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Gebäudeversicherung – Verpflichtung zum Ersatz der Neuwertspitze

OLG Dresden – Az.: 4 U 2789/19 – Urteil vom 06.10.2020

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.11.2019 – 8 O 730/17 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.430,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, höchstens 5 %, hieraus seit dem 16.09.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Klägerin zu 96 % und die Beklagte zu 4 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 61.807,54 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Gebäudeversicherung - Verpflichtung zum Ersatz der Neuwertspitze
Symbolfoto: Von Denphumi/Shutterstock.com

Die Klägerin macht Versicherungsleistungen aus einer Inhaltsversicherung aufgrund eines Brandereignisses in der Nacht vom 30. zum 31.10.2015 geltend.

Sie unterhält bei der Beklagten für das Gebäude B. in D. seit dem 21.03.2012 eine Inhaltsversicherung zum Neuwert (Anlage K1) unter Einbeziehung der AVB vom 01.02.2015 (Anlage K2). Die Versicherungsbedingungen enthalten unter anderem folgende Regelungen:

§ 11

2.1.2. …

Der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der Sache durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand; ….

§ 12

2.1.

Ist die Entschädigung zum Neuwert vereinbart, erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil) einen Anspruch nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um …

2.1.2.

bewegliche Sachen, die zerstört wurden oder abhandengekommen sind, in gleicher Art und Güte im neuwertigen Zustand wieder zu beschaffen. …“

Das Objekt wird im Vertrag wie folgt beschrieben:

„Büro, Lager, Kfz-Werkstatt, Lagerhaus, Garage“.

Das vierstöckige Gebäude wurde in den 70er Jahren in Plattenbauweise errichtet. Anfang der 90er Jahre wurde es als Ausbildungsbetrieb für die Lehrlingsausbildung und später bis Oktober 2011 als Hotel genutzt. Im Erdgeschoss befand sich ein Restaurant mit Kantine, im ersten und zweiten Obergeschoss Büro- und Unterrichtsräume und im dritten Obergeschoss Hotelzimmer. Nach Einstellung des Hotelbetriebes wurde das Gebäude von Mitarbeitern für Verwaltungstätigkeiten bis Ende 2014 genutzt. Ab Januar 2015 wurde das Gebäude als Lagerstätte für Geschäftsunterlagen und Betriebseinrichtungen verwendet, Wasserversorgung und Heizung wurden abgestellt. Die Klägerin beabsichtigte eine Nutzungsänderung in ein Asylbewerberheim. Ende Oktober 2015 fanden Entrümpelungsarbeiten statt. In der Nacht zum 31.10.2015 ist das Gebäude durch Brandstiftung beschädigt worden. Die Täter wurden mit Urteil des Amtsgerichts Dresden vom 10.10.2017 wegen Brandstiftung verurteilt. Am 04.11.2015 fand eine Ortsbegehung statt, an der für die Beklagte das Sachverständigenbüro R. teilnahm (Anlage K3). Für den Inhaltsschaden beauftragte die Beklagte das Sachverständigenbüro K., deren Mitarbeiter – der Zeuge P. – eine Liste der beschädigten Einrichtungsgegenstände erstellt (Bl. 78 d. A.) und den Zeitwert auf 12.930,00 Euro geschätzt hat, wobei er für das PC-Kabinett (Computeranlage) von einem Baujahr 2003 und einem Zeitwert von 330,00 Euro ausging. Den Neuwert schätzte er auf 66.221,81 Euro. Die Klägerin erstellte ebenfalls eine Liste der beschädigten Gegenstände (Anlage K5) und ermittelte den Neuwert anhand aktueller Preise vergleichbarer Gegenstände in Höhe von 69.861,06 Euro. Am 07.12.2015 zahlte die Beklagte eine Vorauszahlung auf den Inhaltsschaden in Höhe von 10.000,00 Euro und auf den Gebäudeschaden in Höhe von 25.000,00 Euro. Die Beklagte stellte zum Versicherungsfall mit Schreiben vom 13.01.2016 und 21.07.2016 zahlreiche Fragen und bat unter anderem um eine Bevollmächtigung zur Kontaktaufnahme und Einholung von Auskünften beim zuständigen Bauamt sowie dem Jugendamt Dresden betreffend der Nutzungsänderung. Die Klägerin nahm hierzu mit Schreiben vom 25.02.2016 und 26.07.2016 Stellung. Die Beklagte lehnte in der Folge mit Schreiben vom 09.08.2016 eine Regulierung wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungspflicht ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Obliegenheitsverletzungen könnten ihr nicht entgegengehalten werden. Die gegenüber der Beklagten gemachten Auskünfte seien ordnungsgemäß und vollständig, die der Firma S. als Vertreterin der Beklagten übergebene Liste enthalte die erforderlichen Angaben. Eine rechtliche Verpflichtung, der Beklagen Einsicht in die Akten zum Bauantrag zur Umnutzung in ein Flüchtlingsheim zu gewähren, bestehe nicht. Ebenso wenig habe vor dem Versicherungsfall eine Gefahrerhöhung vorgelegen. Hierzu hat sie behauptet, regelmäßige Kontrollen in dem Gebäude veranlasst zu haben. Die beschädigte Computertechnik habe sie erst im Mai 2010 von der Firma G. Leasing AG geleast, diese sei nach Zahlung der Schlussrate in ihr Eigentum übergegangen. Zur Sicherstellung der Ersatzbeschaffung der Computertechnik habe sie am 04.01.2019 einen verbindlichen Kaufvertrag über einen Nettokaufpreis von 17.112,20 Euro abgeschlossen. Die zerstörten Einrichtungsgegenstände seien zwar benutzt, jedoch funktionsfähig gewesen, weshalb ein Zeitwert von 50 % des Neuwertes anzusetzen sei.

Das Landgericht hat den Zeugen P. gehört und die Klage mit Urteil vom 06.11.2019 – auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird – abgewiesen. Es hat angenommen, dass die Klägerin ihrer Obliegenheit zur Auskunftserteilung vorsätzlich nicht nachgekommen sei, weil sie keine Schadensaufstellung mit genauer Bezeichnung der Gegenstände, des Anschaffungspreises und -jahres vorgelegt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, das Landgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass sie ihrer Verpflichtung zur Übersendung einer Schadensaufstellung nicht nachgekommen sei. Diese sei am 22.07.2016 an die von der Beklagten bevollmächtigte Versicherungsmaklerin übersandt worden. Es seien die Aufstellungen Anlage K5 und die Anlage K6 übermittelt worden. Für die Computertechnik habe sie über keine Belege verfügt. Ihr sei im Jahr 2016 nicht bewusst gewesen, dass sie die Unterlagen noch hätte beschaffen können. Für die Computer des Baujahres 2003 fordere sie keinen Ersatz, diese seien ausgesondert worden. Im Übrigen seien Anschaffungsbelege nicht mehr vorhanden und könnten daher nicht vorgelegt werden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.11.2019 aufzuheben und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.921,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % ab dem 16.09.2016 zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagte für den Zeitraum von zwölf Monaten ab Rechtskraft dieses Urteils verpflichtet ist, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von bis zu 46.886,50 Euro zu zahlen, Zug um Zug gegen Vorlage von Belegen über Neuanschaffungen von Gegenständen entsprechend den Positionen 1 bis 19 und 21 bis 40 aus der Anlage K5 eingereichten Aufstellung.

3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.600,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten ab dem 16.09.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil. Insbesondere vertritt sie die Auffassung, die Klägerin habe zu dem Wert der bestätigten Gegenstände keine konkreten Angaben gemacht und keine Belege vorgelegt, weshalb der Wert nicht geschätzt werden könne. Im Übrigen sei die Büroeinrichtung, die in den Jahren 1995 und 1996 angeschafft worden sei und die Computeranlage aus dem Jahre 2003 wertlos gewesen, weshalb es schon nicht auf den Zeitwert, sondern den gemeinen Wert ankomme. Es müsse im Übrigen auch bestritten werden, dass die von der Klägerin in der Anlage K5 aufgeführten Gegenstände sich zum Zeitpunkt des Brandes im Gebäude befunden hätten. Ein Anspruch auf die Neuwertspitze bestehe nicht, weil die Klägerin die Neuanschaffung nicht binnen drei Jahren sichergestellt habe. Im Übrigen sei die Beklagte schon deshalb leistungsfrei weil die Klägerin ihre Obliegenheiten arglistig verletzt, zahlreiche Fragen zu den zerstörten Gegenständen nicht bzw. nicht ausreichend beantwortet und sich geweigert habe, der Beklagten eine Vollmacht zur Einsichtnahme in die Bauakte und die Akte des Jugendamtes zu erteilen. Des Weiteren müsse die inhaltliche Richtigkeit und Echtheit der erstmals im Prozess vorgelegten Unterlagen zu der Computeranlage, die im Jahr 2010 angeschafft worden sein soll, bestritten werden. Die am Versicherungsort zum Brandzeitpunkt befindlichen Computer seien deutlich vor dem Jahr 2010 angeschafft worden. Es sei auch nicht verständlich, weshalb diese Unterlagen erst Jahre nach dem Brandereignis im Prozess vorgelegt worden seien, aber nicht auf Anforderung der Beklagten. Im Übrigen habe die Klägerin den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, denn das Gebäude habe leer gestanden und ausweislich der Angaben eines der Brandstifter sei ein Fenster offen gewesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen H., D. und B.. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.09.2020 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist lediglich in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe begründet, im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

A.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Feststellungsantrag zulässig, insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Dieses kann nicht verneint werden, wenn dem konkreten, vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Klägers eine Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungsanspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. (vgl. Senat, Urteil vom 12.05.2020 – 4 U 2047/19 -). Maßgeblich ist, dass nach Eintritt des Versicherungsfalles die Grundlagen des Anspruches bereits gegeben sind. Dies ist der Fall, denn ein Versicherungsfall ist unstreitig eingetreten. Streitig ist, ob die Klägerin die Ersatzbeschaffung binnen drei Jahren sichergestellt hat und damit Anspruch auf die Neuwertentschädigung erheben kann. Für die Zulässigkeit des Feststellungsantrages kommt es indes nicht darauf an, ob die Klägerin die Ersatzbeschaffung bereits sichergestellt hat. Bei der Frage nach der Gegenwärtigkeit des Rechtsverhältnisses ist nicht entscheidend auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung abzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 04.02.2020 – 4 U 1942/18 -; vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.01.2019 – 12 U 129/18 -; andere Ansicht OLG Köln, Beschluss vom 12.03.2018 – 9 W 7/18 -).

2.

Der Versicherungsfall ist unstreitig eingetreten, denn in dem Objekt kam es durch Brandstiftung in der Nacht zum 31.10.2015 zu einem Brandschaden. Ein Anspruch auf Neuwertentschädigung steht der Klägerin aus der Inhaltsversicherung des Gebäudeversicherungsvertrages vom 21.03.2012 (Anlage K1) jedoch nicht zu (a). Sie hat lediglich in Höhe von 2430 EUR einen Anspruch auf den Zeitwert (b). Sie hat zwar ihre Obliegenheit zur vollständigen Auskunftserteilung grob fahrlässig verletzt (c), jedoch ist dieser Leistungsanspruch nicht zu kürzen, weil nicht ersichtlich ist, wie sich der Pflichtverstoß auf die Entschädigungspflicht ausgewirkt haben soll (d). Der Beklagten ist der Beweis dafür, dass die Klägerin den Versicherungsfall nach § 81 VVG vorsätzlich herbeigeführt hat, nicht gelungen (e). Eine relevante Gefahrerhöhung liegt ebenfalls nicht vor (f).

a) Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung der Neuwertspitze zu. Denn sie hat die Neuanschaffung der zerstörten Gegenstände nicht binnen der Frist von drei Jahren sichergestellt. Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag enthält eine sogenannte strenge Wiederherstellungsklausel mit einer Ausschlussfrist nach Ablauf von drei Jahren. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Nach fruchtlosem Fristablauf kann in deren Anwendungsbereich der Anspruch auf die Neuwertentschädigung nicht mehr entstehen (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, Kommentar zum VVG, 29. Aufl., § 93 Rdnr. 11; Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.11.2019 – 16 U 22/19). Vorliegend datiert die Auftragsbestätigung für die Neuanschaffung von Computern auf den 04.01.2019 und liegt damit außerhalb der vom 31.10.2015 (Tag des Schadensfalles) bis zum 31.10.2018 laufenden Frist. Eine Sicherstellung der Neuanschaffung der Büromöbel innerhalb dieses Zeitraums ist unstreitig nicht erfolgt.

Die Berufung der Beklagten auf diese Ausschlussfrist stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung durch den Versicherer dar. Dies kann der Fall sein, wenn der Versicherer sich über eine längere Zeit zu Unrecht seiner Leistungspflicht entzogen hat und erst dadurch erreicht wird, dass er sich seinen vertraglich übernommenen Pflichten bezüglich des Neuwertanteils nunmehr legal vollends entziehen könnte (LG Köln, Urteil vom 15.03.2017 – 20 O 292/16 -; vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16.12.1988 – 20 U 123/88 -). So liegt der Fall hier indes nicht. Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten ist nicht ersichtlich. Sie hat den Eintritt des Versicherungsfalles nicht in Abrede gestellt, vielmehr bereits unmittelbar nach Schadenseintritt einen Vorschuss in Höhe von 10.000,00 Euro auf die Inhaltsversicherung bezahlt. Es ist auch nicht dargetan, dass es der Klägerin wirtschaftlich nicht möglich gewesen wäre, innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes die Ersatzbeschaffung sicherzustellen, nachdem sich die Beklagte geweigert hat, weitere Zahlungen zu erbringen. Die Klägerin hat in den drei Jahren nach dem Brandschadensereignis keine erkennbaren Aktivitäten zur Wiederbeschaffung der zerstörten Gegenstände entfaltet, obwohl ihr zumindest mit dem Vorschuss in Höhe von 10.000,00 Euro eine teilweise Wiederbeschaffung möglich und zumutbar gewesen wäre. Insoweit kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie die neu zu beschaffenden Gegenstände überhaupt nicht hätte unterbringen können, weil das Gebäude bis heute nicht saniert worden ist. Dies ist kein Umstand, den die Beklagte treuwidrig zu vertreten hätte.

b) Der Klägerin steht danach gegen die Beklagte lediglich ein Anspruch auf Erstattung des Zeitwertschadens für die Möbel sowie die bereits im Jahr 2003 erworbene Computerausstattung zu, Ansprüche wegen des im Jahr 2010 geleasten Computerkabinetts hat sie indes nicht (aa). Von dem verbleibenden Zeitwert i.H. 12.930,00 Euro sind der Selbstbehalt von 500,00 Euro und die Vorauszahlung von 10.000,00 Euro in Abzug zu bringen, so dass ein Zahlbetrag von 2.430,00 Euro verbleibt (bb).

aa) Der Senat konnte sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit davon überzeugen, dass die im Mai 2010 geleaste Computeranlage sich zum Zeitpunkt des Brandes in dem versicherten Objekt befand. Eine jede Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist hierfür indes nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2006 – IV ZR 21/05 -). Es genügt für das erkennende Gericht, dass es sich für die Gewinnung der vollen Überzeugung von der Wahrheit behaupteter Tatsachen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen darf und muss, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hat der Zeuge B. – Inhaber der Firma B. – glaubhaft geschildert, dass er im Jahr 2010 eine neue Computeranlage an die Firma G. Leasing AG veräußert und in den Geschäftsräumen der Klägerin in der B. in D. installiert habe. Es habe sich um 18 Thinclients, einen Server und verschiedene Monitore, einen Lehrer-PC, Drucker und Beamer sowie drei Notebooks gehandelt. Im Anschluss daran sei er noch mehrfach vor Ort gewesen, um den Server zu warten. Dieser Wartungsvertrag sei allerdings Anfang 2012 ausgelaufen, als der Schulungsbetrieb eingestellt worden sei. Danach habe er den Raum nicht mehr betreten. Nachdem der Zeuge die Anlage letztmalig im Jahr 2012 gesehen hat, ist seine Aussage für die Behauptung, die Computeranlage habe sich noch drei Jahre später Ende Oktober 2015 in dem in Rede stehenden Gebäude befunden, bereits nicht ergiebig, auch weil die Nutzung des Gebäudes in diesem Zeitraum mehrfach geändert wurde und eine Entfernung der Computer daher naheliegt, während es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, dass ein hochwertiges PC-Kabinett in einem weitgehend leerstehenden Gebäude über Jahre dem Wertverfall preisgegeben wird.

Gleiches gilt für die Aussagen der Zeugen H. und D., die ebenfalls nicht aus eigener Anschauung bestätigen konnten, dass sich die im Jahr 2010 angeschaffte TC-Ausstattung am 31.10.2015 in dem Gebäude befand. Der Zeuge D. – der seinerzeit Angestellter bei der Klägerin war und zu dessen Aufgaben die Installation und Wartung der Technik sowie die Kontrolle der Grundstücke gehörte – hat zumindest im Jahr 2015 das PC-Kabinett nicht mehr gesehen. Er hat zwar ausgesagt, dass sich in dem Hotel neben der gesamten Hotelausstattung auch ein PC-Kabinett befunden habe. Letzteres habe sich jedoch in einem verschlossenen Raum befunden, den er im Rahmen seiner Bestreifung nie geöffnet habe. Er könne daher auch nur mutmaßen, dass sich die Computer vor dem Brand dort befunden haben müssten. Das Gebäude habe kurz vor dem Brandereignis auch komplett leer gestanden. Er habe regelmäßige Bestreifungen vorgenommen, bei dieser Gelegenheit aber das Gebäude grundsätzlich nicht betreten. Er habe nach dem Brand die Räume gesehen, da die Türen dann offen gestanden seien. Dabei habe er mehrere Bildschirme, Tastaturen und einen Computertower gesehen. Er konnte aber letztendlich nicht sagen, um welche Computeranlage – und insbesondere um welches Baujahr – es sich gehandelt hat.

Der Zeuge H. – einer der Brandstifter – hat demgegenüber geschildert, dass er sämtliche Räume flüchtig durchgegangen sei, um auszuschließen, dass sich noch Personen in den Räumen befunden hätten. Auf Vorhalt der Lichtbilder des vermeintlichen Büroraumes, in dem das Computerkabinett gestanden haben soll, hat er ausgeschlossen, dass sich diese in dem streitgegenständlichen Gebäude befunden hätten. Computer habe er überdies in keinem der Räume gesehen. Daran würde er sich erinnern. An den Wänden sei bereits reichlich Grünspan gewesen. Der Senat hat keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage, die detailreich, spontan und ohne Belastungstendenz oder ein erkennbares Eigeninteresse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits erfolgt ist. Dass er sich bei der Geschosszahl des Gebäudes möglicherweise geirrt und die vom Privatgutachter der Beklagten vorgefundenen Computer nicht gesehen haben will, lässt zwar Zweifel aufkommen, ob sich der Zeuge tatsächlich vollständig und richtig an den Gesamtzustand des Gebäudes erinnert hat. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil sich auf der Grundlage seiner Aussage jedenfalls nicht beweisen lässt, dass sich die im Jahre 2010 erworbenen TC-Ausstattung zum Schadenszeitpunkt noch in dem Gebäude befand. Dieser Beweis ist auch nicht durch die Aussage des Zeugen P. geführt, der im Auftrag der Beklagten nach dem Brandereignis eine Bestandsaufnahme vor Ort durchgeführt hat, hierbei aber ein Typenschild mit dem Baujahr 2003 vorgefunden hat. Weitere Typenschilder habe es nicht gegeben. Er habe die Fotos auch dem EDV-Bearbeiter bei ihm gezeigt und dieser habe ihm bestätigt, dass das Baujahr ungefähr 2003 bis 2006 gewesen sein könnte. Aus diesem Grund sei er auch nur von einem Zeitwert von 3 % des Anschaffungspreises ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch nichts anderes aus der ausführlichen Aufstellung des Sachverständigen P. (Anlage K12) über die durch den Brandschaden beschädigten Gegenstände. Dort werden zwar in der Position 74 15 PC-Arbeitsplätze mit Monitor mit dem Baujahr 2010 beschrieben. In der letzten Zeile der Position steht jedoch, dass das Baujahr vor 2003 liegt.

nicht mit der im Jahr 2010 erworbenen TC-Ausstattung, die sich auch äußerlich von einer PC-Ausstattung unterscheidet, identisch ist. Nachdem keiner der Zeugen das Computerkabinett des Baujahres 2010 in zeitlichem Zusammenhang mit dem Brandereignis vor Ort gesehen hat, kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass dieses durch das Brandereignis zerstört wurde. Es erscheint im Übrigen auch nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin als Unternehmerin ein Computer-Kabinett im Mai 2010 least, dafür über dreieinhalb Jahre Leasing-Raten bezahlt und die neuwertigen Computer nach Ende des Schulungsbetriebes seit Anfang 2012 unbenutzt in einem Gebäude stehen lässt, das zuletzt nur noch als Lagerstätte verwendet wird und in dem Heizung und Wasser abgestellt wurden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge B. 18 Thinclients und Monitore installiert hat, der Zeuge P. aber nur 15 Computer Arbeitsplätze vorgefunden hat (Anlage K 12), wovon jedenfalls einer der Computer aus dem Jahr 2003 stammt.

bb) Der Senat schätzt hiernach den Zeitwert der Computerausstattung aus dem Jahr 2003 sowie der weiteren Büroeinrichtung entsprechend der Aufstellung des Privatgutachters der Beklagten – des Zeugen P. – in seiner Aufstellung (Bl. 78 d. A.) auf insgesamt 12.930,00 Euro, wobei der Zeitwert des PC-Kabinetts auf der Grundlage des Baujahres von 2003 auf 330,00 Euro geschätzt wird, § 287 ZPO. Die Klägerin hat gegen die Schätzung des Privatgutachters im Hinblick auf den Zeitwert im Berufungsverfahren keine Bedenken mehr erhoben. Eine konkretere Schätzung der Büroeinrichtung ist nicht möglich, da eine genaue Beschreibung der einzelnen Gegenstände sowie deren Anschaffungsjahr oder auch Anschaffungsbelege im Prozess von der Klägerin nicht vorgelegt werden konnten. Soweit die Beklagte geltend macht, es sei nur der gemeine Wert nach § 11 Ziffer 2.1.3 AVB anzusetzen, ist nicht ersichtlich, dass die Sachen für ihren Zweck allgemein oder im Betrieb der Klägerin nicht mehr zu verwenden waren. Davon kann auch bei zwanzig Jahre alten Büromöbeln, die mehrere Jahre gelagert wurden, nicht ohne weiteres ausgegangen werden.

Der Klägerin steht daher der Zeitwert in Höhe von 12.930,00 Euro zu. Hiervon muss sie sich einen Selbstbehalt in Höhe von 500,00 Euro in Abzug bringen lassen sowie eine Vorschusszahlung in Höhe von 10.000,00 Euro. Es verbleibt daher ein Zahlungsanspruch in Höhe von 2.430,00 Euro. Eine Anrechnung auf die Sicherungs- und Aufräumkosten, die die Klägerin für sich Anspruch nimmt, kommt hier nicht in Betracht. Zwar hat die Beklagte keine Leistungsbestimmung gemäß § 366 Abs. 1 BGB getroffen, sondern ausweislich ihres Schreibens vom 07.12.2015 eine erste Vorauszahlung auf „die erforderlichen Erstmaßnahmen“ geleistet. Allerdings hat die Klägerin nicht behauptet, dass sie den Betrag von 10.000,00 Euro tatsächlich für Sicherungsmaßnahmen und Abbruchkosten verwendet hat. Auszugehen ist mithin von einer Fälligkeit allein der hier streitgegenständlichen Kosten mit der Folge, dass die Vorschusszahlungen zunächst zur Tilgung dieser Schuld zu verwendet wird (§ 366 Abs. 2 S. 1 1. Alt. BGB)

c) In dieser Höhe ist der Anspruch auch nicht aufgrund einer Obliegenheitsverletzung ausgeschlossen. Allerdings hat die Klägerin ihre Obliegenheiten aus § 7 Ziffer 2 der AVB verletzt. Diese Regelungen hat folgenden Wortlaut:

„2. Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt des Versicherungsfalles …

2.5. soweit möglich, dem Versicherer im Rahmen des Zumutbaren jede Auskunft – auf Verlangen in Schriftform – zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist sowie jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten; …

2.6 vom Versicherer angeforderte Belege beizubringen, deren Beschaffung ihm billigerweise zugemutet werden kann.“

Der Zweck der Aufklärungs- und Auskunftsobliegenheit eines Versicherungsnehmers besteht darin, den Versicherer in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen seiner Eintrittspflicht sachgerecht zu prüfen, indem er Ursache und Umfang des Schadens ermittelt (vgl. BGH, Beschluss vom 13.04.2016 – IV ZR 152/14 -). Es ist grundsätzlich Sache des Versicherers, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage treffen zu können (vgl. BGH, a.a.O.).

Gegen diese Pflicht hat die Klägerin verstoßen. Sie wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 13.01.2016 sowie 21.07.2016 (Anlagen B2 b und B2 e) zur Beantwortung zahlreicher Fragen aufgefordert. In beiden Schreiben wurde in Fettdruck auf die Folgen der Pflichtverletzung gemäß § 28 Abs. 4 VVG hingewiesen. Unter anderem wurde sie mit Schreiben vom 21.07.2016 unter Ziffer 9 aufgefordert, eine unterschriebene Schadensaufstellung der im Zuge des Brandereignisses beschädigten Gegenstände mit genauer Bezeichnung nach Gegenstand, Anschaffungspreis, Anschaffungsjahr und Eigentümer zu erstellen. Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden, dass die Beklagte Angaben zum Anschaffungsjahr verlangt, da das Alter ein wesentlicher wertbestimmender Faktor ist. Es ist allerdings im Hinblick auf die Büromöbel, die nach Angaben der Klägerin in den Jahren 1995 und 1996 angeschafft worden sind, nachvollziehbar, dass sie über keine Belege und Rechnungen verfügt und daher auch keine konkreteren Angaben machen kann. Jedoch wären der Klägerin eine konkrete Aufklärung und auch die Vorlage von Unterlagen zu dem Computer-Kabinett möglich und zumutbar gewesen, wenn es sich – wie sie behauptet – um dasjenige gehandelt hat, das im Jahr 2010 angeschafft worden war. Die Klägerin hat hierzu erstmals mit Schriftsatz vom 09.01.2019 vorgetragen, dass sie im Mai 2010 einen Server und 18 Thinclients nebst Bildschirm bei der Firma G. geleast und die Objekte im März 2014 durch Zahlung der Schlussrate erworben habe (Anlage K14). Unabhängig davon, ob dieser bestrittene Vortrag der Klägerin wahr ist, hat sie ihre Aufklärungsobliegenheit insoweit nicht erfüllt. Es hätte ihr oblegen, zu dem Kaufvorgang Angaben zu machen. Dies wäre ihr unschwer möglich gewesen, zumal der Erwerbsvorgang noch relativ kurze Zeit zurücklag und ihr entsprechende Unterlagen vorgelegen haben müssen. Diese Obliegenheitsverletzung ist auch nicht etwa deswegen unschädlich, weil aufgrund des fehlenden Nachweises des Verbleibs dieser Gegenstände im Gebäude eine Ersatzpflicht der Beklagten aus tatsächlichen Gründen nicht besteht.

Die Klägerin handelte jedenfalls grob fahrlässig. Ihr hätte es im Rahmen der sekundären Darlegungslast oblegen, darzulegen, weshalb dieser Erwerbsvorgang in Vergessenheit geraten ist. Sofern – wie hier – die Kenntnis des Versicherungsnehmers von mitteilungspflichtigen Tatsachen unstreitig einmal gegeben war, wird das Fortbestehen der Kenntnis zum Zeitpunkt der streitigen Aufklärungspflichtverletzung vermutet, mit der Folge, dass der Versicherungsnehmer nach dem Motto „Einmal gewusst – immer gewusst“ das Entfallen der einmal vorhandenen gewesenen Kenntnis zu beweisen hat (so Senat, Beschluss vom 07.11.2017 – 4 W 991/17 -). Eine plausible Erklärung hat die Klägerin dafür nicht abgegeben.

Die Obliegenheitsverletzung wegen der unterlassenen Angaben zu dem Erwerbsvorgang des Computer-Kabinetts sind allerdings nicht arglistig erfolgt. Die Beweislast hierfür trifft die Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2011 – IV ZR 148/09; Senat, Beschluss vom 07.11.2017 – 4 W 991/17 -). Es lässt sich nicht aus jeder wesentlichen Falschangabe der Schluss auf ein arglistiges Verhalten ziehen (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.1985 – IV a ZR 18/84). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keine Falschangaben hinsichtlich des Computer-Kabinetts gemacht, sondern gar keine Angaben. Sie hat es unterlassen, etwas zum Erwerbsvorgang des Computer-Kabinetts mitzuteilen, obwohl ihr dies möglich gewesen wäre. Dies spricht nicht für ein arglistiges, sondern vielmehr für ein grob fahrlässiges Verhalten.

Im Übrigen hat die Klägerin keine weiteren Aufklärungspflichten verletzt. Sie war insbesondere nicht dazu verpflichtet, der Beklagten eine Bevollmächtigung zur Einholung von Auskünften beim zuständigen Bauamt oder beim Jugendamt zu erteilen. Eine so weitgehende Verpflichtung ergibt sich nicht aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Die Beklagte kann nach § 7 Nr. 2.6 Teil B Sachversicherung vielmehr nur verlangen, dass die Klägerin auf Verlangen die „angeforderten Belege“ beibringt; eine Vollmacht zur eigenständigen Akteneinsicht ergibt sich hieraus nicht.

Die Klägerin hat ihre Auskunftspflicht auch nicht verletzt, indem sie die Afa-Listen nicht vorgelegt hat. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 21.07.2016 und vom 13.01.2016 die Vorlage der Afa-Listen nicht verlangt. Sie kann sich auch jetzt im Prozess nicht darauf stützen. Denn mit ihrer Erklärung vom 09.08.2016, die Leistung abzulehnen, endete die Sanktion der Leistungsfreiheit wegen schuldhaft begangener Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheitsverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2013 – IV ZR 110/11 -).

d) Eine Leistungskürzung kommt für eine lediglich grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung aber nicht in Betracht.

§ 7 Ziffer 3.3 der AVB bestimmt, dass die Beklagte außer im Falle einer arglistigen Obliegenheitsverletzung zur Leistung verpflichtet ist, soweit die Klägerin nachweist, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten ursächlich ist. Der Nachweis der fehlenden Kausalität im Sinne von § 7 Ziffer 3.3 der Versicherungsbedingungen, § 28 Abs. 3 VVG obliegt dem Versicherungsnehmer; er verlangt bei Verletzung von Anzeige- oder Aufklärungsobliegenheiten, dass dem Versicherer keine Feststellungsnachteile erwachsen sind (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.06.2019 – 5 U 99/18 -). Der Versicherungsnehmer kann diesen negativen Beweis praktisch aber nur so führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der Versicherer über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der Versicherungsnehmer dann ebenfalls zu widerlegen hat (Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.; BGH, Urteil vom 04.04.2001 – IV ZR 63/00; OLG Celle, Urteil vom 30.11.2017 – 8 U 27/17 -). Der Versicherer muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzeigen, indem er z. B. vorträgt, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte (Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.; BGH, a.a.O.; OLG Celle, Urteil vom 30.11.2017 – 8 U 27/17 -). Im vorliegenden Fall ist schon nicht ersichtlich, welche Nachteile der Beklagten dadurch erwachsen seien sollen, dass die Klägerin erst vier Jahre nach dem Schadensereignis Angaben zum Anschaffungsjahr und -preis des Computer-Kabinetts gemacht hat. Es ist von der Beklagten auch nicht dargetan worden, welche Maßnahmen sie bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen hätte und welche konkrete Möglichkeit eines für sie günstigeren Ergebnisses bestanden hätte. Die Beklagte hat dazu nichts vorgetragen.

e) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig im Sinne von § 81 VVG herbeigeführt hat. Dies setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer durch positives Tun oder Unterlassen von Sicherungsmaßnahmen die drohende Gefahr der Verwirklichung hervorruft, obwohl er über geeignete Mittel zum Schutz des versicherten Interesses verfügt (vgl. hierzu Armbrüster in Prölss/Martin, Kommentar zum VVG, 29. Aufl., § 81 Rn 10). Die Beweislast hierfür trifft den Versicherer. Dafür liegen hier indes keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Die Klägerin hat ihren Mitarbeiter – den Zeugen D. – mit Kontrollgängen beauftragt, die dieser nach seinen Angaben auch durchgeführt haben will. Diese Kontrolle mag möglicherweise nicht mit der gebotenen Sorgfalt erfolgt sein, da der Zeuge H. in der Tatnacht ein offen stehendes Fenster vorgefunden und auch an anderen Tagen offen stehende Fenster im hinteren Teil des Gebäudes wahrgenommen hat, jedoch hat der Senat keinen Grund anzunehmen, dass Kontrollgänge gänzlich unterlassen wurden.

f) Eine Gefahrerhöhung gemäß § 23 VVG i.V.m. § 8 AVB liegt schließlich ebenfalls nicht vor. Eine solche ist anzunehmen, wenn nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers die tatsächlich vorhandenen Umstände so verändert werden, dass der Eintritt des Versicherungsfalles oder die Vergrößerung des Schadens oder die ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Versicherung wahrscheinlicher wird. Der bloße Leerstand eines Gebäudes kann für sich allein betrachtet noch nicht als Erhöhung der Brandgefahr angesehen werden (vgl. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03.09.2015 – 4 U 27/15; OLG Celle, Urteil vom 24.09.2009 – 8 U 99/09 -). Hinzukommen müssen noch weitere für eine Brandgefahr risikoerhöhende Umstände. Dazu können die unbeobachtete Lage außerhalb des Ortes, eine seit dem Auszug der letzten Nutzer erhebliche verstrichene Zeit sowie ein nach außen offenkundig verwahrloster Zustand, insbesondere bezüglich nicht mehr ordnungsgemäß funktionierenden Türen und Fenster gehören (vgl. OLG Celle, Urteil vom 24.09.2009 – 8 U 99/09 -). Anhaltspunkte für eine unbeobachtete Lage und von außen erkennbare Verwahrlosung liegen hier nicht vor. Ob der von dem Zeugen H. geschilderte Grünspan und der Eindruck einer „Tropfsteinhöhle“ in einem Raum auf Beschädigungen, die von außen ersichtlich waren, zurückzuführen sind, kann nicht festgestellt werden. Dazu haben die Zeugen keine Angaben gemacht. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass ein Fenster zum Tatzeitpunkt offen gestanden hat. Zwei offenstehende Fenster befanden sich nach den Angaben des Zeugen H. auf der hinteren Seite des Gebäudes und standen auch an anderen Tagen offen. Soweit er angab, dass es sich um ein „offenes Geheimnis“ gehandelt habe, dass dort auch Obdachlose und Kinder eingedrungen seien, konnte er dies nur vom Hörensagen berichten, hat dies aber nicht als eigene Beobachtung geschildert.

3. Zinsen schuldet die Beklagte ab dem 16.09.2016, da die Beklagte ihre Einstandpflicht mit Schreiben vom 09.08.2016 abgelehnt hat und der Klägerin dieses Schreiben am 15.09.2016 zugegangen ist. Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, § 288 Abs. 1 BGB, höchstens jedoch 5 % – wie von ihr beantragt.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzung des §§ 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Soweit hinsichtlich des Feststellungsinteresses das Oberlandesgericht Köln eine abweichende Rechtsauffassung vertritt (Beschluss vom 12.08.2018 – 9 W 7/18 -), beruht die Entscheidung nicht auf diesem Gesichtspunkt, denn der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

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