So ergibt sich aus der vom Senat beigezogenen Ermittlungsakte, dass der Polizeiobermeister K zwar bestätigt hat (Bl. 12 EA), dass es in der Wohnung „gestunken“ habe. Der Geruch könne jedoch nicht näher beschrieben werden. Er würde aber nicht davon ausgehen, dass es sich um Buttersäure gehandelt habe.

Der Antragsteller selbst hat bei der Polizei angegeben (Bl. 8 EA), er habe die Streifenbesatzung auf einen „komischen Geruch“ in seiner Wohnung hingewiesen. Diese hätten allerdings nur erklärt, es rieche „muffig“. Dass zur Bewertung von Parteivortrag im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren der Inhalt von Strafakten zu berücksichtigen ist, ist anerkannt (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rn 26 a).

Hinzu kommt, dass mit erheblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass der anonyme Telefonanruf zu einem Buttersäureanschlag nicht existiert hat. Die Polizei hat festgestellt, dass der Antragsteller auf dem von ihm unter dem frischen Eindruck des Geschehens mit Bestimmtheit angegebenen Festnetzanschluss keinen Anruf – wie vom Antragsteller geschildert – erhalten hat (Bl. 26 EA). Nicht nachvollziehbar ist es, wenn der Antragsteller nunmehr auf eine weitere ihm zugeteilte Telefonnummer hinweist.

Schließlich ist bei der Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit zu berücksichtigen, dass der Antragsteller in der eidesstattlichen Versicherung vom 20.1.2009 (24 M 105/09 AG Itzehoe) falsche Angaben gemacht hat. Seine Angaben im Vermögensverzeichnis in jenem Verfahren stimmen nicht mit der Schadensliste im vorliegenden Verfahren überein. Dies ergibt sich aus den Belegen und deren Daten (Bl. 20 bis 23 EA). Dass es sich um einen überraschenden Vorgang gehandelt und er auf die Verwertungsmöglichkeit abgestellt habe, entlastet ihn angesichts der genauen Fragestellung und Belehrung hinsichtlich des Vermögensverzeichnisses nicht. Die Falschangaben räumt der Antragsteller auch mit Schriftsatz vom 13.9.2010 selbst ein. Damit sind erhebliche Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit gerechtfertigt.

Eine Gesamtschau dieser Umstände deuten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf einen vorgetäuschten Versicherungsfall hin.

4. Hotelkosten sind weder nach dem Versicherungsvertrag noch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu erstatten. Aus § 2 Nr. 1 c) VHB 2002 ist zu entnehmen, dass nur tatsächlich entstandene notwendige Hotelkosten nach näherer Maßgabe zu erstatten sind. Die Voraussetzungen des Verzuges liegen nicht vor.

5. Ob die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 31 VHB 2002 (in der Fassung der Antragsgegnerin) vorliegen, kommt es nicht mehr an.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO). Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 2, 3 S. 1 ZPO).

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