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Hausratsversicherung – Unmittelbarkeit zwischen Naturgewalt und Schadenseintritt

OLG Dresden – Az.: 4 U 1178/17 – Beschluss vom 21.11.2017

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 7.000,00 EUR festzusetzen.

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Zahlung von Versicherungsleistungen aus der zwischen den Parteien unstreitig abgeschlossenen Hausratsversicherung wegen des von ihm behaupteten Überschwemmungsschadens im Keller seines Hauses im Zeitraum zwischen Mai und Herbst 2013.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen solchen Anspruch verneint. Die Berufungsbegründung zeigt keine hiergegen durchgreifenden Gesichtspunkte auf, welche eine abweichende Entscheidung oder auch nur eine erneute bzw. ergänzende Beweiserhebung gebieten würden.

Im Einzelnen:

1. Dem Kläger ist zuzugeben, dass im Ansatz ungeklärt geblieben ist, ob auf seinem Grundstück als Ursache für den behaupteten Schaden eine „Überschwemmung“ i.S. der Ziffer G.3.1. der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Bedingungen vorlag und es ist ihm auch zuzugeben, dass er hierfür einen tauglichen Beweis angeboten hat. Allerdings kann nicht bereits aufgrund des als Anlage A2 vorgelegten amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom Vorliegen einer Überschwemmung ausgegangen werden, denn soweit in diesem Gutachten Aussagen zur „Sättigung und Übersättigung“ des klägerischen Grund und Bodens gemacht werden, so handelt es sich hierbei um allgemeine Ausführungen, die ausdrücklich hervorheben, dass die Sickerungsraten in Abhängigkeit zur Beschaffenheit der obersten Bodenschicht stehen, welche im Gutachten nicht konkret beurteilt wurde. Außerdem besagt ein oberirdischer Abfluss, also eine Übersättigung, noch nichts über die Ansammlung von Wassermengen auf dem klägerischen Grundstück, insbesondere nichts darüber, ob wegen eventueller Gefällelagen – die grundsätzlich auch vom Gebäude weg vorhanden sein können – es in der Umgebung des Hauses des Klägers überhaupt zu Wasseransammlungen kam oder nicht. Ebenso wenig gebietet die Tatsache der Beweisanordnung in dem vom Kläger gegen seine Wohngebäudeversicherung betriebenen Parallelprozess vorliegend eine Beweisaufnahme, denn es ist völlig ungeklärt, ob und inwieweit der Wohngebäudeversicherung gleiche oder anderslautende Versicherungsbedingungen zugrunde liegen. Folgerichtig hat der Kläger deshalb auch im vorliegenden Verfahren eigenständig Beweis zum Vorliegen einer Überschwemmung angeboten.

Hierauf kommt es allerdings nicht an, denn es fehlt an der in den hiesigen Versicherungsbedingungen ausdrücklich zusätzlich geforderten Unmittelbarkeit der Einwirkung der Überschwemmung auf die versicherten Sachen (G.2.1. der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen). Eine „Unmittelbarkeit“ von Elementargewalten ist dann gegeben, wenn die Elementargewalt die zeitlich letzte Ursache des Sachschadens ist (für Sturm: OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2013, 20 U 26/13, juris Rn. 51). Es darf keine andere Ursache dazwischentreten (vgl. ebenfalls für Sturmschäden OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.04.2005 – 12 U 251/04). Wenn auch Mitursächlichkeit genügt (OLG Hamm und OLG Karlsruhe, a.a.O.), so muss doch das unmittelbare Auftreffen bzw. die mechanische Einwirkung der Naturgewalt zu den Schäden führen. Gerade das Wasser, das sich infolge des Starkregens auf dem das Gebäude umgebenden Grund und Boden angesammelt hat, muss schadensstiftend gewesen sein (OLG Köln, Urt. v. 09.04.2013 – I 9 U 198/12, juris LS).

Der Kläger hat nun selbst vorgetragen, durch die Wasseransammlungen sei es zum Riss in der Außenhaut des Gebäudes gekommen und erst dadurch habe Wasser eindringen können. Damit ist die Unmittelbarkeit zu verneinen. Hierbei kann dahinstehen, ob ein Riss der Außenhaut – zumal unter der Erdoberfläche befindlich – durch erhöhte Niederschläge technisch überhaupt denkbar, möglich oder gar wahrscheinlich ist. Und es kann auch dahinstehen, ob der Riss in der Horizontalsperre möglicherweise auf einer fehlerhaften Bauausführung beruhte, da die Mitursächlichkeit (siehe oben) der Überschwemmung genügt. Geht man aber davon aus, dass das angesammelte Oberflächenwasser, also die Überschwemmung selbst, das schadensstiftende Wasser sein muss wenn das Unmittelbarkeitserfordernis in den Versicherungsbedingungen festgeschrieben ist, so ist der Unmittelbarkeitszusammenhang zu verneinen. Der Kläger selbst trägt vor, dass das „eindringende“ Wasser die Horizontalisolierung beschädigt habe. Das ist also jedenfalls nicht das Oberflächenwasser, sondern das in Grund und Boden versickerte Wasser. Hierfür spricht auch, dass der Kläger selbst ausweislich seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht davon ausging, dass eine „Überschwemmung“ i.S.d. Versicherung vorlag (vgl. Bl. 48 Rs. dA.). Jedenfalls aber ist der behauptete Riss in der Horizontalsperre nach eigenem Vortrag des Klägers als Ursache für das Eindringen von Wasser dazwischengetreten. Es kommt noch hinzu, dass der Kläger obendrein vorträgt, die Sachen hätten nicht „im Wasser gestanden“, sondern die Beschädigung sei dadurch entstanden, dass das eintretende Wasser zu einer erhöhten Feuchtigkeit im Keller und diese wiederum zur Schimmelbildung geführt hätte, welcher dann die Sachen beschädigt habe. Im Übrigen handelt sich bei einer Überschwemmung nach einem allgemeinen Begriffsverständnis um einen zeitlich begrenzten Sachverhalt (OLG Bamberg, Urteil vom 30.04.2015, 1 U 87/14, juris Ls. 3). Nach allem kommt es vor dem Hintergrund der soeben zitierten Rechtsprechung nicht darauf an, ob – woran erhebliche Zweifel zu hegen sind – überhaupt eine Überschwemmung vorlag oder nicht, jedenfalls war diese nicht – auch nicht mitursächlich – die geforderte unmittelbare Schadensursache.

2. Ohne dass es aber darauf ankäme, bieten die klägerseits vorgetragenen Anhaltspunkte bezüglich der beschädigten Gegenstände auch keine hinreichende Grundlage auch nur für eine Schätzung der Schadenshöhe nach § 287 ZPO. Schlussendlich wäre auch in Betracht zu ziehen, dass die Beklagte obendrein wegen der stark verzögerten Mitteilung der Schadensumstände und der damit einhergehenden Erschwerung der Nachvollziehung des Schadensherganges wegen einer Obliegenheitsverletzung ganz oder teilweise leistungsfrei würde.

Vor diesem Hintergrund rät der Senat zu einer Berufungsrücknahme, die zwei Gerichtsgebühren spart.

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