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Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG – Austritt von Diesel von Traktor

Ein Landwirt erlebte einen Schock, als bei Silagearbeiten Diesel aus einem Traktor austrat und die gesamte Futterernte unbrauchbar machte. Über 600 Tonnen wertvolles Silagefutter waren mit dem Kraftstoff kontaminiert. Schnell stellte sich die Frage: Wer haftet für solchen Schaden, der nicht auf der Straße, sondern auf dem Acker entsteht? Ein Gericht musste diese komplexe Sachlage nun klären.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 5/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
  • Datum: 24.05.2018
  • Aktenzeichen: 7 U 5/17
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Straßenverkehrsgesetz (StVG), Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Landwirt, der Schadensersatz für kontaminierte Grassilage verlangte.
  • Beklagte: Ein landwirtschaftlicher Lohnunternehmer, dem der Schlepper gehörte, und dessen Haftpflichtversicherung.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Bei Arbeiten zur Verdichtung von Grassilage auf einem Fahrsilo des Klägers verlor ein Schlepper des Beklagten Dieselkraftstoff. Der Diesel kontaminierte die Silage und machte sie als Futtermittel unbrauchbar.
  • Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage, ob der Schaden „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ entstanden ist, auch wenn der Schlepper hauptsächlich als Arbeitsmaschine genutzt wurde, und wer dafür haftet.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht hat das Urteil der Vorinstanz teilweise geändert. Es verurteilte den Lohnunternehmer und seine Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner zur Zahlung von 24.106,00 € Schadensersatz und 1.242,84 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten an den Landwirt.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass der Schaden „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ entstand, weil der Dieselaustritt während des Fahrens zur Verdichtung geschah. Es handelte sich um eine fahrzeugspezifische Gefahr, die sich trotz des Einsatzes als Arbeitsmaschine verwirklichte. Der Lohnunternehmer haftet aus vermutetem Verschulden, die Versicherung aus der Gefährdungshaftung für den Betrieb des Fahrzeugs.
  • Folgen: Der Lohnunternehmer und die Versicherung müssen den größten Teil der Prozesskosten tragen (40%), der Landwirt den Rest (60%). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, eine Revision wurde nicht zugelassen.

Der Fall vor Gericht


OLG Schleswig-Holstein: Schlepper als Arbeitsmaschine – Haftung für Dieselschaden an Silage bei Betrieb gemäß § 7 StVG

Ein Landwirt erleidet einen erheblichen Schaden, als bei Silagearbeiten Diesel aus einem Schlepper austritt und das Futter kontaminiert.

Landwirt und Lohnunternehmer beobachten ausgelaufenen Dieselpfützen nach Schlauchlöser auf Acker an Traktor
Landwirt entdeckt Dieselleck am Traktor während Silagearbeiten – Gefahr für Umwelt und Ackerboden. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein musste klären, ob dieser Vorfall als Schaden „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ im Sinne des § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu werten ist, auch wenn der Schlepper primär als Arbeitsmaschine zur Verdichtung eingesetzt wurde. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Haftung von Fahrzeughaltern und deren Versicherungen in ähnlichen Fällen.

Ausgangssituation: Dieselverlust bei Silageverdichtung durch Lohnunternehmer

Am 28. April 2015 beauftragte ein Landwirt einen landwirtschaftlichen Lohnunternehmer mit Mäharbeiten und dem Einbringen von Grassilage in sein Fahrsilo. Der Lohnunternehmer setzte hierfür einen neuwertigen Schlepper der Marke „Massey Ferguson 8690 DTV“ ein, der bei einer Haftpflichtversicherung versichert war. Nachdem das Gras von etwa 42 Hektar gemäht und in das Silo eingebracht worden war, befuhr der Lohnunternehmer mit dem Schlepper das Fahrsilo, um die Silage zu verdichten.
Während dieser Verdichtungsarbeiten löste sich unbemerkt ein Treibstoffschlauch am Schlepper. Infolgedessen traten etwa 40 bis 60 Liter Dieselkraftstoff aus. Der Defekt und der Kraftstoffaustritt wurden erst bemerkt, als der Schlepper das Fahrsilo bereits verlassen hatte und auf einem angrenzenden Betonuntergrund abgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Befüllung des Silos nahezu abgeschlossen. Die gesamte Ernte von 674,62 Tonnen Silage war durch den Diesel kontaminiert. Diese wurde bis Anfang Mai 2017 gelagert und schließlich für lediglich 5,00 € pro Tonne an den Betreiber einer Biogasanlage verkauft, was einen Bruttoerlös von 3.734,02 € einbrachte.

Der Streitpunkt vor Gericht: Haftung für kontaminierte Silage – § 7 StVG bei Einsatz als Arbeitsmaschine?

Der geschädigte Landwirt machte einen Schaden in Höhe von 59.177,55 € geltend. Er argumentierte, der Diesel habe den Energiegehalt der Silage drastisch reduziert und eine Verwendung als Futtermittel unmöglich gemacht. Die Schadenshöhe berechnete er auf Basis der Kosten für notwendiges Ersatz-Kraftfutter. Er forderte die Verurteilung des Lohnunternehmers und dessen Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner zur Zahlung dieses Betrages sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Das Landgericht Kiel wies die Klage zunächst mit einem Versäumnisurteil ab, da der Landwirt zu einem Termin nicht erschienen war. Nach dessen Einspruch hielt das Landgericht das Versäumnisurteil jedoch mit Urteil vom 15. Dezember 2016 aufrecht. Die Kieler Richter begründeten ihre Entscheidung damit, der Schaden sei nicht „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG entstanden. Es fehle der Zusammenhang mit der Bestimmung des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel; der Schlepper sei im Moment des Schadenseintritts vielmehr als „reine Arbeitsmaschine“ eingesetzt worden.

Gegen dieses Urteil legte der Landwirt Berufung beim Oberlandesgericht Schleswig-Holstein ein. Er hielt an seinen Forderungen fest und betonte, dass für die Haftung bereits eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausreiche. Der Ort des Geschehens – außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums – sei unerheblich. Zudem stünde ihm zumindest ein vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen den Lohnunternehmer wegen einer Pflichtverletzung (unzureichende Funktionsfähigkeit des Schleppers) zu. Der Lohnunternehmer und seine Versicherung verteidigten das Urteil des Landgerichts. Das Oberlandesgericht holte im Berufungsverfahren ein schriftliches landwirtschaftliches Sachverständigengutachten zur genauen Schadenshöhe und zur Verwertbarkeit der kontaminierten Silage ein.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein: Teilweise Haftung des Lohnunternehmers und seiner Versicherung für den Dieselschaden

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein (Az.: 7 U 5/17) änderte am 24. Mai 2018 das Urteil des Landgerichts Kiel teilweise ab und hob das Versäumnisurteil teilweise auf.
Der Lohnunternehmer und seine Haftpflichtversicherung wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Landwirt 24.106,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Mai 2015 zu zahlen.
Zusätzlich wurden sie als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 1.242,84 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verurteilt.
Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Teils der Klage blieb das Versäumnisurteil bestehen; die weitergehende Berufung des Landwirts wurde zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten (Lohnunternehmer und Versicherung) zu 40 % und dem Landwirt zu 60 % auferlegt. Die Kosten, die durch die Säumnis des Landwirts im ersten Termin entstanden waren, musste dieser allein tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Die Begründung des Gerichts: Warum der Schlepperbetrieb gemäß § 7 StVG ursächlich für den Schaden war

Das Oberlandesgericht bejahte einen Schadensersatzanspruch des Landwirts in der zuerkannten Höhe gemäß § 7 Abs. 1 StVG (Haftung des Halters), § 18 StVG (Haftung des Fahrzeugführers) und § 115 Versicherungsvertragsgesetz (Direktanspruch gegen den Versicherer). Die zentrale Voraussetzung hierfür ist ein Schadensereignis „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“. Ein Schlepper ist unzweifelhaft ein Kraftfahrzeug im Sinne dieser Gesetze.

Weite Auslegung des Begriffs „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ nach § 7 StVG entscheidend

Das Gericht stellte fest, dass das Schadensereignis auch „bei seinem Betrieb“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG eintrat. Unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) legte das OLG das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit aus. Diese Haftung umfasst alle durch den Kfz-Verkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen dadurch mitgeprägt wurde. Die Gefährdungshaftung nach § 7 StVG sei der Preis dafür, dass durch die erlaubte Verwendung eines Kraftfahrzeugs eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Entscheidend ist, dass das Schadensereignis in einem nahen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht.

Abgrenzung zur „reinen Arbeitsmaschine“: Fahrfunktion des Schleppers war hier entscheidend

Das Gericht setzte sich intensiv mit der vom Landgericht vorgenommenen Abgrenzung zur Nutzung als „reine Arbeitsmaschine“ auseinander. Bei Kraftfahrzeugen, die auch Arbeitsfunktionen erfüllen, entfällt die Haftung aus der Betriebsgefahr nur dann, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug ausschließlich als stationäre Arbeitsmaschine eingesetzt wird. Ein weiterer Ausnahmefall wäre, wenn sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr völlig eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat.
Das Oberlandesgericht kam jedoch zu dem Ergebnis, dass ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorlag. Der Austritt des Dieselkraftstoffs geschah während der Überfahrt des Fahrsilos zum Zwecke der Verdichtung. Diese Tätigkeit erforderte zwingend das Hin- und Herfahren des Schleppers. Daher stand der Dieselaustritt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs und nicht nur mit einer stationären Arbeitsfunktion.

Verwirklichung einer fahrzeugspezifischen Gefahr durch den Dieselaustritt

Für die Zurechnung zur Betriebsgefahr ist maßgeblich, dass der Unfall in einem nahen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs stand. Die hier konkret verwirklichte Gefahr war der Dieselaustritt während der Fahrt aufgrund eines technischen Defekts am Treibstoffschlauch. Das Gericht betonte, dass das Vorhandensein eines Treibstoffsystems konstitutiv für den Betrieb eines Verbrennungsmotors bei Kraftfahrzeugen ist. Folglich habe sich eine fahrzeugspezifische Gefahr verwirklicht – eine Gefahr, die Kraftfahrzeugen typischerweise innewohnt, weil sie sich mittels eines Verbrennungsmotors fortbewegen.

Das Gericht grenzte den vorliegenden Fall ausdrücklich von einer vom Landgericht zitierten BGH-Entscheidung (Urteil vom 24.03.2015 – VI ZR 265/14) ab. In jenem Fall war der Schaden durch einen Metallzinken entstanden, der von einem gezogenen und über eine Zapfwelle angetriebenen Kreiselschwader verloren gegangen war. Hier hingegen sei der Schaden unmittelbar beim Betrieb des Traktors selbst durch das Austreten von Diesel während der Fahrt entstanden. Es habe sich demnach nicht das besondere Risiko eines angebauten oder angehängten Arbeitsgeräts, sondern ein dem Motorenbetrieb des Kraftfahrzeugs als solchem immanentes Risiko verwirklicht.

Haftung des Lohnunternehmers und seiner Versicherung

Aufgrund dieser Erwägungen bestehe dem Grunde nach eine Haftung der Haftpflichtversicherung des Lohnunternehmers aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG hafte auch der Lohnunternehmer als Fahrer aus vermutetem Verschulden. Den Entlastungsbeweis, dass ihn kein Verschulden trifft (etwa durch den Nachweis, dass der Defekt auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht frühzeitig erkennbar gewesen wäre), habe der Lohnunternehmer nicht erbracht.

Die Ermittlung der Schadenshöhe: Sachverständigengutachten entscheidend für Substitutionswert

Die Höhe des dem Landwirt entstandenen Schadens wurde anhand eines vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens ermittelt. Da am Hof des Landwirts im fraglichen Zeitraum keine Ersatz-Grassilage beschafft werden konnte, legte der Sachverständige für die Schadensberechnung nicht den Wiederbeschaffungswert (geschätzt ca. 17.500 €) zugrunde. Stattdessen ermittelte er den Schaden anhand des Substitutionswerts durch notwendiges Kraftfutter, das die verlorene energetische Wertigkeit der kontaminierten Silage ausgleichen konnte. Auf dieser Basis schätzte der Sachverständige die Schadenshöhe auf 27.840,00 €. Das Gericht schloss sich dieser überzeugenden und von keiner Seite angegriffenen Schätzung an. Von diesem Betrag wurde der vom Landwirt unstreitig erzielte Verwertungserlös aus dem Verkauf der kontaminierten Silage an die Biogasanlage (3.734,00 €) abgezogen. Daraus ergab sich der zuerkannte Schadensersatzbetrag von 24.106,00 €.

Kein Mitverschulden des Landwirts: Verfütterungsverbot und angemessene Verwertung der kontaminierten Silage

Eine Kürzung des Anspruchs wegen eines etwaigen Mitverschuldens des Landwirts gemäß §§ 9 StVG, 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lehnte das Gericht ab. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen stand dem Landwirt keine bessere Verwertungsmöglichkeit für die mit Diesel kontaminierte Silage zur Verfügung. Eine Verfütterung der belasteten Silage an Tiere hätte einen Verstoß gegen das Futtermittelrecht (insbesondere VO EG Nr. 183/2005) sowie gegen Tierschutz- und Lebensmittelrecht dargestellt, da eine gesundheitsschädliche Wirkung nicht ausgeschlossen werden konnte. Insbesondere sei das Verlagerungsverhalten des Dieselkraftstoffs im Silohaufen unbekannt, sodass keine Teilbereiche als unbedenklich hätten eingestuft werden können. Dieselkraftstoff gilt als gesundheitsschädlich und steht im Verdacht, krebserzeugend zu sein. Die Silage war daher als unsicheres Futtermittel einzustufen.
Der erzielte Verkaufspreis von 5 € pro Tonne an eine Biogasanlage sei angesichts der erheblichen Risiken für den Abnehmer angemessen gewesen. Für den Betreiber der Biogasanlage bestand die Gefahr, dass die Silage von Überwachungsbehörden als Bioabfall und nicht als „nachwachsender Rohstoff“ gewertet wird, was die EEG-Vergütung gefährdet hätte. Ein Verstoß des Landwirts gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) lag somit nicht vor.

Weitere Entscheidungen: Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Zinsen

Die dem Landwirt zustehenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurden auf Basis des zuerkannten Hauptsachebetrags von 24.106,00 € neu berechnet. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergab den Betrag von 1.242,84 €. Die Zinsansprüche auf die Hauptforderung und die Nebenforderung ergaben sich aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 286, 288, 291 BGB. Das Gericht sah keine Veranlassung zur Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof, da die Entscheidung zur Auslegung des Merkmals „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Einklang mit der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung stehe.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass ein Traktor auch bei Silagearbeiten als Kraftfahrzeug im Sinne des § 7 StVG gilt, wenn er sich fortbewegt und dabei fahrzeugspezifische Gefahren (wie Dieselleckagen) auftreten – selbst wenn er dabei primär als Arbeitsmaschine eingesetzt wird. Die Fahrzeughaftung greift nicht nur im öffentlichen Verkehrsraum, sondern auch auf Privatgelände und bei landwirtschaftlichen Arbeiten, solange die Fortbewegungsfunktion genutzt wird. Für Landwirte und deren Lohnunternehmer bedeutet dies ein erhöhtes Haftungsrisiko, das entsprechenden Versicherungsschutz erfordert, da selbst kleine technische Defekte erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen können.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 StVG genau?

Wenn im Gesetz oder in der Rechtsprechung vom „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ die Rede ist, wie zum Beispiel in § 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), meint das mehr als nur das reine Fahren auf der Straße. Dieser Begriff ist sehr weit gefasst.

Es geht dabei um alle Vorgänge, die in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrzeug und seiner Bestimmung als Fortbewegungsmittel stehen. Die Haftung nach § 7 StVG knüpft nämlich an die typische Gefahr an, die von einem Fahrzeug im Verkehr ausgeht.

Das bedeutet, zum „Betrieb“ gehören nicht nur:

  • Das eigentliche Fahren (das Fahrzeug bewegt sich).
  • Das Anfahren und Anhalten.

Sondern auch viele andere Tätigkeiten, solange sie im Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeugs im Verkehr stehen. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Das Parken (ein parkendes Auto kann immer noch eine Verkehrsgefahr darstellen).
  • Das Ein- und Aussteigen.
  • Das Be- und Entladen, wenn dies im Zusammenhang mit einer Fahrt oder im öffentlichen Verkehrsraum geschieht und die typischen Gefahren des Fahrzeugs eine Rolle spielen.
  • Auch ein liegengebliebenes Fahrzeug kann unter Umständen noch „im Betrieb“ sein, wenn die Gefahr, die zum Schaden führt, noch auf seiner Anwesenheit als Verkehrshindernis beruht.

Wichtig ist der Zusammenhang zur Funktion als Fortbewegungsmittel:

Stellen Sie sich vor, ein Fahrzeug wird nicht zum Fahren, sondern als reine Arbeitsmaschine genutzt. Ein Beispiel wäre ein Kranwagen, der stillsteht und mit seinem Kranarm eine Last hebt. Wenn dabei ein Schaden entsteht, der nichts mit der Bewegung des Fahrzeugs oder seiner Teilnahme am Straßenverkehr zu tun hat, sondern nur mit der reinen Arbeitsfunktion des Krans, dann spricht man in der Regel nicht vom „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne von § 7 StVG. Die entscheidende Frage ist also, ob die Schäden durch die Gefahren verursacht wurden, die typischerweise vom fahrenden oder im Verkehr befindlichen Fahrzeug ausgehen.


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Welche Rolle spielt es, dass der Schlepper zum Zeitpunkt des Schadens als Arbeitsmaschine eingesetzt wurde?

Die Frage, ob ein Fahrzeug zum Zeitpunkt eines Schadens als Arbeitsmaschine genutzt wurde, spielt tatsächlich eine Rolle, wenn es um die Haftung geht. Im deutschen Recht gibt es eine besondere Form der Haftung für Schäden, die durch den Betrieb von Kraftfahrzeugen entstehen – die sogenannte Gefährdungshaftung. Diese Haftung besteht allein schon deshalb, weil vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs eine potenzielle Gefahr ausgeht, unabhängig davon, ob jemand ein Verschulden trifft. Sie ist im Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt.

Für diese Gefährdungshaftung ist entscheidend, dass der Schaden „beim Betrieb“ des Kraftfahrzeugs entstanden ist. Dieses Merkmal „in Betrieb“ ist sehr weit auszulegen. Es umfasst nicht nur die reine Fortbewegung auf Straßen. Gerichte betrachten ein Fahrzeug oft auch dann noch als „in Betrieb“, wenn es als Arbeitsmaschine eingesetzt wird, solange der Motor läuft und das Fahrzeug im Einsatz ist oder betriebsbereit gehalten wird.

Der Kerngedanke ist: Entstand der Schaden durch die typische „Betriebsgefahr“, die von einem Kraftfahrzeug ausgeht? Diese Gefahr kann sich auch verwirklichen, wenn das Fahrzeug nicht fährt, sondern steht oder sich nur langsam bewegt, um seine Arbeitsfunktion zu erfüllen.

Wann ist ein Arbeitsmaschinen-Einsatz noch „Betrieb“?

Ein Schlepper, der zur Silageverdichtung eingesetzt wird, bewegt sich zwar langsam und sein Hauptzweck ist in diesem Moment die Verdichtung und nicht die Fortbewegung im Straßenverkehr. Dennoch wird in solchen Fällen oft davon ausgegangen, dass sich hierbei noch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs selbst verwirklicht.

Warum? Weil der Schlepper seinen Motor und sein Gewicht nutzt, um die Silage zu verdichten. Die langsame, wiederholte Bewegung ist Teil des Arbeitsprozesses, aber sie basiert auf der Motorleistung und der Fahrfähigkeit des Schleppers. Es ist kein reiner, vom Fahrzeug unabhängiger Arbeitsvorgang, wie z.B. das Bedienen einer angebauten Pumpe, während der Motor nur als Kraftquelle dient und das Fahrzeug völlig unbeweglich und ohne Bezug zur Bewegung steht.

Wenn der Schaden also entsteht, weil sich der Schlepper während des Verdichtungsprozesses bewegt, kippt, wegrutscht oder seine reine Masse und Motorkraft zum Schaden beitragen, sehen Gerichte dies oft als eine Verwirklichung der typischen Fahrzeug-Betriebsgefahr.

Was bedeutet das für den Leser?

Für Sie bedeutet das, dass die Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) in vielen Fällen auch dann greifen kann, wenn ein landwirtschaftliches Fahrzeug oder eine Baumaschine einen Schaden verursacht, während sie gerade ihre Arbeitsfunktion ausübt, solange diese Arbeitsfunktion untrennbar mit der Motorleistung und der Bewegung des Fahrzeugs verbunden ist.

Es kommt also nicht allein darauf an, ob das Fahrzeug gerade auf der Straße fährt, sondern ob der Schaden im Zusammenhang mit den motorisch angetriebenen Funktionen oder Bewegungen des Fahrzeugs steht, auch wenn diese im Rahmen einer Arbeitsverrichtung erfolgen.

Die Abgrenzung zwischen „reiner Arbeitsverrichtung ohne Betriebsbezug“ und „Betrieb als Arbeitsmaschine“ kann im Einzelfall komplex sein. Es ist immer eine Frage der konkreten Umstände, wie der Schaden genau entstanden ist und welche Rolle das Fahrzeug als solches dabei gespielt hat.


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Wer haftet bei einem Schaden, der durch austretenden Dieselkraftstoff verursacht wird – der Fahrer, der Halter oder die Versicherung?

Wenn aus einem Fahrzeug Dieselkraftstoff austritt und dadurch ein Schaden entsteht, zum Beispiel eine Verunreinigung der Straße oder eines Grundstücks, stellt sich oft die Frage, wer für diesen Schaden aufkommen muss. Hier kommen in der Tat verschiedene Personen und Stellen in Betracht.

Die Rolle des Fahrzeughalters

In Deutschland gibt es für den Halter (das ist in der Regel der Eigentümer, der das Fahrzeug auf eigene Rechnung nutzt und die Verfügungsgewalt darüber hat) eine sogenannte Gefährdungshaftung. Das bedeutet: Allein dadurch, dass er ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehr betreibt, haftet er für Schäden, die aus den typischen Gefahren des Fahrzeugbetriebs entstehen – und dazu gehört auch das Austreten von Betriebsstoffen wie Diesel. Diese Haftung besteht unabhängig davon, ob den Halter ein Verschulden trifft. Es muss also niemand einen Fehler gemacht haben; die bloße Tatsache, dass der Schaden durch den Betrieb des Fahrzeugs entstanden ist, genügt für die Haftung des Halters nach § 7 Straßenverkehrsgesetz (StVG).

Die Rolle des Fahrers

Auch der Fahrer des Fahrzeugs kann für den Schaden haftbar sein. Seine Haftung beruht meist auf einem Verschulden, also darauf, dass er den Schaden durch eigenes Fehlverhalten verursacht hat (z. B. durch unsachgemäße Betankung, Fahrweise oder Nichtbeachten von Warnzeichen). Wenn der Fahrer gleichzeitig der Halter ist, haftet er natürlich in beiden Rollen.

Die Rolle der Kfz-Haftpflichtversicherung

Eine der wichtigsten Absicherungen im Straßenverkehr ist die Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese Versicherung ist für jedes Kraftfahrzeug in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben (§ 1 Pflichtversicherungsgesetz). Ihre Aufgabe ist es, die berechtigten Schadensersatzansprüche Dritter zu erfüllen, die durch den Betrieb des versicherten Fahrzeugs entstehen. Dies umfasst in der Regel sowohl die Haftung des Halters (Gefährdungshaftung) als auch die Haftung des Fahrers (Verschuldenshaftung).

Das bedeutet für den Geschädigten: Sie können Ihren Schadensersatzanspruch direkt gegen die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs geltend machen, aus dem der Diesel ausgetreten ist. Die Versicherung prüft dann den Fall und reguliert – wenn die Haftungsgrundlage (Gefährdungs- oder Verschuldenshaftung) gegeben ist – den Schaden. In der Praxis ist die Versicherung oft der erste und einzige Ansprechpartner für den Geschädigten, auch wenn die ursprüngliche Haftung beim Halter oder Fahrer liegt. Die Versicherung tritt also ein, um die finanziellen Folgen der Haftung für den Halter und/oder Fahrer zu übernehmen.


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Welche Faktoren beeinflussen die Höhe des Schadensersatzes bei kontaminierter Silage?

Bei der Berechnung, wie hoch der Schadensersatz für kontaminierte Silage sein kann, geht es darum, den finanziellen Nachteil auszugleichen, der durch die Verunreinigung entstanden ist. Es soll erreicht werden, dass der Geschädigte finanziell so gestellt wird, als wäre die Silage nicht kontaminiert gewesen. Dabei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle:

Der Wertverlust der Silage selbst

Ein zentraler Punkt ist der Wertverlust der kontaminierten Silage. Wenn die Silage aufgrund der Verunreinigung nicht mehr für den vorgesehenen Zweck (z.B. als Tierfutter) genutzt werden kann, ist sie unter Umständen ihren ursprünglichen Wert verloren. Dieser Wert kann sich zum Beispiel am Marktwert von vergleichbarer, unbelasteter Silage orientieren.

Kosten für notwendiges Ersatzfutter

Wenn die kontaminierte Silage nicht verfüttert werden darf, muss Ersatzfutter beschafft werden. Die notwendigen und angemessenen Kosten für den Einkauf dieses Ersatzfutters sind ein wichtiger Faktor bei der Schadensberechnung. Es werden die zusätzlichen Ausgaben berücksichtigt, die entstanden sind, um die Fütterung der Tiere sicherzustellen.

Kosten für Sachverständige und Untersuchungen

Oft ist es notwendig, die Silage untersuchen zu lassen, um die Art und das Ausmaß der Kontamination festzustellen. Auch die Klärung der Ursache oder des genauen Schadensumfangs kann ein Sachverständigengutachten erfordern. Die dafür anfallenden Kosten können ebenfalls Teil des zu ersetzenden Schadens sein.

Berücksichtigung alternativer Nutzungsmöglichkeiten

Kann die kontaminierte Silage trotz der Verunreinigung noch auf andere Weise sinnvoll genutzt werden, zum Beispiel in einer Biogasanlage, dann wird der Erlös aus dieser alternativen Nutzung bei der Schadensberechnung berücksichtigt. Der Schaden ist in diesem Fall nicht der volle ursprüngliche Wert, sondern der ursprüngliche Wert abzüglich des Erlöses aus der alternativen Verwertung. Das Prinzip dahinter ist, dass der Geschädigte verpflichtet ist, den Schaden so gering wie möglich zu halten, indem er verbleibende Verwertungsmöglichkeiten nutzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Höhe des Schadensersatzes maßgeblich davon abhängt, welchen Wert die Silage verloren hat, welche zusätzlichen Kosten durch die Beschaffung von Ersatz und notwendige Untersuchungen entstanden sind und inwieweit die Silage noch anderweitig genutzt werden konnte. Um den Schaden geltend zu machen, ist es in der Regel erforderlich, die verschiedenen Schadenspositionen detailliert nachzuweisen, etwa durch Rechnungen für Ersatzfutter oder Gutachten.


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Kann man sich auch ohne Verschulden haftbar machen? Was bedeutet Gefährdungshaftung?

Ja, in bestimmten Fällen kann man auch dann für einen Schaden haftbar gemacht werden, wenn man ihn nicht schuldhaft verursacht hat. Das bedeutet, es spielt keine Rolle, ob man absichtlich oder fahrlässig gehandelt hat. Dieses Prinzip nennt man Gefährdungshaftung.

Was ist Gefährdungshaftung?

Die Gefährdungshaftung ist eine Ausnahme vom Grundprinzip der sogenannten Verschuldenshaftung. Normalerweise müssen Sie für einen Schaden nur aufkommen, wenn Sie daran Schuld haben, sei es durch Absicht oder durch Fahrlässigkeit (Sie haben die notwendige Sorgfalt nicht beachtet).

Bei der Gefährdungshaftung entsteht die Haftung allein deshalb, weil man eine Tätigkeit ausübt oder eine Sache betreibt, von der abstrakt eine besondere Gefahr ausgeht. Der Gesetzgeber hat für bestimmte besonders gefährliche Bereiche festgelegt, dass die Verantwortung für Schäden, die aus dieser typischen Gefahr entstehen, bei dem liegt, der diese Gefahr schafft oder kontrolliert. Die Haftung knüpft also an die Gefahr der Handlung oder Sache an, nicht an ein Fehlverhalten der Person.

Gefährdungshaftung am Beispiel des Kraftfahrzeugs

Ein sehr bekanntes Beispiel für die Gefährdungshaftung ist der Betrieb eines Kraftfahrzeugs. Wenn Sie ein Auto fahren, geht davon eine besondere Gefahr aus – selbst wenn Sie vorsichtig und nach allen Regeln fahren. Diese Gefahr, die allein schon vom Fahren eines Autos ausgeht (z.B. dass ein Reifen platzen könnte, ein Wild über die Straße läuft oder dass andere Verkehrsteilnehmer unvorhersehbar reagieren), wird als „Betriebsgefahr“ bezeichnet.

Passiert nun bei einem Verkehrsunfall ein Schaden, der sich aus dieser Betriebsgefahr realisiert hat, kann der Halter des Fahrzeugs (oft ist das auch der Fahrer) dafür haftbar gemacht werden. Das ist möglich, auch wenn der Fahrer den Unfall nicht schuldhaft verursacht hat.

Stellen Sie sich vor, Sie fahren vorschriftsmäßig auf der Autobahn, und plötzlich tritt ein technischer Defekt an Ihrem Fahrzeug auf, den Sie nicht vorhersehen oder verhindern konnten, und dadurch kommt es zu einem Unfall mit Schaden bei einem anderen Verkehrsteilnehmer. Obwohl Sie persönlich kein Fehlverhalten (kein Verschulden) trifft, können Sie als Halter des Fahrzeugs aufgrund der Gefährdungshaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) für den entstandenen Schaden haftbar sein.

Die Gefährdungshaftung dient dazu, Risiken, die von bestimmten gefährlichen Tätigkeiten oder Gegenständen ausgehen, der Allgemeinheit nicht aufzubürden, sondern demjenigen zuzuordnen, der von der gefährlichen Tätigkeit oder Sache profitiert oder sie beherrscht. Sie ist ein wichtiges Prinzip, um die Folgen von Schäden in Bereichen mit hohem Gefahrenpotenzial abzudecken.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Betrieb eines Kraftfahrzeugs (§ 7 StVG)

Der Begriff „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ umfasst alle Tätigkeiten, die im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrzeug und seiner Bestimmung als Fortbewegungsmittel stehen. Dabei geht es nicht nur um das Fahren auf der Straße, sondern auch um alle Vorgänge, die typisch mit dem Fahrzeugbetrieb verbunden sind, wie etwa Parken, Anfahren, oder das Be- und Entladen, sofern die Gefahren des Fahrzeugs dabei eine Rolle spielen. Entscheidend ist, ob ein Schaden durch die typische Betriebsgefahr des Fahrzeugs verursacht wurde. Das heißt, auch wenn der Schlepper als Arbeitsmaschine eingesetzt wird, kann dies unter den Betrieb fallen, wenn die Fortbewegungsfunktion und Motorleistung untrennbar am Schaden beteiligt sind.

Beispiel: Ein Traktor, der langsam eine Wiese abfährt, um Gras zu verdichten, ist dennoch „in Betrieb“, da er sich bewegt und der Motor läuft. Falls dabei Diesel austritt und Schäden verursacht werden, fällt dies unter den Betrieb eines Kraftfahrzeugs.


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Gefährdungshaftung

Die Gefährdungshaftung ist eine besondere Haftungsform, bei der jemand für Schäden verantwortlich gemacht wird, die aus der typischen Gefahr seiner Tätigkeit oder Sache entstehen – unabhängig davon, ob ihm ein Verschulden (Fehler oder Fahrlässigkeit) zur Last gelegt werden kann. Im Straßenverkehr ist besonders der Halter eines Fahrzeugs nach § 7 StVG gefeit von Verschulden, denn allein der Betrieb eines Kraftfahrzeugs bringt eine gesetzlich geregelte Haftung mit sich. Das soll sicherstellen, dass die Risiken des Fahrzeugbetriebs nicht von der Allgemeinheit getragen werden, sondern von dem, der das Fahrzeug nutzt oder kontrolliert.

Beispiel: Auch wenn ein Fahrzeugfahrer alle Vorsichtsmaßnahmen beachtet, kann ein technischer Defekt zu einem Unfall führen, für den er dennoch haftet, weil vom Fahrzeugbetrieb eine Gefahrenquelle ausgeht.


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Haftpflichtversicherung (Kfz-Haftpflichtversicherung)

Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung (§ 1 Pflichtversicherungsgesetz), die Schadenersatzansprüche Dritter reguliert, wenn durch den Betrieb des versicherten Fahrzeugs Schäden entstehen. Sie übernimmt die finanziellen Folgen der Haftung des Halters und des Fahrers, soweit diese berechtigt sind. Für den Geschädigten ist die Versicherung oft der erste Ansprechpartner, da sie verpflichtet ist, auch ohne Verschulden des Versicherungsnehmers die Schadensersatzzahlungen zu leisten, soweit die Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz besteht.

Beispiel: Tritt aus einem Traktor Diesel aus und verunreinigt Ackerfutter, reguliert die Haftpflichtversicherung des Traktors den Schaden, selbst wenn der Fahrer nichts falsch gemacht hat.


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Reine Arbeitsmaschine vs. Betrieb als Kraftfahrzeug

Eine reine Arbeitsmaschine ist ein Fahrzeug, das ausschließlich zur stationären Arbeitsverrichtung genutzt wird, ohne dass die Fortbewegungsfunktion relevant ist. In diesem Fall entfällt nach ständiger Rechtsprechung die Haftung nach § 7 StVG, weil die typische Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht gegeben ist. Anders liegt der Fall, wenn die Arbeitsmaschine sich bewegt oder die Motorleistung zur Fortbewegung genutzt wird; hier wird das Fahrzeug als Kraftfahrzeug in Betrieb betrachtet und die Haftung greift.

Beispiel: Ein Traktor, der nur mit dem eingebauten Kran steht und Lasten hebt, gilt als reine Arbeitsmaschine und haftet nicht nach § 7 StVG. Nutzt er jedoch seine Motorleistung und fährt über ein Feld, um zu verdichten, ist er in Betrieb.


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Substitutionswert

Der Substitutionswert ist bei der Schadensberechnung der Wert, der nötig ist, um den wirtschaftlichen Nachteil auszugleichen, indem eine schadensbedingte Leistung durch eine Ersatzleistung ersetzt wird. Im Fall kontaminierter Silage bedeutet das, dass der Schaden anhand der Kosten für das notwendige Ersatzfutter berechnet wird, das erforderlich ist, um die ernährungsmäßige Qualität der Silage zu ersetzen. Dabei wird nicht der theoretische Wiederbeschaffungswert, sondern die tatsächlich erforderlichen Kosten für eine Ersatzversorgung zugrunde gelegt.

Beispiel: Ist Silage durch Diesel vergiftet und nicht mehr als Futter geeignet, berechnet sich der Schaden an der Silage nach den Kosten, die entstehen, um sie durch herkömmliches Kraftfutter zu ersetzen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG): Regelt die Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs für Schäden, die durch den Betrieb des Fahrzeugs entstehen, unabhängig von einem Verschulden. Entscheidend ist dabei der Begriff „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“, der weit auszulegen ist und alle Gefahren umfasst, die vom Kraftfahrzeug ausgehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG wertete den Dieselverlust als Schaden „bei dem Betrieb“ des Schleppers, da die Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs unmittelbar mit dem Schadenseintritt verbunden war.
  • § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG: Verankert die Fahrerhaftung im Straßenverkehr und vermutet das Verschulden des Fahrzeugführers bei Schadensereignissen während des Fahrzeugbetriebs. Der Fahrer kann sich nur durch den Nachweis des fehlenden Verschuldens entlasten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Lohnunternehmer haftet als Fahrer des Schleppers, da er den Defekt und Dieselverlust nicht vermeiden konnte und den Entlastungsbeweis nicht erbrachte.
  • § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Ermöglicht dem Geschädigten den Direktanspruch gegen die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters, wenn dieser aus der Betriebshaftpflicht haftet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Haftpflichtversicherung des Lohnunternehmers wurde als Gesamtschuldnerin zur Schadensersatzzahlung verpflichtet, da der Schaden durch den Betrieb des versicherten Schleppers verursacht wurde.
  • § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Regelt die Schadensminderungspflicht des Geschädigten, wonach dieser zumutbare Maßnahmen zur Minderung des Schadens ergreifen muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht erkannte kein Mitverschulden des Landwirts an, da dieser keine bessere Verwertungsmöglichkeit für die kontaminierte Silage hatte und somit seiner Pflicht zur Schadensminderung nachgekommen war.
  • Europäische Futtermittelverordnung (VO EG Nr. 183/2005): Regelt Anforderungen an Futtermittel, insbesondere deren Sicherheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Verfütterungsverbot der mit Diesel kontaminierten Silage folgte aus dieser Verordnung, wodurch die Silage als unsicheres Futtermittel eingestuft wurde.
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Betriebsgefahr: Legt den Begriff des „Betriebs eines Kraftfahrzeugs“ weit aus und definiert, dass jede vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang mit dem Betrieb den Haftungsanspruch begründet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG folgte dieser gefestigten Rechtsprechung und lehnte die engere Auslegung ab, wonach der Schlepper als reine Arbeitsmaschine nicht beteiligt gewesen sei.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 5/17 – Urteil vom 24.05.2018


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