Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Köln: Streit um Kontokorrent und die Rolle als Makler oder Vertreter entscheidet über Prozesskostenhilfe
- Die Ausgangslage: Forderungen, Widersprüche und eine umstrittene Vertragsbeziehung
- Die juristischen Kernfragen vor dem OLG Köln
- Die Entscheidung des OLG Köln über die Prozesskostenhilfe
- Argumente des Gerichts: Erfolgsaussichten bei der Klageabwehr
- Argumente des Gerichts: Fehlende Erfolgsaussichten der Widerklage
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie erkenne ich, ob ich als Handelsvertreter oder als Versicherungsmakler tätig bin?
- Wann habe ich als Handelsvertreter Anspruch auf einen Ausgleich nach Vertragsende?
- Welche weiteren wichtigen Rechte habe ich als Handelsvertreter gegenüber dem Unternehmen?
- Kann ich Schadensersatz verlangen, wenn mein Vertrag mit einem Unternehmen beendet wird?
- Wie kann ich meine Rechte durchsetzen, wenn ich mir keinen Anwalt leisten kann?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 20 U 45/18 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Köln
- Datum: 21.11.2018
- Aktenzeichen: 20 U 45/18
- Verfahrensart: Beschluss über Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Handelsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Partei, die eine offene Forderung aus Kontokorrentabrechnungen geltend machte.
- Beklagte: Eine Partei, die diese Forderungen bestritt und ihrerseits Widerklage auf Schadensersatz sowie Ausgleichs- und Buchauszugsansprüche erhob.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte von der Beklagtenseite einen Debetsaldo aus mehreren Kontokorrentabrechnungen, denen die Beklagtenseite widersprach. Die Beklagtenseite erhob zudem Widerklage auf Schadensersatz wegen angeblich unberechtigter Vertragskündigung und forderte Ausgleichs- sowie Buchauszugsansprüche. Die Einordnung des Vertragsverhältnisses als Versicherungsvertreter- oder Versicherungsmaklerverhältnis war dabei ein zentraler Punkt.
- Kern des Rechtsstreits: Der Streit drehte sich darum, ob die Forderungen der Klägerin schlüssig waren, da die Beklagtenseite Widersprüche geltend machte. Weiterhin ging es um die Erfolgsaussichten der Widerklage der Beklagtenseite, insbesondere deren Ansprüche auf Schadensersatz, Ausgleich und Buchauszug. Entscheidend hierfür war, ob die Parteien als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler zu qualifizieren waren.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das OLG Köln bewilligte der Beklagtenseite Prozesskostenhilfe für die Abwehr der Klage. Gleichzeitig wurde das Prozesskostenhilfegesuch für die Widerklageanträge zurückgewiesen. Ein Anwalt wurde für den bewilligten Teil beigeordnet.
- Begründung: Die Prozesskostenhilfe für die Klageabweisung wurde bewilligt, da die Widersprüche der Beklagtenseite gegen die Forderungen der Klägerin aussichtsreich erschienen. Für die Widerklage wurde die Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die Ansprüche der Beklagtenseite waren nicht schlüssig dargelegt, insbesondere da die Klägerin die Verträge ohne wichtigen Grund kündigen durfte und die Beklagtenseite als Versicherungsmakler und nicht als -vertreter eingestuft wurde, wodurch die speziellen Ausgleichs- und Buchauszugsansprüche für Vertreter nicht anwendbar waren.
- Folgen: Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann angepasst werden, falls sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagtenseite ändern.
Der Fall vor Gericht
OLG Köln: Streit um Kontokorrent und die Rolle als Makler oder Vertreter entscheidet über Prozesskostenhilfe
Ein Finanzdienstleister fordert Geld aus laufenden Abrechnungen, der Geschäftspartner widerspricht und klagt seinerseits auf Schadensersatz und Ausgleichszahlungen. Doch hat die Verteidigung gegen die ursprüngliche Forderung oder die eigene Gegenklage überhaupt Aussicht auf Erfolg, um staatliche Unterstützung für die Prozesskosten zu erhalten? Genau mit dieser Frage, konkret im Rahmen eines Antrags auf Prozesskostenhilfe, musste sich das Oberlandesgericht (OLG) Köln in seinem Beschluss vom 21. November 2018 (Az.: 20 U 45/18) auseinandersetzen.

Im Mittelpunkt stand dabei nicht nur die Frage nach möglicherweise widersprochenen Rechnungen, sondern auch die grundlegende rechtliche Einordnung des Geschäftsverhältnisses: War der Beklagte als weisungsgebundener Versicherungsvertreter oder als unabhängiger Versicherungsmakler tätig?
Dieser Artikel beleuchtet detailliert, was genau passiert ist, wie das OLG Köln entschieden hat und welche juristischen Überlegungen zu dieser Entscheidung führten.
Die Ausgangslage: Forderungen, Widersprüche und eine umstrittene Vertragsbeziehung
Die Klägerin, ein Finanzunternehmen, machte gegenüber dem Beklagten einen negativen Saldo aus mehreren Kontokorrentabrechnungen geltend. Diese Abrechnungen stammten vom 31. Januar, 14. Februar, 27. Februar und 14. März 2014. Ein Kontokorrent ist eine Art laufende Rechnung, bei der gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten verrechnet werden; ein Debetsaldo bedeutet, dass nach dieser Verrechnung eine Schuld des Kontoinhabers besteht. Der Beklagte bestritt die Richtigkeit dieser Forderungen. Er legte im Berufungsverfahren Schriftstücke vom 18. und 24. März 2014 vor, mit denen er den genannten Abrechnungen ausdrücklich widersprochen hatte. Die Klägerin hatte zwar schon in der ersten Instanz eingeräumt, dass der Beklagte „gelegentlich“ Widerspruch eingelegt habe, sich aber zu diesen konkreten Schreiben noch nicht geäußert.
Darüber hinaus erhob der Beklagte eine sogenannte Widerklage, also eine eigene Klage im selben Verfahren. Mit dieser Widerklage forderte er Schadensersatz, weil die Klägerin die Verträge seiner Ansicht nach unberechtigt gekündigt habe. Er gab an, von bestimmten wirtschaftlichen Vorgängen einer „B-Gruppe“, die offenbar im Hintergrund eine Rolle spielten, nichts gewusst zu haben. Weiterhin verlangte er einen Ausgleichsanspruch nach § 89b Absatz 5 des Handelsgesetzbuches (HGB) und einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Absatz 2 HGB. Ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist eine Art Abfindung für Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung, die den Verlust zukünftiger Provisionen ausgleichen soll. Der Buchauszug dient dazu, die Höhe der verdienten Provisionen nachprüfen zu können. Entscheidend für diese Ansprüche aus dem HGB war nach Ansicht des Beklagten, dass seine Beziehung zur Klägerin als die eines Versicherungsvertreters und nicht als die eines Versicherungsmaklers einzustufen sei.
Die vertragliche Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den Parteien bildeten zwei Vereinbarungen: eine „Courtagezusage zur C“ vom 01. Mai 2004 und ein „Vermittlungsvertrag auf Basis einer Vertriebskoordination“ vom 01. Juli 2004. Der spätere Vermittlungsvertrag nahm dabei ausdrücklich auf die frühere Courtagezusage Bezug. Die berufliche Entwicklung des Beklagten zeigte, dass er sich bereits 2003 von einer früheren vertraglichen Bindung (mit der Firma D.) gelöst hatte, um als freier Mitarbeiter für die Firma Finanzkonzepte E. tätig zu werden. Er hatte damals ein Gewerbe als Versicherungsmakler angemeldet und trat gegenüber seinen Kunden auch so auf. Zwischenzeitlich war er von 2004 bis 2008 auch als „gebundener Agent unter dem Haftungsdach der B AG“ und von 2008 bis 2010 „unter dem Haftungsdach der F GmbH in Meiningen“ tätig – diese beiden Firmen standen jedoch in keiner Verbindung zur Klägerin. Das Landgericht hatte in der Vorinstanz die Tätigkeit des Beklagten als die eines Versicherungsmaklers bewertet.
Die juristischen Kernfragen vor dem OLG Köln
Das OLG Köln musste im Rahmen des Antrags auf Prozesskostenhilfe im Wesentlichen zwei zentrale Fragenkomplexe prüfen, um die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung des Beklagten zu bewerten. Prozesskostenhilfe bedeutet, dass der Staat die Kosten für ein Gerichtsverfahren übernimmt, wenn eine Partei diese nicht selbst aufbringen kann und der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Erstens ging es um die Klage der Finanzdienstleisterin: Hatte der Beklagte ausreichend substantiiert dargelegt, dass seine Verteidigung gegen die Forderung aus den Kontokorrentabrechnungen Aussicht auf Erfolg hat? Hier stand im Raum, ob seine vorgelegten Widerspruchsschreiben die Schlüssigkeit der Klageforderung erschüttern konnten. Schlüssigkeit bedeutet, dass eine Klage bei Zugrundelegung der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen rechtlich begründet wäre.
Zweitens betraf es die Widerklage des Beklagten: Boten seine Ansprüche auf Schadensersatz, Ausgleich nach § 89b HGB und Buchauszug nach § 87c HGB hinreichende Aussicht auf Erfolg? Dies hing entscheidend davon ab, ob das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien als das eines Versicherungsvertreters oder das eines Versicherungsmaklers zu qualifizieren war. Diese Unterscheidung ist fundamental: Ein Versicherungsvertreter ist typischerweise an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen gebunden und handelt in deren Interesse. Ein Versicherungsmakler hingegen steht auf der Seite des Kunden, berät diesen und sucht für ihn passenden Versicherungsschutz am Markt; er ist also grundsätzlich unabhängig von den Versicherern.
Die Entscheidung des OLG Köln über die Prozesskostenhilfe
Das OLG Köln traf eine geteilte Entscheidung bezüglich des Antrags auf Prozesskostenhilfe:
Für den Teil, der die Verteidigung gegen die Klage der Finanzdienstleisterin betraf (Antrag auf Klageabweisung), bewilligte das Gericht dem Beklagten Prozesskostenhilfe. Gleichzeitig wurde ihm Rechtsanwalt A. zur Seite gestellt, um seine Rechte in diesem Punkt vorläufig unentgeltlich wahrzunehmen.
Hinsichtlich der vom Beklagten im Berufungsverfahren weiterverfolgten Widerklageanträge (Schadensersatz, Ausgleichsanspruch, Buchauszug) wies das Gericht das Prozesskostenhilfegesuch jedoch zurück.
Das Gericht wies zudem darauf hin, dass dieser Beschluss über die Prozesskostenhilfe gemäß § 120a Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) geändert werden kann, falls sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten ändern sollten. Die Entscheidung stützte sich auf die §§ 114 und 115 ZPO, welche die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe regeln.
Argumente des Gerichts: Erfolgsaussichten bei der Klageabwehr
Das OLG Köln sah die Verteidigung des Beklagten gegen die Forderung der Klägerin als aussichtsreich an. Der Beklagte hatte sein erstinstanzliches Vorbringen, er habe den Kontokorrentabrechnungen stets vorsorglich widersprochen, nun konkretisiert. Er legte die bereits erwähnten Schreiben vom 18. März 2014 und 24. März 2014 vor. In diesen Schreiben hatte er den Abrechnungen vom 27. Februar 2014, 14. Februar 2014, 31. Januar 2014 und 14. März 2014 – also genau jenen Abrechnungen, aus denen sich die Klageforderung im Wesentlichen errechnete – widersprochen.
Die Klägerin, so stellte das Gericht fest, hatte sich zu diesen konkreten Widerspruchsschreiben bislang nicht eindeutig geäußert, obwohl sie in der ersten Instanz immerhin „gelegentliche“ Widersprüche eingeräumt hatte. Das Gericht betonte, dass nun konkretes Vorbringen der Klägerin zum Zugang dieser Widerspruchsschreiben erforderlich sei. Von der Klärung dieser Frage – ob und wie die Widersprüche bei der Klägerin eingegangen sind und wie sie darauf reagiert hat – würde es unter anderem abhängen, ob die Klägerin weiterhin den gesamten Saldobetrag fordern kann oder ob sie stattdessen die einzelnen, den Abrechnungen zugrundeliegenden Forderungen einzeln geltend machen und beweisen muss. Diese Unsicherheit begründete die hinreichende Erfolgsaussicht der Verteidigung.
Argumente des Gerichts: Fehlende Erfolgsaussichten der Widerklage
Anders beurteilte das Gericht jedoch die Erfolgsaussichten der vom Beklagten eingereichten Widerklage. Hier sah es keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beklagte mit seinen Forderungen durchdringen könnte. Dies führte zur Ablehnung der Prozesskostenhilfe für diesen Teil des Verfahrens. Um zu verstehen, warum das Gericht hier die Prozesskostenhilfe verweigerte, müssen wir uns die einzelnen Ansprüche der Widerklage genauer ansehen.
Kein Schadensersatzanspruch wegen Vertragskündigung
Der Beklagte hatte Schadensersatz verlangt, weil die Klägerin die Verträge angeblich „unberechtigter Weise“ gekündigt habe und er von den „Machenschaften der B-Gruppe“ nichts gewusst habe. Diesem Argument folgte das Gericht nicht. Es stellte fest, dass beide maßgeblichen Verträge die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung vorsahen. Eine ordentliche Kündigung ist eine Kündigung unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich festgelegten Fristen, die keinen besonderen wichtigen Grund erfordert.
Da die Klägerin also vertragsgemäß ordentlich kündigen konnte, benötigte sie keine spezielle sachliche Rechtfertigung für die Beendigung der Vertragsbeziehungen. Ob der Beklagte Kenntnis von bestimmten Vorgängen innerhalb der B-Gruppe hatte oder nicht, war für die Rechtmäßigkeit der ordentlichen Kündigung daher unerheblich. Ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung nach § 280 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kam somit nicht in Betracht.
Kein Ausgleichsanspruch als Versicherungsmakler (§ 89b HGB)
Der vom Beklagten geltend gemachte Ausgleichsanspruch nach § 89b Absatz 5 HGB scheiterte aus Rechtsgründen. Das OLG Köln bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass dieser Ausgleichsanspruch ausschließlich einem Versicherungsvertreter zusteht, nicht jedoch einem Versicherungsmakler.
Das Gericht begründete dies mit der systematischen Stellung der Vorschriften über den Handelsmakler (und damit auch den Versicherungsmakler) in den §§ 93 ff. HGB. Diese Vorschriften enthalten keine Verweisung auf den § 89b HGB, der im Abschnitt über den Handelsvertreter steht. Eine sogenannte analoge Anwendung des § 89b HGB auf Handelsmakler – also eine Anwendung der Regel auf einen ähnlichen, aber nicht direkt geregelten Fall – werde in der Rechtsprechung und juristischen Literatur zu Recht nicht in Erwägung gezogen. Dies würde dem gesetzgeberischen Konzept widersprechen. Dieses Konzept sieht vor, dass der Handelsmakler im Lager des Versicherungsnehmers (also des Kunden) steht und gegenüber dem Versicherer eine unabhängige Stellung einnimmt, während der Handelsvertreter in die Vertriebsorganisation des Unternehmers eingebunden ist und dessen Interessen wahrnimmt.
Entscheidend war daher die Einstufung des Beklagten. Das OLG Köln beanstandete die Würdigung des Landgerichts nicht, wonach der Beklagte bei einer Gesamtbetrachtung der beiden Verträge (Courtagezusage vom 01. Mai 2004 und Vermittlungsvertrag vom 01. Juli 2004) und der gesamten Handhabung der Geschäftsbeziehung als Makler und nicht als Versicherungsvertreter anzusehen sei. Zwar räumte das Gericht ein, dass der spätere Vermittlungsvertrag durchaus Elemente enthielt, die auf eine gewisse Bindung des Beklagten an die Produktpalette der Klägerin und deren Weisungen hindeuteten – was tendenziell der Rolle eines unabhängigen Maklers widerspricht.
Jedoch, und das war der springende Punkt, nahm dieser Vermittlungsvertrag vom 01. Juli 2004 ausdrücklich auf die frühere Courtagezusage vom 01. Mai 2004 Bezug und bezeichnete sich selbst lediglich als Zusatzvereinbarung, die auf dieser Courtagezusage „basiere“. Die Courtagezusage wiederum legte nach Ansicht des Gerichts erkennbar größten Wert darauf, dass der Beklagte als „Makler“ auftreten kann und dass bewusst keine andere Rechtsstellung als die eines Versicherungsmaklers begründet werden sollte.
Zusätzlich stützte das Gericht seine Einschätzung auf die berufliche Vorgeschichte des Beklagten. Dieser hatte nicht einfach einen von der Klägerin vorgelegten Vertragstext unterschrieben, sondern sich bereits 2003 bewusst für eine Maklerstellung entschieden, als er sich von der Firma D. löste, für die Firma Finanzkonzepte E. tätig wurde und ein Gewerbe als Versicherungsmakler anmeldete. Sein Auftreten gegenüber Kunden als Versicherungsmakler und auch seine zwischenzeitlichen Tätigkeiten als „gebundener Agent“ für andere, von der Klägerin unabhängige Unternehmen, untermauerten nach Ansicht des Gerichts das Bild einer eigenständigen Agenda. Der Beklagte habe sich ersichtlich nicht dauerhaft an ein einzelnes Unternehmen binden wollen. Vor diesem Hintergrund erschien der Vermittlungsvertrag vom 01. Juli 2004 lediglich als ein Instrument, um an Provisionen für Geschäfte zu partizipieren, die der Klägerin durch vom Beklagten ursprünglich rekrutierte Vermittler zugeführt wurden. Die grundlegende Beziehung sei aber durch die Courtagezusage als Maklerverhältnis bei grundsätzlicher Unabhängigkeit definiert worden.
Der Beklagte hatte sich auf Urteile des OLG Hamm (18 U 193/11) und des OLG Köln selbst (I-19 U 177/13) berufen, in denen ein sogenannter Maklerbetreuer als Handelsvertreter eingestuft worden war. Das Gericht sah diese Entscheidungen jedoch als nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar an. Der entscheidende Unterschied lag darin, dass im aktuellen Fall der Vermittlungsvertrag explizit mit der Courtagezusage verknüpft war, welche die Maklerstellung des Beklagten klar und unabänderlich festlegte. Eine solche Konstellation zweier sich überlagernder Verträge mit dieser klaren Gewichtung habe den zitierten Entscheidungen nicht zugrunde gelegen.
Kein Anspruch auf Buchauszug als Versicherungsmakler (§ 87c HGB)
Für den ebenfalls geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Absatz 2 HGB galt nach Ansicht des OLG Köln im Wesentlichen dasselbe wie für den Ausgleichsanspruch. Auch hier ergibt sich aus der systematischen Stellung der Vorschrift im HGB, dass sie für Handelsmakler beziehungsweise Versicherungsmakler nicht anwendbar ist, sondern nur für Handelsvertreter. Da der Beklagte als Makler eingestuft wurde, stand ihm auch dieser Anspruch nicht zu.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das OLG Köln die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung des Beklagten differenziert beurteilte. Während seine Verteidigung gegen die klägerische Forderung aufgrund der vorgelegten Widerspruchsschreiben als aussichtsreich genug für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe angesehen wurde, verneinte das Gericht dies für die Widerklage. Ausschlaggebend hierfür war insbesondere die Einstufung des Beklagten als Versicherungsmakler, wodurch die typischen Ansprüche eines Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung entfielen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Köln unterscheidet in diesem Fall klar zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter, was entscheidende rechtliche Konsequenzen hat. Die Einstufung als Versicherungsmakler schließt Handelsvertreteransprüche wie den Ausgleichanspruch nach § 89b HGB aus, da Makler als unabhängige Markteilnehmer auf Kundenseite stehen und nicht in die Vertriebsorganisation des Versicherers eingebunden sind. Für diese rechtliche Einstufung ist nicht nur der Vertragstext, sondern auch das tatsächliche Auftreten am Markt und die gesamte Geschäftsbeziehung entscheidend, wobei hier besonders die Courtagezusage die Maklerstellung verbindlich festlegte.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie erkenne ich, ob ich als Handelsvertreter oder als Versicherungsmakler tätig bin?
Die Unterscheidung, ob Sie als Handelsvertreter oder als Versicherungsmakler tätig sind, ist für Ihre Rechte und Pflichten gegenüber einem Unternehmen sehr wichtig. Oft reicht ein Blick in Ihren Vertrag nicht aus, da die tatsächliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit entscheidend ist. Gerichte prüfen genau, wie die Zusammenarbeit in der Praxis gelebt wird.
Der Handelsvertreter: Im Dienst des Unternehmens
Ein Handelsvertreter ist jemand, der ständig für ein oder mehrere bestimmte Unternehmen Geschäfte vermittelt oder in deren Namen abschließt. Seine Hauptaufgabe ist es, im Interesse des Unternehmens zu handeln, dessen Produkte oder Dienstleistungen er vertreibt. Er ist sozusagen die verlängerte Hand des Unternehmens nach außen.
Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen ausschließlich die Produkte einer bestimmten Bausparkasse oder nur die Mobilfunkverträge eines Telekommunikationsanbieters. Sie sind dabei in der Regel an die Vorgaben des Unternehmens gebunden, was Preise, Konditionen oder den Vertriebsweg angeht. Das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) regelt die Rechte und Pflichten des Handelsvertreters, einschließlich möglicher Ausgleichsansprüche bei Vertragsende. Sie sind zwar selbstständig, aber eng an „Ihr“ Unternehmen gebunden.
Der Versicherungsmakler: Der treuhänderähnliche Sachwalter des Kunden
Ein Versicherungsmakler hingegen ist jemand, der im Interesse seiner Kunden handelt. Er ist grundsätzlich nicht an eine bestimmte Versicherungsgesellschaft gebunden, sondern kann aus einer Vielzahl von Versicherungsanbietern am Markt die für den Kunden passendsten Produkte auswählen. Man spricht davon, dass der Versicherungsmakler der „treuhänderähnliche Sachwalter“ des Kunden ist.
Wenn Sie als Versicherungsmakler tätig sind, suchen Sie für Ihre Kunden den besten Versicherungsschutz, vergleichen Angebote verschiedener Gesellschaften und beraten unabhängig. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich unter anderem im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und der Gewerbeordnung (GewO). Sie sind dem Kunden verpflichtet, ihn umfassend zu beraten und für ihn den passenden Versicherungsschutz zu finden.
Entscheidende Kriterien für die Abgrenzung durch Gerichte
Gerichte schauen bei der Abgrenzung genau auf die tatsächliche Zusammenarbeit, nicht nur auf den Vertragstext. Hier sind die wichtigsten Punkte, die geprüft werden:
- Wessen Interessen werden vorrangig vertreten? Dies ist das wichtigste Kriterium. Ein Handelsvertreter vertritt die Interessen des Unternehmens, ein Versicherungsmakler die Interessen des Kunden.
- Grad der Weisungsgebundenheit: Wie stark sind Sie an Anweisungen des Unternehmens gebunden? Ein Handelsvertreter ist in der Regel weisungsgebundener, auch wenn er selbstständig ist. Ein Makler hat deutlich mehr Freiheit bei der Produktauswahl und der Beratung.
- Unabhängigkeit bei der Produktauswahl: Können Sie aus dem gesamten Markt von Produkten und Anbietern auswählen oder sind Sie auf die Produkte eines bestimmten Unternehmens beschränkt? Ein Makler hat die Freiheit, aus einem breiten Spektrum zu wählen.
- Integration in die Vertriebsstruktur: Sind Sie tief in die Organisation des Unternehmens eingebunden, nutzen Sie deren interne Systeme, tragen Sie deren Firmennamen oder treten Sie eher als unabhängiger Dienstleister auf? Ein Handelsvertreter ist oft stärker in die Vertriebsstruktur des Unternehmens integriert.
- Risikotragung: Wer trägt das wirtschaftliche Risiko Ihrer Tätigkeit? Ein Handelsvertreter trägt oft ein höheres eigenes wirtschaftliches Risiko als ein Angestellter, aber geringer als ein vollständig unabhängiger Makler.
- Ihr Auftreten nach außen: Wie stellen Sie sich gegenüber Ihren Kunden dar? Als Vertreter einer bestimmten Firma oder als unabhängiger Berater, der den gesamten Markt überblickt?
Für Sie bedeutet das: Selbst wenn in Ihrem Vertrag „Makler“ steht, aber die tatsächliche Zusammenarbeit zeigt, dass Sie ausschließlich die Produkte eines einzigen Unternehmens verkaufen und deren Anweisungen stark befolgen müssen, könnten Sie rechtlich als Handelsvertreter eingestuft werden. Umgekehrt gilt dies auch für eine Benennung als „Handelsvertreter“, wenn Sie faktisch für Ihre Kunden Produkte vieler Anbieter auswählen.
Wann habe ich als Handelsvertreter Anspruch auf einen Ausgleich nach Vertragsende?
Als Handelsvertreter haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen nach Beendigung Ihres Vertragsverhältnisses einen Anspruch auf einen sogenannten Ausgleich. Dieser Ausgleich soll Sie dafür entschädigen, dass der Unternehmer auch nach Ihrem Ausscheiden noch von den Kundenbeziehungen profitiert, die Sie aufgebaut oder wesentlich ausgebaut haben. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist § 89b des Handelsgesetzbuches (HGB).
Die Kernvoraussetzungen für Ihren Anspruch
Damit ein Ausgleichsanspruch besteht, müssen in der Regel mehrere Bedingungen erfüllt sein:
- Sie haben neue Kunden geworben oder den Geschäftsverkehr mit bestehenden Kunden erheblich erweitert. Stellen Sie sich vor, Sie haben über Jahre hinweg viele neue Käufer für die Produkte Ihres Unternehmers gewonnen oder dafür gesorgt, dass bestehende Kunden deutlich mehr bestellen. Diese Kundenbeziehungen müssen dem Unternehmer auch nach dem Ende Ihrer Zusammenarbeit noch erhebliche Vorteile bringen. Das bedeutet, der Unternehmer profitiert weiterhin von den Umsätzen oder der Treue dieser Kunden, ohne dass Sie noch dafür Provisionen erhalten.
- Sie verlieren durch das Vertragsende Provisionen. Wenn der Vertrag endet, fallen die Provisionen weg, die Sie von den durch Sie aufgebauten oder erweiterten Kundenbeziehungen erhalten hätten. Der Ausgleich soll diesen Verlust zumindest teilweise abfedern.
- Der Ausgleich muss der Billigkeit entsprechen. Das bedeutet, der Ausgleich muss unter Berücksichtigung aller Umstände fair sein. Dabei wird abgewogen, welche Vorteile der Unternehmer durch Ihre Arbeit dauerhaft hat und welche Provisionen Sie verlieren. Auch ob Sie beispielsweise ein Wettbewerbsverbot einhalten müssen, kann hier eine Rolle spielen.
Wann ein Ausgleich ausgeschlossen sein kann
Es gibt auch Fälle, in denen ein Ausgleichsanspruch nicht besteht, selbst wenn die oben genannten Punkte grundsätzlich zutreffen:
- Sie haben den Vertrag selbst gekündigt. Wenn Sie den Vertrag selbst beenden, haben Sie in der Regel keinen Anspruch auf Ausgleich. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel wenn die Kündigung durch ein Fehlverhalten des Unternehmers begründet war oder wenn Sie aufgrund Ihres Alters oder einer Krankheit nicht mehr in der Lage sind, Ihre Tätigkeit fortzusetzen.
- Der Unternehmer hat den Vertrag wegen eines schwerwiegenden Fehlers Ihrerseits gekündigt. Wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis beendet hat, weil Sie sich schwerwiegend vertragswidrig verhalten haben (z.B. durch Betrug oder gravierende Pflichtverletzungen), verlieren Sie ebenfalls Ihren Ausgleichsanspruch.
- Sie haben einen neuen Handelsvertreter gefunden. Wenn Sie einen Ersatz-Handelsvertreter vorschlagen und der Unternehmer diesen neuen Vertragspartner akzeptiert, haben Sie ebenfalls keinen Anspruch auf einen Ausgleich.
Welche weiteren wichtigen Rechte habe ich als Handelsvertreter gegenüber dem Unternehmen?
Als Handelsvertreter stehen Ihnen neben dem bekannten Ausgleichsanspruch, der den Wert Ihres Kundenstamms bei Vertragsende sichern soll, weitere wichtige Rechte gegenüber dem Unternehmen zu. Diese Rechte sind entscheidend, um Ihre Arbeit erfolgreich ausführen und Ihre Ansprüche überprüfen zu können.
Der Anspruch auf Provision – Ihr Kernrecht
Ihr zentrales Recht ist der Provisionsanspruch. Das bedeutet, Sie haben einen Anspruch auf Bezahlung für die Geschäfte, die durch Ihre Tätigkeit zustande kommen. Dies ist in den §§ 87 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) geregelt.
- Entstehung der Provision: In der Regel entsteht der Anspruch auf Provision, sobald das Geschäft zwischen dem Unternehmen und dem Kunden ausgeführt wurde, also wenn zum Beispiel die Ware geliefert und bezahlt ist.
- Provision für Folgegeschäfte: Selbst nach Beendigung Ihres Vertrages als Handelsvertreter können Sie noch einen Provisionsanspruch haben. Dies betrifft Geschäfte, die entweder schon während der Vertragslaufzeit vorbereitet wurden und später zum Abschluss kamen, oder solche, die innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsende aufgrund Ihrer früheren Tätigkeit abgeschlossen wurden. Stellen Sie sich vor, Sie haben kurz vor Vertragsende intensiv mit einem Kunden verhandelt, der Abschluss des Geschäfts erfolgt aber erst danach – hier kann Ihnen trotzdem eine Provision zustehen.
Das Recht auf Buchauszug – Für volle Transparenz
Ein sehr wichtiges Recht, insbesondere zur Überprüfung Ihrer Provisionsansprüche, ist der Anspruch auf Buchauszug nach § 87c HGB. Dieses Recht ist für Sie als Handelsvertreter unerlässlich, um nachvollziehen zu können, wie Ihre Provisionen berechnet wurden.
- Was ist ein Buchauszug? Der Buchauszug ist eine detaillierte Aufstellung aller Geschäfte, für die Ihnen eine Provision zustehen könnte. Das Unternehmen muss Ihnen eine solche Abrechnung zur Verfügung stellen.
- Warum ist er wichtig? Nur mit diesem Auszug können Sie die Richtigkeit Ihrer Provisionsabrechnungen überprüfen. Er ermöglicht Ihnen, die einzelnen vermittelten Geschäfte und deren Wert einzusehen. Fehlt Ihnen diese Information, ist eine Kontrolle kaum möglich.
- Recht auf Bucheinsicht: Wenn Sie begründete Zweifel an der Richtigkeit des Buchauszugs haben und dieser keine ausreichende Klarheit bietet, haben Sie sogar das Recht, die Bücher des Unternehmens selbst einzusehen oder diese Einsicht durch einen Sachverständigen oder eine sachkundige Person vornehmen zu lassen. Dies stellt eine starke Schutzfunktion für Sie dar.
Weitere wichtige Informationsrechte
Neben dem detaillierten Buchauszug gibt es weitere Rechte, die Ihnen als Handelsvertreter zustehen, um Ihre Tätigkeit bestmöglich ausüben zu können und stets über den Stand der Geschäfte informiert zu sein:
- Information über Geschäftsausführung: Das Unternehmen muss Sie unverzüglich über die Annahme oder Ablehnung eines von Ihnen vermittelten Geschäfts informieren. Auch wenn ein vermitteltes Geschäft vom Kunden nicht ausgeführt wird, etwa durch Stornierung oder Nichtzahlung, muss Ihnen das Unternehmen dies mitteilen. Dies ist wichtig, da es sich auf Ihre Provisionsansprüche auswirken kann.
- Informationen zur Geschäftsanbahnung: Das Unternehmen ist verpflichtet, Ihnen alle notwendigen Informationen zukommen zu lassen, die Sie benötigen, um Ihre Aufgaben als Handelsvertreter ordnungsgemäß auszuführen und neue Geschäfte anzubahnen. Dazu gehören beispielsweise Informationen über Produkte, Preise, Lieferzeiten oder auch potenzielle Kunden.
Kann ich Schadensersatz verlangen, wenn mein Vertrag mit einem Unternehmen beendet wird?
Ob Sie Schadensersatz verlangen können, wenn Ihr Vertrag mit einem Unternehmen beendet wird, hängt davon ab, wie und warum der Vertrag endet. Grundsätzlich führt nicht jede Vertragsbeendigung automatisch zu einem Anspruch auf Schadensersatz.
Beendigung durch ordentliche Kündigung
Eine ordentliche Kündigung bedeutet, dass ein Vertrag unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten oder gesetzlich vorgeschriebenen Fristen beendet wird. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Handyvertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten, der fristgerecht gekündigt wird, oder einen Mietvertrag, der mit der gesetzlichen Frist endet.
In solchen Fällen, wenn die Kündigung fristgerecht und gemäß den Vereinbarungen oder Gesetzen erfolgt, besteht in der Regel kein Anspruch auf Schadensersatz. Beide Parteien haben sich an die Regeln zur Vertragsbeendigung gehalten. Es gibt keine Pflichtverletzung, die einen Schadensersatzanspruch begründen würde.
Beendigung durch außerordentliche Kündigung oder Vertragsverletzung
Ein Anspruch auf Schadensersatz kann entstehen, wenn:
- Der Vertrag unrechtmäßig beendet wird: Das bedeutet, das Unternehmen kündigt den Vertrag, obwohl es dazu kein Recht hatte – weder vertraglich noch gesetzlich. Oder es handelt sich um eine sogenannte außerordentliche (fristlose) Kündigung, für die aber kein sogenannter „wichtiger Grund“ vorlag. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für die kündigende Partei unzumutbar wäre. Wenn eine solche Kündigung unwirksam ist, kann die unwirksame Kündigung selbst eine Pflichtverletzung darstellen.
- Beispiel: Ein Unternehmen kündigt Ihnen einen Liefervertrag fristlos, obwohl Sie alle Ihre Verpflichtungen erfüllt haben und kein wichtiger Grund für eine sofortige Beendigung bestand. Wenn Ihnen dadurch ein finanzieller Schaden entsteht (z.B. weil Sie teurer Ersatz beschaffen müssen), könnte ein Anspruch auf Schadensersatz in Betracht kommen.
- Die Beendigung auf einer vorherigen Pflichtverletzung beruht: Ein Schadensersatzanspruch kann auch bestehen, wenn das Unternehmen vor oder während der Vertragsbeendigung eine wesentliche Pflicht aus dem Vertrag verletzt hat und Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Die Kündigung selbst wäre dann vielleicht sogar rechtmäßig (z.B. Ihre eigene Kündigung aus wichtigem Grund), aber der Schaden entstand durch das Fehlverhalten des Unternehmens.
- Beispiel: Sie schließen einen Vertrag über eine Dienstleistung ab, aber das Unternehmen erbringt diese Dienstleistung mangelhaft oder gar nicht. Ihnen entsteht dadurch ein Schaden (z.B. zusätzliche Kosten für die Behebung der Mängel oder den Ausfall der Dienstleistung). Auch wenn der Vertrag dann aufgrund dieses Verhaltens beendet wird, können Sie möglicherweise Schadensersatz für den entstandenen Schaden verlangen, der durch die Pflichtverletzung verursacht wurde.
Was muss für einen Schadensersatzanspruch vorliegen?
Für einen Schadensersatzanspruch müssen in der Regel folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Pflichtverletzung: Das Unternehmen muss eine Pflicht aus dem Vertrag oder aus dem Gesetz verletzt haben (z.B. durch eine unrechtmäßige Kündigung, eine mangelhafte Leistung oder die Nichtleistung).
- Schaden: Ihnen muss durch diese Pflichtverletzung ein tatsächlicher und nachweisbarer Schaden entstanden sein. Der Schaden kann beispielsweise entgangener Gewinn sein, den Sie aufgrund der unrechtmäßigen Beendigung nicht erzielen konnten, oder zusätzliche Kosten, die Ihnen entstanden sind.
- Verschulden: Das Unternehmen muss die Pflichtverletzung zu vertreten haben, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen auch ohne Verschulden ein Schadensersatzanspruch besteht (z.B. bei Garantiehaftung).
- Kausalität: Zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden muss ein direkter Zusammenhang bestehen. Der Schaden muss also gerade wegen der Pflichtverletzung eingetreten sein.
Kurz gesagt: Wenn ein Vertrag ordentlich und rechtmäßig beendet wird, besteht in der Regel kein Anspruch auf Schadensersatz. Ein Anspruch kann jedoch entstehen, wenn die Vertragsbeendigung selbst unrechtmäßig war oder auf einer vorherigen Pflichtverletzung des Unternehmens beruht, die Ihnen einen Schaden verursacht hat.
Wie kann ich meine Rechte durchsetzen, wenn ich mir keinen Anwalt leisten kann?
Auch wenn Sie sich keinen Anwalt leisten können, gibt es staatliche Hilfen, um Ihre Rechte durchzusetzen. Diese Unterstützungen sollen sicherstellen, dass jeder Zugang zur Justiz hat, unabhängig von seiner finanziellen Situation. Es gibt zwei Hauptformen der Unterstützung: die Beratungshilfe für außergerichtliche Angelegenheiten und die Prozesskostenhilfe für gerichtliche Verfahren.
Beratungshilfe für außergerichtliche Angelegenheiten
Die Beratungshilfe ist eine staatliche Unterstützung, wenn Sie rechtlichen Rat oder Hilfe außerhalb eines Gerichtsverfahrens benötigen, zum Beispiel für eine erste Einschätzung Ihrer Situation, einen Schriftwechsel mit der Gegenseite oder die Erstellung von Dokumenten.
- Was sie umfasst: Sie ermöglicht Ihnen, die Kosten für die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt für außergerichtliche Angelegenheiten ganz oder teilweise zu übernehmen.
- Voraussetzungen: Sie erhalten Beratungshilfe, wenn Sie finanziell bedürftig sind, also Ihr Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um die Kosten selbst zu tragen. Ihre Angelegenheit darf zudem nicht mutwillig sein, das heißt, sie muss eine reale rechtliche Grundlage haben und nicht leichtfertig verfolgt werden. Außerdem dürfen Ihnen keine anderen zumutbaren Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, wie beispielsweise eine Rechtsschutzversicherung oder kostenlose Beratungsstellen.
- Wie Sie sie beantragen: Sie beantragen die Beratungshilfe in der Regel bei dem für Ihren Wohnsitz zuständigen Amtsgericht. Dort erhalten Sie, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, einen sogenannten Beratungshilfeschein. Mit diesem Schein können Sie dann einen Anwalt Ihrer Wahl aufsuchen.
- Kosten: Für Sie fällt bei Inanspruchnahme der Beratungshilfe in der Regel eine geringe Eigenbeteiligung von 15 Euro an den Anwalt an, die aber in besonderen Fällen auch erlassen werden kann.
Prozesskostenhilfe (PKH) für gerichtliche Verfahren
Die Prozesskostenhilfe (PKH) ist eine staatliche Unterstützung für gerichtliche Verfahren. Sie kommt zum Einsatz, wenn Sie Ihre Rechte vor Gericht durchsetzen müssen und die dafür anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten nicht selbst tragen können.
- Was sie umfasst: Die Prozesskostenhilfe deckt die Gerichtsgebühren und die Kosten für die Vertretung durch einen Anwalt im gerichtlichen Verfahren ab. Dies gilt sowohl für die Person, die klagt, als auch für die Person, die sich verteidigt.
- Voraussetzungen:
- Wirtschaftliche Bedürftigkeit: Ihr Einkommen und Ihr Vermögen reichen nicht aus, um die Kosten des gerichtlichen Verfahrens ganz oder teilweise selbst zu tragen. Es wird geprüft, ob Sie die Kosten überhaupt nicht oder nur in Raten aufbringen könnten.
- Ausreichende Erfolgsaussicht: Ihr Rechtsstreit muss eine ausreichende Erfolgsaussicht haben. Das Gericht prüft, ob Ihr Anliegen realistischerweise erfolgreich sein könnte. Es darf keine von vornherein aussichtslose Klage oder Verteidigung sein.
- Keine Mutwilligkeit: Die Rechtsverfolgung oder -verteidigung darf nicht mutwillig sein. Das bedeutet, dass eine verständige Person in Ihrer Lage den Prozess auch dann führen würde, wenn sie die Kosten selbst tragen müsste.
- Wie Sie sie beantragen: Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird direkt bei dem Gericht gestellt, das für Ihren Rechtsstreit zuständig ist. Meistens wird dieser Antrag zusammen mit der Klageschrift oder der Verteidigungsschrift eingereicht. Sie müssen Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse genau offenlegen.
- Rückzahlung: Je nach Ihrer finanziellen Situation kann die Prozesskostenhilfe als zinsloses Darlehen gewährt werden. Dies bedeutet, wenn sich Ihre wirtschaftliche Lage innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verfahrens wesentlich verbessert, kann das Gericht von Ihnen die Rückzahlung der Kosten in monatlichen Raten verlangen. Wenn Ihre Situation stabil schlecht bleibt, müssen Sie nichts zurückzahlen.
Diese staatlichen Hilfen sollen Ihnen den Zugang zum Recht ermöglichen, auch wenn Ihre finanziellen Mittel begrenzt sind. Sie stellen sicher, dass Ihre Rechte nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auch tatsächlich durchgesetzt werden können.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Kontokorrent
Ein Kontokorrent ist eine laufende Abrechnung, bei der gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen zwei Geschäftspartnern miteinander verrechnet werden. Dabei werden alle Zahlungsein- und -ausgänge auf einem Konto zusammengefasst, sodass am Ende ein Saldo, also eine Einigung über die noch offenen Beträge entsteht. Im geschäftlichen Alltag ist das beispielsweise wie ein dauerhafter Kontoausgleich zwischen zwei Firmen, bei dem regelmäßig verrechnet wird, wer wem wie viel schuldet.
Beispiel: Zwei Unternehmen liefern sich regelmäßig Waren und Dienstleistungen und tauschen dafür Zahlungen aus. Statt jede Rechnung einzeln zu begleichen, führen sie eine Kontokorrentabrechnung, die am Monatsende die Gesamtschuld ausweist.
Prozesskostenhilfe (PKH)
Prozesskostenhilfe ist eine staatliche finanzielle Unterstützung für ein Gerichtsverfahren, wenn die Partei die Kosten (für Gericht und Anwalt) nicht selbst tragen kann. Voraussetzung ist neben der Bedürftigkeit auch, dass der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist. Ziel ist es, Menschen mit geringem Einkommen den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz zu ermöglichen.
Beispiel: Wer z. B. arbeitsrechtlich gegen den Arbeitgeber klagen möchte, aber keine finanziellen Mittel für Anwalt und Gericht aufbringen kann, kann Prozesskostenhilfe beantragen, damit der Staat die Kosten vorerst übernimmt.
Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB
Der Ausgleichsanspruch nach § 89b Handelsgesetzbuch (HGB) ist eine Entschädigung, die ein Handelsvertreter verlangen kann, wenn sein Vertrag mit dem Unternehmer endet. Sie soll den Verlust künftiger Provisionen ausgleichen, die durch den zuvor aufgebauten oder erweiterten Kundenstamm noch entstehen würden und von denen der Unternehmer nach Vertragsende weiter profitiert. Voraussetzung ist, dass der Handelsvertreter erheblichen Anteil am Fortbestehen des Geschäfts hat und kein vertragswidriges Verhalten vorliegt.
Beispiel: Ein Handelsvertreter hat über Jahre viele Kunden geworben; nach Vertragsende führt der Unternehmer die Geschäfte mit diesen Kunden weiter und erzielt Gewinne daraus. Der Handelsvertreter kann dann eine faire Abfindung für den entgangenen Provisionsanteil verlangen.
Versicherungsmakler vs. Versicherungsvertreter
Ein Versicherungsmakler handelt unabhängig und ausschließlich im Interesse des Kunden: Er vergleicht Angebote verschiedener Versicherungsgesellschaften und sucht die besten Produkte für den Kunden aus. Ein Versicherungsvertreter hingegen ist weisungsgebunden und vertritt die Interessen eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen, dessen Produkte er verkauft. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil sie verschiedene Rechte, Pflichten und Ansprüche, beispielsweise aus dem Handelsgesetzbuch (HGB), nach sich zieht.
Beispiel: Ein Versicherungsmakler berät Sie als Kunde objektiv zu unterschiedlichen Policen verschiedener Anbieter. Ein Versicherungsvertreter hingegen verkauft meist nur die Policen eines bestimmten Unternehmens, an das er gebunden ist.
Buchauszug nach § 87c HGB
Ein Buchauszug ist eine detaillierte Aufstellung aller Geschäfte, für die ein Handelsvertreter Provisionen beanspruchen kann. Nach § 87c Absatz 2 HGB hat der Handelsvertreter das Recht, vom Unternehmer diese Abrechnung einzusehen, um seine Provisionsansprüche prüfen zu können. Dieses Recht dient der Transparenz und Kontrolle über die Abrechnung der Provisionszahlungen.
Beispiel: Ein Handelsvertreter verlangt vom Unternehmen einen Buchauszug, um zu überprüfen, ob ihm alle provisionsträchtigen Abschlüsse korrekt angerechnet wurden und keine Umsätze fehlen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 114, § 115 ZPO (Prozesskostenhilfe): Diese Vorschriften regeln die Voraussetzungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe, insbesondere die finanzielle Bedürftigkeit und die hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG prüfte anhand dieser Normen, ob der Beklagte mit seiner Klageabwehr und Widerklage hinreichende Erfolgsaussichten hat, um Prozesskostenhilfe zu erhalten.
- Kontokorrentrecht (§§ 344 ff. HGB): Das Kontokorrent ist eine spezielle Form der laufenden gegenseitigen Forderungsverrechnung zwischen Kaufleuten, bei der Salden gebildet werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Hauptforderung der Klägerin basiert auf einem Kontokorrent-Saldo, dessen Richtigkeit der Beklagte durch widersprüchliche Schreiben angezweifelt hat, was seine Verteidigung stützt.
- § 89b HGB (Ausgleichsanspruch Handelsvertreter): Diese Vorschrift gewährt einem Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung einen Ausgleich für den Wegfall künftiger Provisionen, sofern er neue Kunden oder Geschäfte herangeführt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte fordert den Ausgleichsanspruch, der jedoch nur Versicherungsvertretern zusteht; das Gericht verneinte eine Anwendung auf Versicherungsmakler, da diese anders rechtlich eingeordnet sind.
- § 87c HGB (Auskunftsanspruch Handelsvertreter): Hiernach kann ein Handelsvertreter nach Vertragsende von seinem Auftraggeber Einsicht in Abrechnungen und Bücher verlangen, um seine Vergütungsansprüche nachvollziehen zu können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch auf Buchauszug wurde dem Beklagten verwehrt, weil er als Versicherungsmakler und nicht als Versicherungsvertreter eingestuft wurde und die Norm nicht auf Makler anwendbar ist.
- § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Diese Vorschrift regelt den Ersatz von Schäden, die durch schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen, sofern kein Ausschluss oder Rechtfertigungsgrund vorliegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen angeblich unberechtigter Vertragskündigung wurde abgelehnt, da die Klägerin ordnungsgemäß kündigen durfte und keine Pflichtverletzung vorlag.
- Rechtliche Abgrenzung Versicherungsvertreter vs. Versicherungsmakler (insbesondere systematische Stellung im HGB §§ 93 ff. vs. §§ 84 ff.): Versicherungsvertreter sind in eine Vertriebsorganisation eingebunden und unmittelbar weisungsgebunden, während Versicherungsmakler eigenständig im Kundeninteresse handeln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Qualifikation des Beklagten als Makler und nicht als Vertreter war entscheidend, um seine Rechte und Erfolgsaussichten insbesondere für Ausgleichsanspruch und Auskunftsanspruch zu beurteilen.
Das vorliegende Urteil
OLG Köln – Az.: 20 U 45/18 – Beschluss vom 21.11.2018
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.