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Gebäudeversicherung Wohnungseigentümergemeinschaft – Schaden Sondereigentum

LG Karlsruhe – Az.: 11 S 23/17 – Urteil vom 22.11.2018

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 10.02.2017, Az. 2 C 261/16 WEG, aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 6.080,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.000,00 EUR seit dem 01.12.2015 und aus weiteren 3.080,00 EUR seit dem 01.06.2016 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte, mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Mannheim angefallenen Mehrkosten, die von den Klägern zu tragen sind.

3. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.080,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft und verlangen die Auskehr einer Versicherungsleistung, die im Rahmen der Abwicklung eines Wasserschadens gezahlt wurde, sowie die Übernahme des zwischen der Beklagten und dem Gebäudeversicherer vereinbarten Selbstbehalts.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 10.02.2017 (Akten erster Instanz, Seiten 87 ff.) Bezug genommen und wie folgt ergänzt:

Die Beklagte hat für das Anwesen … bei der … Versicherung eine Wohngebäudeversicherung, die auch eine Leitungswasserversicherung umfasst, abgeschlossen. Dabei wurde ein Selbstbehalt von 2.500,00 EUR vereinbart. Dem Versicherungsvertrag liegen die allgemeinen Bedingungen für die verbundene Wohngebäudeversicherung in der Fassung Januar 2008 (Anlage B5) zugrunde.

Am 10.05.2015 kam es zu einem Wasserschaden in der Sondereigentumseinheit der Kläger infolge eines Wasserrohrbruchs in der Wand ihrer Gästetoilette. Der Sachverständige … begutachtete die Wohnung der Kläger und stellte mit Gutachten vom 28.08.2015 erforderliche Schadenbeseitigungskosten in Höhe von insgesamt 6.080,00 EUR brutto fest. Der Gebäudeversicherer zahlte nach Abzug des Selbstbehalts von 2.500,00 EUR noch 3.580,00 EUR auf das Konto der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 16.11.2015 forderten die Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung in Höhe von 3.000,00 EUR bis spätestens zum 30.11.2015 auf.

Ergänzend ist weiter festzustellen, dass die Kläger der Meinung sind, von der Gebäudeversicherung sei auch ihr Sondereigentum erfasst. Die Versicherungsleistung sei allein im Hinblick auf den in ihrem Sondereigentum entstandenen Schaden von 6.080,00 EUR entsprechend dem Gutachten vom 28.08.2015 ausgezahlt worden. Die Beklagte müsse den im Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbehalt im Verhältnis zu den Klägern tragen, da es schließlich die Beklagte gewesen sei, die den Selbsthalt mit dem Versicherer vereinbart habe.

Ferner ist ergänzend festzustellen, dass die Beklagte der Meinung ist, die Kläger hätten zunächst auf eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung über die Auszahlung der Versicherungsleistung hinwirken müssen. Zudem sei die ausgezahlte Versicherungsleistung für die Beseitigung der durch den Wasserrohrbruch entstandenen Schäden am Gemeinschaftseigentum sowie am Sondereigentum der Kläger und eines weiteren Miteigentümers verbraucht worden. Außerdem sei der geltend gemachte Schaden maßlos überhöht, da bei den Klägern lediglich zwei im Gemeinschaftseigentum stehende Türblätter und Türzargen jeweils im unteren Bereich leicht beschädigt worden seien und die Kläger diese Stellen selbst gestrichen hätten. Es fehle bei der Schadensberechnung auch an dem gebotenen Abzug „neu für alt“. Zudem hätten die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer. Im Übrigen bestehe mangels Verursachung des Wasserschadens durch die Beklagte oder deren Verwalter bereits kein Schadensersatzanspruch der Kläger. Auch sei nicht ersichtlich, auf welcher Anspruchsgrundlage die Kläger eine Zahlung in Höhe des von dem Versicherer nicht ersetzten Schadens in Höhe des Selbstbehalts verlangen könnten.

Das zunächst angerufene Landgericht Mannheim erklärte sich mit Beschluss vom 05.07.2016 für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger an das Amtsgericht Weinheim.

Mit dem angegriffenen Urteil wies das Amtsgericht die Klage ab. Einer unmittelbaren Inanspruchnahme der Beklagten stünde entgegen, dass die Kläger nicht vor Klageerhebung einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung über die Verteilung der Versicherungsleistung herbeigeführt hätten. Zwar müsse der Verwalter eine für die Gemeinschaft entgegengenommene Versicherungsleistung grundsätzlich an den Sondereigentümer weiterleiten. Hierfür benötige er jedoch zuvor einen Beschluss, da die Weiterleitung von Fremdgeld keine Angelegenheit der laufenden Verwaltung darstelle.

Gegen dieses Urteil legten die Kläger Berufung ein. Das vom Amtsgericht aufgestellte Erfordernis einer vorherigen Beschlussfassung sei nicht nachvollziehbar, da über das Bestehen eines Anspruchs nicht durch Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung entschieden werden könne. Vielmehr stünde ihnen – den Klägern – der geltend gemachte Zahlungsanspruch aufgrund des Versicherungsverhältnisses, aus ungerechtfertigter Bereicherung oder als Schadensersatz zu. Hinsichtlich etwaiger Schäden am Gemeinschaftseigentum aufgrund des Wasserrohrbruchs sei es die Aufgabe der Beklagten gewesen, diese ebenfalls bei dem Versicherer geltend zu machen. Im Übrigen wiederholen und vertiefen sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Kläger beantragen:

Unter Abänderung des am 10.02.2017 verkündeten Urteils des Amtsgerichtes Weinheim, Az.: 2 C 126/16 WEG, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger den Betrag von 6.080,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag von 3.000,00 EUR seit dem 01.12.2015 und aus dem weiteren Betrag von 3.080,00 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Insbesondere habe das Amtsgericht zu Recht ausgeführt, dass die Kläger zunächst einen Beschluss über die Auszahlung der Versicherungsleistung hätten herbeiführen müssen. Das Beschlussergebnis hätten die Kläger mit einer Anfechtungsklage gerichtlich überprüfen lassen können.

II.

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Den Klägern fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Das Amtsgericht hat verkannt, dass die unterlassene Herbeiführung einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung allenfalls zur Unzulässigkeit, aber nicht zur Unbegründetheit der Klage führen könnte, da insoweit die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses und keine Anspruchsvoraussetzung betroffen ist.

Im Übrigen mussten die Kläger entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Beklagten nicht erst versuchen, eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung über die Auszahlung der empfangenen Versicherungsleistung herbeizuführen.

Zwar ist für eine Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG anerkannt, dass dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn er sich nicht vor der Anrufung des Gerichts im Rahmen des Zumutbaren um eine Beschlussfassung durch die Wohnungseigentümer bemüht hat (BGH, Urteil vom 15.01.2010, V ZR 114/09 – juris (Rn. 14); Urteil vom 27.04.2012, V ZR 177/11 – juris (Rn. 7); Roth, in: Bärmann, WEG, 14. Aufl., vor § 43 ff. Rn. 45). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Herbeiführung einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Wege einer Beschlussersetzungsklage. Vielmehr begehren die Kläger von der Beklagten aufgrund behaupteter Ansprüche aus einem Versicherungsverhältnis, aus ungerechtfertigter Bereicherung oder als Schadensersatz die Auskehr der ausgezahlten Versicherungsleistung und die Übernahme des Selbstbehalts. Dass der Verwalter im Innenverhältnis zur Beklagten vor einer Auszahlung der Versicherungsleistung oder Übernahme des Selbstbehalts bei Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen oder vertraglichen Ermächtigung zur Weiterleitung von Fremdgeldern einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung herbeizuführen hat, begründet keine Pflicht der Kläger, vor einer Zahlungsklage selbst eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümerversammlung veranlassen zu müssen. Eine fehlende Ermächtigung des Verwalters zur Weiterleitung von Fremdgeldern ist Sache der Beklagten und des Verwalters in deren Innenverhältnis.

2. Die Klage ist begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 6.080,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 3.000,00 EUR seit dem 01.12.2015 und aus weiteren 3.080,00 EUR seit dem 01.06.2016.

a) Zwar haben die Kläger gegen die Beklagte keine verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüche. Denn die Beklagte hat weder den Wasserrohrbruch noch die von den Klägern unter Hinweis auf das Gutachten vom 28.08.2015 geltend gemachten Folgeschäden verursacht. Dies haben auch die Kläger nicht behauptet.

b) Die Kläger haben jedoch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auskehr der von dieser empfangenen Versicherungsleistung in Höhe von 3.580,00 EUR aus dem zwischen ihnen aufgrund des gewählten Versicherungsmodells entstandenen Treuhandverhältnis.

Bei dem von der Beklagten abgeschlossenen Gebäudeversicherungsvertrag handelt es sich um eine Versicherung auf fremde Rechnung nach § 43 Abs. 1 VVG (II.2.aa), sodass zwischen ihr und den Klägern ein Treuhandverhältnis entstanden ist, das die Beklagte verpflichtet, eine den Klägern zustehende Versicherungsleistung an diese auszukehren (II.2.bb). Die von dem Gebäudeversicherer ausgezahlte Versicherungsleistung in Höhe von 3.580,00 EUR steht nicht der Beklagten, sondern den Klägern zu (II.2.cc).

aa) Schließt eine Wohnungseigentümergemeinschaft – wie hier die Beklagte – für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung ab, handelt es sich – mit Ausnahme von etwaigem Verbandseigentum – um eine Versicherung auf fremde Rechnung im Sinne des § 43 Abs. 1 VVG. Versicherungsnehmer ist der gemäß § 10 Abs. 6 S. 1 und 2 WEG rechtsfähige Verband, während Versicherte die einzelnen Wohnungseigentümer sind, und zwar sowohl für ihren ideellen Anteil am Gemeinschaftseigentum als auch für ihr Sondereigentum (BGH, Urteil vom 16.09.2016, V ZR 29/16 – juris (Rn. 6)).

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird von der Gebäudeversicherung vorliegend auch das Sondereigentum der Kläger erfasst. Welches Interesse die Vertragsparteien, hier also die Beklagte als Versicherungsnehmerin und der Gebäudeversicherer, als versichert vereinbart haben, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteil vom 28.03.2001, IV ZR 163/99 – juris (Rn. 11)). Bei einem Gebäudeversicherungsvertrag, dessen Versicherungsnehmer eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist und der – wie hier – das gesamte Gebäude betrifft, ist neben dem Gemeinschaftseigentum auch das Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers mitversichert (vgl. zum Sachersatzinteresse BGH, a.a.O. – juris (Rn. 12)). Dies ergibt sich vorliegend auch aus den unstreitig Vertragsbestandteil gewordenen „Allgemeinen Bedingungen für die Verbundene Wohngebäudeversicherung (GVB 98 – Wohngebäude) Fassung Januar 2008“ (im Folgenden „AVB“, Anlage B5, I-68). Nach § 1 Abs. 2 der AVG ist das Gebäude mit seinen Bestandteilen versichert. Damit ist das gesamte Gebäude versichert, ohne dass eine Differenzierung nach im Gemeinschafts- oder Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen erfolgt. Eine solche Differenzierung ist von den Vertragsparteien, insbesondere vom Versicherer, üblicherweise aufgrund der immer wieder auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten auch nicht gewollt. Dieses Auslegungsergebnis wird ebenfalls durch § 33 der AVB bestätigt. Dort werden ausdrücklich Regelungen für das „Wohnungs- und Teileigentum“, also auch das Sondereigentum an einer Wohnung (vgl. § 1 Abs. 2 WEG), getroffen. Dies wäre jedoch überflüssig, hätten die Vertragsparteien nicht auch das Sondereigentum mitversichern wollen.

bb) Bei einer Versicherung auf fremde Rechnung besteht zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten im Innenverhältnis ein Treuhandverhältnis, das in Verbindung mit dem Bereicherungsverbot für den Versicherungsnehmer diesen verpflichtet, den ihm nicht zustehenden Entschädigungsbetrag an den Geschädigten auszukehren (BGH, Urteil vom 16.09.2016, V ZR 29/16, m.w.N. – juris (Rn. 6)).

Daraus folgt, dass die Kläger als Versicherte gegen die Beklagte als Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Auskehr der an diese von dem Versicherer aufgrund von Schäden an ihrem Sondereigentum ausgezahlten Versicherungsleistung haben. Denn bei Versicherungsleistungen aufgrund von Schäden am Sondereigentum handelt es sich nicht um eigene Einnahmen des Verbandes, sondern um Leistungen für das Sondereigentum, die der Verband lediglich treuhänderisch empfängt und an denjenigen auszukehren hat, der für den in Rede stehenden Schaden als versicherte Person anzusehen ist (BGH, Urteil vom 16.09.2016, V ZR 29 /16 – juris (Rn. 6)).

cc) Die von dem Gebäudeversicherer ausgezahlte Versicherungsleistung in Höhe von 3.580,00 EUR steht den Klägern als Geschädigte zu, da sie entgegen der Auffassung der Beklagten der Regulierung von Schäden am Sondereigentum der Kläger diente. Maßgeblich ist, welchen Schaden der Versicherer regulieren wollte.

Aus dem Schreiben des Gebäudeversicherers vom 17.12.2015 (Anlage K6) ergibt sich eindeutig, dass der Schaden aufgrund des (Kurz-)Gutachtens des Sachverständigen … vom 28.08.2015 reguliert wurde. Dort wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Schadensermittlung des Sachverständigen und ausgeführt, dass die Kostenermittlung in Höhe von 6.080,00 EUR unter Berücksichtigung des vertraglichen Selbstbehalts in Höhe von 2.500,00 EUR die Grundlage der an die Beklagte geleisteten Zahlung in Höhe von 3.580,00 EUR sei. Die von dem Versicherer genannte Schadensumme in Höhe von 6.080,00 EUR stimmt mit dem Gutachten vom 28.08.2015 überein (Anlage K2).

Nach dem Gutachten vom 28.08.2015 setzt sich der ermittelte Gesamtschaden in Höhe von 6.080,00 EUR aus Schäden am Laminatboden, an Sockelleisten, Türen und Türzargen, Fliesen sowie Stromkosten und Hilfestellung für die Raumtrocknung und dem erforderlichen Anstrich für alle beschädigten Wände in den Fluren der Wohnung der Kläger zusammen. Das Gutachten erfasst damit lediglich die in der Wohnung der Kläger an deren Sondereigentum entstandenen Schäden. Etwaige von der Beklagten angeführte Schäden in der Wohnung eines weiteren Sondereigentümers oder am Gemeinschaftseigentum werden nicht genannt. Bei den im Gutachten aufgeführten Schäden handelt es sich auch ausschließlich um Schäden am Sondereigentum. Dies gilt insbesondere – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch für die (Innen-)Türen und Türzargen (vgl. Armbrüster, in: Bärmann, WEG, 14. Aufl., § 5 Rn. 124). Aus dem Gutachten vom 28.08.2015 folgt, dass lediglich die Innentüren infolge des Wasseraustritts beschädigt wurden. Danach waren von der Feuchtigkeitseinwirkung „beide Flure in der Wohnung, die Küche, das Bad und das Gäste-WC, einschließlich aller Holztüren und Türzargen, die von den Fluren in die einzelnen Räume führen“ betroffen.

Soweit durch den Wasserrohrbruch neben den im Gutachten vom 28.08.2015 aufgeführten Schäden in der Sondereigentumseinheit der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten weitere Schäden am Gemeinschaftseigentum und am Sondereigentum anderer Eigentümer entstanden seien, oblag es der Beklagten bzw. den anderen betroffenen Wohnungseigentümern, diese Schäden dem Versicherer zu melden und eine Regulierung anzustreben. Dass eine weitere Schadensmeldung offensichtlich nicht erfolgt ist, geht nicht zu Lasten der Kläger.

Auf die Einwendungen der Beklagten gegen die von dem Versicherer aufgrund des Gutachtens vom 28.08.2015 regulierte Schadenshöhe von 6.080,00 EUR kommt es im Hinblick auf die aus dem Treuhandverhältnis folgende Verpflichtung der Beklagten, die für das Sondereigentum der Kläger empfangene Versicherungsleistung auszukehren, ebenfalls nicht an.

Auch der Einwand der Beklagten, sie habe verschiedene Rechnungen im Zusammenhang mit dem am 10.05.2018 eingetretenen Wasserschaden beglichen, steht dem Anspruch der Kläger auf Auskehr der empfangenen Versicherungsleistung nicht entgegen. Diese hatten die Beklagte bereits nicht zur Vornahme von Zahlungen an Dritte ermächtigt, sodass unerheblich ist, ob die vorgelegten Rechnungen überhaupt im Zusammenhang mit dem Sondereigentum der Kläger stehen.

c) Die Kläger haben gegen die Beklagte zudem einen Anspruch auf Zahlung in Höhe des Selbstbehalts von 2.500,00 EUR.

Die Beklagte ist aufgrund des Gebäudeversicherungsvertrags Schuldnerin der Versicherungsprämien und hat nach außen im Verhältnis zum Versicherer den Selbstbehalt zu tragen. Umstritten ist jedoch, wer den Selbstbehalt im Innenverhältnis zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern zu tragen hat. Diese Frage ist aus Sicht der Kammer zu Lasten der Wohnungseigentümergemeinschaft zu entscheiden.

aa) Teilweise wird vertreten, bei Schäden am Gemeinschafts- und Sondereigentum oder an mehreren Sondereigentumseinheiten sei eine quotale Verteilung des Selbstbehalts auf sämtliche Wohnungseigentümer vorzunehmen. Trete der Schaden jedoch nur in einem Sondereigentum ein, müsse der geschädigte Wohnungseigentümer den Selbstbehalt in voller Höhe selbst tragen (Armbrüster, ZWE 2009, 109 (112); Elzer, in: Timme, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 290 f.; Vandenhouten, in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 123 – allerdings ohne Begründung). Ein Ausgleichsanspruch bestehe nicht. Dieses im Einzelfall unbillige Ergebnis folge aus dem auch vom betroffenen Wohnungseigentümer mitbeschlossenen Versicherungsvertrag mit Selbstbehalt. Nach Bestandskraft des Beschlusses sei auch ein Fehlverhalten der übrigen Wohnungseigentümer nicht mehr erkennbar. Zudem träfe die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Pflichten für das Sondereigentum des einzelnen Eigentümers. Für die Versicherung seines Sondereigentums sei jeder Wohnungseigentümer selbst verantwortlich (Elzer, a.a.O.).

bb) Nach der Gegenansicht habe die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband auch bei einem Schadenseintritt in nur einer Sondereigentumseinheit mit eigenen finanziellen Mitteln die Schadensbeseitigung in vollem Umfang zu ermöglichen und den Aufwand für den Selbstbehalt – auf der zweiten Stufe – in der Jahresabrechnung umzulegen (Dötsch, NZM 2018, 353 (366); Jennißen, in: Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 16 Rn. 99; Karkmann, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, Stand: 01.07.2018, § 21 WEG Rn. 99; Reichel-Scherer, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 21 WEG Rn. 341). Ein solcher Freistellungs- oder Ausgleichsanspruch des geschädigten Wohnungseigentümers in Höhe des Selbstbehalts gegen den Verband lasse sich bei Fehlen einer Regelung in der Teilungserklärung aus der zwischen Verband und Mitgliedern bestehenden Treuepflicht ableiten (Dötsch, a.a.O.). Zudem könne auf das versicherungsrechtliche Treueverhältnis abgestellt werden, da der Verband Prämien- und Selbstbehaltsschuldner sei und als Versicherungsnehmer alle auf den Schadensfall erbrachten Leistungen auszukehren und den im Weg der Aufrechnung/ Verrechnung ihm gegenüber in Abzug gebrachten Selbstbehalt als Prämienbestandteil zu tragen habe (Dötsch, a.a.O.). Denn alle Wohnungseigentümer würden in gleichem Umfang – im Verhältnis ihrer Kostenanteile – durch eine Reduzierung der Versicherungsprämie von dem Selbstbehalt profitieren, solange es nicht zu einem Schaden komme. Der zufällige Ort des Schadenseintritts dürfe aber nicht zu einer extrem ungleichen Kostenbelastung führen, da durch die Gebäudeversicherung ein verschuldensunabhängiges und damit nicht beherrschbares Risiko abgesichert werden solle (Reichel-Scherer, a.a.O.; vgl. auch im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage: AG Saarbrücken, Beschluss vom 29.04.2002, 1 II 173/01 WEG – juris (Rn. 14 f.). Nur wenn die Schadensursache im Sondereigentum liege und auf eine Pflichtverletzung des Wohnungseigentümers zurückgehe, habe dieser den Selbstbehalt in voller Höhe selbst zu tragen (Reichel-Scherer, a.a.O.).

cc) Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an, nach der der geschädigte Wohnungseigentümer gegen den Verband einen Freistellungs- bzw. Ausgleichsanspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe des Selbstbehalts hat. Es überzeugt, dass der Selbstbehalt als Bestandteil der Prämie anzusehen ist, weil deren Höhe auch von der Vereinbarung eines Selbstbehalts abhängig ist. Da sämtliche Wohnungseigentümer von einer niedrigeren Prämie infolge eines Selbstbehalts profitieren, ergibt sich aus der zwischen der Gemeinschaft und den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht (vgl. Suilmann, in: Bärmann, a.a.O., § 10 Rn. 46) auch die Pflicht der Gemeinschaft, im Schadensfall den Selbstbehalt nicht dem einzelnen zufällig Geschädigten aufzubürden, sondern diesen zunächst als Verband zu übernehmen und anschließend im Rahmen der Jahresabrechnung auf alle Wohnungseigentümer nach den entsprechenden Kostenanteilen (in der Regel nach Miteigentumsanteilen, § 16 Abs. 2 und Abs. 1 S. 2 WEG) umzulegen. Auf ein Fehlverhalten der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über den Versicherungsvertrag kommt es – entgegen der zuerst genannten Ansicht (aa) – nicht an, da der Ausgleichsanspruch nicht auf einen verschuldensabhängigen Ersatzanspruch gestützt wird.

III.

Die von der Beklagten zu zahlenden Zinsen folgen aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB und § 187 Abs. 1 BGB (analog). Die Beklagte ist mit der Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 3.000,00 EUR aufgrund der Mahnung der Kläger mit Schriftsatz vom 16.11.2015 unter Fristsetzung zur Zahlung bis zum 30.11.2015 seit dem 01.12.2015 in Verzug (§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB). Mit der Zahlung des weiteren Teilbetrages in Höhe von 3.080,00 EUR ist sie seit dem 01.06.2016 in Verzug, da ihr die Klage über die gesamte Klageforderung in Höhe von 6.080,00 EUR am 31.05.2016 (Akten erster Instanz, Seite 11) zugestellt wurde (§ 286 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Entscheidungserheblich ist die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft oder der einzelne Wohnungseigentümer den im Rahmen eines von der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossenen Versicherungsvertrages vereinbarten Selbstbehalt im Schadensfall zu tragen hat. Diese Frage ist – wie dargestellt – in der Literatur sehr umstritten und – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung bisher nicht entschieden. Die veröffentliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit versicherungsvertraglich vereinbarten Selbstbehalten und deren Verteilung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft betrifft die ordnungsmäßige Verwaltung im Rahmen von Beschlussanfechtungsklagen. Es handelt sich vorliegend auch nicht nur um eine Einzelfallentscheidung.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beruht auf § 49a Abs. 1 GKG und entspricht dem einfachen Interesse der Kläger, da dieses das hälftige Gesamtinteresse der Parteien übersteigt.

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