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Hausratversicherung – Bedrohungslage mit Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben

LG Köln – Az.: 20 O 99/18 – Urteil vom 06.02.2019

1.  Die Klage wird abgewiesen.

2.  Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3.  Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Hausratsversicherung wegen eines Schadensereignisses am 00.00.00 auf Ibiza.

Die Parteien sind durch einen Hausratsversicherungsvertrag (Versicherungsscheinnummer: ######) verbunden. Dieser enthält eine Außenversicherung mit einer Versicherungssumme von 40.000 EUR. Die Außenversicherung umfasst ausweislich der AVB in der Fassung 04/2011 unter Ziffer 5.4 folgenden Außenversicherungsschutz für Raub:

„Bei Raub besteht Außenversicherungsschutz in den Fällen, in denen Sie versicherte Sachen herausgeben oder sich wegnehmen lassen, weil eine Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben angedroht wird, die an Ort und Stelle verübt werden soll.“

Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt des Schadenseintritts mit seinem Sohn auf Ibiza. Gegen ca. 12:00 Uhr parkte der Kläger seinen PKW auf dem Parkplatz des Restaurants Y (Playa den Bossa). Er stellte das Fahrzeug ab und verriegelte dieses, um sodann gemeinsam mit seinem Sohn zu dem vorbezeichneten Restaurant zu gehen.

Auf dem Parkplatz kam dem Kläger eine – wohl männliche – Person, die einen Motorradhelm mit einem herunter geklappten Visier trug, entgegen. Diese Person entwendete dem Kläger eine Herrenarmbanduhr, indem er diese dem Kläger vom Handgelenk entfernte.  Der Kläger erlitt hierbei Hämatome am linken Unterarm/Handgelenk. Der unbekannte Täter flüchtete mit der Uhr.

Die Beklagte wurde zunächst außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert. Sodann wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit der Geltendmachung der Entschädigung beauftragt. Eine Entschädigungsleistung wurde seitens der Beklagten nicht erbracht.

Der Kläger behauptet, die entwendete Uhr sei eine Herren-Armbanduhr, Typ Audi Audemars Piguet Royal Oak Offshore Roségold, Referenznummer xxxxOK.OO.D002CA.01, Calibre xxxx/xxxx 17/D Kautschukarmband mit Faltschließe gewesen, die er bei dem Juwelier T erworben habe. Diese Uhr habe bei einem ursprünglichen Kaufpreis von 26.000 EUR nunmehr einen Wiederbeschaffungswert von 41.000 EUR.

Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Täters habe der Kläger um Leib und Leben bangen müssen. Der Täter habe sich bewusst dem Kläger gezeigt und sei in bedrohlicher Weise auf ihn zugegangen. Die Uhr sei ihm unter Gewaltanwendung vom Arm gerissen worden.

Der Vorfall sei sofort der örtlichen Polizei gemeldet und zur Anzeige gebracht worden. Die örtliche Polizei habe erklärt, dass sie für diesen Vorfall nicht zuständig sei und es ausreiche den Vorfall am folgenden Tag zu melden. Überdies sei bereits am Tag des Schadensfalls durch einen Bekannten des Klägers Rücksprache mit der Hauptstelle der Beklagten gehalten worden und der Schaden gemeldet worden.

Die Rechtsschutzversicherung des Klägers habe ihn ausdrücklich ermächtigt, die Geschäftsgebühr in eigenem Namen einzuklagen, ergänzend hierzu sei auch eine entsprechende Abtretung erteilt worden, die angenommen worden sei.

Der Kläger beantragt,

1.  die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2018 zu zahlen.

2.  die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1706,94 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe weder der zuständigen Polizeidienststelle noch dem Versicherer den Versicherungsfall unverzüglich angezeigt.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei dem Schadensvorfall lediglich um einen Trickdiebstahl handele, da es an der erforderlichen Gewalteinwirkung fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Zahlung von 41.000 EUR aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Als Anspruchsgrundlage kommt ausschließlich die vertragliche Vereinbarung aus dem Hausratsversicherungsvertrag iVm § 1 VVG in Betracht.

Die streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen sehen bei Raub einen Außenversicherungsschutz nur für die Fälle vor, in denen der Versicherungsnehmer die versicherte Sache herausgegeben oder sich hat wegnehmen lassen, weil eine Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben angedroht wird, die an Ort und Stelle verübt werden soll.

Diese Bedingung ist wirksam. Insbesondere im Hinblick darauf, dass eine Außenversicherung eine Erweiterung des Versicherungsschutzes innerhalb der Hausratsversicherung darstellt, bestehen keine Bedenken gegenüber der Einschränkung des Raubbegriffs (vgl. Urteil des OLG Köln 21-08.2012, 9 U 42/12 zu einer zulässig beschränkten Erweiterung des Versicherungsschutzes über eine reine Einbruchsversicherung hinaus bzgl. eines vorangegangen Schlüsselverlusts nur durch Raub oder Diebstahl).

Das Schadensereignis vom 00.00.00 stellt  keinen versicherten Schaden dar. Nach den eigenen Schilderungen des Klägers lag keine nach den Versicherungsbedingungen geforderte Bedrohungslage mit einer Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben vor.

Hausratversicherung - Bedrohungslage mit Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben
(Symbolfoto: Von Photographee.eu/Shutterstock.com)

Die Schilderung des Klägers, der Täter habe sich ihm mit einem aufgesetzten Motorradhelm mit heruntergelassenem Visier genähert, stellt alleine keine Situation dar, in der eine besondere Bedrohungslage vorliegt. Eine Bedrohung mit einer Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben kennzeichnet sich dadurch, dass – in Anlehnung an die strafrechtlichen Begrifflichkeiten – der Täter jedenfalls eine Gewalttat in ausreichend konkreter Form in Aussicht stellt. Vorliegend ist der Täter hingegen zunächst ausschließlich durch das Tragen des Motorradhelms aufgefallen. Eine auch nur im Ansatz konkrete Androhung einer Gewaltanwendung ist hierin jedoch noch nicht zu sehen. Dies tritt umso deutlicher zu Tage, wenn man sich vorstellt, der Täter wäre ohne die Uhr zu entwenden weitergegangen. In diesem Fall, wäre alleine in dem Tragen des Motorradhelms offensichtlich noch keine auch nur angedeutete Bedrohungslage gegeben.

Auch in dem Stehenbleiben unmittelbar hinter dem Versicherungsnehmer und dem Entreißen der Uhr vom Handgelenk ist kein Inaussichtstellen eines Übels im Sinne einer Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben zu sehen. Vielmehr wäre hier lediglich eine Gewaltanwendung in Betracht zu ziehen. Eine solche grenzt sich gerade von der Drohung  dadurch ab, dass kein zukünftiges Verhalten im Fokus steht, sondern das tatsächliche Handeln des Täters. So liegt der Fall hier. Der Täter hat durch sein Verhalten kein künftiges Übel in Aussicht gestellt. Er hat in keiner Weise mit dem Kläger kommuniziert. Sein Verhalten war ausschließlich auf die plötzliche Entwendung der Uhr gerichtet.

Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf 41.000,00 EUR festgesetzt.

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