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Haftpflichtversicherung –  Passivlegitimation des auf Schadenersatz in Anspruch genommenen

OLG Frankfurt – Az.: 3 U 115/12 – Beschluss vom 06.12.2012

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden – 2. Zivilkammer – vom 22.3.2012 (2 O 205/11) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11.1.2013.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Versicherungsleistungen wegen der Beteiligung an einer Fondsgesellschaft in Anspruch.

Er war über die B GmbH (später: A GmbH) seit 1998 an der … AG & Co. …Fonds KG i. H. v. DM 100.000,- beteiligt. Die B GmbH hatte eine Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden abgeschlossen. Auf den Versicherungsschein (Anlage A70) wird verwiesen. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aufgrund dieses Versicherungsscheines Vertragspartei des Versicherungsvertrages war.

Unter dem 04.12.2009 kündigte der Kläger seine Beteiligung und verlangte Schadensersatz. Diesem Begehren entsprach das Landgericht München I durch Urteil vom 01.10.2010 (27 O 25323/09) in der Form, dass die B GmbH verurteilt wurde, an den Kläger Schadensersatz i.H. v. Euro 20.285,12 mit nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung der Fondsanteile zu zahlen. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig, denn am 12.10.2010 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH eröffnet.

Der Kläger nimmt daher die Beklagte gem. § 115 VVG n.F. direkt in Anspruch mit der Begründung, die Beklagte sei Haftpflichtversicherer der B GmbH gewesen. Dies ergebe sich aus dem Versicherungsschein, einem vorgerichtlichen Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 17.02.2011 (Bl. 62 d. A.) sowie dem Internetauftritt der Beklagten. § 115 VVG n. F. sei anwendbar. Mit der Klage verlangt der Kläger Verurteilung der Beklagten gemäß dem Urteil des Landgerichts München I und den Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten.

Die Beklagte hält sich nicht für passivlegitimiert, weil zwischen ihr und der B GmbH kein Versicherungsvertrag bestanden habe.

Sie sei lediglich Verwaltungsstelle der im Versicherungsschein genannten Versicherungsgesellschaften. Auch in materieller Hinsicht bestehe für den Kläger kein Versicherungsschutz.

Das Landgericht, auf dessen Urteil zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes in vollem Umfang verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beklagte sei nicht passivlegitimiert, weil sie nicht Haftpflichtversicherer der B GmbH, bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der A GmbH sei. Nach dem Versicherungsschein gewähre dem Versicherungsnehmer nämlich „folgende Versicherungsgemeinschaft – jeder Versicherer mit dem vermerkten Anteil – Versicherungsschutz“, wobei dann fünf einzelne Versicherungsgesellschaften genannt seien, bei denen die jeweils erwähnten prozentualen Anteile insgesamt 100% ergäben. Bei dieser Versichergemeinschaft sei die Beklagte nicht erwähnt und der Versicherungsschein sei „für die beteiligten Versicherer“ durch eine der zuvor genannten Versicherungen, nämlich die X-Aktiengesellschaft unterzeichnet. Dies gelte auch für die Nachträge zu dem Versicherungsschein. Was den Internetauftritt der Beklagten betreffe, so könne dahin stehen, ob dieser überhaupt für die Beurteilung der Vertragsbeziehung maßgeblich wäre. Dort sei nämlich nach dem Vortrag des Klägers ausgeführt, die Verwaltungsstelle der Versicherergemeinschaft sei die Versicherungsstelle in O1, also die Beklagte. Auch dies spreche dafür, dass Versicherungskunden mit der Beklagten keinen Versicherungsvertrag abschließen könnten. Im Übrigen handele es sich bei den im Versicherungsschein genannten Versicherungsunternehmen um solche, die ihre Versicherungsleistungen in Form einer Mitversicherung anböten. In einem solchen Fall lägen aber rechtlich selbstständige Verträge zwischen dem jeweiligen Versicherer im Umfang seiner Haftung und dem Versicherungsnehmer vor. Auch daraus sei zu entnehmen, dass die B GmbH nur mit der im Versicherungsschein genannten Einzelversicherung, nicht aber mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag abgeschlossen habe. § 115 VVG n. F. sei ohnehin nicht anwendbar, weil der streitgegenständliche Versicherungsfall, d. h. die unzureichende Aufklärung des Klägers bereits im Jahre 1998 eingetreten sei, so dass das bis zum 31.12.2007 geltende VVG zur Anwendung komme. Eine vorweggenommene Deckungsschutzklage sei nach § 157 VVG a. F. nicht möglich, weil die Ansprüche des Klägers durch die Unterbrechung des Verfahrens vor dem Landgericht München noch nicht rechtskräftig festgestellt seien.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Er rügt die Wertung des Landgerichts und hält die Beklagte für passivlegitimiert. Dafür spreche, dass von einer BGB-Gesellschaft auf Seiten der beklagten Partei auszugehen sei, die nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (II ZR 331/00) unter ihrem Namen verklagt werden könne. Es handele sich um eine Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, die den Versicherern bei Abschluss, Durchführung, Verwaltung und Behändigung von Versicherungsverträgen unterstütze und bei der Schadensregulierung behilflich sei.

Zudem heiße es in den Versicherungs- und Produktinformationen der Versicherungsstelle O1 aus dem Jahre 2008:

„1. Angaben zu Ihrem Versicherer

Sie schließen den Versicherungsvertrag mit der Y-gemeinschaft , Straße1, O1 “

und weiter

„2. Anschriften

Klagen und sonstige Schriftstücke können uns unter Y-gemeinschaft vertreten durch den Geschäftsführer der Versicherungsstelle, Herr D, Straße1, O1, zugestellt werden.“

Zu Unrecht habe das Landgericht ferner die Anwendbarkeit von § 115 VVG n. F. verneint.

Die Beklagte tritt dem entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung bleibt jedoch in der Sache offensichtlich ohne Erfolg.

Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte für die geltend gemachten Ansprüche nicht passivlegitimiert ist. Voraussetzung hierfür wäre ein zwischen der B GmbH bzw. A GmbH als deren Nachfolgerin und der Beklagten bestehender Versicherungsvertrag, der die Beklagte verpflichtet, Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren.

Das Landgericht ist mit Recht zu der Auffassung gelangt, dass sich diese Voraussetzungen aus dem Versicherungsschein nicht ergeben, sondern dass Haftpflichtversicherer die dort genannte Versicherungsgemeinschaft ist, zu der die Beklagte nicht zählt.

Auch die von dem Kläger herangezogenen Regeln über die BGB-Gesellschaft führen zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wird die Anwendung der Regelungen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf die Mitversicherungsgemeinschaft für möglich gehalten (Prölss-Martin/Armbrüster, VVG 28. Aufl., vor § 77, Rdziff. 7 und 8); die Beklagte ist jedoch weder Gesellschafterin einer als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einzustufenden Mitversicherungsgemeinschaft, noch ist sie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, unter der die Mitversicherer als deren Gesellschafter Versicherungsschutz gewähren.

Ersteres ergibt sich aus dem Versicherungsschein, den das Landgericht völlig zutreffend dahin ausgelegt hat, dass die darin erwähnte Versicherungsgemeinschaft der Versicherer des Haftpflichtschuldners ist. Der Versicherungsschein kann eindeutig nicht dahin verstanden werden, dass Vertragspartner des Klägers die Beklagte ist und dass die im Versicherungsschein als Mitversicherer genannten Versicherungsunternehmen als deren Gesellschafter neben ihr haften.

Letzteres ergibt sich bereits aus dem Sachvortrag des Klägers, welcher ausführt, dass die Beklagte die Versicherer bei Abschluss, Durchführung, Verwaltung und Beendigung der Versicherungsverträge unterstützt, sowie bei der Schadensregulierung behilflich ist. Daraus ist eindeutig zu entnehmen, dass die Beklagte hier lediglich unterstützende Funktion für die Versicherungsunternehmen wahrnahm, indem sie die für die Versicherungsgemeinschaft abgeschlossenen Verträge verwaltete. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Berufung zitierten Produktinformation, die ohnehin erst aus dem Jahre 2008 stammt und schon deshalb für die Beurteilung der Vertragsbeziehung bei Vertragsschluss keine Bedeutung haben kann. Unter Ziff. 1 ist dort völlig eindeutig festgehalten, dass der Versicherungsvertrag mit der Versicherergemeinschaft, also nicht mit der Beklagten zustande kommt. Aus Ziff. 2 ist lediglich zu entnehmen, dass Klagen und Schriftstücke an die Versicherungsstelle zugestellt werden können, dass diese mithin Zustellungsbevollmächtigt für derartige Schriftstücke ist. Dass die Beklagte auch in materieller Hinsicht zum Versicherungsschutz verpflichtet wäre, ist aus den zitierten Passagen nicht zu entnehmen.

Das gilt auch für den Internetauftritt der Beklagten, den das Landgericht mit Recht schon als nicht maßgeblich für den Vertragsschluss und die Beurteilung der Vertragsbeziehung angesehen hat.

In der von dem Kläger in Bezug genommenen Korrespondenz mit der Beklagten hat diese ihre Einstandspflicht aus anderen Gründen abgelehnt, so dass die Frage der Passivlegitimation hier nicht maßgeblich war. Die Begründung der Ablehnung kann im Übrigen nicht im Nachhinein zum Bestehen eines Versicherungsvertrages zwischen den Parteien oder zu einer Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Deckungsschutz führen.

Auf die Frage, ob § 115 VVG n. F. einschlägig wäre, kam es nach alledem nicht mehr an.

 

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