Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Wasserschaden in der Eigentumswohnung: Wer zahlt die Selbstbeteiligung – Gemeinschaft oder einzelner Eigentümer?
- Der Ausgangspunkt: Ein Rohrbruch und seine finanziellen Folgen
- Der Weg durch die Instanzen: Vom Amtsgericht zum Landgericht
- Die Kernfragen vor dem Landgericht: Wer bekommt was und warum?
- Die Entscheidung des Landgerichts: Ein Sieg für die Wohnungseigentümer
- Die Begründung des Gerichts: Schritt für Schritt erklärt
- Was bedeuten die wichtigsten juristischen Begriffe?
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wer trägt die Kosten für einen Wasserschaden in meiner Eigentumswohnung, der durch ein kaputtes Rohr in der Wand verursacht wurde?
- Deckt die Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auch Schäden in meiner privaten Eigentumswohnung ab?
- Muss die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die von der Versicherung gezahlte Entschädigung für Schäden in meinem Sondereigentum an mich weiterleiten?
- Wer muss den Selbstbehalt (Selbstbeteiligung) der Gebäudeversicherung bezahlen, wenn nur meine Eigentumswohnung von einem Wasserschaden betroffen ist?
- Muss ich als geschädigter Eigentümer zuerst einen Beschluss der Eigentümerversammlung einholen, bevor ich meine Ansprüche gegenüber der WEG geltend machen kann?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 11 S 23/17 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Karlsruhe
- Datum: 22.11.2018
- Aktenzeichen: 11 S 23/17
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Versicherungsrecht, Bereicherungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie vertraten die Auffassung, dass die Gebäudeversicherung auch ihr Sondereigentum erfasse und die Beklagte den vereinbarten Selbstbehalt tragen müsse.
- Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie meinte, die Kläger hätten zunächst einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung über die Auszahlung der Versicherungsleistung herbeiführen müssen und bestritt die Höhe des Schadens.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: In der Wohnung der Kläger, die Mitglieder der beklagten WEG sind, ereignete sich ein Wasserschaden durch einen Wasserrohrbruch. Die Gebäudeversicherung zahlte nach Abzug eines Selbstbehalts einen Teilbetrag an die WEG aus. Die Kläger forderten die Auszahlung des gesamten Schadensbetrags inklusive des Selbstbehalts von der WEG, was diese verweigerte.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, wer den Selbstbehalt einer Gebäudeversicherung bei einem Wasserschaden im Sondereigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) tragen muss. Zudem ging es darum, ob die WEG die von der Versicherung erhaltene Leistung an den geschädigten Sondereigentümer auskehren muss, auch ohne vorherigen Beschluss der Eigentümerversammlung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Karlsruhe gab der Berufung der Kläger statt und hob das Urteil der Vorinstanz auf. Die Beklagte (Wohnungseigentümergemeinschaft) wurde verurteilt, den Klägern 6.080,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Revision wurde zugelassen, da die Rechtsfrage zur Tragung des Selbstbehalts von grundsätzlicher Bedeutung ist.
- Begründung: Die Klage ist zulässig, da die Kläger vorab keinen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeiführen mussten. Die Klage ist begründet, weil die Gebäudeversicherung als Versicherung auf fremde Rechnung auch das Sondereigentum der Kläger abdeckt und die WEG die erhaltene Versicherungsleistung als Treuhänder an die Kläger auskehren muss. Den Selbstbehalt muss die WEG zunächst tragen, da alle Eigentümer von der dadurch niedrigeren Prämie profitieren, und kann ihn anschließend auf alle Eigentümer umlegen.
- Folgen: Die WEG wurde zur Zahlung des vollen Schadensbetrags inklusive des Selbstbehalts an die Kläger verurteilt und trägt die Prozesskosten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zulassung der Revision ermöglicht eine höchstrichterliche Klärung der umstrittenen Frage, wer den Selbstbehalt trägt.
Der Fall vor Gericht
Wasserschaden in der Eigentumswohnung: Wer zahlt die Selbstbeteiligung – Gemeinschaft oder einzelner Eigentümer?
Ein Urteil des Landgerichts Karlsruhe bringt Licht in eine häufige Streitfrage in Wohnungseigentümergemeinschaften: Wer muss für den Selbstbehalt der Gebäudeversicherung aufkommen, wenn ein Wasserschaden nur eine einzelne Wohnung betrifft? Und wem steht die von der Versicherung gezahlte Summe zu? Dieser Artikel erklärt das Urteil Schritt für Schritt und beleuchtet die juristischen Hintergründe für jedermann verständlich.
Der Ausgangspunkt: Ein Rohrbruch und seine finanziellen Folgen

Stellen Sie sich vor, Sie besitzen eine Eigentumswohnung. Eines Tages bricht in Ihrer Gästetoilette ein Wasserrohr in der Wand – ein klassischer Wasserschaden. Genau das passierte den Klägern in diesem Fall. Sie sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (im Folgenden: die WEG), die als Beklagte in diesem Verfahren auftrat. Diese WEG hatte, wie üblich, eine Wohngebäudeversicherung für das gesamte Haus abgeschlossen. Diese Versicherung umfasste auch Schäden durch Leitungswasser und hatte eine Selbstbeteiligung. Das bedeutet: Bei jedem Schaden musste ein bestimmter Betrag, hier 2.500 Euro, erst einmal selbst getragen werden, bevor die Versicherung den Rest zahlte.
Ein Sachverständiger untersuchte den Schaden in der Wohnung der Kläger und kam zu dem Ergebnis, dass die Reparaturkosten sich auf insgesamt 6.080 Euro belaufen würden. Die Gebäudeversicherung prüfte den Fall und zahlte, nach Abzug des Selbstbehalts von 2.500 Euro, einen Betrag von 3.580 Euro. Dieses Geld ging allerdings nicht direkt an die geschädigten Wohnungseigentümer, sondern auf das Konto der WEG. Die Wohnungseigentümer forderten daraufhin von der WEG die Zahlung von zunächst 3.000 Euro, was die WEG jedoch ablehnte.
Die geschädigten Wohnungseigentümer waren der Meinung, dass die Gebäudeversicherung auch ihre Wohnung – ihr sogenanntes Sondereigentum – abdeckt. Das Sondereigentum ist der Teil des Gebäudes, der einem einzelnen Eigentümer allein gehört, wie zum Beispiel die Innenräume seiner Wohnung. Da der Schaden ausschließlich in ihrem Sondereigentum entstanden war, so ihre Argumentation, stehe ihnen die Versicherungsleistung auch vollständig zu. Den Selbstbehalt müsse die WEG tragen, da sie diesen ja mit der Versicherung vereinbart habe.
Die WEG sah das anders. Sie meinte, die geschädigten Wohnungseigentümer hätten zuerst in einer Versammlung aller Wohnungseigentümer einen Beschluss darüber herbeiführen müssen, wie das Geld der Versicherung verteilt wird. Außerdem sei das Geld bereits für Schäden am Gemeinschaftseigentum (also Teilen des Gebäudes, die allen gehören) sowie am Sondereigentum der Kläger und eines weiteren Miteigentümers verwendet worden. Sie bestritt auch die Höhe des Schadens und meinte, es sei übertrieben. Es seien nur zwei Türblätter und Zargen, die zum Gemeinschaftseigentum gehören, leicht beschädigt worden. Schließlich argumentierte die WEG, sie habe den Schaden nicht verursacht und es gäbe keine rechtliche Grundlage, warum sie den Selbstbehalt zahlen sollte.
Der Weg durch die Instanzen: Vom Amtsgericht zum Landgericht
Der Streit landete zunächst vor dem Landgericht Mannheim. Dieses erklärte sich jedoch für nicht zuständig und verwies den Fall an das Amtsgericht Weinheim. Das Amtsgericht Weinheim wies die Klage der geschädigten Wohnungseigentümer ab. Die Begründung: Die Wohnungseigentümer hätten vor ihrer Klage einen Beschluss der Eigentümerversammlung über die Verteilung des Versicherungsgeldes einholen müssen. Die Weiterleitung von Geld, das eigentlich anderen zusteht (sogenanntes Fremdgeld), sei keine alltägliche Verwaltungsaufgabe und bedürfe daher eines solchen Beschlusses.
Gegen dieses Urteil legten die geschädigten Wohnungseigentümer Berufung beim Landgericht Karlsruhe ein. Sie argumentierten, dass man nicht per Beschluss darüber entscheiden könne, ob jemand einen rechtlichen Anspruch hat oder nicht. Ihnen stünde das Geld entweder direkt aus dem Versicherungsvertrag zu, oder weil die WEG sich sonst ungerechtfertigt bereichern würde, oder als Schadensersatz. Etwaige Schäden am Gemeinschaftseigentum hätte die WEG selbst der Versicherung melden müssen. Die WEG wiederum verteidigte das Urteil des Amtsgerichts.
Die Kernfragen vor dem Landgericht: Wer bekommt was und warum?
Das Landgericht Karlsruhe musste nun also einige zentrale Fragen klären:
- Durften die geschädigten Wohnungseigentümer überhaupt klagen, ohne vorher einen Beschluss der Eigentümerversammlung versucht zu haben? Man spricht hier vom Rechtsschutzbedürfnis: Hat jemand ein berechtigtes Interesse daran, dass ein Gericht entscheidet?
- Hatten die geschädigten Wohnungseigentümer einen Anspruch auf die von der Versicherung gezahlten 3.580 Euro?
- Musste die WEG auch den Selbstbehalt von 2.500 Euro übernehmen und somit den gesamten Schaden von 6.080 Euro an die geschädigten Wohnungseigentümer zahlen?
Die Entscheidung des Landgerichts: Ein Sieg für die Wohnungseigentümer
Das Landgericht Karlsruhe gab der Berufung der geschädigten Wohnungseigentümer statt und hob das Urteil des Amtsgerichts Weinheim auf. Die WEG wurde verurteilt, an die geschädigten Wohnungseigentümer die vollen 6.080 Euro zu zahlen, zuzüglich Zinsen. Die Kosten des Rechtsstreits musste größtenteils die WEG tragen, nur die Mehrkosten, die durch die anfängliche Klage beim unzuständigen Landgericht Mannheim entstanden waren, mussten die Kläger selbst zahlen. Das Gericht ließ außerdem die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Das bedeutet, dass die WEG die Möglichkeit hat, das Urteil noch einmal von der höchsten deutschen Instanz in Zivilsachen überprüfen zu lassen, weil die Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Die Begründung des Gerichts: Schritt für Schritt erklärt
Das Landgericht Karlsruhe begründete seine Entscheidung ausführlich. Schauen wir uns die wichtigsten Punkte an:
Warum die Klage überhaupt zulässig war (Das Rechtsschutzbedürfnis)
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Klage zulässig war. Insbesondere fehlte den geschädigten Wohnungseigentümern nicht das sogenannte Rechtsschutzbedürfnis. Das Amtsgericht habe hier etwas übersehen: Die Frage, ob man vorher einen Beschluss der Eigentümerversammlung hätte herbeiführen müssen, betrifft das Rechtsschutzbedürfnis und nicht, ob der Anspruch überhaupt besteht.
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der WEG mussten die geschädigten Wohnungseigentümer nicht erst versuchen, einen Beschluss der Eigentümerversammlung über die Auszahlung des Geldes zu bekommen. Warum ist das so? Es ging hier nicht darum, eine bestimmte Verwaltungsmaßnahme für das Haus durchzusetzen, wie es zum Beispiel bei einer Klage auf ordnungsgemäße Verwaltung nach § 21 Absatz 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) der Fall wäre. In solchen Fällen kann das Rechtsschutzbedürfnis tatsächlich fehlen, wenn man nicht vorher versucht hat, eine Einigung in der Eigentümerversammlung zu erzielen.
Hier aber forderten die geschädigten Wohnungseigentümer Geld von der WEG. Sie stützten ihre Forderung auf angebliche Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag, auf den Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung (niemand soll ohne Rechtsgrund auf Kosten anderer reicher werden) oder auf Schadensersatz. Ob der Verwalter der WEG die Befugnis hatte, dieses Geld ohne Beschluss weiterzuleiten, sei eine interne Angelegenheit zwischen der WEG und ihrem Verwalter und betreffe nicht den Anspruch der Wohnungseigentümer.
Anspruch auf die Versicherungsleistung (3.580 Euro)
Das Gericht bejahte einen Anspruch der geschädigten Wohnungseigentümer auf die von der Versicherung gezahlten 3.580 Euro. Aber wie kam es zu dieser Einschätzung?
- Versicherung auf fremde Rechnung (§ 43 VVG): Zunächst erklärte das Gericht, dass die von der WEG abgeschlossene Gebäudeversicherung eine sogenannte „Versicherung auf fremde Rechnung“ ist. Das ist in § 43 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt. Stellen Sie sich vor, jemand schließt eine Versicherung ab, aber nicht für sich selbst, sondern für eine andere Person. Derjenige, der den Vertrag abschließt (hier die WEG), ist der Versicherungsnehmer. Die Personen, die im Schadensfall das Geld bekommen sollen (hier die einzelnen Wohnungseigentümer), sind die Versicherten. Und zwar sind sie sowohl für ihren Anteil am Gemeinschaftseigentum als auch für ihr Sondereigentum versichert.
- Sondereigentum ist mitversichert: Entgegen der Behauptung der WEG ist auch das Sondereigentum der geschädigten Wohnungseigentümer durch die Versicherung abgedeckt. Wenn eine WEG einen Gebäudeversicherungsvertrag für das gesamte Gebäude abschließt, sind neben dem Gemeinschaftseigentum immer auch die einzelnen Sondereigentumseinheiten mitversichert. Das ergab sich hier auch klar aus den Versicherungsbedingungen, die Teil des Vertrags waren. Dort stand, dass das Gebäude mit seinen Bestandteilen versichert ist, ohne zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum zu unterscheiden. Außerdem gab es einen eigenen Paragraphen für „Wohnungs- und Teileigentum“, was das Sondereigentum einschließt.
- Treuhandverhältnis und Auskehrpflicht: Bei einer solchen Versicherung auf fremde Rechnung entsteht zwischen dem Versicherungsnehmer (der WEG) und den Versicherten (den Wohnungseigentümern) ein sogenanntes Treuhandverhältnis. Das bedeutet, die WEG hält das Geld der Versicherung nicht für sich selbst, sondern wie ein Treuhänder für die geschädigten Eigentümer. Sie darf sich daran nicht bereichern und ist verpflichtet, den Entschädigungsbetrag, der ihr nicht zusteht, an den Geschädigten weiterzuleiten. Versicherungsgeld für Schäden am Sondereigentum ist also keine Einnahme der WEG, sondern Geld, das sie treuhänderisch für den betroffenen Eigentümer empfangen hat.
- Das Geld war für die Kläger bestimmt: Die von der Versicherung gezahlten 3.580 Euro standen daher den geschädigten Wohnungseigentümern zu, denn das Geld diente der Regulierung der Schäden an ihrem Sondereigentum. Das belegten ein Schreiben der Versicherung und das Gutachten des Sachverständigen. Dieses Gutachten listete ausschließlich Schäden in der Wohnung der Kläger auf (z.B. Laminatboden, Sockelleisten, Türen, Fliesen, Anstrich). Wichtig dabei: Auch Innentüren und Türzargen gehören zum Sondereigentum. Wenn die WEG meinte, es seien auch Schäden in einer anderen Wohnung oder am Gemeinschaftseigentum entstanden, hätte sie diese selbst der Versicherung melden müssen. Das konnte nicht zulasten der geschädigten Wohnungseigentümer gehen. Auch Einwände der WEG gegen die vom Versicherer anerkannte Schadenshöhe waren unerheblich, da die Pflicht zur Weitergabe des Geldes aus dem Treuhandverhältnis folgte.
Wer trägt die Selbstbeteiligung? (2.500 Euro)
Nun zur spannendsten Frage: Wer muss den Selbstbehalt von 2.500 Euro tragen? Hierzu gibt es unterschiedliche juristische Meinungen.
Das Gericht stellte zunächst klar, dass die WEG gegenüber der Versicherung verpflichtet ist, den Selbstbehalt zu zahlen. Aber wie sieht es im Innenverhältnis aus – also zwischen der WEG und den einzelnen Wohnungseigentümern?
- Die eine Ansicht (vom Gericht abgelehnt): Einige Juristen vertreten die Meinung, dass bei Schäden, die nur ein Sondereigentum betreffen, der geschädigte Wohnungseigentümer den Selbstbehalt allein tragen muss. Die Begründung ist oft, dass dies aus dem Versicherungsvertrag folge, den der betroffene Eigentümer ja mitbeschlossen habe, und die WEG keine direkten Pflichten für das Sondereigentum habe.
- Die Gegenansicht (vom Gericht befolgt): Andere Juristen, und dieser Ansicht schloss sich das Landgericht Karlsruhe an, sagen: Die WEG muss als Verband die Schadensbeseitigung in vollem Umfang ermöglichen. Dazu gehört auch, den Aufwand für den Selbstbehalt zunächst mit ihren eigenen Mitteln zu tragen. Dieser Betrag wird dann später in der Jahresabrechnung auf alle Wohnungseigentümer umgelegt, meist nach Miteigentumsanteilen. Ein solcher Anspruch des geschädigten Wohnungseigentümers auf Freistellung vom Selbstbehalt oder auf dessen Ausgleich ergebe sich aus der Treuepflicht, die zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern besteht.
Das Gericht folgte also der zweiten Ansicht. Der Selbstbehalt sei wie ein Bestandteil der Versicherungsprämie anzusehen. Warum? Weil die Höhe der Prämie oft davon abhängt, ob und wie hoch ein Selbstbehalt vereinbart wird. Ein höherer Selbstbehalt führt meist zu einer niedrigeren Prämie. Da alle Wohnungseigentümer von einer niedrigeren Prämie profitieren, sei es nur fair und entspreche der gegenseitigen Treuepflicht, wenn die Gemeinschaft im Schadensfall den Selbstbehalt nicht dem einzelnen, zufällig geschädigten Eigentümer aufbürdet. Stattdessen soll die Gemeinschaft den Selbstbehalt zunächst als Verband übernehmen und ihn dann über die Jahresabrechnung auf alle Wohnungseigentümer verteilen. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über den Versicherungsvertrag vielleicht einen Fehler gemacht haben, denn der Anspruch stützt sich nicht auf ein Verschulden.
Was bedeuten die wichtigsten juristischen Begriffe?
- Sondereigentum: Der Teil eines Gebäudes, der einem Wohnungseigentümer allein gehört (z.B. die Innenräume seiner Wohnung, nichttragende Wände darin).
- Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG): Die Gesamtheit aller Wohnungseigentümer eines Gebäudes. Sie ist als Verband rechtsfähig, kann also klagen und verklagt werden.
- Versicherung auf fremde Rechnung: Ein Versicherungsvertrag, bei dem der Versicherungsnehmer (hier die WEG) die Versicherung für eine andere Person oder Personengruppe (hier die einzelnen Eigentümer) abschließt.
- Selbstbehalt (Selbstbeteiligung): Der Betrag, den der Versicherte im Schadensfall selbst tragen muss, bevor die Versicherung leistet.
- Treuhandverhältnis: Eine rechtliche Beziehung, bei der eine Person (der Treuhänder, hier die WEG) Vermögen für eine andere Person (den Treugeber oder Begünstigten, hier der geschädigte Eigentümer) verwaltet und bestimmte Pflichten hat, dieses Vermögen im Sinne des Begünstigten zu verwenden.
- Rechtsschutzbedürfnis: Die Voraussetzung, dass ein Kläger ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung hat. Ohne dieses ist eine Klage unzulässig.
Dieses Urteil des Landgerichts Karlsruhe stellt klar, dass bei einem Wasserschaden im Sondereigentum die WEG nicht nur die von der Versicherung erhaltene Summe an den geschädigten Eigentümer auskehren, sondern auch den vereinbarten Selbstbehalt tragen und diesen dann auf alle Eigentümer umlegen muss. Es stärkt damit die Position des einzelnen, von einem Schaden betroffenen Wohnungseigentümers. Da die Revision zugelassen wurde, bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof diese Rechtsauffassung bestätigen wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil klärt eine wichtige Frage für Wohnungseigentümer: Bei Wasserschäden im Sondereigentum steht die Versicherungsleistung dem geschädigten Eigentümer vollständig zu, während der Selbstbehalt zunächst von der Gemeinschaft getragen werden muss. Dies basiert auf dem Treuhandverhältnis zwischen WEG und Eigentümern sowie der gegenseitigen Treuepflicht – der Selbstbehalt wird als Teil der Versicherungsprämie betrachtet, von deren günstiger Gestaltung alle profitieren. Diese Regelung schützt einzelne Eigentümer vor zufälligen finanziellen Belastungen und verteilt Kosten gerecht auf alle Mitglieder.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer trägt die Kosten für einen Wasserschaden in meiner Eigentumswohnung, der durch ein kaputtes Rohr in der Wand verursacht wurde?
Wenn ein Wasserschaden in Ihrer Eigentumswohnung durch ein defektes Rohr in der Wand entsteht, ist die Frage der Kostenübernahme oft komplex. Die Zuständigkeit hängt maßgeblich davon ab, ob der Schaden das Gemeinschaftseigentum oder das Sondereigentum betrifft und welche Versicherungen bestehen.
Unterschied zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass bei einer Eigentumswohnung verschiedene Bereiche unterschieden werden:
- Gemeinschaftseigentum: Dies sind alle Teile des Gebäudes, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind oder dem gemeinsamen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen. Dazu gehören tragende Wände, das Dach, das Treppenhaus, die Fassade und in der Regel auch Versorgungsleitungen (wie Wasserrohre), die sich in der Wand befinden und das gesamte Gebäude versorgen. Auch wenn das Rohr speziell Ihre Wohnung versorgt, ist der Teil des Rohres in der Wand, bevor es in Ihren Bereich des Sondereigentums eintritt, oft Gemeinschaftseigentum.
- Sondereigentum: Dies ist Ihre eigentliche Wohnung und die darin befindlichen, nicht tragenden Wände, Böden (wie Ihr Laminatboden), Decken, fest installierte Einrichtungsgegenstände wie Bäder und Küchen sowie alle beweglichen Gegenstände (Möbel, Elektronik).
Wer ist für den Rohrbruch und die direkten Schäden verantwortlich?
Die Reparatur des kaputten Rohres in der Wand fällt in den Bereich des Gemeinschaftseigentums. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist hierfür zuständig und muss die Reparaturkosten tragen.
Die darüber hinausgehenden Kosten für den Wasserschaden teilen sich wie folgt auf:
- Schäden am Gemeinschaftseigentum: Wenn durch das austretende Wasser beispielsweise tragende Wände oder die Gebäudestruktur (die zum Gemeinschaftseigentum gehören) beschädigt werden, ist die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für die Reparatur verantwortlich.
- Schäden am Sondereigentum: Der Schaden an Ihrem Laminatboden in der Gästetoilette oder anderen fest mit Ihrer Wohnung verbundenen Teilen (wie Putz, Tapeten oder Bodenbeläge) ist ein Schaden an Ihrem Sondereigentum. Auch die Kosten für beschädigte Möbel oder persönliche Gegenstände fallen hierunter. Für diese Schäden ist grundsätzlich der einzelne Wohnungseigentümer (also Sie) selbst verantwortlich.
Es ist also entscheidend zu wissen, dass die Ursache des Schadens (das defekte Rohr im Gemeinschaftseigentum) nicht automatisch bedeutet, dass die WEG auch für alle entstandenen Folgeschäden an Ihrem persönlichen Eigentum aufkommt. Eine Haftung der WEG für Schäden am Sondereigentum kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn die WEG eine ihr obliegende Wartungspflicht verletzt oder einen Mangel am Gemeinschaftseigentum schuldhaft nicht behoben hat. Ein plötzlicher, nicht vorhersehbarer Rohrbruch begründet in der Regel keine solche Haftung der WEG für Ihr Sondereigentum.
Die Rolle der Versicherungen
Hier kommen die Versicherungen ins Spiel, um die entstandenen Kosten zu decken:
- Wohngebäudeversicherung der WEG: Die WEG unterhält in der Regel eine Wohngebäudeversicherung. Diese Versicherung deckt Schäden am Gemeinschaftseigentum ab, die durch Leitungswasser verursacht wurden (z.B. die Reparatur des Rohres, Trocknung von Gemeinschaftswänden). Oft sind durch diese Versicherung auch bestimmte, fest verbaute Teile des Sondereigentums mitversichert, wie zum Beispiel der Laminatboden, wenn er als „fest verlegter Fußboden“ im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt. Es ist wichtig, die genauen Bedingungen der Wohngebäudeversicherung der WEG zu prüfen, um zu sehen, welche Schäden an Ihrem Sondereigentum dort eingeschlossen sind.
- Hausratversicherung des Wohnungseigentümers: Ihre persönliche Hausratversicherung deckt Schäden an Ihrem beweglichen Sondereigentum ab, also an Ihren Möbeln, Elektrogeräten, Teppichen und persönlichen Gegenständen, die durch den Wasserschaden beschädigt wurden. Wenn Ihr Laminatboden nicht von der Wohngebäudeversicherung erfasst wird, könnte unter Umständen auch Ihre Hausratversicherung diesen Schaden decken, falls der Boden als Hausrat im Sinne der Police gilt – dies ist aber seltener der Fall und hängt von den genauen Vertragsbedingungen ab.
Für Sie als Wohnungseigentümer bedeutet das:
- Schritt 1: Melden Sie den Rohrbruch und den Schaden umgehend der Hausverwaltung.
- Schritt 2: Der Schaden am Rohr und am Gemeinschaftseigentum wird über die Wohngebäudeversicherung der WEG reguliert.
- Schritt 3: Für den Schaden an Ihrem Laminatboden prüfen Sie zunächst die Wohngebäudeversicherung der WEG. Wird der Schaden dort nicht abgedeckt, weil Ihr Boden nicht als mitversicherter Gebäudebestandteil gilt, müssen Sie die Kosten grundsätzlich selbst tragen, es sei denn, Sie können der WEG ein Verschulden nachweisen.
- Schritt 4: Schäden an Ihren persönlichen Gegenständen (Möbel, Gardinen, etc.) melden Sie Ihrer eigenen Hausratversicherung.
Deckt die Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auch Schäden in meiner privaten Eigentumswohnung ab?
Ja, die Gebäudeversicherung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) schützt in der Regel nicht nur das Gemeinschaftseigentum, sondern auch Ihr Sondereigentum – also Ihre private Eigentumswohnung – vor bestimmten Schäden.
Diese Art der Versicherung wird oft als eine „Versicherung auf fremde Rechnung“ abgeschlossen. Das bedeutet, obwohl die WEG die Versicherung im Namen aller Eigentümer abschließt und bezahlt, kommt der Versicherungsschutz auch direkt den einzelnen Wohnungseigentümern und deren privaten Einheiten zugute.
Was deckt die WEG-Gebäudeversicherung in Ihrer Wohnung ab?
Die Gebäudeversicherung der WEG ist darauf ausgelegt, Schäden am gesamten Gebäude und dessen fest verbundenen Bestandteilen abzudecken. Dazu gehören beispielsweise Schäden durch:
- Leitungswasser: Stellen Sie sich vor, in Ihrer Gästetoilette platzt ein Rohr und das austretende Wasser beschädigt Ihren Laminatboden oder die Wände. Solche Schäden an fest verbauten Teilen in Ihrer Wohnung, die durch einen Rohrbruch oder andere Leitungswasserereignisse verursacht werden, sind typischerweise über die WEG-Gebäudeversicherung abgesichert.
- Feuer: Brandschäden an der Bausubstanz Ihrer Wohnung.
- Sturm und Hagel: Schäden an Fenstern oder dem Dach, die auch Auswirkungen auf Ihre Wohnung haben können.
- Weitere vereinbarte Gefahren: Je nach Vertrag können auch weitere Gefahren wie Elementarschäden (Überschwemmung, Erdbeben) versichert sein.
Wichtig ist hierbei immer, dass es sich um Schäden an fest mit dem Gebäude verbundenen Bestandteilen handelt. Das sind zum Beispiel Wände, Decken, Böden (wie fest verlegter Laminatboden), Fenster, Türen, fest installierte sanitäre Anlagen und Heizkörper.
Was ist in der Regel nicht durch die WEG-Gebäudeversicherung abgedeckt?
Die WEG-Gebäudeversicherung deckt nicht Ihre persönlichen Gegenstände ab. Dazu gehören Ihre Möbel, Elektrogeräte, Teppiche, Kleidung und andere bewegliche Besitztümer. Für solche Schäden benötigen Sie in der Regel eine separate Hausratversicherung.
Für Sie als Wohnungseigentümer ist es daher entscheidend, die genauen Versicherungsbedingungen der WEG-Gebäudeversicherung Ihrer Gemeinschaft einzusehen. Dort ist detailliert festgelegt, welche Risiken und welche Teile des Sondereigentums abgedeckt sind.
Muss die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die von der Versicherung gezahlte Entschädigung für Schäden in meinem Sondereigentum an mich weiterleiten?
Ja, die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist grundsätzlich verpflichtet, die von der Gebäudeversicherung gezahlte Entschädigung für Schäden, die Ihr Sondereigentum betreffen, an Sie weiterzuleiten.
Die Rolle der WEG als Versicherungsnehmerin
Die WEG schließt in der Regel eine Gebäudeversicherung ab, die sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch Schäden am Sondereigentum der einzelnen Wohnungen absichert. Wenn beispielsweise in Ihrer Eigentumswohnung durch einen Rohrbruch in der Gästetoilette ein Wasserschaden am Laminatboden entsteht, reguliert die Versicherung diesen Schaden über die WEG. Die WEG ist dabei der Vertragspartner der Versicherung, nicht der einzelne Eigentümer.
Das Prinzip des Treuhandverhältnisses
Empfängt die WEG eine Versicherungsleistung für einen Schaden, der Ihr Sondereigentum betrifft, so handelt sie dabei als sogenannte „Treuhänderin“. Stellen Sie sich vor, ein Treuhänder ist jemand, der Geld oder Werte nicht für sich selbst, sondern im Auftrag und zum Nutzen einer anderen Person verwahrt und verwaltet. Das bedeutet, das von der Versicherung gezahlte Geld ist nicht als allgemeine Einnahme für die Gemeinschaft gedacht. Stattdessen nimmt die WEG das Geld treuhänderisch für den betroffenen Wohnungseigentümer entgegen, dessen Sondereigentum beschädigt wurde.
Die Pflicht zur Auszahlung
Da die Versicherungsleistung zweckgebunden ist, also zur Behebung des konkreten Schadens an Ihrem Sondereigentum dient, ist die WEG verpflichtet, Ihnen diesen Betrag auszuzahlen. Der Betrag gehört nicht zum Vermögen der WEG, sondern ist zur Deckung Ihres individuellen Schadens vorgesehen. Für den betroffenen Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass er einen Anspruch auf Auskehrung der Versicherungsleistung hat, sobald diese bei der WEG eingegangen ist.
Wer muss den Selbstbehalt (Selbstbeteiligung) der Gebäudeversicherung bezahlen, wenn nur meine Eigentumswohnung von einem Wasserschaden betroffen ist?
Wenn Ihre Eigentumswohnung von einem Wasserschaden betroffen ist, der von einem Teil des Gemeinschaftseigentums (wie einer Leitung innerhalb der Wände) ausgeht und durch die gemeinsame Gebäudeversicherung abgedeckt ist, stellt sich oft die Frage, wer den Selbstbehalt – also den Anteil, den die Versicherung im Schadenfall nicht übernimmt – tragen muss.
Grundsätzlich wird der Selbstbehalt in der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), also von allen Eigentümern gemeinsam, getragen.
Warum die Gemeinschaft den Selbstbehalt trägt
Die Gebäudeversicherung wird von der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen und dient dem Schutz des Gemeinschaftseigentums (z.B. der Rohrleitungen) und oft auch der daraus entstehenden Schäden am Sondereigentum (wie Ihrem Laminatboden). Die Kosten für diese Versicherung, also die Prämien, werden von allen Eigentümern über das Hausgeld bezahlt.
Der Selbstbehalt ist ein fester Betrag, den die Versicherung im Schadensfall zunächst nicht auszahlt. Er wird oft bewusst gewählt, um die Versicherungsprämie für alle Eigentümer niedriger zu halten. Aus juristischer Sicht wird der Selbstbehalt daher als Teil der Kosten der Versicherung betrachtet, die der Gemeinschaft zugutekommen.
Gerichte sehen dies in der Regel so, dass der Selbstbehalt, genau wie die Versicherungsprämie selbst, von der Gemeinschaft getragen wird. Dies beruht auf der Treuepflicht der Eigentümer untereinander. Diese Pflicht bedeutet, dass sich jeder Eigentümer in der WEG so verhalten soll, dass die Interessen der Gemeinschaft gewahrt bleiben. Da die Entscheidung für eine Versicherung mit Selbstbehalt in der Regel der Gemeinschaft zugutekommt (durch niedrigere Prämien), sollen auch die damit verbundenen „Kosten“ des Selbstbehalts gemeinsam getragen werden.
Stellen Sie sich vor, der Wasserschaden entsteht durch einen Rohrbruch in der Gästetoilette. Solche Rohrleitungen sind meist Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie durch Ihre Wohnung führen. Der Schaden an Ihrem Laminatboden ist dann eine Folge dieses Mangels am Gemeinschaftseigentum. Die gemeinsame Gebäudeversicherung ist dafür zuständig.
Abwicklung über die Jahresabrechnung
Praktisch bedeutet dies, dass die Verwaltung der WEG den Selbstbehalt zunächst aus den gemeinsamen Rücklagen oder dem Hausgeld der Gemeinschaft bezahlt. Dieser Betrag wird dann in der Jahresabrechnung als gemeinsame Ausgabe aufgeführt.
Anschließend wird der Selbstbehalt auf alle Eigentümer umgelegt. Die Verteilung erfolgt dabei nach den Miteigentumsanteilen, die im Grundbuch für jede Wohnung festgelegt sind, genau wie bei anderen gemeinschaftlichen Kosten. So tragen alle Eigentümer ihren Teil des Risikos und der Kosten, die mit der gemeinsamen Gebäudeversicherung verbunden sind.
Es ist wichtig zu verstehen, dass dies der Regelfall ist, wenn der Schaden von der gemeinsamen Gebäudeversicherung abgedeckt wird und nicht durch ein schuldhaftes Verhalten eines einzelnen Eigentümers verursacht wurde, das außerhalb des normalen Risikos der Gemeinschaft liegt.
Muss ich als geschädigter Eigentümer zuerst einen Beschluss der Eigentümerversammlung einholen, bevor ich meine Ansprüche gegenüber der WEG geltend machen kann?
Nein, als geschädigter Eigentümer müssen Sie nicht zwingend einen Beschluss der Eigentümerversammlung einholen, bevor Sie Ihre direkten Zahlungsansprüche gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) geltend machen. Dies gilt insbesondere für Ansprüche, die sich aus einem Schaden an Ihrem Sondereigentum ergeben, der durch das Gemeinschaftseigentum verursacht wurde und von der Gebäudeversicherung der WEG abgedeckt ist.
Unterschied zwischen Verwaltungsmaßnahmen und direkten Ansprüchen
Es ist wichtig, zwischen verschiedenen Arten von Ansprüchen und Vorgehensweisen zu unterscheiden:
- Anfechten von Beschlüssen: Möchten Sie eine Maßnahme oder einen Beschluss der Eigentümerversammlung rückgängig machen oder überprüfen lassen (zum Beispiel, wenn Sie mit einer Sanierungsentscheidung nicht einverstanden sind), müssen Sie in der Regel zuerst einen entsprechenden Beschluss abwarten und diesen dann innerhalb bestimmter Fristen anfechten. Hier ist der Beschluss also die Voraussetzung, um dagegen vorzugehen.
- Geltendmachung direkter Ansprüche (z.B. auf Zahlung): Wenn Sie hingegen einen direkten Anspruch gegen die WEG haben, weil Ihnen ein Schaden entstanden ist, wie etwa ein Wasserschaden in Ihrer Wohnung durch ein defektes Gemeinschaftsrohr (wie im Beispiel mit dem Rohrbruch in der Gästetoilette, der den Laminatboden in Ihrer Eigentumswohnung beschädigt), ist die Situation anders. In solchen Fällen handelt die WEG oft als eine Art Treuhänder für die Eigentümer, insbesondere wenn es um Versicherungsleistungen geht. Der Anspruch des Eigentümers auf Schadensersatz oder Ersatz der Reparaturkosten entsteht hier unmittelbar aus dem Schadensereignis und der Pflicht der WEG zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums.
Bedeutung für Ihr Rechtsschutzbedürfnis
Für die Geltendmachung solcher direkten Zahlungsansprüche ist kein vorheriger Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich, der Ihrem Anspruch zustimmt oder ihn überhaupt erst begründet. Ihr Anspruch besteht bereits unabhängig von einem Beschluss. Das bedeutet für Sie, dass Sie Ihre Ansprüche in der Regel direkt bei der Verwaltung der WEG anmelden können. Kommt die WEG ihren Pflichten nicht nach oder weigert sie sich, die Schäden zu regulieren (oft über die Gebäudeversicherung), können Sie den Anspruch dann auch ohne einen vorangehenden Beschluss gerichtlich geltend machen.
Kurz gesagt: Bei direkten Zahlungsansprüchen müssen Sie nicht auf eine Entscheidung der Eigentümerversammlung warten, die Ihren Anspruch erst genehmigt. Ihr Recht, diesen Anspruch geltend zu machen, ist davon unabhängig.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Versicherung auf fremde Rechnung
Eine Versicherung auf fremde Rechnung liegt vor, wenn der Versicherungsvertrag von einer Person (dem Versicherungsnehmer) abgeschlossen wird, aber eine andere Person oder Personengruppe (die Versicherten) im Schadensfall die Leistungen erhält. Nach § 43 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) hat der Versicherungsnehmer die Leistung an den Begünstigten herauszugeben, der einen sofortigen Anspruch darauf hat. In diesem Fall schließt die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Gebäudeversicherung ab, während die einzelnen Wohnungseigentümer als Begünstigte aus dem Versicherungsvertrag Leistungen erhalten. Das bedeutet, dass die WEG das Geld nur treuhänderisch verwaltet und es an die geschädigten Eigentümer auszuzahlen hat, wenn deren Sondereigentum betroffen ist.
Treuhandverhältnis
Ein Treuhandverhältnis entsteht, wenn eine Person Vermögen für eine andere treuhänderisch verwaltet und zur Verwendung im Interesse des Begünstigten verpflichtet ist. Hier fungiert die WEG als Treuhänderin des von der Gebäudeversicherung erhaltenen Entschädigungsgeldes für Schäden am Sondereigentum einzelner Eigentümer. Das bedeutet, die WEG darf das Geld nicht für eigene Zwecke verwenden, sondern muss es an die jeweiligen Eigentümer auszahlen, die den Schaden erlitten haben. Dieses Verhältnis schützt die Eigentümer davor, dass die Gemeinschaft sich an Versicherungsleistungen bereichert, die ihnen persönlich zustehen.
Rechtsschutzbedürfnis
Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine Voraussetzung dafür, dass ein Gericht eine Klage annimmt. Es bedeutet, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse daran haben muss, dass ein Gericht über seinen Anspruch entscheidet, zum Beispiel weil außergerichtliche Lösungen nicht möglich sind. Im vorliegenden Fall konnte das Landgericht Karlsruhe feststellen, dass die geschädigten Wohnungseigentümer ohne vorherigen Beschluss der Eigentümerversammlung klagen durften, weil es ihr berechtigtes Interesse war, das ihnen zustehende Geld direkt einzufordern. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht also bei direkten Zahlungsansprüchen gegen die WEG, ohne dass vorher ein Versammlungsbeschluss eingeholt werden muss.
Selbstbehalt (Selbstbeteiligung)
Der Selbstbehalt ist der Betrag, den die versicherte Person oder Gemeinschaft im Schadensfall selbst zahlen muss, bevor die Versicherung den Rest übernimmt. In der Gebäudeversicherung ist der Selbstbehalt eine übliche Vertragsbedingung, um die Versicherungsprämie zu reduzieren. Im Fall der WEG trägt die Gemeinschaft als Versicherungsnehmerin den Selbstbehalt zunächst aus den gemeinsamen Mitteln, auch wenn der Schaden nur das Sondereigentum eines einzelnen Eigentümers betrifft. Dieses Vorgehen folgt der Treuepflicht aller Eigentümer in der Gemeinschaft, wonach die Kosten der Versicherung – einschließlich des Selbstbehalts – gemeinschaftlich getragen und später im Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt werden.
Treuepflicht
Die Treuepflicht ist ein rechtliches Prinzip, das die gegenseitige Rücksichtnahme und faire Zusammenarbeit zwischen Mitgliedern einer Gemeinschaft vorschreibt. Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet sie alle Eigentümer, im Interesse der Gemeinschaft zu handeln und sich nicht auf Kosten anderer zu bereichern oder ungerechtfertigt zu entziehen. In diesem Fall verpflichtet die Treuepflicht die WEG, den Selbstbehalt der Gebäudeversicherung gemeinsam zu tragen und nicht dem einzelnen, zufällig vom Schaden betroffenen Wohnungseigentümer aufzubürden. Diese Pflicht sorgt dafür, dass die Gemeinschaft als Ganzes für das mitversicherte Risiko einsteht und die finanziellen Lasten fair verteilt werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) – Versicherung auf fremde Rechnung: Diese Vorschrift regelt, dass eine Person (Versicherungsnehmer) eine Versicherung für eine andere Person (Versicherter) abschließt, wobei die Versicherungsleistung dem Versicherten direkt zusteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht stellte fest, dass die WEG als Versicherungsnehmerin die Gebäudeversicherung für die einzelnen Wohnungseigentümer übernimmt, die dadurch direkt Ansprüche auf die Versicherungsleistung haben.
- Wohnungseigentumsgesetz (WEG), insbesondere § 16 WEG (Gemeinschafts- und Sondereigentum): Das Gesetz teilt eine Immobilie in Gemeinschaftseigentum (gemeinsame Teile) und Sondereigentum (einzelne Wohnungen) und regelt deren Rechtsverhältnisse. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Urteil bestätigt, dass auch das Sondereigentum durch die Gebäudeversicherung gedeckt ist und die geschädigten Eigentümer insofern Ansprüche gegen die WEG haben.
- Treuhandverhältnis im Innenverhältnis zwischen WEG und Wohnungseigentümern: Die WEG verwaltet das Versicherungsgeld treuhänderisch, das ihr für einzelne Eigentümer zufließt, und hat die Pflicht, dieses an den Berechtigten weiterzuleiten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die WEG darf sich an dem für Schäden im Sondereigentum gezahlten Geld nicht bereichern, sondern muss es an die betroffenen Eigentümer auszahlen.
- Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB): Wer ohne Rechtsgrund auf Kosten eines anderen etwas erlangt hat, muss dies herausgeben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Wohnungseigentümer können vom WEG-Verband die Herausgabe der Versicherungsleistung verlangen, da ansonsten eine ungerechtfertigte Bereicherung vorliegen würde.
- Rechtsschutzbedürfnis (§ 256 ZPO): Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage ist, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Entscheidung hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass die Wohnungseigentümer ohne vorherigen Beschluss der Eigentümerversammlung klagen dürfen, da es um die Geltendmachung eigener Ansprüche und nicht um eine interne Verwaltungsmaßnahme geht.
- Treuepflicht der WEG gegenüber den Eigentümern (Ausprägung aus dem Gemeinschaftsverhältnis nach WEG): Die WEG ist verpflichtet, im Interesse ihrer Mitglieder wirtschaftlich und fair zu handeln, insbesondere bei gemeinschaftlichen Versicherungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die WEG muss den Selbstbehalt der Gebäudeversicherung tragen und den Schaden vollumfänglich regulieren, da die Kosten letztlich über die Abrechnung auf alle Eigentümer verteilt werden und ein alleinerziehender Selbstbehalt den geschädigten Eigentümer unangemessen belasten würde.
Das vorliegende Urteil
LG Karlsruhe – Az.: 11 S 23/17 – Urteil vom 22.11.2018
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