Orientierungssatz
1. Es ist anzunehmen, dass ein Schaltkasten durch Bauarbeiten auf einem Grundstück beschädigt wurde, wenn unmittelbar vor Auftritt eines Wasserschadens Arbeiten auf einem Grundstück in relevanter räumlicher Nähe zum Schaltkasten durchgeführt wurden, die typischerweise mit „schwerem Gerät“ durchgeführt werden, Beschädigungen am Schaltkasten festgestellt wurden und keine Schutzvorkehrungen für den Schaltschrank vorhanden waren.
2. Als derjenige, der mit seinem Bauvorhaben die Gefahrenquelle eröffnet, ist der Bauherr im Ausgangspunkt dafür verantwortlich, dass von der Baustelle keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schäden erleiden können. Er kann zwar Verkehrssicherungspflichten übertragen, damit wird er jedoch nicht gänzlich frei, sondern die dem Übertragenden verbleibende Verkehrssicherungspflicht „verengt“ sich auf die Auswahl eines geeigneten Kandidaten für die Übernahme und dessen anschließende Überwachung.
3. Den Bauherrn traf im Ausgangspunkt die Verkehrssicherungspflicht, den auf der Grundstücksgrenze befindlichen Steuerschrank vor Beschädigungen zu schützen, welche durch die Bauarbeiten auf seinem Grundstück verursacht werden könnten. Nachbarliche grenznahe Anlagen muss der Bauherr in jedem Fall vor Beschädigungen durch Bauarbeiten schützen und zwar unabhängig davon, ob er weiß, dass sich in der Anlage gegenüber Erschütterungen empfindliche Bauteile befinden. Eine Vornahme von Schutzvorkehrungen für den Steuerschrank, etwa durch eine robuste Einhausung, einer widerstandsfähigen Absperrung oder der temporären Verlegung in einen unkritischen Abstand zu der Baustelle war für den Bauherrn auch möglich und ohne weiteres zumutbar.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 84.537,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23.11.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 7 % und die Beklagte 93 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 90.909,15 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen eines Wasserschadens an einem Wohnhaus.
Das Grundstück R. in S. (im Folgenden: „Grundstück Nr. 67“) ist mit einem Wohnhaus bebaut. Es grenzt an das Grundstück R. in S. (im Folgenden: „Grundstück Nr. 63“).
Auf der Grundstücksgrenze zwischen dem Grundstück Nr. 67 und dem Grundstück Nr. 63 befindet sich ein Schaltkasten für eine Pumpanlage zur Abführung der Drainage des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67. Die Pumpanlage ist an die Ringdrainage des Wohnhauses angeschlossen und schaltet sich bei steigendem Wasserspiegel automatisch ein, um drückendes Wasser vom Kellergeschoss zu pumpen. Sie ist mit dem Internet bzw. mit der Telefonanlage verbunden, damit im Falle von Fehlfunktionen Alarmmeldungen erfolgen können.
Das Grundstück Nr. 63 steht im Eigentum einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Eheleute J. sind. Herr J. ließ als Bauherr ein Einzelhaus auf dem Grundstück errichten, weswegen dort im Mai 2016 Bauarbeiten stattfanden. Die Beklagte ist der Bauherren-Haftpflichtversicherer des Herrn J.
Im Rahmen des Bauvorhabens auf dem Grundstück Nr. 63 beauftragte Herr J. die C-GmbH zur Durchführung von Baumaßnahmen. Im Mai 2016 wurden unter anderem Abbruch- und Tiefbauarbeiten vorgenommen. Es wurde auch der Grenzbewuchs entfernt.
Die Beauftragte des Klägers, Frau B., stellte am 12.05.2016 einen Wasserschaden im Kellergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 fest. Daraufhin kontaktierte sie umgehend die Firma, welche die Pumpanlage errichtet hatte, die W-GmbH & Co. KG. Der Inhaber der Firma, Herr B., stellte dann am 13.05.2016 unter anderem fest, dass das Gehäuse des Schaltkastens der Pumpanlage mechanisch beschädigt wurde.
Wassereintritt im Kellergeschoss führte dazu, dass der gesamte Kellerfußbodenaufbau (Estrich, Fliesen und Bodendielen) und die aufsteigenden geputzten Wände bis 0,5 m Höhe ab Oberkante Fertigfußboden im Kellergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 durchfeuchtet wurden. Der Kläger führte den Wasserschaden auf die Baumaßnahmen der C-GmbH auf dem Grundstück Nr. 63 zurück und setzte sich mit Herr J. in Verbindung. Herr J. meldete den Schaden der Beklagten unter der Schadennummer… . Mit E-Mail vom 05.09.2016 lehnte die Beklagte die Übernahme des Schadens gegenüber dem Kläger ab.
Am 08.06.2017 schlossen Herr J. und der Kläger einen Abtretungsvertrag, in welchem Herr J. erklärte, die Ansprüche auf Schadensfreihaltung aus dem Versicherungsvertrag vom 13.05.2016 (Versicherungsschein-Nr.: …) wegen etwaig bestehender Schadensersatzansprüche des Klägers gegen Herr J. im Zusammenhang mit dem Wasserschaden auf dem Grundstück Nr. 67 an den Kläger abzutreten (Anl. K8).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.09.2017 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung von 87.918,44 € bis zum 05.10.2017 auf. Die Beklagte tätigte daraufhin keine Zahlung.
Der Kläger behauptet, Eigentümer des Grundstücks Nr. 67 zu sein.
Auf dem Gehäuse des beschädigten Schaltkastens der Pumpanlage seien Bagger- bzw. Schaufelspuren zu erkennen gewesen, was Herr B. festgestellt habe. Die Erschütterung durch die mechanische Beschädigung des Schaltkastens habe dazu geführt, dass die Funktion des Pumpensystems vorübergehend ausgesetzt habe. In der Folge sei das steigende Grundwasser über die Lichtschachtabläufe bzw. das angeschlossene Drainagerohr in die Lichtschächte eingedrungen und über die geschlossenen Kellerfenster und Rahmenanschlüsse in das Kellergeschoss gelaufen.
Andere Schadensursachen als eine Beschädigung des Schaltkastens der Pumpanlage im Zuge der Baumaßnahmen mit schwerem Gerät auf dem Grundstück Nr. 63 seien ausgeschlossen. Ein Stromausfall, Niederschlag, Grundwasseranstieg oder eine Beschädigung der Druckwasserleitungen hätten nicht zu dem Schaden geführt. Ebenso wenig eine Beschädigung des Pumpensystems durch Mäuse. Ein Mäusenest sei nicht im Schaltkasten zu finden gewesen, wohl aber Mäusespuren (Kot, etc.). Jedenfalls hätten die Mäuse erst nach der mechanischen Beschädigung des Schaltkastens in diesen eindringen können, weil der Schaltkasten an sich fest verschlossen sei.
Ein Wasserschaden im Kellergeschoss auf Grund eines vergleichbaren Wassereintritts im Jahr 2013 habe den Kläger erst veranlasst, das Pumpensystem bzw. den Schaltkasten einzubauen.
Herr J. hätte keine Vorkehrungen dagegen getroffen, dass der Schaltkasten im Zuge der Baumaßnahmen auf dem Grundstück beschädigt werden könnte. Insbesondere sei er seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen. Er hätte die Bauaufsicht auch nicht auf den Architekten H. übertragen. Jedenfalls aber hätte er auch nicht überwacht, dass der Architekt H. seinen Pflichten nachgekommen wäre.
Dem Kläger seien Kosten i.H.v. 90.909,15 € entstanden (Bl. 177 d. A., Anlagenkonvolut K6 und Anl. K9). Die unter anderem geltend gemachten Übernachtungskosten im Hotel B. seien angemessen. Beim Hotel handele es sich nicht um ein Luxushotel. Die Übernachtungskosten seien auch nicht im Zuge einer „Lustreise“ angefallen. Während der Sanierung des Wohnhauses sei die Unterbringung im Hotel B. im Vergleich zur Anmietung eines Ferienhauses die kostengünstigere Variante gewesen.
Der Kläger hat zunächst beantragt, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 87.918,44 € nebst Zinsen zu bezahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren durch das streitgegenständliche Schadensereignis verursachte Schäden zu erstatten. Mit Schriftsatz vom 03.05.2022 (Bl. 173 d. A.) hat der Kläger angekündigt, den Feststellungsantrag in einen Zahlungsantrag umzustellen und darüber hinaus die Klage hinsichtlich der Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu erweitern.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 90.909,15 nebst Zinsen aus EUR 87.918,44 in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit bis zum 03.05.2022 sowie aus EUR 90.909,15 seit 04.05.2022 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.120,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass die äußerliche Beschädigung des Schaltkastens unbekannten Ursprungs sei. Der Wasserschaden sei nicht am 12.05.2016 eingetreten.
Außerdem seien seinerzeit in R. viele Gebäude abgerissen worden und es sei dabei jedes Mal zu einer Stromunterbrechung gekommen. Eine solche Stromunterbrechung beim Abriss eines unbekannten Gebäudes mag auch hier schadensursächlich gewesen sein. Während des Ortstermins anlässlich der Inaugenscheinnahme des Schadens habe das Display des Elektroherdes im klägerischen Haus geblinkt, was auf einen Stromausfall im gesamten Haus hindeute. Gegen ein Aufstauen des Grundwassers spreche, dass das Pumpensystem am Tag der Schadensfeststellung intakt gewesen sei und einwandfrei funktioniert habe. Es spreche auch dagegen, dass von dem System kein Telefon- oder Online-Alarm ausgelöst worden sei.
Es habe seinerzeit auf dem Grundstück außerdem kein Wasser gestanden, weswegen auch kein Wasser in den Kellerlichtschacht gelaufen sei. Der „Polier“ einer Nachbarbaustelle habe seinerzeit außerdem gesehen, dass eine rote Lampe auf dem Steuerkasten geleuchtet habe, was darauf hindeute, dass der Steuerkasten bzw. das Pumpensystem einen Defekt aufgewiesen habe, welcher nicht von den streitgegenständlichen Bauarbeiten stamme. Die Abbrucharbeiten der C-GmbH hätten außerdem an ganz anderer Stelle auf dem Grundstück, weit entfernt vom Schaltkasten, stattgefunden.
Die Bauarbeiten auf dem Grundstück könnten möglicherweise zu einer Veränderung der Grundwasserverhältnisse geführt haben, welche den Schaden verursacht haben könnte. Hierfür hafte die Beklagte jedoch nach Ziff. IV. Ziff. 2 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (Anl. K1) nicht.
Die Errichterfirma habe am 13.05.2016 zwar feststellen können, dass der Schaltkasten äußerlich eine Beschädigung aufgewiesen habe. Sie habe jedoch auch festgestellt, dass weder der Schaltkasteninhalt beschädigt worden sei noch eine Funktionsstörung der Pumpensteuerung vorgelegen habe.
Im Schaltschrank habe sich ein Mäusenest befunden. Die Mäuse hätten möglicherweise die Leitungen angeknabbert und damit den Wasserschaden verursacht.
Es habe bereits in früheren Jahren einen entsprechenden Wassereintritt in die Kellerräume des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 gegeben, welcher zu Beschädigungen geführt habe. Das deute darauf hin, dass das Pumpensystem einen ganz anderen Defekt aufweise.
Die streitgegenständliche Pumpe sei bereits vor den streitgegenständlichen Bauarbeiten mehrmals ausgefallen.
Herr J. habe mit mündlichen Vertrag im Jahr 2015 die Aufsichtspflicht, Überwachung und Kontrolle sämtlicher Arbeiten an das Architektenbüro H. vergeben.
Mit Beschluss vom 03.09.2018 hat die 21. Zivilkammer die Rechtssache dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Das Gericht hat den Kläger zur Sache im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.09.2018 informatorisch angehört. Hinsichtlich des Inhalts wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen (Bl. 55 d. A.). Das Gericht hat die schriftliche Stellungnahme des Zeugen B. eingeholt (Bl. 39 f. d. A.). Gemäß Beweisbeschluss vom 17.10.2018 hat der Sachverständige Dipl.-Ing. S. ein schriftliches Gutachten und ein Ergänzungsgutachten erstattet, welche er in der Sitzung vom 06.04.2022 mündlich erläutert hat. Auf die Gutachten vom 30.11.2020 und 30.06.2021 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2022 wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2018, 06.04.2022 und 27.09.2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
A. Die Klage ist zulässig.
I. Das Landgericht Stuttgart ist gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und nach §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig.
II. Die Umstellung des ursprünglich beantragten Feststellungsantrags in einen weiteren Zahlungsantrag ist zulässig, denn sie stellt eine privilegierte Klageänderung i.S.d. § 264 Nr. 2 ZPO dar. Sie erfolgte auch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung.
III. Die Erweiterung der Klage um den Zahlungsanspruch in Bezug auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist ebenfalls zulässig. Sie stellt gleichermaßen eine privilegierte Klageänderung i.S.d. § 264 Nr. 2 ZPO dar. Bei den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten handelt es sich um eine Nebenforderung.
B. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 84.537,85 € aus §§ 100 VVG, 398 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB. Ihm steht ferner ein Anspruch auf Zinsen aus §§ 288, 291 BGB zu, jedoch nur i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 84.537,85 € seit 23.11.2017. Der Kläger hat aber keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.120,62 € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2017.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 84.537,85 € aus §§ 100 VVG, 398 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Versicherungsnehmer der Beklagten, Herr J., hat seinen Freistellungsanspruch gem. § 100 Alt. 1 VVG i.V.m. dem Bauherren-Haftpflichtversicherungsvertrag gegen die Beklagte wirksam nach §§ 398 ff. BGB an den Kläger abgetreten. Der Freistellungsanspruch hat sich damit in einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte gewandelt.
a) Der Kläger und der Versicherungsnehmer der Beklagten, Herr J., haben am 08.06.2017 einen Abtretungsvertrag geschlossen, nach welchem die Ansprüche des Herrn J. auf Schadensfreihaltung aus dem Versicherungsvertrag vom 13.05.2016 (Versicherungsschein-Nr.: …) wegen etwaig bestehender Schadensersatzansprüche des Klägers gegen Herr J. im Zusammenhang mit dem Wasserschaden auf dem Grundstück Nr. 67 an den Kläger abgetreten werden (Anl. K8).
b) Die Forderung besteht. Herr J. schloss mit der Beklagten einen Bauherren-Haftpflichtversicherungsvertrag ab (Versicherungsschein-Nr. …, Anl. K1). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Freistellungsanspruchs (Deckungsschutz) liegen ebenfalls vor (hierzu unter 2. und 3.).
c) Die Forderung ist auch hinreichend bestimmt, weil der abgetretene Anspruch als Einzelforderung individualisierbar ist. Aus der Abrede zwischen dem Kläger und dem Versicherungsnehmer ergibt sich, dass nur Freistellungsansprüche im Zusammenhang mit dem Wasserschaden auf dem Grundstück Nr. 67 an den Kläger abgetreten werden.
d) Schließlich war die Forderung auch übertragbar. § 399 BGB steht nicht entgegen. Zwar schließt § 399 Alt. 1 BGB die Abtretung aus, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Das ist hier zwar der Fall, weil sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt (siehe unter e)). § 399 Alt. 1 BGB ist jedoch bei der Abtretung eines Freistellungsanspruchs des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer an einen Dritten i.S.d. §§ 100 ff. VVG – als solcher ist der Kläger anzusehen – teleologisch zu reduzieren (Langheid/Wandt/Wandt, 3. Aufl. 2024, VVG § 108 Rn. 84). Der Gesetzgeber hat diese Abtretungsmöglichkeit anerkannt, wie sich mittelbar aus § 108 Abs. 2 VVG ergibt. Die Parteien haben auch die vorliegend erfolgte Abtretung nicht wirksam ausgeschlossen (§ 399 Alt. 2 BGB). Zwar findet sich in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung („AHB“; Anl. K1) unter Ziff. 28 ein Abtretungsverbot. Von dem Verbot wurde aber gerade die Abtretung an den geschädigten Dritten ausgenommen. Ein solches wäre ohnehin nach § 108 Abs. 2 VVG unwirksam.
e) Durch die Abtretung hat sich der Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers in einen Zahlungsanspruch des Klägers als „Dritten“ gewandelt, der unmittelbar gegen den Versicherer gerichtet ist (Langheid/Wandt/Wandt, 3. Aufl. 2024, VVG § 108 Rn. 84, 120 m.w.N.). Durch die Abtretung an den Kläger wurde das gesetzlich nicht verankerte Trennungsprinzip, wonach grundsätzlich im Haftpflichtprozess zu entscheiden ist, ob und in welcher Höher der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet und im Deckungsprozess geklärt wird, ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, überwunden (vgl. BGH 20.04.2016 – IV ZR 531/14, NJW 2016, 3453).
2. Die Haftpflichtforderung des Klägers gegen den Versicherungsnehmer besteht. Der Kläger hat gegen Herr J. einen Anspruch auf Zahlung von 84.537,85 € aus § 823 Abs. 1 BGB (Bauherren-Haftpflicht). Von Herrn J. beauftragte Bauunternehmen beschädigten im Zuge ihrer Arbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 den sich auf der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 67 befindlichen Schaltkasten der Pumpanlage für das Grundstück Nr. 67. Durch die dadurch verursachten Erschütterungen kam es zu einem zeitweisen Ausfall der Pumpanlage, was letztlich zu einem Wasserschaden in den Kellerräumen des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 führte. Es ist davon auszugehen, dass es Herr J. als Bauherr unterlassen hat, zu überwachen, dass der von ihm mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt H. Vorkehrungen dagegen trifft, dass der Schaltkasten im Zuge der unter anderem durchgeführten Abrissarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 beschädigt wird.
a) Das Gehäuse des im Eigentum des Klägers stehenden Schaltkastens des Pumpsystems auf der Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 63 wurde unstreitig mechanisch beschädigt.
b) Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beschädigung des Schaltkastens im Zuge der Bau- und Abrissarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 im Mai 2016 erfolgt ist. Es ist davon auszugehen, dass es Herr J. als Bauherr unterlassen hat, zu überwachen, dass der von ihm mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt H. Vorkehrungen dagegen trifft, dass der Schaltkasten beschädigt wird.
aa) Der Schaltkasten auf der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken Nr. 67 und Nr. 63 wurde im Zuge der Bau- und Abrissarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 im Mai 2016 beschädigt. Das steht für das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme, insbesondere auf Grund der gutachterlichen Feststellungen des Dipl.-Ing. S. sowie der dem Gericht vorgelegten Lichtbildern (insb. Anlagenkonvolut K2), nach freier Überzeugung fest (§ 286 ZPO). Der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat den Beweis erbracht.
(1) Für das Bestehen der Haftpflichtforderung, insbesondere für das Schadensereignis, ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet (vgl. BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823 Rn. 264).
(2) Nach dem in § 286 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist. Dabei muss der Grad der Überzeugung keine absolute Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erreichen. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der vernünftigen Zweifeln schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (st. Rspr.; siehe nur BGH 11.06.2015 – I ZR 19/14, NJW 2016, 942, Rn. 40). Das ist hier der Fall.
(3) Der Sachverständige Dipl.-Ing. S. stellte im Zuge seiner Begutachtung des Steuerschranks vor Ort fest, dass die Verkleidung des Steuerschranks im unteren Teil aufklaffe. Dabei handele es sich nicht um eine sachgerechte Öffnung der Verkleidung, welche regulär durch Abklappen der Frontverkleidung nach vorn mit Öffnung an der Oberseite erfolge. Diese Feststellungen würden sich mit den ebenfalls überlassenen Lichtbildern der W-GmbH & Co. KG und jener des Privatsachverständigen B. decken. Abb. 13 (Gutachten S. 13) sei ein Lichtbild, welches von Herrn B. (W-GmbH & Co. KG) am 13.05.2016 aufgenommen worden sei. Es zeige seitlich am Schaltkasten eine Beschädigung, möglicherweise durch eine Baggerschaufel verursacht, und darunter eine Verschmutzung. Auf Abb. 17 (Gutachten S. 15) sei ein Lichtbild des Privatsachverständigen B. zu sehen, welches „Schrammen an der linken Seite des Schaltkastens“ zeige. Es sei begründet davon auszugehen, dass sich infolge der Bautätigkeit auf dem Grundstück Nr. 63 bestimmungswidrige Einwirkungen auf den Steuerschrank in Folge mechanischer Beschädigung, Erschütterungen, Baustaub und Manipulation ereignet hätten. Der Steuerschrank der Pumpanlage befinde sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze. Er habe sich in räumlicher Nähe zu den umgestalteten Freiflächen und den abgebrochenen Gebäudeteilen befunden. Daraus habe sich eine besondere Schutzbedürftigkeit für den Steuerschrank ergeben (Gutachten S. 27). Eines der abgerissenen Gebäudeteile habe einen Abstand von ca. zwei Meter zum Steuerschrank aufgewiesen (Gutachten S. 52). Auf den Abb. 11 – 14, welche vom 13.05.2016 datieren und von Herrn B. (W-GmbH & Co. KG.) stammten und die Baustelle zeigten, seien keine baulichen Schutzmaßnahmen für den Steuerschrank erkennbar (Gutachten S. 27, 52). Ausweislich der vorhanden Unterlagen müssten folgende Arbeiten unmittelbar vor der Feststellung des Wasserschadens im Keller des Hauses auf dem Grundstück Nr. 67 und zum Teil in unmittelbarer Nähe zum Steuerschrank ausgeführt worden sein: Freimachen des Grundstücks von Bewuchs; Abbruch des Baubestandes, der teilweise als Grenzbebauung vorhanden gewesen sei; Rückbau der Außenanlagen und Planieren des Grundstücks. Bei diesen Arbeiten würde üblicherweise schweres Gerät (z.B. Tieflöffelbagger, Radlader und LKW) eingesetzt. Es sei davon auszugehen, dass es auch vorliegend der Fall gewesen sei (Gutachten S. 52).
(4) Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme hat das Gericht ein für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit darüber, dass der Schaltkasten durch die Bauarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 im Mai 2016 beschädigt worden ist. Vernünftige Zweifel schweigen. Das Gericht folgt den überzeugenden Angaben des Sachverständigen. Als Architekt ist der Sachverständige Dipl.-Ing. S. für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige ist insbesondere auch von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus folgenden Ergebnisse logisch und widerspruchsfrei dargestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Sachverständige seine Schlussfolgerung begründet und damit handelt es sich nicht um bloße Spekulation. Auf Grund der dem Sachverständigen überlassenen Unterlagen konnte dieser feststellen, welche Arbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 unmittelbar vor Auftritt des Wasserschadens stattgefunden haben und dass diese (jedenfalls zum Teil) in relevanter räumlicher Nähe zum Schaltkasten erfolgt sein müssen. Eines der abgerissenen Gebäudeteile habe sich nur zwei Meter vom Schaltkasten entfernt befunden. Der Sachverständige hat auch nachvollziehbar angeführt, dass die beschriebenen Bauarbeiten typischerweise mit „schwerem Gerät“ durchgeführt werden, und im vorliegenden Fall wohl auch wurden, welche eine besondere Sicherung des Schaltkastens erforderlich machten. Die vorhandene Lichtbilddokumentation zeigt jedoch, dass jedenfalls am 13.05.2016 keine Schutzvorkehrungen für den Schaltschrank vorhanden waren. Es ist davon auszugehen, dass auch davor keine da gewesen sind, weil es dafür keine Anhaltspunkte gibt. Der Sachverständige konnte außerdem dieselben Beschädigungen am Schaltkasten feststellen, welche schon früher durch Herrn B. lichtbildtechnisch dokumentiert wurden. Er hatte Grund zur Annahme, dass eine der „Schrammen“ durch eine Baggerschaufel verursacht worden sind. Zwar ist – was auch das Gericht nicht verkennt – eine anderweitige Ursache für die Manipulation des Schaltschranks theoretisch denkbar. Etwa, durch mutwillige Beschädigung durch unbekannte Dritte. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte und es erscheint insgesamt als fernliegend, weshalb sich auf dieser Grundlage beim Gericht kein „vernünftiger Zweifel“ an den gutachterlichen Feststellungen einstellt.
(5) Das Gericht sieht die Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. auch durch die vorliegenden Lichtbilder des Schaltschranks und der Baustelle (insb. Anlagenkonvolut K2) bestätigt.
bb) Es ist davon auszugehen, dass es Herr J. als Bauherr unterlassen hat, zu überwachen, dass der von ihm mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt H. Vorkehrungen dagegen trifft, dass der Schaltkasten beschädigt wird. Damit hat er gegen seine Überwachungspflicht verstoßen.
(1) Das Unterlassen einer bestimmten Handlung kann grundsätzlich eine „Verletzungshandlung“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB darstellen. Da aber keine allgemeine Rechtspflicht besteht, Dritte vor Gefahren zu schützen, bleibt eine Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen die Ausnahme und ist nur dann anzunehmen, wenn den Schädiger eine spezifische Pflicht zum Handeln getroffen hat. Die zur Schadensabwendung gebotene Handlung muss dem Schädiger allerdings technisch und rechtlich möglich gewesen sein (BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823 Rn. 100, 101 m.w.N. aus der Rspr.). Eine solche „spezifische Pflicht zum Handeln“ besteht bei sog. „Verkehrssicherungspflichten“. Derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (st. Rspr., siehe nur BGH 19.01.2021 – VI ZR 194/18, NJW 2021, 1090, Rn. 8). Baustellen sind grundsätzlich Gefahrenlagen im obigen Sinne, da von ihnen nicht selten auch lebensgefährliche Risiken ausgehen können (BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823, Rn. 399). Geschützt werden von der Sicherungspflicht über eine Baustelle grundsätzlich nur diejenigen, die sie befugterweise betreten. Jedoch sind gerade auch Nachbarn gegen schädliche Auswirkungen von Baustellen (Staub, Lärm, Erschütterungen) zu schützen, sodass ebenfalls Maßnahmen erforderlich sein können (vgl. BGH 09.12.1980 – VI ZR 121/79, BeckRS 1980, 30381782; BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823, Rn. 400). Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht richtet sich nach den Erwartungen desjenigen Personenkreises, der typischerweise mit den baustellenimmanenten Gefahren in Kontakt kommt (BGH 08.01.2002 – VI ZR 364/00, NJW 2002, 1263). Als derjenige, der mit seinem Bauvorhaben die Gefahrenquelle eröffnet, ist der Bauherr im Ausgangspunkt dafür verantwortlich, dass von der Baustelle keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schäden erleiden können. Es steht ihm zwar frei, Bauplanung, Bauaufsicht und Bauausführung einem Architekten sowie dem Bauunternehmer zu übertragen, sodass auf diese auch die damit verbundenen Verkehrssicherungspflichten übergehen (siehe nur BGH 13.06.2017 – VI ZR 395/16, NJW 2017, 2905 Rn. 9). Damit wird er jedoch nicht gänzlich frei, sondern die dem Übertragenden verbleibende Verkehrssicherungspflicht „verengt“ sich auf die Auswahl eines geeigneten Kandidaten für die Übernahme und dessen anschließende Überwachung (BGH 26.09.2006 – VI ZR 166/05, NJW 2006, 3628 Rn. 11). Bei der Auswahl des Übernehmenden muss der Übertragende in erster Linie darauf achten, dass der Betreffende dazu fähig und geeignet ist, die zu übernehmenden Verkehrssicherungspflichten auch tatsächlich zu erfüllen, und darüber hinaus generell zuverlässig zu sein scheint (BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823 Rn. 365 m.w.N.). Der Übertragende darf prinzipiell darauf vertrauen, dass der Übernehmer seinen Verpflichtungen nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, die dieses Vertrauen erschüttern (BGH 01.10.2013 – VI ZR 369/12, NZV 2014, 167, Rn. 16). Während daher auch bei einem bekannt zuverlässigen Partner nicht auf jegliche Überwachung verzichtet werden kann, muss die Erfüllung der übertragenen Verkehrssicherungspflichten nicht durchgehend und in allen Einzelheiten geprüft werden, sondern es ist gleichermaßen erforderlich, aber auch ausreichend, dass von Anfang an wenigstens stichprobenartige Kontrollen wesentlicher Punkte vorgenommen werden (BGH 22.07.1999 – III ZR 198/98, NJW 1999, 3633). Die Intensität der Aufsichtspflicht kann geringer sein, wenn der Bauherr einen ihm als zuverlässig bekannten sachkundigen Architekten und einen solchen Bauunternehmer beauftragt hat. Sie kann eventuell sogar ganz entfallen, wenn er ein auf die betreffenden Arbeiten spezialisiertes Unternehmen beauftragt, dem zugleich auch die Kontrolle obliegt (vgl. OLG Brandenburg 01.07.2009 – 3 U 92/08, BeckRS 2009, 19318). Als zunächst Verkehrssicherungspflichtiger ist er zudem stets dann zu eigenem Eingreifen verpflichtet, wenn er Gefahren sieht oder hätte sehen müssen, wenn er Anlass zu Zweifeln hat, ob der oder die von ihm Beauftragten den Gefahren und Sicherungserfordernissen in der gebührenden Weise Rechnung tragen, oder wenn deren Tätigkeit mit besonderen Gefahren verbunden ist, die auch von ihm, dem Auftraggeber, erkannt und durch eigene Anweisungen abgestellt werden können (BGH 05.11.1992 – III ZR 91/91, NJW 1993, 1647).
(2) Der Kläger trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten seinen Verkehrssicherungspflichten bzw. seinen Auswahl- und Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist. Die Beklagte kann sich auf ein einfaches Bestreiten bzw. ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zurückziehen. Vielmehr muss sie Umstände vortragen, aus denen sich ergibt, dass der Versicherungsnehmer seinen Verkehrssicherungspflichten bzw. seinen Auswahl- und Überwachungspflichten nachgekommen ist.
i. Der Kläger trägt grundsätzlich nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen, also auch, dass der Schädiger eine Verkehrssicherungspflicht bzw. seine Auswahl- und Überwachungspflicht im Falle der Übertragung verletzt hat (vgl. BGH 14.03.1985 – III ZR 206/83, BeckRS 1985, 30388417). Gewöhnlich reicht es allerdings aus, wenn der Geschädigte angibt, inwieweit die Warnungen und Sicherungsmaßnahmen bzw. die Überwachung seines Erachtens nicht existiert hätten oder nicht ausgereicht hätten (vgl. BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823 Rn. 394). Auf einen entsprechenden Vortrag trifft den Sicherungspflichtigen die sekundäre Darlegungslast, welche konkreten Sicherungsmaßnahmen er vorgenommen hat bzw. wie er seinen Überwachungspflichten nachgekommen ist. Soweit er dieser genügt hat, obliegt dem Geschädigten wiederum der Nachweis, dass entweder diese Warn- und Sicherungsmaßnahmen bzw. Kontrollpflichten nicht erfolgt sind oder dass zusätzliche Warn- und Sicherungsmaßnahmen bzw. Kontrollmaßnahmen geboten gewesen wären (vgl. LG München II – 9 O 2933/16, BeckRS 2018, 11249 Rn. 22). Sobald der Verstoß objektiv feststeht und sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der die betreffende Verkehrssicherungspflicht entgegenwirken soll, kommt dem Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins zugute (BGH 09.09.2008 – VI ZR 279/07, NJW 2008, 3378, Rn. 20; OLG Stuttgart – 28.04.2009 – 6 U 56/08, NJW-RR 2010, 451, 454; BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823 Rn. 395).
ii. An dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ändert sich auch nichts deshalb, weil der Kläger als Dritter den ihm abgetretenen Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen die Beklagte geltend macht (vgl. Langheid/Wandt/Wandt, 3. Aufl. 2024, VVG § 108 Rn. 128). Denn auch im Deckungsprozess trüge der Versicherungsnehmer die Darlegungs- und Beweislast im Verhältnis zum Versicherer und der Versicherer unter Umständen eine sekundäre Darlegungslast (Beckmann/Matusche-Beckmann/v. Rintelen, VR-HB, 1. Teil, 6. Abschnitt, § 23, Rn. 79). Demgemäß trifft den Versicherer in der Rolle des Beklagten im Haftpflichtprozess auch nach Abtretung des Freistellungsanspruchs an den klagenden Dritten gegebenenfalls eine sekundäre Darlegungslast. Das ist etwa dann der Fall, wenn – wie hier – der klagende Dritte behauptet, der Versicherungsnehmer habe eine Verkehrssicherungspflicht bzw. eine Überwachungspflicht verletzt, indem er keinerlei Vorkehrungen getroffen habe. Dann genügt ein einfaches Bestreiten oder die Erklärung mit Nichtwissen durch den beklagten Versicherer nicht, vielmehr ist es an ihm vorzutragen, welche Vorkehrungen der Versicherungsnehmer getroffen haben soll, um seinen Verkehrssicherungspflichten bzw. Auswahl- und Überwachungspflichten nachzukommen. So wäre es auch im Deckungsprozess zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Insoweit ist die Konstellation vergleichbar mit der Darlegungs- und Beweislastverteilung bei der Rechtsgrundlosigkeit im Rahmen eines Anspruchs nach § 812 BGB oder bei der Behauptung einer Partei, es sei eine Aufklärung unterlassen worden (vgl. BGH 27.09.2002 – V ZR 98/01, NJW 2003, 1039; Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 286 Rn. 94). Der beklagte Versicherer gerät durch diese Behauptungslast auch nicht in ungerechtfertigte Beweisnot, denn der Versicherungsnehmer ist ihm gegenüber nach §§ 30, 31 VVG dazu verpflichtet, Auskunft über den Versicherungsfall zu geben. Eine andere Beurteilung rechtfertigte sich allenfalls dann, wenn Versicherungsnehmer und klagender Dritter – wofür es vorliegend keine Anhaltspunkte gibt – kollusiv zusammenwirkten. Die vorliegende Sichtweise steht im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der beklagte Kfz-Haftpflichtversicherer sich im Haftpflichtprozess zu dem vom Kläger behaupteten Unfall und Unfallhergang nur dann in zulässiger Weise mit Nichtwissen nach § 138 Abs. 4 ZPO erklären darf, wenn er sich trotz pflichtgemäßer Erkundigung bei seinem Versicherungsnehmer inhaltlich nicht zum Vorbringen einlassen kann (BGH 23.07.2019 – VI ZR 337/18, NJW 2019, 3788). Der redliche Versicherungsnehmer teilt das Interesse des Versicherers, unberechtigte Schadensersatzanforderungen abzuwehren („gleiches Lager“), nicht zuletzt deshalb, weil eine Einstandspflicht nachteilige Folgen für den Versicherungsnehmer haben könnte (BGH 23.07.2019 – VI ZR 337/18, NJW 2019, 3788, Rn. 20). So ist es auch in der vorliegenden Konstellation.
(3) Das Gericht geht davon aus, dass der Versicherungsnehmer, Herr J., seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist. Trotz der Übertragung der Bauaufsicht und damit der Verkehrssicherungspflichten auf den Architekten H., steht zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 286 ZPO), dass keine hinreichenden Schutzvorkehrungen gegen die Beschädigung des Schaltkastens des Pumpsystems für das Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 67 getroffen worden sind, obwohl diese notwendig und auch zumutbar gewesen sind.
i. Herr J. traf als Bauherr im Ausgangspunkt die Verkehrssicherungspflicht, den auf der Grundstücksgrenze befindlichen Steuerschrank vor Beschädigungen zu schützen, welche durch die Bauarbeiten auf seinem Grundstück verursacht werden könnten. Denn der Steuerschrank befand sich auf der Grundstücksgrenze und in dessen unmittelbarer Nähe fanden jedenfalls teilweise Bauarbeiten statt. Das Vorhandensein und der Standort des Steuerschranks haben dem Bauherren jedenfalls bekannt sein müssen. Von Baustellen gehen typischerweise – so auch hier – Gefahren auch für Nachbaranlagen aus. Schutzvorkehrungen für den Schaltkasten waren erkennbar notwendig und zwar unabhängig vom Umstand, dass der Schaltkasten – wie der Sachverständige Dipl.-Ing. S. in seinem Gutachten feststellt (Gutachten S. 56, Ergänzungsgutachten S. 4) – empfindliche elektrische, elektronische und pneumatische Anlagenteile enthält. Denn nachbarliche grenznahe Anlagen muss der Bauherr in jedem Fall vor Beschädigungen durch Bauarbeiten schützen und zwar unabhängig davon, ob er weiß, dass sich in der Anlage gegenüber Erschütterungen empfindliche Bauteile befinden (vgl. auch Ergänzungsgutachten S. 4). Die Vornahme von Schutzvorkehrungen für den Steuerschrank, etwa durch eine robuste Einhausung, einer widerstandsfähigen Absperrung oder der temporären Verlegung in einen unkritischen Abstand zu der Baustelle (vgl. Gutachten S. 52) war für den Bauherrn auch möglich und ohne weiteres zumutbar.
ii. Unter Zugrundelegung des Maßstabs nach § 286 ZPO steht zur Überzeugung des Gerichts auf Grund der Beweisaufnahme fest, dass Verkehrssicherungspflichten in Bezug auf die Baustelle verletzt worden sind. Es wurden keine hinreichenden Vorkehrungen zum Schutze des Schaltkastens getroffen, obwohl diese notwendig und auch zumutbar gewesen sind. Diese Überzeugung schöpft das Gericht insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. und der dem Gericht vorgelegten Lichtbilder vom 13.05.2016 (insb. Anlagenkonvolut K2). Der Sachverständige stellte im Rahmen seiner Begutachtung fest, dass die Fotodokumentationen des Herrn B. (W-GmbH & Co. KG) und des Privatsachverständigen B. den Steuerschrank aus unterschiedlichen Blickwinkeln zeigen würden. Neben dem Steuerschrank sei ein Bauzaunfeld vorhanden und unmittelbar angrenzend an das Gehäuse des Steuerschranks sei auf dem Nachbargrundstück ein Tiefbord vorhanden, das Risse aufweise. Der Steuerschrank sei trotz des anzunehmenden „rauen“ Baubetriebes nicht gegenüber Beschädigungen geschützt worden, etwa durch eine robuste Einhausung, einer widerstandsfähigen Absperrung oder der temporären Verlegung in einen unkritischen Abstand zu der Baustelle. Das Gutachten ist auch in diesem Punkt schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige ist von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus folgenden Ergebnisse logisch und widerspruchsfrei dargestellt. Die dem Sachverständigen und dem Gericht überlassenen Lichtbilder rechtfertigen die Annahme, dass der Schaltschrank nicht gesondert vor den Gefahren der Baustelle gesichert wurde. Das Aufstellen eines Bauzauns genügt nicht. Im Gegenzug dazu sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass weitergehende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden. Solche wurden von der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten (siehe oben) auch nicht vorgetragen.
iii. Der Versicherungsnehmer Herr J. hat seine Verkehrssicherungspflichten als Bauherr wirksam auf den Architekten H. übertragen. Das hat die Beklagte hinreichend durch Vorlage der Rechnung des Architekten H. an die Eheleute J. belegt, aus der sich ergibt, dass der Architekt unter Ziff. 4) Abs. 8 „die Bauüberwachung, Koordination usw.“ abgerechnet hat (Anl. B2). Dem Versicherungsnehmer und Bauherren oblagen daher nur noch Auswahl- und Überwachungspflichten in dem oben dargestellten Sinne.
iv. Das Gericht geht davon aus, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten, Herr J., seine Überwachungspflichten nach Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf den Architekten H. verletzt hat. Der Kläger trägt vor, dass der Versicherungsnehmer die Baustelle nicht einmal kontrolliert habe. Das zeige sich darin, dass weder der Versicherungsnehmer noch ein Dritter tatsächlich Kenntnis von der Abfolge und Durchführung der Arbeiten gehabt habe. Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast entsprechend der oben dargestellten Grundsätze zunächst genügt. Denn Herr J. hätte, um seinen Überwachungspflichten zu genügen, zumindest stichprobenartig die Baustelle im Allgemeinen besichtigen müssen (siehe die oben dargestellten Grundsätze; vgl. auch Grüneberg/Sprau, § 823 BGB, Rn. 52). Es ist davon auszugehen, dass, wenn er seiner Verpflichtung zur stichprobenartigen und generellen Kontrolle nachgekommen wäre, die Beschädigung des Schaltkastens verhindert worden wäre, weil ihm dann die mangelnden Schutzvorkehrungen für den Schaltkasten an der Grundstücksgrenze aufgefallen und daraufhin Schutzvorkehrungen getroffen worden wären. Es sind keine besonderen Kenntnisse erforderlich, um als Bauherr zu erkennen, dass nachbarliche Grenzanlagen durch (grenznahe) Bauarbeiten auf dem eigenen Grundstück beschädigt werden könnten und dementsprechend Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen. Die Beklagte hat den Vortrag des Klägers bezüglich der Verletzung der Überwachungspflicht einfach bzw. teilweise mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestritten. Damit hat sie der sie treffenden sekundären Darlegungslast (siehe oben) nicht genügt, womit die Behauptung der Klägerseite als zugestanden gilt (§ 138 Abs. 3 ZPO; MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl. 2020, ZPO § 138 Rn. 24).
(4) Entgegen der Auffassung der Beklagten (Bl. 184 d. A.) ist der Vortrag der Klägerseite zu der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bzw. der Überwachungspflicht, welcher erstmals mit Schriftsatz vom 03.05.2022 erfolgte, offensichtlich nicht nach §§ 296, 296a ZPO präkludiert. Das Gericht hat dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2022 ein umfassendes Schriftsatzrecht bis zum 04.05.2022 gewährt (Bl. 171 d. A.).
c) Die Beschädigung des Schaltkastens ist adäquat-kausal auf die Verletzung der Überwachungspflicht durch den Versicherungsnehmer Herr J. zurückzuführen. Da die Pflichtverletzung in Gestalt der Überwachungspflichtverletzung objektiv feststeht und sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der die betreffende Verkehrssicherungspflicht entgegenwirken soll, nämlich den Schaltkasten als Grenzanlage vor Beschädigungen durch die Bauarbeiten zu schützen, kommt dem geschädigten Kläger der Beweis des ersten Anscheins zugute (vgl. BGH 09.09.2008 – VI ZR 279/07, NJW 2008, 3378, Rn. 20; OLG Stuttgart – 28.04.2009 – 6 U 56/08, NJW-RR 2010, 451, 454; BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823 Rn. 395). Zwar kann der Pflichtige im Falle der Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten den Anscheinsbeweis bereits dadurch entkräften, dass konkret gerade nicht der zwingend notwendige singuläre und damit typische Geschehensablauf vorliegt, sondern sich aus feststehenden Tatsachen ergibt, dass die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ernsthaft in Betracht kommt (BGH 04.04.2006 – VI ZR 151/05, NJW-RR 2006, 1098, Rn. 18). Die Beklagte hat den Anscheinsbeweis jedoch nicht erschüttert, da sie keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, die die Möglichkeit eines anderen (atypischen) Geschehensablaufs im Einzelfall ernsthaft in Betracht kommen lässt. Zwar behauptet die Beklagte, dass die nicht sachgerechte Öffnung der Verkleidung des Schaltkastens von einem unbekannten Dritten manipulativ hergestellt worden sein könnte. Der Sachverständige konnte dies auch nicht gänzlich ausschließen. Jedoch gibt es keine Anhaltspunkte, dass dies der Fall gewesen sein könnte, weshalb diese Möglichkeit eine theoretische bleibt. Daran ändert sich auch nichts, bedenkt man, dass der „Polier“, die rote Lampe auf dem Schaltkasten hat leuchten sehen. Zusammen mit den Beschädigungen des Schaltkastens, welche nach den gutachterlichen Feststellungen von einer Baggerschaufel verursacht worden sein könnten, kommt die mechanische Manipulation des Schaltkastens durch einen unbekannten Dritten nicht ernsthaft in Betracht. Demnach ist davon auszugehen, dass die Beschädigung des Schaltkastens verhindert worden wäre, wenn der Versicherungsnehmer seiner Überwachungspflicht zumindest stichprobenartig nachgekommen wäre, weil ihm dann die mangelnden Schutzvorkehrungen für den Schaltkasten an der Grundstücksgrenze aufgefallen und daraufhin Schutzvorkehrungen getroffen worden wären.
d) Die Beschädigung des Schaltkastens durch die Bauarbeiten war rechtswidrig. Der Versicherungsnehmer unterließ die Befolgung seiner Überwachungspflichten jedenfalls fahrlässig (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Durch den festgestellten Pflichtverstoß ist die Verletzung der inneren Sorgfaltspflicht indiziert bzw. der Anscheinsbeweis spricht dafür (BGH NJW 1986, 2757, 2758; Grüneberg/Sprau, § 823 BGB, Rn. 54). Die Beklagte hat keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, die eine andere Annahme rechtfertigen würden.
e) Dem Kläger ist durch die Beschädigung des Schaltkastens der Pumpanlage ein Schaden i.H.v. 84.537,85 € entstanden, der nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB zu ersetzen ist. Das Gericht hält es für überwiegend wahrscheinlich (§ 287 Abs. 1 S. 1 ZPO), dass die im Zuge der Beschädigung des Schaltkastens durch die Bauarbeiten aufgetretenen Erschütterungen zu einem zeitweisen Ausfall der Pumpanlage für das Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 67 geführt haben und deshalb die Kellerräume des Wohnhauses durchfeuchtet wurden, was zu einem Wasserschaden geführt hat.
aa) Ein Schaden ist nur ersatzfähig, wenn er Folge der Rechtsgutverletzung ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Das Handeln des Schädigers muss im naturwissenschaftlichen Sinne ursächlich für den Schaden geworden sein. Davon ist nach der conditio sine qua non-Formel auszugehen, wenn es nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Schaden in seiner konkreten Gestalt entfällt (BGH 11.05.1951 – I ZR 106/50, NJW 1951, 711). Wird dem Schädiger nicht ein aktives Tun, sondern ein Unterlassen vorgeworfen, darf umgekehrt die vermisste Handlung nicht hinzugedacht werden können, ohne dass der Schaden wegfällt. Für die Kausalität kommt es nicht darauf an, in welchem Maße ein bestimmter Umstand für die Schädigung ursächlich war. Vielmehr wird sämtlichen Beiträgen die gleiche Bedeutung zugemessen (BeckOK BGB/Förster, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 823, Rn. 256 f.). Als Beweismaß für die haftungsausfüllende Kausalität, also dem kausalen Zusammenhang zwischen dem – nach § 286 ZPO – bewiesenen Haftungsgrund und dem entstandenen Vermögensschaden sowie der Verursachung aller Folgeschäden, die erst nach der ersten Verletzungshandlung und dem sie auslösenden Erfolg entstanden sind, gilt § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 287 Rn. 13; Zöller/Greger, 34. Aufl. 2022, ZPO § 287, Rn. 3). Das hat zur Folge, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Tatsache genügt (BGH 14.01.2014 – VI ZR 340/13, NJW-RR 2014, 1147, Rn. 5; MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 287 Rn. 17). Das ist hier der Fall.
bb) Das Gericht hält es auf Grund der Beweisaufnahme für überwiegend wahrscheinlich (§ 287 Abs. 1 S. 1 ZPO), insbesondere auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S., dass die im Zuge der Beschädigung des Schaltkastens durch die Bauarbeiten aufgetretenen Erschütterungen zu einem zeitweisen Ausfall der Pumpanlage für das Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 67 geführt haben und deshalb die Kellerräume des Wohnhauses durchfeuchtet wurden, was zu einem Wasserschaden geführt hat.
(1) Der Sachverständige Dipl.-Ing. S. hat diverse mögliche Ursachen für den Wasserschaden im Kellergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 untersucht und im Wesentlichen wie folgt ausgeführt (Gutachten S. 55 ff.):
1. Im Rahmen der Ortsbegehung habe er festgestellt, dass sich an der inneren Oberfläche der den Kellerfenstern vorgelagerten Lichtschächte ein abgetrockneter Wasserrand abgezeichnet habe, der etwa in Höhe der Oberkante des unteren Rahmenstücks des Fensters liege, ca. 30 cm. Oberhalb der mit Kies bedeckten Sohle des Lichtschachtes. Unterhalb des Wasserrandes seien deutlich Wasserlaufspuren zu erkennen gewesen. Wenn die Überflutung der Lichtschächte auf Oberflächenwasser zurückzuführen wäre, hätten die Wasserlaufspuren an der Oberkante der Lichtschächte beginnen müssen, was nicht der Fall gewesen sei. Daher könne Oberflächenwasser als Schadensursache ausgeschlossen werden.
2. Ausgehend von den vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Fotodokumentation des Privatsachverständigen B. vom 30.08.2016 (Anl. K5) sei begründet davon auszugehen, dass die Brüstung der Kellerfenster infolge zeitweise aufstauendem Sickerwasser überstaut worden mit der Folge, dass Wasser in erheblichem Umfange in den Keller des Hauses gelangt sei und sich im Bereich des Fußbodens horizontal verteilt habe.
3. Der auf der Grundstücksgrenze befindliche Steuerschrank der Pumpanlage enthalte gegenüber mechanischer Beeinträchtigungen empfindliche elektrische, elektronische und pneumatische Anlagenteile. Die Steuerung der im Pumpenschacht vorhandenen zwei Tauchpumpen erfolge über einen Staudruckschalter. Die Druckerhöhung im Pumpenschacht werde im Steuerschrank über ein Relais registriert, wodurch eine der Pumpen eingeschaltet werde.
4. Tatsachenfeststellung zu der Ursächlichkeit der Havarie der Doppelpumpenanlage vor der Feststellung des Wasserschadens am 12.05.2016 seien im Nachhinein nur noch mittelbar möglich. Der Sachverständige habe die vorrangig infrage kommenden Ursachenfaktoren für Fehlfunktionen der Pumpenanlage unter Heranziehung der vorliegenden Unterlagen, der baulichen Randbedingungen und eigener Recherchen die wahrscheinlichen Schadensanteile der Ursachenfaktoren unter Plausibilitätsgesichtspunkten beurteilt.
5. Es sei im Nachhinein nicht mehr festzustellen, warum die Pumpen zeitweise außer Funktion waren und weshalb kein Alarm ausgelöst worden sei. Es stehe jedoch fest, dass sie nur zeitweise außer Funktion gewesen seien, da die Pumpen im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung zuverlässig funktioniert hätten. Außerdem sei seit der Beseitigung des Wasserschadens 2016 kein erneuter Schaden im Kellergeschoss aufgetreten, was belege, dass die Pumpanlage ordnungsgemäß funktioniert habe.
6. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen, der baulichen Randbedingungen und eigener Recherchen halte der Sachverständige es für mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für belegt, dass die Beschädigungen des ungeschützten Steuerschranks Folge der Bautätigkeit auf dem Nachbargrundstück gewesen seien und hierauf die Funktionsstörung der Pumpenanlage zurückzuführen sei. Die Lage des Hauses sowie der Baugrund hätten nur ein geringes Potential, für den Wasserschaden verantwortlich zu sein. Die Sohlplatten und Kelleraußenwände seien zumindest bis in Höhe der Kellerfenster wirksam gegenüber drückendem Wasser abgedichtet. Höherer Wasseranstau müsse durch die Doppelpumpenanlage verhindert werden und werde es auch, abgesehen vom streitgegenständlichen Wasserschaden (Gutachten S. 48). Niederschläge oder Hochwasser würden ebenfalls nur ein geringes Potential aufweisen, für den Wasserschaden ursächlich zu sein (Gutachten S. 49). Ebenso verhalte es sich auch bei einem Stromausfall/Kurzschluss als Schadensursache. Laut Auskunft der Energieversorgung S sei nahezu ausgeschlossen gewesen, dass im Zeitraum um den 12.05.2020 ein Stromausfall stattgefunden habe. Es seien auch keine Hinweise auf einen Kurzschluss innerhalb der Elektroninstallation des Hauses dokumentiert und ein solcher sei auch nicht anzunehmen. Insbesondere habe die Hebeanlage auch keine Störmeldung dokumentiert (Gutachten S. 49). Ein Rückstau im Pumpenschacht sei ebenfalls auszuschließen, da ein solcher nur bei einem Deichbruch möglich sei (Gutachten S. 50 f.). Undichtigkeiten der wasserführenden Leitungen seien ebenfalls als Ursache auszuschließen, da das Wasser eindeutig über die Brüstung der Kellerfenster nach innen gelangt sei (Gutachten S. 51).
(2) Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme hält das Gericht es für überwiegend wahrscheinlich, dass die Pumpenanlage auf Grund der Erschütterungen durch die Beschädigung des Schaltkastens vorübergehend im Mai 2016 aussetzte und es in der Folge zu einem Wasserschaden im Kellergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 gekommen ist. Das Gericht folgt den überzeugenden Angaben des Sachverständigen, den von ihm gemachten Plausibilitätserwägungen und Wahrscheinlichkeitsbewertungen. Als Architekt ist der Sachverständige Dipl.-Ing. S. für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige ist insbesondere auch von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus folgenden Ergebnisse logisch und widerspruchsfrei dargestellt. Das gilt insbesondere für die gemachten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Sachverständige seine Schlussfolgerung begründet und damit handelt es sich nicht um bloße Spekulation. Der Sachverständige konnte zwar nicht erklären, wie genau es auf Grund der Erschütterungen zum vorübergehenden Funktionsausfall der Pumpanlage gekommen sei. Nach seiner sachverständigen Einschätzung ist dies als Ursache jedoch an Sicherheit grenzend wahrscheinlich. Ohne weiteres leuchten dementsprechend auch die Ausführungen des Sachverständigen ein, dass die elektrischen, elektronischen und pneumatischen Elemente empfindlich und damit fehleranfällig seien, woraus sich rechtfertigt, dass dies überwiegend wahrscheinlich der Grund für den vorübergehenden Ausfall des Pumpensystems gewesen ist. Zwar hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erörterung seines Gutachtens in der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2022 eingeräumt, dass er nicht nachvollziehen könne, warum der Alarm nicht abgesetzt worden sei. Das Fehlen der Alarmmeldung stellt aber allenfalls ein Indiz dar, dass die Pumpen nicht in ihrer Funktion gestört waren. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass das „Nichtabsetzen“ der Störmeldung eine andere Ursache gehabt hat. Der Einwand, dass es bereits früher zu einem Wasserschaden gekommen sei, überzeugt nicht, da der Kläger plausibel und glaubhaft geschildert hat, dass dieser Schaden 2013 war und ursächlich dafür gewesen sei, dass er die Pumpanlage errichten ließ. Auf den Einwand der Beklagten hin, dass die Mäuse im Steuerschrank den Ausfall hätten verursacht haben könnten, schildert der Sachverständige plausibel, dass die Mäuse nicht in das Innere des Gehäuses, indem sich die empfindlichen Bauteile befänden, hätten eindringen können. Zwar kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass es theoretisch nicht auszuschließen sei, dass die Pumpanlage vom automatischem Betrieb auf manuellen Betrieb umgeschaltet worden wäre. Es finden sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies tatsächlich der Fall gewesen wäre. Dieser Einwand der Beklagten erweist sich daher als eher fernliegend, da kein Grund erkennbar ist, weshalb ein unbekannter Dritter den Schalter hätte betätigen soll. Der Sachverständige hat ferner während der mündlichen Erörterung eingeräumt, dass er zwar nicht genau sagen könne, weshalb die Pumpe zeitweise ausgefallen sei und dann wieder funktioniert habe. So sei es im Bereich des Möglichen, dass jemand den Schaltschrank manuell durch Betätigung des „Reset-Schalters“ im Schaltschrank „resettet“ habe. Es könne aber auch sein, dass infolge der Erschütterungen die für die automatische Steuerung erforderlichen Druckluftunterschiede zunächst nicht richtig übertragen worden seien. Durch ein Ansteigen des Wasserniveaus im Pumpenschacht hätte sich die Funktionsstörung aber auch wieder von selbst beseitigen können. Schließlich räumt der Sachverständige ein, dass auch Verschmutzungen zum zeitweisen Ausfall des Pumpensystems hätten führen können, die sich von alleine wieder gelöst haben könnten. Dies ist aber insbesondere wegen des räumlich-zeitlichen Zusammenhangs mit den Bauarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 deutlich weniger wahrscheinlich. So sieht auch der Sachverständige die mechanischen Erschütterungen auf Grund der Bauarbeiten als vorrangig ursächlich an (Bl. 171 d. A.).
cc) Der Kläger ist materiell berechtigt, da er Eigentümer des Grundstücks Nr. 67 ist und damit auch des darauf befindlichen Wohnhauses, dessen Kellergeschoss durch den Wasserschaden beschädigt wurde. Das Eigentum des Klägers ergibt sich aus dem vorgelegten Grundbuchauszug (Anlage K9).
dd) Der Kläger kann 84.537,85 € von der Beklagten nach §§ 249 ff. BGB ersetzt verlangen.
(1) Der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Jedoch ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH 15.09.2015 – VI ZR 475/14, NZV 2015, 587 Rn. 18). Der Geschädigte genügt dabei regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des von ihm mit der Schadensbeseitigung beauftragten Unternehmens. Ist dies der Fall, reicht ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (BGH 15.09.2015 – VI ZR 475/14, NZV 2015, 587 Rn. 19).
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast überwiegend nachgekommen. Mit der Rechnung der „H-GmbH & Co. KG“ vom 30.05.2017 für Heizung und Sanitärarbeiten im Kellergeschoss hat der Kläger einen Schaden in Höhe von 10.367,02 € belegt (Anlagenkonvolut K6). Die Rechnung weist einen Stempel mit „BEZAHLT 22. Juni 2017“ auf, womit auch die tatsächliche Zahlung hinreichend belegt ist. Mit weiterer Rechnung der „H-GmbH & Co. KG“ vom 31.12.2016 für Ausbauarbeiten hat der Kläger einen Schaden in Höhe von 73.567,92 € belegt (Anlagenkonvolut K6). Die Rechnung weist einen Stempel mit „BEZAHLT 13. März 2017“ auf, womit auch die tatsächliche Zahlung hinreichend belegt ist. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt ein einfaches Bestreiten des Beklagten – wie hier geschehen – nicht, um die Schadenshöhe in Frage zu stellen. Insoweit liegt ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen“ Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB vor.
(3) Mit Vorlage der Tickets der „D.“ vom 09.03.2017 und 12.03.2017 für die Strecke M. –D. und umgekehrt hat der Kläger einen Schaden in Höhe von 70,15 € belegt (Anlagenkonvolut K6). Das Online-Ticket weist die Information auf, dass der ausgewiesene Zahlbetrag mit Kreditkarte am 06.03.2017 bezahlt wurde, womit auch die tatsächliche Zahlung hinreichend belegt ist. Mit Vorlage der Rechnung und Buchungsbestätigung von „A.“ vom 06.03.2017 wegen Flüge von D. –S. und umgekehrt am 09.03.2017 und 12.03.2017 hat der Kläger einen Schaden in Höhe von 532,76 € belegt (Anlagenkonvolut K6). Die Rechnung weist die Information auf, dass der Zahlbetrag via „PayPal“ beglichen wurde, womit auch die tatsächliche Zahlung hinreichend belegt ist. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, dass die Fahrten bzw. die Flüge nach S. und zurück im Zeitraum vom 09.03.2017 bis 12.03.2017 dazu dienten, die Instandsetzungsarbeiten im Kellergeschoss abzunehmen. Die Kosten sind damit nach dem klägerischen Vortrag adäquat-kausal auf das schädigende Ereignis zurückzuführen und ersatzfähig. Damit hat der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erbracht und ein – hier erfolgtes – einfaches Bestreiten des Beklagten genügte nicht, um die Schadenshöhe im Rahmen der Schätzung von § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO anzuzweifeln.
(4) Hinsichtlich der nachfolgenden Schadenspositionen ist der Kläger jedoch mangels Beweisantritts beweisfällig geblieben, weil der Beklagte die Schadenspositionen zulässigerweise dem Grunde und der Höhe nach einfach bestreiten durfte. Dies gilt zum einen für die Taxikosten i.H.v. insgesamt 62,00 € für den Zeitraum vom 09.03.2017 bis 12.03.2017. Der Kläger hat keine Rechnung vorgelegt, weshalb das hier erfolgte einfache Bestreiten des Beklagten zulässig war. Die Höhe der Taxikosten waren damit beweisbedürftig. Der Kläger hat jedoch keinen Beweis angeboten und ist daher beweisfällig geblieben. Daher kann der Kläger diese Kosten auch nicht ersetzt verlangen. Denn § 287 ZPO ändert nichts an der Beweislast. Der Schadensnachweis obliegt grundsätzlich der Partei, die Schadensersatz fordert (BGH 01.03.2007 – IX ZR 261/03, NJW 2007, 2485, Rn. 36). Selbiges gilt für die Taxikosten i.H.v. insgesamt 52,00 € für den Zeitraum 07.09.2016 bis 14.09.2016, von denen der Kläger behauptet, sie seien zur „Organisation der Baumaßnahme“ (Bl. 177 d. A.) angefallen. Der Kläger kann auch nicht die Flugkosten von insgesamt 649,00 € für die Hin- und Rückflüge von M. nach S. und umgekehrt vom 07.09.2016 und 14.09.2016 ersetzt verlangen. Zwar hat der Kläger eine Rechnung vorgelegt (Anlagenkonvolut K6). Der Kläger hat aber nicht hinreichend dargestellt, weshalb sein Aufenthalt im Zeitraum vom 07.09.2016 und 14.09.2016 zur „Organisation der Baumaßnahme“ erforderlich gewesen sei, sodass das Gericht nicht beurteilen kann, ob die Kosten adäquat-kausal auf das Schadensereignis zurückzuführen sind. Aus demselben Grund sind die Übernachtungskosten im „Hotel B.“ i.H.v. 1.987,50 € (Anlagenkonvolut K6), die auch für die „Organisation der Baumaßnahme“ angefallen sein sollen, ebenfalls nicht zu erstatten. Diesbezüglich ist des Weiteren fraglich, weshalb Kosten für Restaurantbesuche, Fahrradverleih und Loungebesuche adäquat-kausal auf dem Wasserschaden beruhen sollen. Im Übrigen bestehen Zweifel, dass die Kosten zweckmäßig und notwendig waren. Denn der Kläger hat auch eine Rechnung für drei Übernachtungen (seiner Frau) vorgelegt, bei der sich die Übernachtungskosten pro Tag auf lediglich 115,00 € beliefen (Anlagenkonvolut K6) und nicht auf 270,00 € wie im „Hotel B.“. Die Kosten für Bahnfahrten i.H.v. 91,25 €, für Flüge i.H.v. 213,84 € und Übernachtung i.H.v. 345,00 € für den Zeitraum 19.06.2016 bis 22.06.2016 für „Vorgespräche und Organisation Schadensbeseitigung durch Ehefrau G.“ sind auch nicht erstattungsfähig. Der Kläger hat nicht dargetan, inwieweit er bezüglich dieser Schadenspositionen aktivlegitimiert ist, weil sie offensichtlich seiner Frau entstanden sind. Schließlich sind auch nicht die Kosten i.H.v. 2.990,71 € für die „Farbanpassung“ von Fliesen durch die „HJ-GmbH“ (Anl. K14) von der Beklagten zu ersetzen. Der Beklagte hat die Notwendigkeit der Farbanpassung einzelner Fliesen und deren Austausch zulässigerweise bestritten und der Kläger hat für diese Tatsache keinen Beweis angeboten, womit er beweisfällig geblieben ist. Die Beweislastentscheidung geht zu seinen Lasten. Auf den unzulänglichen Vortrag der Klägerseite hat die Beklagte hingewiesen (siehe nur Bl. 18, 186 f. d. A.), sodass ein gesonderter gerichtlicher Hinweis nach § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht erforderlich war (vgl. BGH 20.12.2007 – IX ZR 207/05, NJW-RR 2008, 581).
ee) Der Kläger muss sich vorliegend keinen Abzug „Neu für Alt“ anrechnen lassen. Bei der Reparatur einer beschädigten Sache kommt unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung ein Abzug „Neu für Alt“ dann in Betracht, wenn die neue bzw. reparierte Sache für den Geschädigten einen höheren Wert hat als die unbeschädigte. Rechtsgrundlage für den Abzug „Neu für Alt“ ist § 249 BGB (BGH 08.12.1987 – VI ZR 53/87, NJW 1988, 1835 f.). Die Vornahme eines Abzugs „Neu für Alt“ setzt aber Dreierlei voraus: (1) es muss bei dem Geschädigten eine messbare Vermögensvermehrung eintreten, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, (2) die Anrechnung des Vorteils muss dem Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts entsprechen und (3) die Ausgleichung des Vorteils muss dem Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unbillig entlasten (BGH 19.06.2008 – VII ZR 215/06, NJW 2008, 2773 f.). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen trägt der Schädiger (BGH 17.10.2003 – V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 81; OLG Hamm 08.02.2018 – I-21 U 95/15, NJW 2018, 2648 ff.). Dieser hat die Beklagte vorliegend nicht genügt. Die Beklagte trug lediglich pauschal vor, dass der Kläger „Wertverbesserungen bzw. ein Abzug Neu für Alt“ nicht berücksichtigt habe (Bl. 17 d. A.).
3. Es bestand für den Versicherungsnehmer Herr J. auch Deckungsschutz bezüglich des streitgegenständlichen Schadensereignisses auf Grund des Bauherren-Haftpflichtversicherungsvertrags mit der Beklagten.
a) Es besteht sachlicher Deckungsschutz bezüglich des durch die Bauarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 verursachten Wasserschadens im Kellergeschoss des Wohnhauses des Grundstücks Nr. 67. In Ziff. 1.1 der AHB ist bestimmt, dass Versicherungsschutz für Schadensereignisse besteht, die unter anderem Vermögensschäden zur Folge hatten. Die Haftung des Versicherungsnehmers muss auf gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts beruhen. Nichts Anderes ergibt sich aus dem Versicherungsschein (Nr. …, Anl. K1) i.V.m. Ziff. 3.1 (1) der AHB. Danach ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Bauherr in S. versichert. Dies ist vorliegend der Fall. Die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers als Bauherr ist vorliegend betroffen (§ 823 Abs. 1 BGB) und in Rede steht ein Vermögensschaden (Wasserschaden am Wohnhaus) infolge einer Bautätigkeit auf dem Grundstück Nr. 63. Schließlich hat der Versicherungsnehmer die Bauausführung, Planung und Bauleitung gem. Ziff. I. 1. der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen („BBR“) auch an einen Dritten, den Architekten H., übertragen.
b) Es liegt auch keine Ausnahme nach den AHB oder den BBR vor (jeweils Anl. K1), welche den sachlichen Deckungsschutz entfallen lassen würden. Für das Eingreifen der Ausschlusstatbestände ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet.
aa) Die in Ziff. 1.2 der AHB vereinbarten Tatbestände sind nicht einschlägig. Ebenso verhält es sich bei den Ausschlusstatbeständen nach Ziff. 7 der AHB. Insbesondere ist kein Fall der vorsätzlichen Schadensverursachung (Ziff. 7.1 der AHB) ersichtlich.
bb) Deckungsschutz ist auch nicht wegen der „großen Kraftfahrzeugklausel“ in V. 1. a) der BBR zu verneinen. Diese bestimmt: „Nicht versichert ist die Haftpflicht wegen Schäden, die der Versicherungsnehmer oder eine von [ihm] bestellte oder beauftrage Person durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs […] verursacht hat“. Obwohl in Rede steht, dass die Beschädigung des Schaltkastens durch „schweres Gerät“, insbesondere einem Bagger, verursacht wurde und es sich dabei um ein Kraftfahrzeug handelt, führt die Klausel nach Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes. Prima facie würde die Klausel dazu führen, dass der Versicherungsschutz in allen Fällen versagt würde, in denen das Schadenereignis in irgendeiner, gleichviel wie gearteten, Verbindung mit dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs eingetreten ist. Dem kann nicht gefolgt werden. Eine so weite Auslegung findet im Wortlaut und vor allem im Zweck der Klausel keine hinreichende Grundlage. Risikobegrenzungen und Ausschlussklauseln haben in der Schadensversicherung im allgemeinen den Sinn, bestimmte Tatbestände, die erfahrungsgemäß eine besondere Gefahrenquelle bilden, wegen der außergewöhnlichen Häufigkeit oder Schwere der durch sie ausgelösten Schäden aus der auf eine Normallage abgestellten Versicherung herauszunehmen. Dieser Zweckbestimmung entspricht es nicht, Haftpflichtfälle, die ihren Ursprung in einem Betriebsgeschehen haben und deshalb nach natürlicher Anschauung unter das allgemeine betriebliche Risiko fallen, ungedeckt zu lassen, nur weil zu der im Betrieb begründeten Ursache als ein auf der Grundlage dieser Ursache mitwirkender Umstand noch der Einsatz eines Kraftfahrzeugs hinzugetreten ist (so schon BGH 17.02.1966 – II ZR 103/63, NJW 1966, 929). Ursächlich für die Beschädigung war vorliegend keine spezifische Gefahr, die vom Kraftfahrzeug ausging, sondern es hat sich gerade die (fehlerhafte) betriebliche Tätigkeit des vom Versicherungsnehmer beauftragten Bauunternehmens ausgewirkt, was vom Versicherungsschutz nach Sinn und Zweck gerade erfasst werden soll (vgl. BGH 17.02.1966 – II ZR 103/63, NJW 1966, 929).
cc) Schließlich ist der Versicherungsschutz auch nicht nach IV. 2. der BBR ausgeschlossen, wonach Haftpflichtansprüche aus dem Verändern der Grundwasserverhältnisse nicht mitversichert sind. Der Sachverständige Dipl.-Ing. S. konnte im Rahmen seiner Begutachtung eine Veränderung der Grundwasserverhältnisse nicht feststellen (Gutachten S. 39 ff., 48 ff., 54).
c) Es bestand auch in zeitlicher Hinsicht Deckungsschutz. Es kommt vorliegend für den Deckungsschutz nach Ziff. 1.1 letzter Abs. der AHB auf den Zeitpunkt der Schadensverursachung (hier: Beschädigung des Schaltkastens), die zum Schadensereignis (hier: Wasserschaden) geführt hat, nicht an. Als Versicherungsbeginn vereinbarten die Beklagte und Herr J. den 29.04.2016, 0:00 Uhr (Anl. K1, S. 2). Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 286 BGB), dass jedenfalls der Wasserschaden im Mai 2016 und damit nach Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten ist. Zwar hat der Beklagte bestritten, dass der Wasserschaden am 12.05.2016 eingetreten ist. Es steht jedoch, wie ausgeführt, zur Überzeugung des Gerichts insbesondere auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. fest, dass die Beschädigung des Schaltkastens Folge der Bauarbeiten auf dem Grundstück Nr. 63 war. Diese fanden unstreitig im Mai 2016 statt. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass der Sachverständige im Rahmen seines Ergänzungsgutachtens (S. 4) ausgeführt hat, dass es nicht auszuschließen sei, dass der Wasserschaden auch im April 2016 eingetreten sein könnte, was bedeuten würde, dass die Bauarbeiten nicht Ursache für den Ausfall des Pumpensystems gewesen sein könnten. Diese Möglichkeit hielt der Sachverständige insgesamt aber für sehr unwahrscheinlich; die Bauarbeiten im Mai 2016 hielt er hingegen für „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ als Ursache für den zeitweisen Ausfall des Pumpensystems. Dem ist das Gericht gefolgt. Hinzukommt, dass die Haushälterin des Klägers, Frau B., von der Beklagten unbestritten (vgl. Bl. 15 d. A.) am 12.05.2016 den Wasserschaden im Kellergeschoss des Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 67 festgestellt hat. Der Kläger gab im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.09.2018 an, dass Frau B. zwei- bis dreimal in der Woche im Haus nach dem Rechten sieht. Auch dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten, sodass davon auszugehen ist, dass der Wasserschaden zwar auch zwei bis drei Tage vor dem 12.05.2016 eingetreten sein könnte, jedenfalls aber im Mai. Im Übrigen hat auch Herr B. (W-GmbH & Co. KG.) den Wasserschaden am 13.05.2016 unstreitig festgestellt. Auch der von der Beklagten beauftragte Privatsachverständige B. ging von einem Schadenseintritt am 12.05.2016 aus (Anl. K5).
d) Der Zahlungsanspruch ist schließlich auch summentechnisch von der Versicherung mit der Beklagten gedeckt. Der Versicherungsnehmer und die Beklagte vereinbarten eine Versicherungssumme für Vermögensschäden in Höhe von 100.000 € und „für alle Schadenereignisse das Dreifache dieser Versicherungssummen“ (Anl. K1). Die Vereinbarung eines Selbstbehalts ist nicht ersichtlich.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.120,62 € aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unschlüssig, da aus diesem noch nicht einmal hervorgeht, dass der Kläger die angeblichen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bezahlt hat und ihm insoweit ein Schaden entstanden ist. Außerdem ist nicht ersichtlich, wie sich die Summe zusammensetzt. Der Kläger verweist lediglich auf sein anwaltliches Schreiben vom 19.09.2017 (Anl. K15). In diesem finden außergerichtliche Rechtsanwaltskosten jedoch keine Erwähnung.
III. Der Kläger hat Anspruch auf Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 84.537,85 € seit 23.11.2017. Die Klage mit der ursprünglichen Klageforderung i.H.v. 87.918,44 € wurde der Beklagten am 22.11.2017 zugestellt (vgl. Zustellungsurkunde Bl. 13 d. A.). Der begründete Zahlungsanspruch bleibt hinter der (zuletzt) beantragten Klageforderung i.H.v. 90.909,15 € zurück, sodass es auf die unterschiedlich beantragten Zinszeiträume im Ergebnis nicht ankommt und auch nicht darauf, ob und wann die (im Ergebnis unbegründete) Klageerweiterung der Beklagten zugestellt worden ist. Mangels Anspruchs auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist auch ein diesbezüglicher Zinsanspruch nicht gegeben.
C. Die Kostengrundentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Dem mit klägerischen Schriftsatz vom 03.05.2022 gestellten Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO war nicht zu entsprechen. Der Kläger hat nicht dargelegt, inwieweit die Vollstreckung gegen ihn ein nicht zu ersetzender Nachteil bringen würde.