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Gebäudeversicherung – Pflicht zur Aufrechterhaltung der Versicherung nach Grundstücksverkauf

OLG Hamm – Az.: 22 U 104/18 – Beschluss vom 03.12.2018

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 03.09.2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Erfolgsaussicht hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Immobilienkaufvertrag.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 03.02.2017 erwarb die Klägerin den streitgegenständlichen Grundbesitz in der I-straße … in I zu einem Kaufpreis von 350.000 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung von den Beklagten. Wegen der Einzelheiten des Kaufvertrages wird auf Blatt 8 ff GA verwiesen.

Die Beklagten unterhielten eine Wohngebäudeversicherung, die seitens des Versicherers mit Schreiben vom 05.04.2017 mit Wirkung zum 10.05.2017 gekündigt wurde. Die Übergabe der Immobilie an die Klägerin fand zwischenzeitlich, nämlich am 11.04.2017 statt. Die Beklagten informierten die Klägerin nicht über die Beendigung der Versicherung.

Die Klägerin hat behauptet, aufgrund eines Unwetters am 22.06.2017 habe das Dach der streitgegenständlichen Immobilie in erheblichem Umfang Schaden erlitten. Die Beseitigungskosten beliefen sich ausweislich eines eingeholten Kostenvoranschlags auf 38.386,65 € netto.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hätten sie über die Kündigung des Wohngebäudeversicherers informieren müssen, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich selbst um Versicherungsschutz zu kümmern.

Der Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag von 38.386,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2017 zu zahlen

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr im Reparaturfalle die auf die geltend gemachten Reparaturkosten anfallende Mehrwertsteuer zu bezahlen.

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verpflichten, sie von der Inanspruchnahme durch die Rechtsanwaltskanzlei I & X wegen der durch die vorgerichtliche Rechtsverfolgung entstandenen Kosten in Höhe von 1.590,91 € freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, es habe seitens der Beklagten keine Pflicht bestanden, die Klägerin von sich aus darüber zu informieren, dass nach Übergabe des Gebäudes kein Versicherungsschutz mehr bestand. Die Gebäudeversicherung sei keine Pflichtversicherung, es sei Sache der Klägerin gewesen, ab Übergabe für einen Versicherungsschutz zu sorgen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihren erstinstanzlichen Sachantrag weiter verfolgt. Die Klägerin trägt im Rahmen der Berufungsbegründung im Wesentlichen vor: Die Klägerin habe nach der Verkehrssitte erwarten können, dass die Beklagten sie von dem Wegfall der Gebäudeversicherung in Kenntnis setzten; bei Kaufvertragsabschluss habe schließlich Versicherungsschutz bestanden. Im Hinblick darauf, dass eine Wohngebäudeversicherungsquote von 99 % bestehe, könne der Käufer eine entsprechende Mitteilung erwarten, auch wenn die Wohngebäudeversicherung keine Pflichtversicherung mehr sei. Dass die Information für die Klägerin von Bedeutung gewesen sei, sei auch den Beklagten klar gewesen, was sich allein schon daran zeige, dass diese behaupteten, sie hätten den Makler hierüber in Kenntnis gesetzt. Die Klägerin moniert zudem, dass sich das Landgericht nicht mit ihrem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 02.06.2016 (VII ZR 107/15) auseinandergesetzt habe.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Überprüfung durch den Senat stand. Sie beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, der Klägerin günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO. Zur Begründung wird zunächst auf die überzeugenden landgerichtlichen Urteilsgründe verwiesen. Darüber hinaus gilt Folgendes:

1.

Bis zur Übergabe der Immobilie unterhielten die Beklagten eine Gebäudeversicherung. Über diesen Zeitpunkt hinaus waren die Beklagten nach § 4 des notariellen Kaufvertrages nicht verpflichtet, für Versicherungsschutz zu sorgen. Dies oblag der Klägerin, auf die mit der Übergabe die Gefahr die Lasten und die Verkehrssicherungspflichten der Immobilie übergingen.

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob das Bestehen einer Gebäudeversicherung nach der Verkehrsanschauung üblich und zu erwarten ist, wie die Klägerin meint. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2016 (VII ZR 107/15) über den fehlenden Versicherungsschutz eines Juweliers für Kundenschmuck auf den vorliegenden Fall übertragbar ist.

2.

Die Beklagten waren nicht verpflichtet, der Klägerin den Eintritt in von ihnen unterhaltene Versicherungsverhältnisse gem. § 95 VVG zu ermöglichen.

a)

§ 4 des Kaufvertrages regelt zwar, dass mit der Übergabe alle Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen auf die Klägerin übergehen sollten. Dass die Beklagten verpflichtet waren, bei Kaufvertragsschluss bestehende Versicherungen über den Zeitpunkt der Übergabe hinaus aufrecht zu erhalten, ergibt sich hieraus allerdings nicht.

b)

Eine solche Pflicht ergibt sich auch nicht aus den §§ 95 ff VVG.

§§ 95 ff VVG dienen der Gewährleistung eines lückenlosen Versicherungsschutzes, soweit sich der Erwerber der versicherten Sache zur Fortführung eines ungekündigten Versicherungsverhältnisses entschließt. Ob das Versicherungsverhältnis auch nach dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels bzw. der Übergabe hinaus fortbesteht, ist allerdings allein Sache der Vertragspartner, nämlich des Veräußerers und der Versicherung. Eine allgemeine Pflicht des Verkäufers, den Versicherungsschutz im Interesse des Erwerbers aufrecht zu erhalten, besteht nicht. Dies gilt schon deshalb, weil gem. § 96 Abs. 3 VVG allein der Veräußerer zur Fortzahlung der Versicherungsprämien gegenüber der Versicherung verpflichtet ist, wenn der Erwerber von dem ihm nach § 96 Abs. 2 VVG zustehenden Kündigungsrecht Gebrauch macht.

c)

Dass die Parteien mündliche Absprachen über das Fortbestehen der Gebäudeversicherung trafen, behauptet die Klägerin nicht.

3.

Schließlich traf die Beklagten auch keine Pflicht, die Klägerin darüber zu informieren, dass nach der Übergabe der streitgegenständlichen Immobilie kein Gebäudeversicherungsschutz mehr bestand.

Wie bereits ausgeführt, oblag es nach den kaufvertraglichen Regelungen der Klägerin und nicht den Beklagten, nach Übergabe für Versicherungsschutz zu sorgen. Dass die Beklagten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für Versicherungsschutz sorgten, war deshalb aus Sicht eines verständigen Käufers zu erwarten. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin darauf vertrauen durfte, in eine bestehende Gebäudeversicherung einzutreten. Eine allgemeine Erwartungshaltung eines durchschnittlichen Immobilienkäufers, bestehende Versicherungsverhältnisse des Voreigentümers ohne Absprache übernehmen zu können, ist nicht ersichtlich. Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass dem durchschnittlichen Immobilienkäufer, für den der Immobilienerwerb ein singuläres Ereignis darstellt, die Möglichkeit der Übernahme bestehender Versicherungsverhältnisse nach §§ 95 VVG bekannt ist. Zudem ist es

auch nicht allgemein üblich, dass bestehende Versicherungsverhältnisse im Verkaufsfall nicht vom Verkäufer gekündigt werden.

Absprachen der Parteien, aus denen sich Abweichendes ergeben könnte, behauptet die Klägerin nicht.

III.

Die Klägerin erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, zu dem erteilten Hinweis innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Auf die Kostenprivilegierung für den Fall der Rücknahme der Berufung (KV 1222) wird hingewiesen.

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