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Hausrat- und Wohnungsversicherung – vereinbarte Entschädigungsgrenze – Wirksamkeit

LG Bonn – Az.: 10 O 427/15 – Urteil vom 03.05.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger schloss bei der Beklagten für die Wohnung M-Weg in M2 eine Hausrats-/Wohnungsversicherung mit Wirkung zum 1. Juni 2013 unter der VS-Nr. …/…-…-…-… ab. In den Vertrag wurden die VHB 2010 der Beklagten sowie die besonderen Bedingungen zur Wohnungsversicherung-plus (BB-plus VHB 2010) einbezogen. Unter § 3 des Vertrages ist u.a. der Ersatz von Schäden aus einem Einbruchsdiebstahl einbezogen. Gemäß § 9 Nr. 1a VHB 2010 in Verbindung mit dem Versicherungsschein ist der Entschädigung jeweils der Neuwert der entwendeten Sachen zugrunde zu legen. Nach Abschnitt A § 13 Nr. 2a) VHB 2010 beträgt der vereinbarte Prozentsatz für die Entschädigung für Wertsachen je Versicherungsfall 30 % der Versicherungssumme. Nach Abschnitt A § 13 Nr. 2b) aa) VHB 2010 beträgt die Grenze für Bargeld und auf Geldkarten geladene Beträge außerhalb von Wertschutzschränken je Versicherungsfall 1.500 EUR. Nach Abschnitt A § 13 Nummer 2b) cc) VB 2010 beträgt die Grenze für Schmucksachen, Edelsteine, Perlen, Briefmarken, Münzen und Medaillen sowie alle Sachen aus Gold und Platin außerhalb von Wertschutzschränken 20.000 EUR je Versicherungsfall. Die Versicherungssumme betrug ursprünglich 120.000 EUR zuzüglich einer 20-prozentigen Vorsorge, wobei die Parteien eine dynamische Summenanpassung einer Erhöhung um ein Prozent vereinbart hatten, so dass im Schadensfall die Versicherungssumme 121.200 EUR betrug.

Gemäß Abschnitt A § 13 Nr. 1b) VHB 2010 sind Wertschutzschränke wie folgt definiert:

„Wertschutzschränke im Sinne von Nr. 2 b) sind Sicherheitsbehältnisse, die

aa) durch die W GmbH oder durch eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle anerkannt sind und

bb) als freistehende Wertschutzschränke ein Mindestgewicht von 200 kg aufweisen oder bei geringerem Gewicht nach den Vorschriften des Herstellers fachmännisch verankert oder in der Wand oder im Fußboden bündig eingelassen sind (Einmauerschrank).“

Am 29. Oktober 2014 kam es zwischen 8:00 Uhr und 13:15 Uhr während der Abwesenheit des Klägers und seiner Familie zu einem Einbruchsdiebstahl, bei dem zahlreiche Einrichtungsgegenstände, EDV-technische Anlagen, Wertgegenstände sowie Schmuck entwendet wurden. Die Wohnung wurde bei dem Einbruch systematisch durchsucht und alle Gegenstände, die dem Täter oder den Täter wertvoll und teuer erschienen, mitgenommen. Unter anderem entwendeten die Täter Schmuck im Wert von 41.700 EUR aus einem in der Wand verankerten Schranktresor der Firma C-KG, der weder durch die W GmbH noch durch eine andere Prüfstelle anerkannt war.

Der Kläger zeigte den Schaden der Beklagten nach Entdeckung am 29. Oktober 2014 an. Hierzu legte er eine Stehlgutliste vom 12. November 2014 vor (Anlage K2, Bl. … und … GA), ausweislich derer sich der Neuwert der entwendeten Gegenstände und der Schaden an der beschädigten Terrassentür auf insgesamt 58.373,- EUR belaufen soll. Gemäß Abrechnungsschreiben vom 22. Januar 2015 leistete die Beklagte einen Betrag von 36.977,42 EUR, wovon u.a. 20.000,- EUR auf Schmucksachen entfielen; i.Ü. ersetzte die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Beträge. Auf anwaltliches Schreiben des Klägers vom 15. Mai 2015 lehnte die Beklagte eine weitergehende Zahlung ab.

Der Kläger behauptet, der Neuwert der entwendeten Gegenstände sowie der Schaden der Terrassentür betrage insgesamt 58.373,00 EUR. Er ist der Ansicht, dass die Entschädigung für Wertsachen nicht auf 20.000 EUR zu begrenzen sei. Er behauptet, der Regulierungsbeauftragte der Beklagten M3 habe anlässlich eines Telefonats vom 14. Januar 2015 einer Regulierungszusage erteilt, wonach der Schaden in voller Höhe ersetzt werde. Dies habe sich auch auf den Schmuck im Tresor bezogen. Der Tresor, in welchem der Schmuck aufbewahrt worden war, entspreche den Anforderungen des Abschnitt A § 13 Nr. 2a VHB 2010, weil er im Mauerwerk fachmännisch verankert und eingebaut gewesen sei. Er müsse sich deshalb die Entschädigungsgrenze des § 5 BB plus VHB 2010, Abschnitt A § 13 Nr. 2b) cc) VHB 2010 nicht entgegenhalten lassen. Angesichts der dynamischen Summenanpassungen der Hausratversicherung betrage die Entschädigungsgrenze von 30 % 43.560 EUR.

Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 21.395,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf die Entschädigungsgrenzen für Wertsachen gemäß Abschnitt A § 13 Nr. 2a bzw. Nr. 2b) aa) VHB 2010, da der vom Kläger verwendete Tresor – insoweit unstreitig – weder zertifiziert ist noch einer Sicherheitsstufe entspricht. Dementsprechend habe sie bei der Abrechnung für Schmucksachen einen Betrag von 20.000 EUR und für Bargeld 1.350,00 EUR berücksichtigt. Selbst wenn es sich um einen ausreichenden Tresor handele, gelte die Grenze von 30 % der Versicherungssumme auf Wertsachen, was vorliegend einen Betrag von 43.200 EUR entspreche.

Die Akten des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens … UJs …/14 – StA C2 – lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen über die bereits geleisteten Zahlungen von 36.977,42 EUR hinausgehenden Zahlungsanspruch wegen des streitgegenständlichen Versicherungsfalls vom 29.10.2014 aus dem zwischen den Parteien bestehenden Hausrats- und Wohnungsversicherungsvertrag, weil sich die Beklagte zu Recht auf die Entschädigungsgrenze aus § 13 Nr. 2 a) VHB, § 5 Nr. 3 bis 5 BB VHB beruft. Es ist unstreitig, dass der Wertschutzschrank nicht wie in § 13 Nr. 1b) aa) VHB durch die W GmbH oder eine gleichermaßen qualifizierte Prüfstelle anerkannt war. Dass der Tresor – wie der Kläger hervorhebt – fest in der Wand verschraubt war, ist insoweit unerheblich, weil dies nur eine von zwei kumulativ erforderlichen Voraussetzungen des § 13 Nr. 1 b) VHB für den erweiterten weitergehenden Versicherungsschutz für Wertgegenstände, die in Wertschutzschränken aufbewahrt werden, ist.

Die Klausel des § 13 Nr. 1 b) VHB ist auch wirksam. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich hierbei nicht um eine verhüllte Obliegenheit. Für die Abgrenzung zwischen einer Leistungsbegrenzung und einer verhüllten Obliegenheit kommt es nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf an, ob die Bestimmung der Versicherungsbedingungen eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das (allein) der Versicherer Schutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes vorbeugendes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert (BGH VersR 1983, 573). Die Klausel, des § 13 Nr. 1 b) aa) VHB 2010, wonach unbegrenzter Versicherungsschutz für Wertgegenstände nur gewährt wird, soweit sie in einem Wertschutzschrank aufbewahrt werden, stellt nach diesen Grundsätzen keine verhüllte Obliegenheit sondern eine Risikobegrenzung dar, weil die Klausel die Haftung nach rein objektiven Kriterien beschränkt, ohne dass es – wie im Falle einer Obliegenheitsverletzung – eine Verpflichtung zu einem bestimmten Verhalten gibt und ohne dass es auf eine vorwerfbare Verletzung dieser Verhaltenspflicht ankommt. Es wird vielmehr nur der Ort bezeichnet, an dem Wertsachen versichert sind; eine Verpflichtung des Versicherungsnehmers, die Wertgegenstände dort aufzubewahren besteht dagegen nicht, vielmehr steht es ihm frei, die Wertgegenstände bestimmungsgemäß zu gebrauchen (BGH VersR 1983, 573; ebenso LG Verden VersR 2008, 115; Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., VHB A. § 13 Rn. 6; aA Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 13 Rn. 20). Ebenso wenig ist die Klausel gemäß §§ 305c, 307 BGB unwirksam. Der Kläger hat derartige Bedenken mit der Klage auch nicht geltend gemacht. Die Kammer geht davon aus, dass die Risikobegrenzung weder intransparent noch ungewöhnlich oder überraschend ist (vgl. OLG Hamm RuS 2012, 245).

Da die Beklagte mithin den entwendeten Schmuck im Wert von 41.700 EUR lediglich bis zu der in § 13 Nr. 2b) cc) VHB 2010 vorgesehenen Obergrenze von 20.000 EUR je Versicherungsfall zu entschädigen hatte, hatte die Beklagte den Entschädigungsbetrag zu Recht um 21.700 EUR gekürzt und lediglich einen Betrag von 36.977,42 EUR ausgezahlt.

Der Kläger kann einen Anspruch auch nicht auf eine Regulierungszusage des Regulierungsbeauftragten der Beklagten stützen. Gegenüber dem eigenen Versicherungsnehmer ist nach allgemeiner Ansicht eine Regulierungszusage kein Anerkenntnis in diesem Sinne. Dies gilt selbst dann, wenn der Versicherer ein Anerkenntnis in Textform gemäß § 187 VVG abgegeben hat; vielmehr handelt es sich um eine reine Absichtserklärung des Versicherers ohne unmittelbare rechtliche Auswirkung. Der Versicherer kann die Leistung ohne Rücksicht auf seine Erklärung immer noch verweigern oder nach Zahlung zurückfordern, unabhängig davon, ob der später geltend gemachte Ablehnungsgrund schon zuvor erkennbar oder vielleicht sogar aktenkundig war. Das gilt erst recht, wenn der Regulierungsbeauftragte eine nur mündliche Deckungszusage erteilt. Zwar kann in Einzelfällen die Erklärung des Versicherers die Wirkung eines vergleichsweise abgegebenen bindenden Schuldanerkenntnisses haben (BGH VersR 1977, 471, 474). Voraussetzung ist aber, dass Streit über Grund und Höhe der Leistungspflicht bestand, der einverständlich endgültig beigelegt werden sollte (vgl. Prölss/Martin, aaO § 187 Rn. 6, 7; BGH VersR 1977, 471). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch schon nach dem Klägervortrag nicht vor. Vielmehr entstand Streit über die Frage, in welcher Höhe Entschädigungsleistungen für Wertsachen zu leisten ist und ob der Wertschutzschrank den Anforderungen des Abschnitt A § 13 Nr. 1 b VHB 2010 entspricht, erst nach dem Termin vom 14.01.2015, in welchem der Regulierungsbeauftragte der Beklagte M3 die behauptete Regulierungszusage ausgesprochen haben soll. Zuvor hatte es – wie der Kläger im Schriftsatz vom 29.02.2016 ausgeführt hat – keine Äußerung der Beklagten zum Umfang ihrer Haftung gegeben. Dies ergibt sich auch aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 22.01.2015 (Bl. … GA).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Gegenstandswert: 21.395,58 EUR

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