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Versicherungsmaklerhaftung für unterlassene Beratung über naheliegendes Risiko

OLG Zweibrücken – Az.: 1 U 167/14 – Urteil vom 12.12.2018

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 22.05.2015, Az. 2 O 277/10, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 118.262,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 3.445,14 € vom 06.08.2010 bis 01.09.2010,

aus 8.445,14 € vom 02.09.2010 bis 30.09.2010,

aus 13.445,14 € vom 01.10.2010 bis 01.11.2010,

aus 18.445,14 € vom 02.11.2010 bis 30.11.2010,

aus 23.445,14 vom 01.12.2010 bis 28.12.2010,

aus 28.445,14 € vom 29.12.2010 bis 01.02.2011,

aus 33.445,14 € vom 02.02.2011 bis 28.02.2011,

aus 38.445,14 € vom 01.03.2011 bis 31.03.2011,

aus 43.445,14 € vom 01.04.2011 bis 02.05.2011,

aus 48.445,14 € vom 03.05.2011 bis 31.05.2011,

aus 53.445,14 € vom 01.06.2011 bis 29.06.2011,

aus 58.445,14 € vom 30.06.2011 bis 01.08.2011,

aus 63.445,14 € vom 02.08.2011 bis 06.09.2011

aus 68.445,14 € vom 07.09.2011 bis 03.10.2011,

aus 73.445,14 € vom 04.10.2011 bis 01.11.2011,

aus 78.445,14 € vom 02.11.2011 bis 30.11.2011,

aus 83.445,14 € vom 01.12.2011 bis 02.01.2012,

aus 88.445,14 € vom 03.01.2012 bis 31.01.2012,

aus 93.445,14 € vom 01.02.2012 bis 28.02.2012,

aus 98.445,14 € vom 01.03.2012 bis 04.04.2012,

aus 103.445,14 € vom 05.04.2012 bis 02.05.2012,

aus 108.445,14 € vom 03.05.2012 bis 10.06.2012,

aus 113.445,14 € vom 11.06.2012 bis 03.07.2012 und

aus 118.262,27 € ab dem 09.07.2012

zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 118.883,95 € wegen einer Pflichtverletzung der Beklagten im Zusammenhang mit einem Versicherungsmaklervertrag.

Der Kläger erbringt als selbständiger Unternehmer landwirtschaftliche Dienstleistungen für Dritte. Die Beklagte vermittelt Versicherungen. Sie betreut und berät insbesondere Kunden aus dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich.

Der Kläger beauftragte die Beklagte im Jahr 2004 mit der Vermittlung einer Betriebshaftpflichtversicherung. Die Beklagte vermittelte ihm eine Haftpflichtversicherung der … Ausweislich des Versicherungsscheins vom 17.09.2004 betrug die jährliche Prämie einschließlich Versicherungssteuer 3.271,20 €. Nach Abschnitt II B Ziffer 5.5 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen der … (nachfolgend: BBR, Anlagenband aE) sind Haftpflichtschäden wegen Schäden am behandelten Gut nicht versichert.

Im … führte der Kläger eine Unterblattherbizidbespritzung auf den Äckern des … durch. Ein Mitarbeiter des Klägers stellte aufgrund eines Bedienungsfehlers Spritzdüsen quer statt senkrecht ein, was zu einer ungewollten Ausbringung von Herbiziden auf die Spargelpflanzen führte. Infolgedessen kam es zu Ertragsausfällen. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) verurteilte den Kläger wegen des entstandenen Schadens mit rechtskräftigen Urteil vom 19.05.2010, Az. 3 O 161/08, zur Zahlung von 132.440,23 € an den … . Die … lehnte die Übernahme des Schadens unter Bezugnahme auf Abschnitt II B Ziffer 5.5 BBR ab.

Im Jahr 2008 kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag mit der … und schloss einen von dem Zeugen … vermittelten Vertrag über eine Betriebshaftpflichtversicherung mit der … (nachfolgend: …) mit einem Jahresbeitrag einschließlich Versicherungssteuer in Höhe von 2.355,67 € ab. Der Vertrag umfasst u.a. bis zu einem Betrag von 200.000 € Versicherungsschutz für „Schäden am behandelnden Gut“.

Der Kläger hat vorgetragen, dass er gegenüber dem Beklagten ausdrücklich den Wunsch geäußert habe, dass die vermittelte Versicherung eine Haftung seines Betriebs umfassend, einschließlich für Spritzschäden an dem von ihm zu behandelnden Gut erfassen solle. Er habe den Beklagten mit Telefax vom 30.11.2004 darauf hingewiesen, dass im Versicherungsvertrag eine Lücke bestehe, da Bearbeitungsschäden am zu behandelnden Gut ausgeschlossen seien, er aber „im Lohn für andere“ spritze. Der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Kläger daraufhin zugesichert, dass dieser Ausschluss nicht für ihn gelte und er „gegen alles“ versichert sei. Bereits im Jahr 2004 seien Versicherungen erhältlich gewesen, die die von ihm gewünschten Spritzschäden bei Dritten am behandelnden Gut abgesichert hätten. Der Beklagte habe seine Pflichten verletzt, indem er dem Kläger eine Versicherung mit unzureichendem Schutz vermittelt habe. Zu ersetzen sei der Betrag, den er als Schadensersatz an den Spargelhof S. leisten müsse. Abzuziehen hiervon sei eine Selbstbeteiligung von 10 %. Außerdem könne er vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.093,25 € beanspruchen. Einschließlich der Rechtsanwaltskosten stünden ihm daher insgesamt 118.883,95 € zu.

Zur Finanzierung der an den … ratierlich erbrachten Schadensersatzleistungen habe er einen Kontokorrentkredit in Anspruch nehmen müssen. Es seien Kontokorrent- und Überziehungszinsen angefallen, die die Beklagte ebenfalls zu erstatten habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 118.883,95 € nebst Zinsen

aus 3.445,14 € vom 06.08.2010 bis 01.09.2010 in Höhe von 11 %,

aus 8.445,14 € vom 02.09.2010 bis 30.09.2010 in Höhe von 11 %,

aus 13.445,14 € vom 01.10.2010 bis 01.11.2010 in Höhe von 11 %,

aus 18.445,14 € vom 02.11.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von 11 %,

aus 23.445,14 vom 01.12.2010 bis 28.12.2010 in Höhe von 11 %,

aus 28.445,14 € vom 29.12.2010 bis 01.02.2011 in Höhe von 16 %,

aus 33.445,14 € vom 02.02.2011 bis 28.02.2011 in Höhe von 16 %,

aus 38.445,14 € vom 01.03.2011 bis 31.03.2011 in Höhe von 16 %,

aus 43.445,14 € vom 01.04.2011 bis 02.05.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 48.445,14 € vom 03.05.2011 bis 31.05.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 53.445,14 € vom 01.06.2011 bis 29.06.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 58.445,14 € vom 30.06.2011 bis 01.08.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 63.445,14 € vom 02.08.2011 bis 06.09.2011 in Höhe von 11,67 %

aus 68.445,14 € vom 07.09.2011 bis 03.10.2011 in Höhe von 11,67 %,

aus 73.445,14 € vom 04.10.2011 bis 01.11.2011 in Höhe von 11,67 %,

aus 78.445,14 € vom 02.11.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von 11,67 %,

aus 83.445,14 € vom 01.12.2011 bis 02.01.2012 in Höhe von 11,67 %,

aus 88.445,14 € vom 03.01.2012 bis 31.01.2012 in Höhe von 11,67 %,

aus 93.445,14 € vom 01.02.2012 bis 28.02.2012 in Höhe von 11,29 %,

aus 98.445,14 € vom 01.03.2012 bis 04.04.2012 in Höhe von 16,29 %,

aus 103.445,14 € vom 05.04.2012 bis 02.05.2012 in Höhe von 16,29 %,

aus 108.445,14 € vom 03.05.2012 bis 10.06.2012 in Höhe von 15,93 %,

aus 113.445,14 € vom 11.06.2012 bis 03.07.2012 in Höhe von 15,93 %,

aus 118.445,14 € vom 09.07.2012 bis 31.07.2012 in Höhe von 15,93 %,

aus 118.883,95 € vom 01.08.2012 bis 05.09.2012 in Höhe von 15,57 % und

aus 118.883,95 € ab dem 06.09.2012 in Höhe von 15,57 %

zu zahlen;

Haftung Versicherungsmakler: unterlassene Beratung über Risiko
(Symbolfoto: Von REDPIXEL.PL/Shutterstock.com)

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.093,25 € als Ersatz für nicht anrechenbare Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme seines Bevollmächtigten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, es habe im Jahr 2004 am Markt keine Versicherung gegeben, die die Risiken „Spritzschäden am behandelnden Gut“ abgedeckt hätte. Das sei dem Kläger so mitgeteilt worden und dies ergäbe sich aus den Versicherungsbedingungen unter Abschnitt II B Ziffer 5.5. In dem Telefax vom 30.11.2004 habe der Kläger Einschränkungen des Versicherungsschutzes nicht beanstandet.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen … und einer schriftlichen Ergänzung des Gutachtens sowie durch ein weiteres schriftliches Gutachten des Sachverständigen … und durch mündliche Erläuterung des Sachverständigen. Es hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger sei der ihm obliegende Nachweis nicht gelungen, im Jahr 2004 habe eine Möglichkeit zur Versicherung von Spritzschäden am behandelnden Gut im Rahmen des Lohnbetriebes bestanden.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und den Einzelheiten der rechtlichen Beurteilung wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlichen Ansprüche mit Ausnahme des Klageantrags zu 2 weiter. Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die vom Landgericht beauftragten Sachverständigen hätten die Beweisfrage positiv im Sinne des Klägers beantwortet. Das Landgericht hätte mangels eigener Sachkunde nicht vom Ergebnis der beiden Sachverständigengutachten abweichen dürfen.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 22.05.2014, Az. 2 O 277/10, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 118.883,95 € nebst Zinsen

aus 3.445,14 € vom 06.08.2010 bis 01.09.2010 in Höhe von 11 %,

aus 8.445,14 € vom 02.09.2010 bis 30.09.2010 in Höhe von 11 %,

aus 13.445,14 € vom 01.10.2010 bis 01.11.2010 in Höhe von 11 %,

aus 18.445,14 € vom 02.11.2010 bis 30.11.2010 in Höhe von 11 %,

aus 23.445,14 vom 01.12.2010 bis 28.12.2010 in Höhe von 11 %,

aus 28.445,14 € vom 29.12.2010 bis 01.02.2011 in Höhe von 16 %,

aus 33.445,14 € vom 02.02.2011 bis 28.02.2011 in Höhe von 16 %,

aus 38.445,14 € vom 01.03.2011 bis 31.03.2011 in Höhe von 16 %,

aus 43.445,14 € vom 01.04.2011 bis 02.05.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 48.445,14 € vom 03.05.2011 bis 31.05.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 53.445,14 € vom 01.06.2011 bis 29.06.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 58.445,14 € vom 30.06.2011 bis 01.08.2011 in Höhe von 16,25 %,

aus 63.445,14 € vom 02.08.2011 bis 06.09.2011 in Höhe von 11,67 %

aus 68.445,14 € vom 07.09.2011 bis 03.10.2011 in Höhe von 11,67 %,

aus 73.445,14 € vom 04.10.2011 bis 01.11.2011 in Höhe von 11,67 %,

aus 78.445,14 € vom 02.11.2011 bis 30.11.2011 in Höhe von 11,67 %,

aus 83.445,14 € vom 01.12.2011 bis 02.01.2012 in Höhe von 11,67 %,

aus 88.445,14 € vom 03.01.2012 bis 31.01.2012 in Höhe von 11,67 %,

aus 93.445,14 € vom 01.02.2012 bis 28.02.2012 in Höhe von 11,29 %,

aus 98.445,14 € vom 01.03.2012 bis 04.04.2012 in Höhe von 16,29 %,

aus 103.445,14 € vom 05.04.2012 bis 02.05.2012 in Höhe von 16,29 %,

aus 108.445,14 € vom 03.05.2012 bis 10.06.2012 in Höhe von 15,93 %,

aus 113.445,14 € vom 11.06.2012 bis 03.07.2012 in Höhe von 15,93 %,

aus 118.445,14 € vom 09.07.2012 bis 31.07.2012 in Höhe von 15,93 %,

aus 118.883,95 € vom 01.08.2012 bis 05.09.2012 in Höhe von 15,57 % und

aus 118.883,95 € ab dem 06.09.2012 in Höhe von 15,57 %

zu zahlen;

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 20.10.2014 (Bl. 263 bis 269 d.A.).

Der Senat hat den Kläger und den Geschäftsführer der Beklagten angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen … vom 10.08.2017 und durch mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen.

Auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat ganz überwiegend Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 652 BGB in Höhe von insgesamt 118.262,27 €. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Maklervertrag verletzt, indem sie dem Kläger im Jahr 2004 einen Versicherungsvertrag vermittelt hat, der keinen Schutz für Schäden am zu behandelnden Gut umfasst hat. Hierdurch ist dem Kläger ein Schaden in Höhe von 118.262,27 € entstanden, den die Beklagte zu ersetzen hat.

1.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass zwischen den Parteien (im Jahr 2004) ein Maklervertrag im Sinne des § 652 BGB betreffend die Vermittlung einer Betriebshaftpflichtversicherung zustande kam. Davon geht der Senat aus.

2.

Zu Recht hat das Landgericht weiter festgestellt, dass die Beklagte ihre Pflichten aus dem Maklervertrag verletzt hat.

a) Die Pflichten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmaklers gehen weit. Er wird als sein Interessen- oder sogar Abschlussvertreter angesehen. Wegen seiner umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich des Versicherungsverhältnisses des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderischer Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden. Als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers hat er dessen Interessen wahrzunehmen und individuellen, für das betreffende Objekt passenden Versicherungsschutz zu besorgen; er muss von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt prüfen (st. Rspr., zum Ganzen BGH Urt. v. 26.03.2014 – IV ZR 422/12, juris Rn. 25 mwN).

b) Gegen diese Pflichten hat die Beklagte verstoßen, weil der für sie tätig gewesene Mitarbeiter im Rahmen der ihm obliegenden Aufgabe, den Versicherungsbedarf des Klägers genau zu ermitteln, nicht nachgefragt hat, welche Schäden im Rahmen des zu versichernden Risikos „Lohnbetrieb“ auftreten können. Dem erkennbaren Interesse des Klägers, einen für seinen Lohnbetrieb umfassenden, mithin lückenlosen Versicherungsschutz zu erhalten, hat der von der Beklagten vermittelte Versicherungsvertrag mit der … nicht entsprochen, weil er für das naheliegende Risiko von verschuldeten Bearbeitungsschäden keine Deckung gewährt (vgl. Nr. 6.9 Abs. 5 2. Spiegelstrich BBR). Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, dass sie den Kläger vor Vertragsschluss im Jahr 2004 auf diese Lücke im Versicherungsschutz hinwies und der Kläger diese Lücke akzeptierte. Der Geschäftsführer der Beklagten hat bei seiner Anhörung vor dem Landgericht vielmehr erklärt, dass vor dem Schaden (im Jahr 2007) das Thema „zu bearbeitendes Gut“ nie angesprochen worden sei (Bl. 62 d.A.). Gegenüber dem Senat hat er zunächst angegeben, dass er sich an die Einzelheiten noch sehr genau erinnere (Bl. 283 d.A.). Im weiteren Verlauf der Anhörung hat er allerdings erklärt, er denke, dass sie damals auch über „Spritzschäden“ gesprochen hätten, aus der Erinnerung könne er dies aber nicht sagen (aaO.). Danach hat die Beklagte nicht dargelegt, dass sie ihren Hinweispflichten als Versicherungsmaklerin gegenüber dem um einen umfassenden Versicherungsschutz nachsuchenden Kläger entsprochen hat.

Soweit die Beklagte schriftsätzlich vorträgt, dem Kläger sei damals mitgeteilt worden, dass es zum damaligen Zeitpunkt am Markt keinen Versicherer gegeben habe, der das Risiko „Spritzschäden am behandelnden Gut“ abgesichert habe (Klageerwiderung vom 19.10.2010 Seite 2, Bl. 32 d. A.), ist dies mit der Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten bei seiner Anhörung vor dem Landgericht (Sitzungsprotokoll vom 08.03.2011, Bl. 62 d.A.) nicht vereinbar und damit unschlüssig. Selbst wenn man unterstellt, dass der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger diese Auskunft erteilt hätte, läge auch hierin eine Pflichtverletzung. Denn diese Auskunft ist vor dem Hintergrund der Angaben des vom Senat vernommenen Zeugen …, der nach seinen Angaben seit 25 Jahren als Versicherungsmakler für landwirtschaftliche Lohnunternehmer Versicherungen vermittelt (Bl. 912 d.A.), nachweislich falsch. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, dass der Kläger den Versicherungsvertrag, den er im Jahr 2008 abgeschlossen hat – und der Versicherungsschutz für Schäden am zu behandelnden Gut bis zu 200.000 € umfasst – bereits im Jahr 2004 hätte abschließen können (aaO.). Er sei seit 1994 Versicherungsmakler und vermittele in dieser Eigenschaft bundesweit entsprechende Verträge. Die Versicherung gegen Schäden am behandelten Gut seien typischerweise bei der über ihn versicherten Berufsgruppe enthalten, so der Zeuge (Bl. 913 d.A.). Es gehöre zu seinem „täglichen Brot“, dass Lohnunternehmer, die zu 80 % im Bereich von Spritzarbeiten tätig seien, entsprechenden Versicherungsschutz bei ihm nachfragen würden (aaO.).

Der Senat hat an der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen … keine Zweifel. Seine Angaben sind nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Er hat erklärt, dass er bereits seit 1994 als Versicherungsmakler für den … (…) tätig ist und seitdem bundesweit entsprechende Verträge vermittelt. Die Angaben des Zeugen belegen, dass dieser in dem Bereich der Versicherung von landwirtschaftlichen Lohnunternehmern über hohe Sachkunde verfügt. Seine Angaben waren präzise, sicher, eindeutig und nachvollziehbar. Ein Interesse am Ausgang des Verfahrens hat er nicht. Anhaltspunkte, die gegen dessen Glaubwürdigkeit sprechen würden, waren bei der konkreten Vernehmungssituation nicht erkennbar. Der Senat legt die Angaben des Zeugen seiner Entscheidung daher zugrunde.

Auch das Vorbringen der Beklagten zu ihrer angeblichen Reaktion auf ein Schreiben des Klägers vom 30.11.2004 (Anlage K5, Bl. 18 d.A.), in dem dieser u.a. darauf hinwies, dass Nr. 5.5 BBR die Verwendung von Pflanzenschutz-, Unkrautvernichtungs- und Bekämpfungsmitteln innerhalb des versicherten Betriebes regele, er aber „im Lohn für andere spritze“, lässt auf eine Pflichtwidrigkeit der Beklagten schließen. Die vom Kläger damit angesprochene Frage nach dem Versicherungsschutz für die Schädigung fremder Sachen im Lohnbetrieb hat die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich auf den „Betriebsbegriff“ bezogen und den Kläger insoweit „beruhigen“ können (Klageerwiderung vom 19.10.2010, Seite 4, Bl. 34 d.A.). Ein pflichtgemäßes Bemühen der Beklagten, den Versicherungsbedarf des Klägers vollständig zu erfassen und ihm zu einer Versicherung für im Lohnbetrieb an fremden Sachen verursachte Schäden eine umfassende Auskunft zu erteilen, ergibt sich daraus nicht.

Soweit die Beklagte meint, weitere Erläuterungen gegenüber dem Kläger seien überflüssig gewesen, weil sich der Umfang des Versicherungsschutzes klar aus dem Versicherungsschein und den in Bezug genommenen Bedingungen ergäbe, verkennt sie ihre Pflichten als Versicherungsmaklerin. Es ist gerade Aufgabe des fachkundigen Versicherungsmaklers, den Versicherungsnehmer zu beraten und dessen Interessen wahrzunehmen. Dazu gehört es auch, ihm deutlich vor Augen zu führen, dass der Versicherungsschutz für bestimmte Risiken, die der Versicherungsnehmer abgedeckt wissen möchte, von ihm nicht beschafft werden kann. Mit der Verweisung des Versicherungsnehmers auf das Bedingungswerk, das vorliegend 24 Seiten mit zahlreichen Klauseln umfasst, und der Vorstellung, der Versicherungsnehmer werde die Lücken im Versicherungsschutz schon erkennen, genügt der Versicherungsmakler seinen Pflichten grundsätzlich nicht. Darüber hinaus musste dem Kläger die streitgegenständliche Lücke im Versicherungsschutz nach Erhalt der Unterlagen zum Versicherungsvertrag nicht ohne weiteres auffallen. In dem Versicherungsschein wird auf Seite 2 (Anlage K 2, Bl. 6R d.A.) zwar „besonders“ auf den Ausschluss der Schäden an fremden Sachen unter Bezugnahme auf § 4 Ziffer I 6 a und b AHB (vgl. Anlage K 4, Bl. 11 ff. d.A.) hingewiesen. In den in den Versicherungsvertrag einbezogenen BBR ist unter den Nummern 5 „mitversicherte Nebenrisiken“ und 6 „Deckungserweiterungen“ aber beispielsweise in Nummer 6.9 unter „Bearbeitungsschäden“ abweichend von § 4 Ziffer I 6 b AHB die Haftpflicht für Schäden, die an fremden Sachen „durch eine sonstige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen“ entstehen, wieder eingeschlossen. In Nummer 6.9 Abs. 5 2. Spiegelstrich BBR wird hiervon eine Ausnahme für Schäden an Sachen gemacht, die der Versicherungsnehmer für einen Dritten bearbeitet, weiterbe- oder verarbeitet, veredelt oder zur Reparatur übernommen hat, wenn ihn ein Verschulden trifft. In Nummer 5.5 Abs. 2 1. Spiegelstrich BBR ist unter der Abschnittsüberschrift „Verwendung von Pflanzenschutz-, Unkrautvernichtungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln“ zwar verständlich bestimmt, dass Haftpflichtansprüche wegen Schäden am behandelnden Gut nicht versichert sind. Die Klausel besagt aber nichts über Spritzschäden an fremden Sachen in der Nähe des „behandelnden Guts“, um die es hier geht. Bei einem derart verschachtelten Klauselwerk genügt der Versicherungsmakler seinen Pflichten als Berater des Versicherungsnehmers nicht, wenn er ihn lediglich auf das Bedingungswerk verweist und damit nahezu ratlos zurücklässt.

3.

Der vom Kläger beim … verursachte Spritzschaden war nicht vom Schutz des von der Beklagten vermittelten Versicherungsvertrags bei der … umfasst, so dass der Kläger gegenüber dem … hierfür einzustehen hat, ohne seinerseits die ihm vermittelte Versicherung in Anspruch nehmen zu können. Der fehlende Versicherungsschutz für den streitgegenständlichen Schaden an den Spargelpflanzen folgt allerdings nicht aus dem Haftungsausschluss in Nummer Nr. 5.5 Abs. 2 1. Spiegelstrich BBR, auf den sich die … in ihrem Schreiben vom 12.12.2007 (Anlage K 8, Anlagenband) stützte, sondern aus der in Nummer 6.9 Abs. 5 2. Spiegelstrich BBR getroffenen Regelung.

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83; BGH VersR 2014, 625).

b) Danach versteht ein Versicherungsnehmer den Risikoausschluss nach Nr. 5.5 Abs. 2 1. Spiegelstrich BBR wegen Haftpflichtschäden am behandelten Gut als eine Regelung, die sich auf den jeweiligen Auftragsgegenstand bezieht. Im Hinblick darauf, das Risikoausschlussklauseln eng und nicht weiter auszulegen sind, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. BGH VersR 1995, 162), brauchte ein Versicherungsnehmer nicht damit zu rechnen, dass außer dem Gegenstand seines Auftrags auch noch weitere Sachen, mit denen er im Rahmen seiner Tätigkeit in Berührung kommt, Ausschlussobjekte sein sollen (vgl. BGH VersR 2011, 66).

Der Kläger sollte unstreitig auftragsgemäß zur Unkrautbekämpfung nicht die Spargelpflanzen, sondern die Dämme und Fahrgassen des Spargelackers besprühen. Die Ausbringung von Herbiziden auf die Spargelpflanzen selbst war nicht gewollt und erfolgte nur aufgrund einer fehlerhaften Einstellung der Spritzdüsen. Der an den Spargelpflanzen verursachte Schaden stellt sich als Bearbeitungsschaden im Sinne der Nummer 6.9 2. Spiegelstrich BBR dar. Diese Bestimmung nimmt Ansprüche vom Versicherungsschutz aus, die wegen Schäden an Sachen entstehen, die der Versicherungsnehmer für einen Dritten bearbeitet, weiter be-, verarbeitet, veredelt oder zur Reparatur übernommen hat, wenn ihn ein Verschulden trifft. Dieser Risikoausschluss umfasst alle Gefahren, die sich im Rahmen dieser Tätigkeit verwirklichen (vgl. BGH Urt. v. 12.11.1997 – IV ZR 338/96, juris Rn. 14 ff. = VersR 1998, 228). Zu einer solchen Gefahr gehörte vorliegend auch die potenzielle Schädigung der Spargelpflanzen bei der auf dem Spargelacker vorzunehmenden Unkrautbekämpfung.

c) Der streitgegenständliche Schaden an den Spargelpflanzen ist auch nicht von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung gedeckt, da die Schädigung nicht von dem versicherten Fahrzeug selbst ausging. Der Schaden entstand nicht wegen des Betriebs der Zugmaschine, sondern wegen eines Fehlers an der Einstellung des anmontierten Sprühgeräts (vgl. BGH VersR 1994, 83).

4.

Die Pflichtverletzung der Beklagten ist für die Einstandspflicht des Klägers für den entstandenen Spritzschaden ohne entsprechenden Versicherungsschutz auch ursächlich.

a) Die Frage, ob der streitgegenständliche Schaden durch die Vertragsverletzung der Beklagten verursacht worden ist, gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, die sich nach § 287 ZPO beurteilt (vgl. BGHZ 94, 356; BGH VersR 2015, 187). Danach ist zu bestimmen, welchen Verlauf die Dinge ohne die Pflichtverletzung genommen hätten und wie sich die Vermögenslage des Klägers ohne die Pflichtverletzung darstellen würde. Mit dem Landgericht ist zwar davon auszugehen, dass auch insoweit grundsätzlich der Geschädigte darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. BGHZ 123, 311, 313; BGH VersR 2007, 393 Rn. 21). Etwas anders gilt aber bei einem schuldhaften Verstoß des Versicherungsmaklers gegen Hinweis- und Beratungspflichten. Im Hinblick auf dessen Sachwalterpflichten liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Geschädigte sich über die aus der Aufklärung und Beratung folgenden Verhaltensempfehlungen hinweggesetzt hätte und deshalb der Schaden auch bei vertragsgemäßer und pflichtgemäßer Aufklärung und Beratung eingetreten wäre, mithin der Versicherungsnehmer auch bei Erfüllung der Pflichten aus dem Maklerversicherungsvertrag den gewünschten Versicherungsschutz nicht erlangt hätte, beim Versicherungsmakler (vgl. BGHZ 94, 356; BGH VersR 2006, 1072; BGH VersR 2015, 187).

b) Diesen Beweis hat die Beklagte nicht geführt.

Der Sachverständige … hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 10.08.2017 die Behauptung der Beklagten, der klägerische Betrieb sei im Juni 2004 angesichts der Schadensquote des Vorvertrages hinsichtlich verschuldeter Bearbeitungsschäden einschließlich der streitgegenständlichen Spritzschäden auf dem damals zugänglichen Markt (mit überwiegender Wahrscheinlichkeit) nicht versicherbar gewesen, nicht bestätigt. Er hat vielmehr festgestellt, dass ein geeigneter Spezialmakler auch im Jahr 2004 die fragliche Deckung hätte vermitteln können (Gutachten vom 10.08.2017, Seite 18). Diese Feststellung steht im Einklang mit den glaubhaften Angaben des Zeugen …, der bekundet hat, dass es ohne jede Änderung ganz leicht gewesen wäre, dass der Kläger denselben Vertrag, den er im Jahr 2008 über ihn geschlossen hat, bereits im Jahr 2004 hätte abschließen können (Bl. 912 d.A.). Die Versicherungsbedingungen sind in dem hier maßgeblichen Zeitraum in diesem Bereich nicht verändert worden, so der Zeuge (aaO.). Dieser gehe daher davon aus, dass der Vertrag zum gleichen Preis wie im Jahr 2008 bereits im Jahr 2004 hätte abgeschlossen werden können (aaO.). Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft; er selbst ist glaubwürdig (siehe zur Würdigung bereits oben).

Danach hat die Beweisaufnahme die Behauptung der Beklagten nicht bestätigt, sondern vielmehr ergeben, dass der Kläger einen entsprechenden Versicherungsvertrag mit dem Deckungsschutz betreffend die Schäden am zu behandelnden Gut bereits im Jahr 2004 hätte abschließen können. Der Kläger hatte daher, wie es der Sachverständige … festgestellt hat (Gutachten vom 10.08.2017, Seite 18), mit der Beklagten einen für seinen Absicherungsbedarf ungeeigneten Versicherungsmakler. Hätte die Beklagte den Kläger pflichtgemäß darauf hingewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, ihm den gewünschten Versicherungsschutz zu vermitteln, und ihn an den … (…) verwiesen, ist nach den Bekundungen des Zeugen … mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bereits im Jahr 2004 über den Zeugen den Versicherungsvertrag mit der … abgeschlossen hätte, den er im Jahr 2008 tatsächlich abgeschlossen hat. Denn für diesen Versicherungsschutz hätte er mit einem Betrag von 2.355,67 € (…, Anlage K 9, Bl. 55 d.A.) gegenüber 3.271,20 € (…, Anlage K 2, Bl. 7 d.A.) eine vergleichsweise niedrigere Jahresprämie zu bezahlen gehabt und der Versicherungsschutz wäre umfassender gewesen, weil dieser die streitgegenständlichen Spritzschäden am zu behandelnden Gut bis zu einem Betrag von 200.000 € abgesichert hätte (vgl. Anlage K 11, Bl. 47 d.A.). Dass es dem Kläger bereits im Jahr 2004 entscheidend auf diesen Versicherungsschutz ankam, ergibt sich aus dessen Schreiben vom 30.11.2004 (Anlage K5, Bl. 18 d.A.), in dem er die Beklagte auf den unzulänglichen Versicherungsschutz durch den Vertrag bei der … hinsichtlich der Lohnarbeiten für andere ausdrücklich hinwies.

c) Soweit der Senat zu der Frage, ob der Kläger in den Jahren 1999 bis 2004 in seinem Betrieb versicherungsrechtlich relevante Vorschäden hatte, im Termin vom 08.06.2016 Beweis durch Vernehmung der Zeugin …  (Bl. 405 f. d.A.) erhoben hat, ist dies im weiteren Prozessverlauf unerheblich geworden. Denn der Zeuge … hat bei seiner Vernehmung vom 14.11.2018 glaubhaft bekundet, dass der Versicherer (die … nicht nach Vorschäden gefragt hat und der Vertrag, der im Jahr 2008 vom Kläger mit der … geschlossen wurde, zum gleichen Preis (und ohne Risikoprüfung) bereits im Jahr 2004 hätte geschlossen werden können (Bl. 912 d.A.).

Der Zeuge ist in dem hier streitgegenständlichen Bereich der Vermittlung von Versicherungsverträgen an landwirtschaftliche Lohnunternehmer nach seinen glaubhaften Angaben ein erfahrener Makler, der für 84 Versicherungsgesellschaften entsprechende Versicherungsverträge vermittelt. Der Sachverständige … hat erklärt, dass ein Versicherer einem Makler, der sich als zuverlässig und sachkundig erwiesen hat, regelmäßig Vertrauen entgegenbringt und ihm die Risikoanalyse überlässt (Bl. 914 d.A.). Vor diesem Hintergrund ist auch die Erklärung des Zeugen …, die … habe hinsichtlich des Vertrages des Klägers nicht nach Vorschäden gefragt, ohne weiteres nachvollziehbar.

d) Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.10.2017 (Bl. 786 ff. d.A.) Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen … vorgebracht und die Anhörung des Sachverständigen beantragt hat, hat sie von ihrem Fragerecht in der Sitzung vom 14.11.2018 keinen Gebrauch gemacht (Sitzungsprotokoll vom 14.11.2018, Seite 6, Bl. 915 d.A.). Die von der Beklagten schriftsätzlich vorgebrachten Einwendungen (aaO.) hält der Senat aufgrund der vorstehenden Erwägungen für nicht durchgreifend.

5.

Der Höhe nach kann der Kläger von der Beklagten insgesamt 118.262,27 € beanspruchen.

a) Hat es ein Versicherungsmakler, wie hier, pflichtwidrig unterlassen, ein bestimmtes Risiko abzudecken, kann der Versicherungsnehmer von ihm verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten (BGH VersR 2014, 625).

b) Gemessen hieran steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 118.262,27 € zu.

Der Kläger wurde mit Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 19.05.2010, Az. 3 O 161/08, wegen des streitgegenständlichen Spritzschadens in der Hauptsache zur Zahlung von 132.440,23 € an den … verurteilt. Hätte die Beklagte ihm die Versicherung einschließlich des gewünschten Schutzes für Spritzschäden am zu behandelnden Gut, wie er ihn der Beklagten mit Schreiben vom 30.11.2004 (Anlage K 5, Bl. 18 d.A. „Wir spritzen im Lohn für andere“) mitgeteilt hat, im Jahr 2004 vermittelt oder hätte er ihn an den … (…) verwiesen, wäre er bis zu einem Betrag von 200.000 € im Hinblick auf das Risiko „Schäden am behandelnden Gut“ versichert gewesen. Denn der später im Jahr 2008 von ihm abgeschlossene Versicherungsvertrag bei der … (Versicherungsschein vom 29.03.2008, Anlage K 9, Bl. 22 d.A.) umfasst diesen Schutz. Das ergibt sich aus der als Anlage K 14 (Bl. 47 d.A.) vorgelegten „Vertragsübersicht zur Haftpflichtversicherung für die Land- und Forstwirtschaft, in der für Bearbeitungsschäden am behandelnden Gut eine Ersatzleistung von 200.000 € genannt ist.

Der Zeuge …, der dem Kläger den im Jahr 2008 geschlossenen Versicherungsvertrag vermittelte, hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat glaubhaft erklärt, dass diese Versicherungsbedingungen üblich waren und nicht gesondert verhandelt werden mussten (Bl. 912 d.A.). Der Zeuge hat weiter erklärt, dass es ohne jede Änderung ganz leicht gewesen wäre, dass der Kläger den Versicherungsvertrag, den er im Jahr 2008 abgeschlossen hat, bereits im Jahr 2004 hätte abschließen können (Bl. 912 d.A.). Vorschäden hat der Versicherer nicht abgefragt, so der Zeuge (Bl. 913 d.A.). Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft (s.o.). Der Senat legt sie seiner Entscheidung daher zugrunde.

Der Kläger geht im Rahmen seiner Schadensberechnung (Schriftsatz vom 06.12.2010, Seite 4, Bl. 44R d.A.) von einem Betrag aus, der mit 130.187,80 € unter dem liegt, den das Landgericht Frankenthal (Pfalz) (aaO.) ausgeurteilt hat. Diesen Betrag hat Senat daher gemäß § 308 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen. Hiervon ist eine Selbstbeteiligung von 10 % in Abzug zu bringen, da diese gemäß Ziffer 5 der „Vertragsübersicht zur Haftpflichtversicherung für die Land- und Forstwirtschaft“ (Bl. 47R) auch angefallen wäre, wenn der Kläger die später abgeschlossene Versicherung bereits im Jahr 2004 abgeschlossen hätte. Der Zeuge … hat glaubhaft erklärt, dass die Versicherungsbedingungen in diesem Bereich in dem hier maßgebenden Zeitraum nicht verändert worden sind (Bl. 912 d.A.). Danach sind von den vom Kläger vorgetragenen 130.187,80 € für die Selbstbeteiligung 10 % in Abzug zu bringen, so dass sich ein ersatzpflichtiger Betrag von 117.169,02 € ergibt.

Da die Prämie der Versicherung bei der … (2.355,67 €, Anlage K 9, Bl. 22 d.A.) günstiger ist als die Prämie der von der Beklagten bei der … vermittelten Versicherung (3.271,20 €, Anlage K 2, Bl. 7 d.A.) ist vom Schadensbetrag kein Abzug im Wege der Vorteilsausgleichung vorzunehmen.

Als weiteren Schadensposten kann der Kläger von der Beklagten Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.093,25 € aus § 280 Abs. 1, § 249 BGB beanspruchen. Er macht eine 0,75 Geschäftsgebühr geltend (Klageschrift Seite 6, Bl. 3R d.A.). Nach der bis zum 31.07.2013 gültigen Gebührentabelle des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes beträgt eine Gebühr 1.431 € bei einem Gegenstandswert in der Stufe bis 125.000 €. Eine 0,75 Gebühr entspricht damit einem Betrag von 1.073,25 €. Zu diesem Betrag kommt die Telekommunikationspauschale von 20 € (RVG VV Nr. 7002) hinzu, so dass sich ersatzfähige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von insgesamt 1.093.25 € errechnen.

Soweit der Kläger die Anwaltsgebühren bislang nicht gezahlt haben sollte, steht dies einem Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht entgegen. Ihm ist mit der Mandatierung seines Prozessbevollmächtigten zur außergerichtlichen Beitreibung seiner Schadensersatzforderung ein weiterer Schadensposten entstanden, der aus § 280 Abs. 1 BGB gemäß § 249 Abs. 1 BGB ersatzfähig ist. Solange er die Rechtsanwaltskosten noch nicht an seinen Prozessbevollmächtigten bezahlt hat, steht ihm im Rahmen der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit zu (§ 257 BGB). Der auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Schadensersatzanspruch geht in einen Zahlungsanspruch über, wenn der Geschädigte unter Ablehnungsandrohung erfolglos eine Frist zur Abgabe der Freistellungserklärung bzw. zur Übernahme der Verbindlichkeit setzt (§ 250 Satz 2 BGB). Einer solchen Fristsetzung bedarf es allerdings dann nicht, wenn der Schädiger auf die Forderung des Geschädigten jede Schadensersatzleistung ernsthaft und endgültig ablehnt. In einem solchen Fall wandelt sich der Freistellungsanspruch ohne weiteres in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten um (vgl. BGH Urt. v. 13.01.2004 – XI ZR 355/02, 2. Leitsatz und Rn. 16). So liegen die Dinge hier, da die Beklagte bis zuletzt jede Ersatzleistung abgelehnt hat.

Danach steht dem Kläger eine Forderung in Höhe von insgesamt 118.262,27 € (= 117.169,02 € + 1.093,25 €) zu.

6.

a) Dem Kläger stehen weiter gemäß § 288 Abs. 1, § 286 BGB Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die an den … als Schadensersatz geleisteten Raten zu. Die Höhe und die Zeitpunkte der Ratenzahlungen des Klägers ergeben sich aus der Forderungsaufstellung des Prozessbevollmächtigten des … zum 15.06.2013 (Anlage K 24, Bl. 207R und Bl. 208 d.A.). Entsprechend diesen Zahlungszeitpunkten sind die vom Kläger gezahlten Beträge mit dem gesetzlichen Verzugszinssatz zu verzinsen.

b) Soweit der Kläger wegen einer von ihm behaupteten Inanspruchnahme eines Kontokorrentkredits Kreditzinsen und Überziehungszinsen auf die als Schadensersatz gezahlten Raten aus § 288 Abs. 4 BGB beansprucht, hat er einen entsprechenden Anspruch auch unter Berücksichtigung seines auf Hinweis des Senats (Sitzungsprotokoll vom 15.07.2015, Seite 5, Bl. 284 d.A.) im Schriftsatz vom 10.12.2015 (Bl. 308 ff. d.A.) gehalten Vortrags und der zur Akte gereichten Übersichten und Kontoauszüge (Anlagen K 25 und K 26, Bl. 314 bis 352 d.A.) nicht ausreichend dargelegt.

Einen in Form von Kreditkosten bestehenden Schaden hat der Gläubiger im Einzelnen darzulegen und zu beweisen (BGH Urt. v. 27.02.1991 – XII ZR 39/90, juris Rn. 18 mwN). Dieser Darlegungslast hat der Kläger nicht genügt. Ein (weiterer) Hinweis des Senats war nicht veranlasst, da nur eine Nebenforderung betroffen ist (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Berufungserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass sich den nur auszugsweise vorgelegten Kontoauszügen für den maßgebenden Zeitraum (ab August 2010) nicht hinreichend entnehmen lässt, dass der Kläger (mindestens) in Höhe der Summe der jeweils geleisteten Raten jeweils einen Kontokorrentkredit beziehungsweise einen Überziehungskredit hat in Anspruch nehmen müssen. Soweit der Kläger in seinem Vortrag zur Zinsberechnung „exemplarisch“ zwei Zeiträume „herausgegriffen“ hat, stehen bereits diese beiden Berechnungen nicht im Einklang mit den vorgelegten Kontoauszügen. Bis zu dem ersten angegebenen Zahlungsdatum, dem 07.09.2011 (Schriftsatz vom 10.12.2015, Seite 3, Bl. 309 d.A.), hat der Kläger insgesamt 68.445,14 € an den … gezahlt. Mit seinem Berufungsantrag begehrt er dementsprechend vom 07.09.2011 bis 03.10.2011 Zinsen aus 68.445,14 € in Höhe von 11,67 %. Den vorgelegten Kontoauszügen lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass der Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich einen Kontokorrentkredit in dieser Höhe in Anspruch nahm. Ausweislich des Kontoauszugs vom 04.09.2011 (Bl. 331R) befand sich das Konto zum 29.08.2011 nur in Höhe von 38.132,21 € und ausweislich des Kontoauszugs vom 04.10.2011 (Bl. 332 d.A.) zum 30.09.2011 nur in Höhe von 44.235,44 € im Debet. Danach lag der Debetsaldo zu diesen beiden Zeitpunkten deutlich unter dem vom Kläger behaupteten Betrag (68.445,14 €). Auch zu dem zweiten vom Kläger „exemplarisch“ dargestellten Zeitpunkt, dem 05.04.2012 (Schriftsatz vom 10.12.2015, Seite 3, Bl. 309 d.A.), lag der tatsächliche Debetsaldo zum 02.04.2012 mit 60.914,91 € (Kontoauszug vom 10.04.2012, Bl. 334R) deutlich unter der Summe der bis dahin gezahlten Raten (103.445,14 €), auf die der Kläger mit seinem Berufungsantrag für den Zeitraum vom 05.04.2012 bis 02.05.2012 Zinsen in Höhe von 16,29 % beansprucht.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

8.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Es liegt eine Einzelfallentscheidung vor. Der Senat weicht auch nicht von obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

 

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