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Hausratsversicherung – Versicherungsschutz bei Umzug in alter und neuer Wohnung

LG Kiel, Az.: 4 O 65/14, Urteil vom 28.01.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Leistungen aus einer Hausratversicherung nach einem Brand.

Hausratsversicherung - Versicherungsschutz bei Umzug in alter und neuer Wohnung
Symbolfoto: Tzido/Bigstock

Die Klägerin hatte ihren Hausrat in dem Einfamilienhaus … bei der Beklagten seit dem 15.04.2002 versichert. Im April 2011 erwarb die Klägerin ein Haus in … . Am 15.11.2012 nahm die Klägerin eine Tätigkeit bei der Firma … in … auf. Zum 01.05.2013 wollte die Klägerin das Haus in … an den Zeugen … vermieten. Am 24.03.2013 kam es in dem Haus zu einem größeren Brand.

Die Klägerin behauptet, bei dem Brand sei Hausrat im Wert von insgesamt 40.138,- € zerstört worden. Dieser Schaden sei von der Beklagten zu regulieren, weil zum Zeitpunkt des Brandes nach wie vor Versicherungsschutz bestanden habe. Denn die Klägerin habe zu dieser Zeit einen Doppelwohnsitz gehabt – sie habe sich sowohl in … als auch in … aufgehalten. Das neue Haus in … sei zu dieser Zeit noch von ihrem Ehemann saniert worden. Es habe noch keine Küche und noch keine Waschmaschine dort gegeben und man habe noch keine Möbel und keinen versicherten Hausrat dort hinverbracht. Die Klägerin habe nur an jeweils zwei aufeinander folgenden Nächten in der Woche in … übernachtet, da sie nur drei Tage pro Woche bei … gearbeitet habe. Von 129 Tagen habe sie sich an 62 Tagen in … aufgehalten.

Der Zeuge … habe schon einen Schlüssel für das Haus in … bekommen, jedoch lediglich zu dem Zwecke, dass er das Haus habe ausmessen wollen, um seine Einrichtung zu planen. Es sei ihm außerdem gestattet worden, vorab ein einziges Sofa in das Haus zu bringen, da er es geschenkt bekommen habe, aber nirgends sonst habe unterbringen können. Ab dem 08.04.2013 hätte der Zeuge dann mit Renovierungsarbeiten beginnen können.

Hilfsweise trägt die Klägerin vor, der für sie zuständige Vertreter der Beklagten, der Zeuge … , habe schuldhaft versäumt, sie auf einen Wegfall des Versicherungsschutzes und die Notwendigkeit einer zusätzlichen Versicherung hinzuweisen. Sie habe den Zeugen telefonisch noch im Jahr 2012 über den anstehenden Wohnungswechsel informiert. Dieser habe ihr gesagt, dass sie sich erst melden solle, wenn der Umzug abgeschlossen sei. Der Zeuge … hätte die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass sich eine Lücke im Versicherungsschutz ergeben könnte. Die Klägerin hätte dann ihre Hausratversicherung entsprechend erweitert.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 40.138,00 € nebst 4 %Zinsen seit dem 25.03.2013 bis 02.10.2013 sowie 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 03.10.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe im November mit ihrem Umzug von … nach … begonnen. Es habe sich um keine gleichwertigen Wohnsitze gehandelt, die Klägerin habe überwiegend in … gelebt. Dies zeige auch der Umstand, dass der Zeuge … schon Zugang zu dem Haus in … gehabt habe.

Die Beklagte bestreitet, dass der Zeuge … von dem Umzug der Klägerin überhaupt Kenntnis gehabt habe.

Die Beklagte bestreitet darüber hinaus, dass der von der Klägerin aufgelistete Hausrat in dem Haus in … zum Zeitpunkt des Brandes existiert habe, bei dem Brand zerstört worden sei und den von der Klägerin vorgetragenen Wert gehabt habe.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört. Diesbezüglich wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.06.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Zum Zeitpunkt des Brandes bestand kein Versicherungsschutz mehr für den Hausrat in dem Haus in … . Der Versicherungsschutz ist bereits vor dem Brandereignis auf die neue Wohnung in … übergegangen.

Die Klägerin hat spätestens am 15.11.2012 mit ihrem Umzug nach … begonnen. Damit war der Versicherungsschutz für den Hausrat in … gemäß Ziff. 21.1 HRB spätestens Mitte Januar 2013, also rund zwei Monate vor dem Brandereignis, ausgelaufen.

Der Umzug beginnt gemäß Ziff. 21.1 mit dem Zeitpunkt, in dem erstmals versicherte Sachen dauerhaft in die neue Wohnung gebracht werden. Die Klägerin hat ab ihrem Arbeitsbeginn bei … am 15.11.2012 teilweise in … übernachtet und hatte zu diesem Zwecke spätestens seit diesem Zeitpunkt jedenfalls Kleidung und einige persönliche Sachen dorthin verbracht. Zudem hat sie ab dieser Zeit regelmäßig auf ihren Fahrten von … nach … Kisten mit Hausrat wie z. B. Bücher und Geschirr mitgenommen. Dies hat die Klägerin in ihrer persönlichen Anhörung am 03.06.2015 selbst dem Gericht geschildert.

Auch bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrags lag kein Doppelwohnsitz im Sinne von Ziff. 21.1.1 HRB vor. Die Klägerin hatte nicht vor, ihr Leben an zwei Orten zu führen und in … einen zweiten Wohnsitz einzurichten. Von Anfang an wollte man nach … umziehen. Lediglich die Dauer des Umzugs hing noch vom Fortschritt der Renovierungsarbeiten ab. Den Wohnsitz in … wollte die Klägerin spätestens zum 08.04.2013 aufgeben. Ab diesem Zeitpunkt sollte der Zeuge … mit Renovierungsarbeiten beginnen können, um dann ab dem 01.05.2013 das Haus als Mieter zu bewohnen. Nach Auffassung des Gerichts kommt es nicht darauf an, wieviel Zeit genau die Klägerin in … bzw. in … verbracht hat oder welche Gegenstände genau sie schon mitgenommen hatte. Es ist typisch für einen länger andauernden Umzug, dass man sich regelmäßig an beiden Orten aufhält. Würde man dies bereits als Begründung eines Doppelwohnsitzes betrachten, würde die Regelung von Ziff. 21 HRB, in der zwischen einem länger andauernden Umzug und einem Doppelwohnsitz unterschieden wird, keinen Sinn ergeben. Entscheidend ist, dass die Klägerin das Haus in … nicht „behalten und bewohnen“ wollte im Sinne von Ziff. 21.1.1. Sie war die gesamte Zeit dabei, von … nach … umzuziehen. Dies wird gerade durch den Umstand deutlich, dass sie Stück für Stück Hausrat herüber transportierte.

Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

Insbesondere hat die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz aufgrund eines Verschuldens des Zeugen … . Auch wenn man den Vortrag der Klägerin über das von ihr behauptete Gespräch mit dem Zeugen zugrunde legt, ist ein Beratungsfehler ist nicht erkennbar. Für den Zeugen … gab es keinen Anlass zur Aufklärung. Dieser hätte nur bestanden, wenn er allein aufgrund der ihm vorliegenden Informationen hätte erkennen können, dass der Versicherungsbedarf der Klägerin nicht mehr gedeckt war und sie sich hierüber im Unklaren war (vgl. Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., 2015, § 6 Rn. 46). Dies war hier nicht der Fall. Die Klägerin hat auch nach ihrem eigenen Vortrag dem Zeugen … gegenüber keine Äußerungen getätigt, die hätten darauf schließen lassen, dass ihr Umzug länger als zwei Monate dauern würde, dass sie nach Ablauf der zwei Monate noch Versicherungsschutz für den Hausrat in der bisherigen Wohnung benötigen würde und dass sie sich über das Auslaufen des Versicherungsschutzes nach zwei Monaten im Unklaren war.

Schließlich bestand auch kein Versicherungsschutz für den Hausrat in dem Haus in … nach Ziff. 10.1 HRB (Außenversicherung). Schon die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf die vorliegende Konstellation erscheint zweifelhaft. Denn würde man bei einem Umzug den Hausrat in der alten Wohnung ab Umzugsbeginn stets als „ vorübergehend außerhalb der Wohnung befindliche Sachen“ betrachten, würde dies die Regelung von Ziffer 21.1 HRB – das Auslaufen des Versicherungsschutzes in der alten Wohnung nach zwei Monaten – hinfällig werden lassen. Die Frist würde sich dann immer um einen weiteren Monat verlängern, da Ziff. 10.1 HRB „vorübergehend“ als bis zu drei Monate definiert. Letztlich kann diese Frage aber hier dahinstehen, da zum Zeitpunkt des Brandes sich der Hausrat in … bereits über drei Monate außerhalb der in … versicherten Wohnung befand.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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