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Haftpflichtversicherung – Insolvenz des Versicherungsnehmers – Ansprüche des Geschädigten

BGH, Az: IV ZR 264/89, Urteil vom 09.01.1991

Leitsätze:

1. Gemäß VVG § 154 Abs 1 S 1 hat der Haftpflichtversicherer, wenn abgesonderte Befriedigung gemäß VVG § 157 verlangt wird, die Entschädigung binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten, in welchem der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist.

2. Der Hersteller einer neuen Anlage, die er als universell geeignet zum Einbau in beliebige Personenkraftwagen anbietet, kann Versicherungsschutz im Rahmen der Produkthaftpflichtversicherung nicht schon dann beanspruchen, wenn er die Anlage nur in einem beliebigen Fahrzeug einbaut. Die Risikoausschlußklausel hinsichtlich nicht ausreichend erprobter Erzeugnisse greift ein, solange keine Erprobung auf universelle Eignung der Anlage zum Einbau in beliebige Fahrzeuge durchgeführt worden ist.

Auf die Revision der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des 1. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 1989 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

produkthaftpflichtversicherung

Tatbestand

Die drei Kläger, Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, beanspruchen von der Beklagten, dem Produkthaftpflichtversicherer der 1986 in Konkurs gefallenen H. GmbH (künftig Gemeinschuldnerin) abgesonderte Befriedigung gemäß § 157 VVG aus einer ihrer Ansicht nach bestehenden Entschädigungsforderung der Gemeinschuldnerin.

Sie schlossen mit der Gemeinschuldnerin am 3. April 1985 einen Vertrag, demzufolge ihnen für bestimmte Gebiete im In- und Ausland das alleinige Vertriebsrecht für eine von der Gemeinschuldnerin hergestellte Flüssiggasanlage für Verbrennungsmotoren übertragen wurde, die in beliebige Personenkraftwagen eingebaut werden sollten. Die Kläger kauften und verkauften diese Anlagen auf eigene Rechnung und im eigenen Namen. Die Gemeinschuldnerin schloß mit der Beklagten ab 1. Mai 1985 einen Industrie-Haftpflichtversicherungsvertrag auf der Basis der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) ab, der das Produkthaftpflichtversicherungsrisiko einschließt. Besonderheiten dieses Versicherungsschutzes sind in Teil C der dreißigseitigen, maschinenschriftlichen Police geregelt. In ihren Teilen C.2, C.4 bis C.4.6, C.5.1 bis C.5.8, C.6.1 und C.7 entsprechen diese Versicherungsbedingungen wortgetreu den in VerBAV 1987, 3ff. veröffentlichten Besonderen Bedingungen für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben (Musterbedingungen).

Die Kläger begannen im Mai 1985 mit dem Vertrieb der Anlagen. Es kam zu Kundenreklamationen wegen Funktionsstörungen an Dosiergerät und Verdampfer, die zu Schäden an den Anlagen und an den Fahrzeugen geführt hatten. Den Austausch beanstandeter Anlagen oder technische Veränderungen an ihnen nahmen teils die Kläger selbst vor, teils ihre Kunden auf Kosten der Kläger. Nach ihrem Vortrag wurden insgesamt 557 Anlagen mit einem Kostenaufwand von jeweils 956,20 DM, zusammen 537.616,40 DM, ausgetauscht. Die von der Gemeinschuldnerin hergestellten Flüssiggasanlagen erwiesen sich schließlich als unverkäuflich. Die Kläger behaupten, das ganze Geschäft mit den Anlagen sei zum Erliegen gekommen.

Die Klägerin zu 1) meldete Ansprüche in Höhe von insgesamt 1.957.149,92 DM im Konkursverfahren der Gemeinschuldnerin an mit der Begründung „Warenlieferung-Schadensersatz-Reparaturleistung“. Der Konkursverwalter antwortete unter dem 23. Oktober 1987:

„Sehr geehrte Damen und Herren, nach nochmaliger Prüfung Ihrer Forderung wird diese nunmehr anerkannt in Höhe von DM 250.000 (Tabelle 61/1 Ziff. 4 KO, lfd. Nr. 242), der Restbetrag bleibt bestritten.“

Die Gemeinschuldnerin hatte bereits vor Konkurseröffnung um Deckungsschutz gebeten, die Beklagte es jedoch unter dem 7. August 1986 abgelehnt, ihr Deckungsschutz zu gewähren.

Die Kläger fordern von der Beklagten Zahlung von 250.000 DM und haben, soweit der Konkursverwalter ihre Forderung bestreitet, Klage auf Feststellung erhoben, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihnen weiteren Schaden aus der Lieferung mangelhafter Flüssiggasanlagen der Gemeinschuldnerin zu erstatten, soweit noch derartige Ansprüche von dem Konkursverwalter oder nach Konkursbeendigung von der Gemeinschuldnerin anerkannt werden. Sie sind der Ansicht, die Beklagte habe Versicherungsschutz gemäß C.4.4 der Police zu gewähren.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen haben die Kläger Berufung eingelegt. Mit der Leistungsklage wollen sie nunmehr nur noch einen Teil des Schadens geltend machen, der ihnen durch Austausch- und Schadensbeseitigungsarbeiten wegen mangelhafter Anlagen entstanden sei. Gegenstand der Feststellungsklage soll nach ihrem Vorbringen in der Berufungsinstanz die Verpflichtung der Beklagten sein, den durch Austausch- und Schadensbeseitigungsarbeiten entstandenen Aufwand zu erstatten, soweit er 250.000 DM übersteigt, ferner die Verpflichtung, den Schaden zu decken, der ihnen wegen nutzlosen Aufwandes für Marktvorbereitung und als entgangener Gewinn nebst Zinsen entstanden sei.

Das Berufungsgericht hat die Leistungsklage als dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt mit der „Klarstellung, daß Kosten für die Nachlieferung der Flüssiggasanlagen einschließlich Transportkosten vom Schadensersatz ausgenommen sind“. Es hat ferner festgestellt, die Beklagte sei verpflichtet, den Klägern im Rahmen des mit der Gemeinschuldnerin abgeschlossenen Versicherungsvertrages allen weiteren, von einem Urteil zur Leistungsklage nicht erfaßten Schaden aus der Lieferung mangelhafter Flüssiggasanlagen zu ersetzen, soweit diesbezügliche Schadensersatzansprüche vom Konkursverwalter oder nach Konkursbeendigung von der Gemeinschuldnerin noch anerkannt werden. Es hat die Feststellungsklage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen, soweit sie „Ansprüche der Kläger wegen zwecklosen Aufwandes für Marktvorbereitung und wegen entgangenen Gewinns durch unverkäufliche Anlagen zuzüglich Zinsen“ umfaßt.

Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Gegen die rechtsfehlerfreie Bejahung der Aktivlegitimation der Kläger im Berufungsurteil wendet sich die Revision nicht.

2. Sie rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht hätte der Leistungsklage nicht als dem Grund nach gerechtfertigt stattgeben dürfen.

Die Beklagte macht mangelnde Fälligkeit des eingeklagten Teilanspruches geltend und bestreitet darüber hinaus, daß der Konkursverwalter überhaupt Beträge aus der angemeldeten Gesamtforderung anerkannt hat, die unter den von ihr zu gewährenden Versicherungsschutz fallen.

Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG hat der Haftpflichtversicherer, wenn abgesonderte Befriedigung gemäß § 157 VVG verlangt wird, die Entschädigung binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten, in welchem der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist.

Solange und soweit es an einer derartigen Feststellung der Forderung des Dritten fehlt, kann der absonderungsberechtigte Dritte nicht Leistung des Versicherers an sich fordern. Er hat keine weiterreichende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer. Das Teilanerkenntnis des Konkursverwalters läßt nicht erkennen, welchen Teilbetrag aus der Vielzahl der zur Konkurstabelle angemeldeten, verschiedenartigen Schadensposten es betreffen soll. Demgemäß vermögen die Kläger auch nicht anzugeben, was von den anerkannten 250.000 DM umfaßt ist. Sie können nicht ausschließen, daß das Anerkenntnis nur Schadensposten betrifft, die aus entgangenem Gewinn oder aus nutzlosen Marktvorbereitungsaufwendungen hergeleitet werden, die vom Versicherungsschutz nicht umfaßt sind. Die mangelnde Feststellung konnten die Kläger auch nicht dadurch ersetzen, daß sie im Berufungsverfahren erklärten, ihren Anspruch auf 250.000 DM nur aus dem Aufwand für Austausch- und Reparaturarbeiten herleiten zu wollen. Es fehlt nach wie vor an einer den Forderungsteil von 250.000 DM konkretisierenden Feststellung, die erst erlauben würde zu prüfen, ob und inwieweit die Beklagte leisten muß. Da sie bestreitet, daß der Konkursverwalter von ihr zu deckende Ansprüche der Kläger anerkannt hat, durfte ein Grundurteil nicht ergehen. Das Berufungsgericht hätte den Klägern vielmehr anheimgeben müssen, auf eine Feststellungsklage auch insoweit überzugehen, falls sie ein den Anforderungen des § 154 Abs. 1 Satz 1 VVG genügendes Teilanerkenntnis des Konkursverwalters nicht nachzubringen vermochten.

3. Die Kläger haben die Entscheidung des Berufungsgerichts

„Ausgenommen von der Feststellung sind Ansprüche wegen zwecklosen Aufwandes für Marktvorbereitung und wegen entgangenen Gewinns durch unverkäufliche Anlagen zuzüglich Zinsen. Insoweit wird die Feststellungsklage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.“

zwar nicht angefochten. Die Ausführungen im Berufungsurteil hierzu lassen jedoch nicht erkennen, welche Posten aus der siebenseitigen Schadensaufstellung der Kläger (Bl. 268ff. GA) von der Teilabweisung umfaßt sein sollen. Es läßt sich z.B. dem Berufungsurteil nicht entnehmen, ob bzw. inwieweit die Schadensposten auf Bl. 2, 4 und 5 der Aufstellung von dem Berufungsgericht als zweckloser Aufwand zur Marktvorbereitung angesehen worden sind. Nicht erkennbar ist ferner, was das Berufungsgericht unter entgangenem Gewinn für unverkäufliche Anlagen verstanden wissen will: Ob es damit den Schadensposten Bl. 7 Nr. 1 der Aufstellung oder denjenigen, der auf Bl. 7 Nr. 2 genannt wird, oder auch beide meint. Weiterhin ist unklar, was die Zinsabweisung umfassen soll, ob es sich dabei um Verzugszinsen oder die auf Bl. 7 Nr. 3 der Aufstellung angeführten Kapitalzinsen handeln soll.

Aus diesen Gründen muß das Berufungsurteil in vollem Umfang aufgehoben werden.

4. Die Kläger berufen sich für ihr Feststellungsbegehren mit Erfolg auf C.4.4 der Police:

„4. Abgrenzungen und Erweiterungen des Versicherungsschutzes. Eingeschlossen sind – wobei Vermögensschäden wie Sachschäden behandelt werden – in teilweiser Abänderung von § 1, § 4 I Ziff. 1 und 6 Abs. 3 AHB – gesetzliche Schadensersatzansprüche, die aus der Herstellung oder Lieferung mangelhafter Erzeugnisse oder Leistungen einschließlich der Falschlieferung resultieren, soweit es sich handelt um 4.4 Aufwendungen Dritter für Beseitigung, Ausbau, Abnahme oder Freilegung mangelhafter Erzeugnisse und für Einbau, Anbringen, Verlegen mangelfreier Erzeugnisse des Versicherungsnehmers. Wird anstelle des Aus- und Einbaues eine geeignete Ersatzmaßnahme ausgeführt, so übernimmt der Versicherer die hierfür erforderlichen Aufwendungen, jedoch höchstens bis zu dem Kostenbetrag, der bei Durchführung des Aus- und Einbaues erforderlich gewesen wäre. Ausgenommen hiervon bleiben die Kosten für die Nachlieferung der Erzeugnisse einschließlich der Transportkosten.“

Auch die Revision stellt nicht in Abrede, daß nach dem insoweit unstreitigen Sachverhalt die Gemeinschuldnerin den Klägern im Rahmen des zwischen ihnen zustande gekommenen Vertragsverhältnisses für die Belieferung mit mangelhaften Anlagen einzustehen hat. Es bestehen demnach bezüglich der aus dieser Schlechtlieferung erlittenen Schäden gesetzliche Schadensersatzansprüche der Kläger im Sinne von § 1 AHB und C.4 der Police (vgl. BGHZ 43, 88ff. unter I; BGH, Urteil vom 21. September 1983 – IVa ZR 154/81 – VersR 1983, 1169 unter I 2). Da in C.4 der Police für die Produkthaftpflichtversicherung die Ausnahme enthalten ist, daß Vermögensschäden wie Sachschäden behandelt werden, ist es unschädlich, daß die Kläger selbst keine Sachschäden erlitten haben, sondern diese allenfalls an Fahrzeugen der Kunden ihrer Abnehmer eingetreten sind. Der Tatbestand in C.4.4 der Police erfordert keinen Sachschaden des dort genannten Dritten.

5. a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe Einigkeit darüber, daß sich die Kläger die nachstehende Risikobegrenzungsklausel entgegenhalten lassen müssen:

„C.4.4 … Kein Versicherungsschutz besteht c) bei Teilen, Zubehör oder Einrichtungen von Kraftfahrzeugen, wenn der Aus- und Einbau von Auto-Gas-Anlagen oder deren Teilen nicht zur Vermeidung von Personen- und/oder Sachschäden erfolgt.“

Diese Risikobegrenzung hat das Berufungsgericht demnach nicht übersehen. Es wäre indessen empfehlenswert, sie gegebenenfalls im Tenor eines künftigen Feststellungsurteils mit aufzuführen.

Ohne Erfolg macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, aus C.4.4 c) ergebe sich, daß Einbauaufwendungen überhaupt nicht unter den Versicherungsschutz fallen könnten, denn der Einbau einer mangelfreien Anlage diene gerade nicht der Vermeidung von Personen- oder Sachschäden, wie das beim Ausbau einer mangelhaften Anlage der Fall sein könne. Die Beklagte hat in C.4.4 Versicherungsschutz zugesagt, wenn ihr Versicherungsnehmer dritten Personen deshalb haftpflichtig ist, weil sie Aufwendungen für bestimmte Maßnahmen zur Vermeidung einer von seinem mangelhaften Produkt ausgehenden Gefährdung von Personen oder Sachen hatten. Unter diesen Maßnahmen wird der Einbau mangelfreier Anlagen aufgeführt, und zwar auch in C.4.4 c) ohne Einschränkung. Hieran muß sich die Beklagte festhalten lassen.

b) Das Berufungsgericht hat gesehen, daß in den Versicherungsbedingungen der Beklagten (C.5.0 a) und c) der Police) ein Deckungsschutzanspruch des Versicherungsnehmers (aus dem die Kläger ihre abgesonderte Befriedigung suchen könnten) wegen Ansprüchen ausgeschlossen wird, die gerichtet sind auf Wandlung, Minderung, Nachbesserung, Neu-(Ersatz-) Lieferung oder wegen Nichterfüllung. Ansprüche wegen Nichterfüllung sind allerdings nur ausgeschlossen, soweit es sich nicht um ausdrücklich mitversicherte Mangelfolgeschäden handelt. Damit besteht nicht der vom Berufungsgericht gesehene Widerspruch zwischen C.5.0 c) und C.4.4, denn die von C.5.0 c) ausgenommenen ausdrücklich mitversicherten Mangelfolgeschäden sind die in der Klausel C.4.4 aufgeführten Schäden.

6. Die Revision beanstandet die Annahme des Berufungsgerichts, eine Haftung der Gemeinschuldnerin gegenüber den Klägern ergebe sich auch daraus, daß die von der Gemeinschuldnerin zu vertretende Belieferung mit ihren mangelhaften Produkten einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der drei Kläger darstelle. Ob der Ansicht des Berufungsgerichts etwa im Anschluß an die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGHZ 105, 346 und insbesondere den Beschluß vom 24. April 1990 – VI ZR 358/89 – VersR 1990, 1283 mit Anm. von Lorenz) zu folgen wäre, falls der Streitfall überhaupt den dort entschiedenen Fällen vergleichbar sein sollte, kann für die Entscheidung des Rechtsstreits dahinstehen.

Die Kläger können einen eigenen Sachschaden im Sinne von C.4.1 der Police

„Eingeschlossen sind … gesetzliche Schadensersatzansprüche, die aus der Herstellung oder Lieferung mangelhafter Erzeugnisse oder Lieferung mangelhafter Erzeugnisse oder Leistungen … resultieren, soweit es sich handelt um 4.1 Schäden, die an Sachen Dritter eintreten und die daraus entstehenden weiteren Schäden.“

nicht mit ihrer Behauptung geltend machen, infolge der Belieferung mit mangelhaften Produkten der Gemeinschuldnerin sei ihr Geschäft schließlich zum Erliegen gekommen. Sachschäden sind im Bereich ihres Gewerbebetriebes nicht eingetreten, sondern ausschließlich an fremden Fahrzeugen. Als Anspruchsgrundlage für den Ersatz der Schäden der Kläger, der auf das Erliegen ihres Gewerbebetriebes zurückzuführen ist, könnte allenfalls ein ohne Verursachung von Sachschäden vorgenommener rechtswidriger Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht gezogen werden. Dabei ginge es aber ausschließlich um die Verletzung eines sonstigen Rechts im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, nicht aber einer Sache im Sinne des § 90 BGB. Für Verletzungen sonstiger Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB hat die Beklagte weder im Rahmen der AHB noch der Besonderen Bedingungen für die Produkthaftpflichtversicherung Versicherungsschutz zugesagt.

7. Erfolg hat die Revision mit ihrer Rüge, zu Unrecht habe das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte könne sich nicht auf den Risikoausschluß in C.5.7 der Police berufen; er lautet:

„5. Nicht versicherte Tatbestände Ausgeschlossen sind 5.7 Ansprüche aus Sach- und Vermögensschäden durch Erzeugnisse, deren Verwendung oder Wirkung im Hinblick auf den konkreten Verwendungszweck nicht nach den anerkannten Regeln der Technik oder Wissenschaft oder in sonstiger Weise ausreichend erprobt waren.“

a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung ausgeführt:

Die Klausel lasse erkennen, daß der Versicherer nur bei ausgereiften Produkten Versicherungsschutz gewähren wolle. Die Gemeinschuldnerin habe nicht eine auf bestimmte Fahrzeugtypen zugeschnittene, sondern ganz allgemein für Verbrennungsmotoren bestimmte Flüssiggasanlage hergestellt. Von dieser Zweckbestimmung des Produktes her habe sie die Erprobung darauf ausrichten müssen, eine generell taugliche Anlage zu gewährleisten. Angesichts der Vielzahl an Fahrzeugtypen habe sie die Feststellung, ob ihre Anlage für den konkreten Fahrzeugtyp geeignet sei, demjenigen überlassen dürfen und wohl auch müssen, der im Einzelfall den Einbau vorgenommen habe. Eine andere Frage sei es, ob sie bei dem Vertrieb hätte Hinweise geben müssen, daß die Anlage nicht für jeden Fahrzeugtyp getestet worden sei. Dies sei aber für den von den Klägern beanspruchten Deckungsschutz ohne Belang. Zwar sei der Beklagten einzuräumen, daß von einer ausreichenden Erprobung dann nicht gesprochen werden könne, wenn die Anlage, der Behauptung der Beklagten entsprechend, nur auf dem Prüfstand getestet, aber keinen Fahrversuchen unterzogen worden wäre, denn nach den damaligen technisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen hätte die Anlage – abgesehen von der Frage der Erprobung in verschiedenen Fahrzeugtypen – unter allen denkbaren Gegebenheiten über eine Strecke von mindestens 500.000 km erprobt werden müssen. Die Kläger hätten aber vorgetragen, es seien von der Firma S., die an der Entwicklung der Anlage mitgewirkt habe, mehrere Fahrversuche über jeweils 500.000 km unternommen worden. Die Beklagte sei dafür beweispflichtig, daß der Tatbestand ihrer Risikoausschlußklausel verwirklicht sei. Das von ihr für das angezeigte und erforderliche Ausmaß einer Erprobung der Anlage beantragte Sachverständigengutachten habe jedoch deshalb nicht in Auftrag gegeben werden müssen, weil es die Beklagte trotz gerichtlichen Hinweises unterlassen habe, unter Beweis zu stellen, daß die von ihr für erforderlich gehaltenen Fahrversuche weder bei der Gemeinschuldnerin noch bei der Firma S. durchgeführt worden seien. Die Beklagte beziehe sich ausschließlich auf Indizien, die jedoch weder für sich gesehen noch in einer Gesamtschau für die ihr obliegende Beweisführung ausreichten.

b) Zu Recht beanstandet die Revision schon die Ausgangsüberlegung des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft. Wer ohne Einschränkungen eine Flüssiggasanlage zum Einbau in beliebige Fahrzeugmotoren auf den Markt bringt, kann und darf nicht erwarten, daß seine Abnehmer bereit sind, ein Produkt zu erwerben, das sie erst selbst darauf erproben müssen, ob es die vertraglich vorgesehene universelle Eignung überhaupt besitzt. Die Ansicht des Berufungsgerichts führt zu dem Widerspruch, daß der Hersteller einer neuen Anlage, die er zum Einbau in beispielsweise drei bestimmte Fahrzeugtypen anbietet, diese zuvor in jedem dieser Fahrzeugtypen in dem in C.5.7 geforderten Ausmaß hätte erproben müssen, um Versicherungsschutz bei der Beklagten zu erhalten, daß aber der Hersteller einer neuen Anlage, die er als universell geeignet zum Einbau in beliebige Personenkraftwagen anbietet, Versicherungsschutz schon dann beanspruchen könnte, wenn er die Anlage wenigstens in einem beliebigen Fahrzeug in dem nach der Risikoausschlußklausel erforderlichen Umfang erprobt hätte. Was das Berufungsgericht darunter verstehen will, daß die Erprobung darauf ausgerichtet sein müsse, ob die Anlage „generell tauglich“ sei, erläutert es nicht; es scheint darunter aber weniger verstehen zu wollen als eine Erprobung auf universelle Eignung. Das ist rechtsfehlerhaft.

Daß die von der Gemeinschuldnerin hergestellte Flüssiggasanlage nicht darauf erprobt worden ist, ob sie gefahrlos in beliebigen Fahrzeugmotoren Verwendung finden kann, ist zwischen den Parteien bislang unstreitig und bedarf keines Beweises. Die Kläger machen nämlich nur geltend, sie selbst seien mit einem Opel-Ascona eine Teststrecke von 80.000 km gefahren und die Firma S. in Frankreich habe mehrere Testfahrten über jeweils 500.000 km durchgeführt. Mit welchen Fahrzeugtypen, unter welchen Fahrbedingungen und in wievielen Fällen, haben sie nicht angegeben. Derzeit kann demnach nicht davon ausgegangen werden, daß die Gemeinschuldnerin ein Produkt auf den Markt gebracht hat, das auf seine vorgesehene umfassende Verwendungsmöglichkeit hinreichend erprobt war.

c) Im übrigen trifft es auch nicht zu, daß die Beklagte für ihre Behauptung, es fehle an einer ausreichenden Erprobung, nicht hinreichend Beweis angetreten hätte.

Sie hat mit Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt, daß sich in den verschiedenen marktgängigen Fahrzeugtypen die unterschiedlichsten Beanspruchungen der Flüssiggasanlage ergeben, so daß nur eine Langzeiterprobung zuverlässige Aussagen über deren generelle Eignung zum Einbau in beliebige Fahrzeuge erlaube.

Sie hat behauptet, daß bei S. in Frankreich nur eine Prüfstanderprobung erfolgt sei, aber keine Erprobung im Fahrbetrieb. Hierzu hatte sie, wie die Revision darlegt, mit Beweisantritt folgendes vorgetragen: Der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) hätten einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen O., auf entsprechende Fragen geantwortet, es sei nur bei S. in Frankreich eine Prüfstanderprobung durchgeführt worden, dagegen keine Erprobung in Fahrzeugen, nicht in verschiedenen Typen und nicht im Fahrbetrieb. Ohne den Zeugen gehört zu haben, durfte das Berufungsgericht dessen – gar nicht vorhandene – Aussage nicht für ungeeignet zum Beweis dafür halten, daß der Zeuge in der behaupteten Weise wahrheitsgemäß unterrichtet worden ist.

Das Berufungsgericht wird die Prüfung nachzuholen haben, ob die Beklagte sich mit Erfolg auf die genannte Risikoausschlußklausel berufen kann.

Symbolfoto: Mr Wabu

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