Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet das Veränderungsverbot in meiner Gebäudeversicherung konkret?
- Wann darf ich trotz Veränderungsverbot mit Reparaturen beginnen?
- Welche Beweismittel sind wichtig, um einen Wasserschaden zu dokumentieren, bevor ich mit Reparaturen beginne?
- Wie verhalte ich mich, wenn die Versicherung eine Leistungskürzung wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Veränderungsverbot ankündigt?
- Kann die Versicherung die Leistung vollständig verweigern, wenn ich gegen das Veränderungsverbot verstoßen habe, oder ist nur eine Kürzung möglich?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 20 C 70/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Neunkirchen
- Datum: 21.03.2024
- Aktenzeichen: 20 C 70/22
- Verfahrensart: Nicht angegeben
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht
- Beteiligte Parteien:
- Firma ……………………… (Kläger): Fordert von der Beklagten Leistungen aus einer Wohngebäudeversicherung.
- Wohngebäudeversicherung (Beklagte): Wird vom Kläger auf Leistungen aus der Wohngebäudeversicherung in Anspruch genommen.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert. Es geht um Ansprüche aus dieser Versicherung, basierend auf den Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen – Wert 1914 VGB 2014. Eine Klausel in den Versicherungsbedingungen (Abschnitt B § 8 Nr.2 a gg) verpflichtet den Versicherungsnehmer, das Schadensbild unverändert zu lassen, bis die Schadensstelle vom Versicherer freigegeben wurde.
- Kern des Rechtsstreits: Nicht angegeben
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2560,10 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Folgen: Der Kläger trägt 37% und die Beklagte 63% der Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei beide Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistungen abwenden können.
Der Fall vor Gericht
Wasserschaden im Badezimmer: Gebäudeversicherung kürzt Leistung wegen Veränderungsverbot

Das Amtsgericht Neunkirchen fällte am 21. März 2024 ein Urteil in einem Rechtsstreit zwischen einem Versicherungsnehmer und seiner Wohngebäudeversicherung (Az.: 20 C 70/22). Im Kern des Falles stand die Frage, ob eine Versicherung die Leistungen für einen Wasserschaden kürzen darf, weil der Versicherungsnehmer angeblich gegen das sogenannte Veränderungsverbot nach Schadenseintritt verstoßen hat. Das Urteil des Amtsgerichts gibt wichtige Hinweise für Versicherungsnehmer im Umgang mit Schadensfällen.
Der Fall: Nässe im Treppenhaus und Streit um die Schadenregulierung
Der Kläger, ein Wohnungsbesitzer, bemerkte im Juni 2021 Nässe an der Decke des unter seiner Wohnung liegenden Treppenhauses und der Trennwand zum Badezimmer. Er meldete den Schaden seiner Wohngebäudeversicherung, der Beklagten. In Absprache mit der Versicherung wurde eine Firma zur Leckageortung beauftragt. Diese Firma fand zunächst keine offensichtliche Leckage an den zugänglichen Rohren.
Leckageortung und Reparaturmaßnahmen im Badezimmer
Um die Ursache der Nässe zu finden, wurde der Boden neben der Toilette geöffnet. Ein später erstelltes Video sollte laut Kläger einen Riss im Zulaufrohr der Toilette zeigen, der als Ursache für den Wasserschaden in Frage kam. Die Versicherung genehmigte zunächst die Kosten für eine Trocknung des Schadensbereichs.
Vorzeitige Reparatur durch Versicherungsnehmer führt zu Streit
Nachdem die Versicherung die Trocknungskosten freigegeben hatte und die Toilette über zwei Monate unbenutzbar war, beauftragte der Kläger eine Firma mit der Reparatur des Schadens. Die Reparaturarbeiten wurden in mehreren Schritten durchgeführt und Anfang Januar 2022 abgeschlossen. Die Kosten für die Reparaturarbeiten in Höhe von 3.657,29 Euro reichte der Kläger bei der Versicherung ein.
Versicherung verweigert zunächst die Zahlung wegen Verstoßes gegen Versicherungsbedingungen
Die Versicherung lehnte jedoch die Regulierung des Schadens ab. Sie argumentierte, dass der Kläger gegen die Versicherungsbedingungen verstoßen habe, indem er den Schaden vor der abschließenden Freigabe durch die Versicherung reparieren ließ. Genauer gesagt, berief sich die Versicherung auf das Veränderungsverbot in den Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen (VGB 2014).
Das Veränderungsverbot in den Versicherungsbedingungen
Die Versicherungsbedingungen, insbesondere Abschnitt B § 8 Nr. 2 VGB 2014, verpflichten den Versicherungsnehmer, das Schadensbild unverändert zu lassen, bis die Versicherung die Schadensstelle freigegeben hat. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn Veränderungen unumgänglich sind. In solchen Fällen muss das Schadenbild nachvollziehbar dokumentiert und die beschädigten Sachen für eine Besichtigung aufbewahrt werden.
Die Klage vor dem Amtsgericht Neunkirchen
Der Kläger ließ sich durch einen Rechtsanwalt vertreten und zog vor das Amtsgericht Neunkirchen. Er forderte die Erstattung der Reparaturkosten von 3.657,29 Euro. Er argumentierte, dass ein versicherter Rohrbruch die Ursache für den Schaden sei und er nicht gegen das Veränderungsverbot verstoßen habe, da die Reparatur nach der Freigabe der Trocknungskosten und nach erfolgter Leckageortung erfolgte.
Das Urteil des Amtsgerichts: Teilerfolg für den Kläger
Das Amtsgericht Neunkirchen gab dem Kläger teilweise Recht. Die Versicherung wurde verurteilt, 2.560,10 Euro zuzüglich Zinsen an die vom Kläger beauftragte Firma zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das Gericht sah also einen Anspruch des Klägers als teilweise begründet an, kürzte aber die geforderte Summe.
Entscheidungsgründe des Gerichts: Verstoß gegen Veränderungsverbot, aber Teilleistungspflicht
Das Gericht stellte fest, dass der Kläger zwar gegen das Veränderungsverbot verstoßen hat, indem er mit den Reparaturarbeiten begann, bevor die Versicherung den Schaden abschließend begutachtet und freigegeben hatte. Allerdings sah das Gericht auch, dass die Versicherung durch die Freigabe der Trocknungskosten ein gewisses Vertrauen in die Schadensregulierung geweckt hatte.
Dokumentation des Schadens durch den Kläger war ausreichend
Das Gericht würdigte positiv, dass der Kläger das Schadenbild dokumentiert hatte, unter anderem durch Fotos und die Beauftragung einer Leckageortungsfirma. Dies trug dazu bei, dass der Verstoß gegen das Veränderungsverbot nicht zu einem vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führte. Das Gericht scheint hier eine Abwägung vorgenommen zu haben: Einerseits der Verstoß gegen die Versicherungsbedingungen, andererseits die Bemühungen des Klägers um Schadensbegrenzung und Dokumentation.
Kostenverteilung im Rechtsstreit: Teilsieg, Teilniederlage
Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen Kläger und Beklagter aufgeteilt. Der Kläger trug 37% der Kosten, die Beklagte 63%. Diese Kostenverteilung spiegelt den Teilerfolg und die Teilniederlage beider Parteien wider. Der Kläger bekam zwar einen Teil seiner Forderung zugesprochen, musste aber auch einen Teil der Kosten tragen, da seine Klage nicht in voller Höhe erfolgreich war.
Bedeutung des Urteils für Betroffene: Verhalten im Schadensfall
Das Urteil des Amtsgerichts Neunkirchen verdeutlicht die Pflichten von Versicherungsnehmern im Schadensfall, insbesondere das Veränderungsverbot. Versicherungsnehmer sollten nach einem Schadenfall unbedingt Folgendes beachten:
- Schaden unverzüglich der Versicherung melden.
- Das Schadensbild nicht verändern, bevor die Versicherung die Schadensstelle freigegeben hat.
- Ausnahmen vom Veränderungsverbot sind nur bei unumgänglichen Maßnahmen zur Schadensminderung oder Gefahrenabwehr zulässig.
- Veränderungen unbedingt dokumentieren, idealerweise durch Fotos, Videos und detaillierte Beschreibungen.
- Beschädigte Sachen aufbewahren, bis die Versicherung sie besichtigt hat oder die Freigabe erfolgt ist.
- Rücksprache mit der Versicherung halten, bevor Reparaturarbeiten beauftragt werden, insbesondere bei größeren Schäden.
Fazit: Sorgfalt zahlt sich aus im Schadensfall
Das Urteil zeigt, dass Versicherungen Leistungskürzungen vornehmen können, wenn Versicherungsnehmer gegen das Veränderungsverbot verstoßen. Gleichzeitig macht das Urteil deutlich, dass eine gute Dokumentation des Schadens und eine verständnisvolle Kommunikation mit der Versicherung dazu beitragen können, die Versicherungsleistungen auch bei nicht optimalem Verhalten im Schadensfall zumindest teilweise zu erhalten. Versicherungsnehmer sollten im Schadensfall stets sorgfältig und umsichtig handeln und den Kontakt zur Versicherung suchen, um Probleme bei der Schadenregulierung zu vermeiden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Bei einem Wasserschaden muss man laut Urteil das Schadensbild zunächst unverändert lassen und die Beschädigungen dokumentieren, bis die Versicherung diese freigibt. Die bloße Freigabe von Trocknungskosten bedeutet nicht automatisch die vollständige Anerkennung des Versicherungsfalls. Beschädigte Teile (wie das gerissene Rohr) müssen aufbewahrt werden, damit die Versicherung die Schadensursache prüfen kann. Ohne diese Beweismittel riskiert man trotz tatsächlich vorliegendem Versicherungsfall eine Ablehnung wegen Obliegenheitsverletzung.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Wohnungseigentümer bei Wasserschäden
Ein Wasserschaden im Badezimmer ist ärgerlich. Oftmals ist der erste Impuls, schnellstmöglich Handwerker zu beauftragen, um Folgeschäden zu vermeiden. Allerdings sollten Sie als Wohnungseigentümer einige wichtige Punkte beachten, um Ihren Anspruch auf Kostenübernahme durch die Wohngebäudeversicherung nicht zu gefährden.
⚖️ DISCLAIMER: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Schaden dokumentieren, bevor Sie handeln
Erstellen Sie sofort nach Entdeckung des Wasserschadens eine detaillierte Dokumentation. Machen Sie Fotos und Videos von allen betroffenen Bereichen, um den Schadenumfang festzuhalten. Notieren Sie Datum und Uhrzeit der Entdeckung sowie die vermutliche Ursache.
Beispiel: Fotografieren Sie alle feuchten Stellen, Wasserränder, beschädigte Fliesen und Möbel. Notieren Sie, ob Wasser aus einem defekten Rohr, einer undichten Fuge oder von anderswoher stammt.
⚠️ ACHTUNG: Beginnen Sie NICHT mit Reparaturen, bevor Sie die Versicherung informiert und deren Zustimmung eingeholt haben.
Tipp 2: Versicherung unverzüglich informieren
Melden Sie den Wasserschaden unverzüglich Ihrer Wohngebäudeversicherung. Nutzen Sie dafür den von der Versicherung vorgegebenen Weg (telefonisch, online oder schriftlich). Bewahren Sie den Nachweis der Schadensmeldung auf.
⚠️ ACHTUNG: Eine verspätete Schadensmeldung kann Ihren Anspruch auf Leistungen gefährden.
Tipp 3: Weisungen der Versicherung beachten
Warten Sie auf die Anweisungen der Versicherung, bevor Sie Handwerker beauftragen oder andere Maßnahmen ergreifen. Die Versicherung wird in der Regel einen Gutachter schicken, um den Schaden zu begutachten.
Tipp 4: Notmaßnahmen zur Schadensminderung
Führen Sie nur Notmaßnahmen durch, um den Schaden nicht weiter zu vergrößern (z.B. Wasser aufwischen, Möbel abdecken). Dokumentieren Sie auch diese Maßnahmen. Sprechen Sie diese Notmaßnahmen am Besten vorher mit der Versicherung ab, falls möglich.
Tipp 5: Angebote einholen und vorlegen
Wenn die Versicherung Ihnen die Freigabe zur Reparatur erteilt, holen Sie mehrere Angebote von Fachbetrieben ein. Legen Sie diese Angebote der Versicherung zur Prüfung vor.
Tipp 6: Reparaturrechnungen aufbewahren
Bewahren Sie alle Rechnungen und Belege im Zusammenhang mit dem Wasserschaden sorgfältig auf. Diese dienen als Nachweis für die entstandenen Kosten.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Die Versicherungsbedingungen (VGB 2014 oder neuer) sind entscheidend. Lesen Sie diese aufmerksam durch und achten Sie auf Klauseln, die Ihre Rechte und Pflichten im Schadensfall regeln. Klären Sie, ob die Versicherung den Neuwert oder nur den Zeitwert erstattet.
✅ Checkliste: Wasserschaden
- Schaden dokumentieren (Fotos, Videos, Notizen)
- Versicherung unverzüglich informieren
- Weisungen der Versicherung beachten
- Notmaßnahmen zur Schadensminderung durchführen (dokumentieren)
- Angebote einholen und vorlegen
- Reparaturrechnungen aufbewahren
Benötigen Sie Hilfe?
Klare Perspektiven trotz Leistungskürzungen
Bei einem Wasserschaden, bei dem die Gebäudeversicherung Leistungen kürzt, entstehen oft Unsicherheiten hinsichtlich der vertraglichen Vorgaben und des richtigen Vorgehens im Schadensfall. Besonders dann, wenn vertragliche Bestimmungen wie das Veränderungsverbot eine zentrale Rolle spielen, ist es entscheidend, die Situation umfassend zu dokumentieren und die nächsten Schritte sorgfältig zu überdenken.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihren individuellen Fall sachlich und präzise zu prüfen. Mit einer strukturierten Analyse und einer fundierten rechtlichen Betrachtung sorgen wir dafür, dass Sie Ihre Rechte und Handlungsspielräume klar erkennen und entsprechend reagieren können.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet das Veränderungsverbot in meiner Gebäudeversicherung konkret?
Das Veränderungsverbot in einer Gebäudeversicherung ist eine Klausel, die besagt, dass Sie nach einem Schaden keine Veränderungen an den beschädigten Sachen vornehmen dürfen, die die Feststellung des Schadens beeinträchtigen könnten. Dies bedeutet, dass Sie keine Reparaturen oder Umbauten durchführen sollten, die den ursprünglichen Zustand des Gebäudes verändern, bevor der Versicherer den Schaden begutachtet hat.
Beispiele für erlaubte und unerlaubte Handlungen:
- Erlaubt: Notmaßnahmen zur Schadensminderung, wie das Abdichten von Lecks oder das Entfernen von Schutt.
- Unerlaubt: Umfangreiche Reparaturen oder Umbauten, die den ursprünglichen Zustand des Gebäudes verändern, bevor der Versicherer den Schaden begutachtet hat.
Wichtige Aspekte:
- Schadensminderungspflicht: Sie sind verpflichtet, den Schaden so gering wie möglich zu halten, ohne den ursprünglichen Zustand zu verändern.
- Vertragsbedingungen: Lesen Sie Ihre Versicherungsbedingungen sorgfältig durch, um sicherzustellen, dass Sie alle Anforderungen erfüllen.
Praktische Bedeutung:
Das Veränderungsverbot dient dazu, sicherzustellen, dass der Versicherer den Schaden korrekt bewerten kann. Verstöße gegen dieses Verbot können zu einer Leistungskürzung oder sogar zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen. Daher ist es wichtig, sich an die Bedingungen zu halten und im Zweifelsfall den Versicherer zu kontaktieren.
Wann darf ich trotz Veränderungsverbot mit Reparaturen beginnen?
Wenn Sie nach einem Schaden unter Druck stehen, schnell zu handeln, um Folgeschäden zu vermeiden oder Ihre Wohnsituation zu verbessern, gibt es bestimmte Umstände, unter denen Sie trotz des Veränderungsverbots mit Reparaturen beginnen können.
Veränderungsverbot bedeutet, dass Sie die Schadensstelle nicht verändern dürfen, bevor der Versicherer zugestimmt hat. Dies dient dazu, sicherzustellen, dass der Versicherer den Schaden genau bewerten kann. Allerdings gibt es Ausnahmen:
- Notwendige Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Schäden: Wenn es notwendig ist, um weitere Schäden zu verhindern, wie zum Beispiel bei einem Rohrbruch, um Wasserschäden zu begrenzen, können Sie mit dringenden Reparaturen beginnen.
- Gefahr für die Sicherheit: Wenn die Sicherheit von Menschen oder Tieren gefährdet ist, können Sie Maßnahmen ergreifen, um diese Gefahr zu beseitigen.
Wichtige Dokumentation: In solchen Fällen ist es entscheidend, dass Sie alle Maßnahmen dokumentieren. Dazu gehören Fotos, Videos oder schriftliche Aufzeichnungen der Schäden und der durchgeführten Arbeiten. Diese Dokumentation hilft, den ursprünglichen Schaden nachzuweisen und kann bei der Schadensregulierung mit dem Versicherer wichtig sein.
Zustimmung des Versicherers: Sobald es möglich ist, sollten Sie den Versicherer informieren und dessen Zustimmung einholen. Dies kann helfen, spätere Streitigkeiten über die Leistung zu vermeiden.
Welche Beweismittel sind wichtig, um einen Wasserschaden zu dokumentieren, bevor ich mit Reparaturen beginne?
Um einen Wasserschaden richtig zu dokumentieren, sind mehrere Beweismittel entscheidend. Diese helfen nicht nur bei der Abwicklung mit der Versicherung, sondern auch bei der Klärung von Haftungsfragen.
Wichtige Beweismittel:
- Fotos und Videos: Machen Sie aussagekräftige Fotos und Videos von den Schäden, bevor Sie mit der Reinigung oder Reparatur beginnen. Achten Sie auf gute Beleuchtung und erkennbare Maßstäbe, um das Ausmaß des Schadens deutlich zu zeigen.
- Schadensprotokoll: Erstellen Sie ein chronologisches Protokoll, das den Zeitpunkt der Schadensentdeckung, durchgeführte Sofortmaßnahmen und alle weiteren Schritte festhält.
- Sachverständigengutachten: Lassen Sie ein detailliertes Gutachten erstellen, das die Schadensursache, den Umfang und die empfohlenen Sanierungsmaßnahmen beschreibt.
- Rechnungen und Kostenaufstellungen: Sammeln Sie alle Rechnungen für Sofortmaßnahmen, Gutachten und Reparaturarbeiten. Erstellen Sie eine Gesamtkostenaufstellung.
- Liste der beschädigten Gegenstände: Erstellen Sie eine Liste der beschädigten Gegenstände im Hausrat und bewahren Sie defekte Teile als Beweismittel auf.
Diese Dokumentation ist entscheidend, um eine zügige und reibungslose Abwicklung mit der Versicherung sicherzustellen und mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Wie verhalte ich mich, wenn die Versicherung eine Leistungskürzung wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Veränderungsverbot ankündigt?
Wenn eine Versicherung eine Leistungskürzung wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Veränderungsverbot ankündigt, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können, um sich dagegen zu wehren:
1. Überprüfen Sie die Versicherungsbedingungen:
- Lesen Sie die Versicherungsbedingungen sorgfältig durch, um zu verstehen, was unter einem Verstoß gegen das Veränderungsverbot fällt und welche Konsequenzen daraus erwachsen können.
2. Widerspruch einlegen:
- Wenn Sie der Meinung sind, dass die Leistungskürzung ungerechtfertigt ist, sollten Sie schriftlich Widerspruch einlegen. Begründen Sie dabei, warum Sie den Verstoß für unbegründet halten.
3. Gutachten einholen:
- Ein unabhängiges Gutachten kann helfen, die Rechtmäßigkeit der Leistungskürzung zu überprüfen. Ein Sachverständiger kann feststellen, ob die Veränderungen tatsächlich gegen das Verbot verstoßen haben.
4. Informieren Sie sich über Ihre Rechte:
- Informieren Sie sich über Ihre gesetzlichen Rechte und die Möglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen, um gegen die Leistungskürzung vorzugehen. Dies kann auch bedeuten, sich über die allgemeinen Prinzipien der Versicherungsleistungskürzungen zu informieren.
5. Dokumentation:
- Bewahren Sie alle relevanten Dokumente und Korrespondenzen mit der Versicherung sorgfältig auf. Diese können bei einem möglichen Streitfall wichtig sein.
6. Verhandlungen führen:
- Versuchen Sie, mit der Versicherung in Verhandlungen zu treten, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dies kann auch durch einen Vermittler oder eine Schlichtungsstelle erfolgen.
7. Rechtliche Schritte prüfen:
- Wenn alle anderen Schritte erfolglos bleiben, sollten Sie prüfen, ob rechtliche Schritte notwendig sind. Hierbei ist es wichtig, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die möglichen Kosten im Klaren zu sein.
Es ist wichtig, dass Sie sich in dieser Situation gut informieren und alle Optionen sorgfältig abwägen, um die beste Vorgehensweise für Ihre Situation zu wählen.
Kann die Versicherung die Leistung vollständig verweigern, wenn ich gegen das Veränderungsverbot verstoßen habe, oder ist nur eine Kürzung möglich?
Wenn Sie gegen das Veränderungsverbot in Ihrer Gebäudeversicherung verstoßen, kann der Versicherer in der Regel nicht automatisch die Leistung vollständig verweigern. Das Veränderungsverbot ist eine Obliegenheit, die Sie als Versicherungsnehmer einhalten müssen, um sicherzustellen, dass der Versicherer den Schaden genau bewerten kann. Verletzen Sie diese Obliegenheit, kann der Versicherer unter bestimmten Umständen Leistungskürzungen vornehmen oder sogar leistungsfrei werden, wenn die Verletzung vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgte.
Leistungsfreiheit bedeutet, dass der Versicherer nicht zahlen muss, wenn er nachweisen kann, dass die Verletzung der Obliegenheit erheblich war und die Schadensermittlung erschwerte oder unmöglich machte. Eine vollständige Leistungsverweigerung ist jedoch nur möglich, wenn der Versicherer nachweisen kann, dass die Veränderung den Schaden erheblich beeinflusst hat oder die Schadensermittlung unmöglich gemacht wurde.
In vielen Fällen wird der Versicherer versuchen, die Leistung anzupassen, um den Umfang der Veränderung zu berücksichtigen. Dies kann bedeuten, dass die Leistung gekürzt wird, um den Anteil des Schadens zu berücksichtigen, der durch die Veränderung verursacht wurde.
Für Sie bedeutet das, dass Sie sich bemühen sollten, alle Veränderungen unverzüglich dem Versicherer zu melden und keine Veränderungen vorzunehmen, die den Schaden beeinflussen könnten, bis der Versicherer zugestimmt hat. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie vorgehen sollen, ist es ratsam, sich über die genauen Bedingungen Ihres Versicherungsvertrags zu informieren.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert
Eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert ist eine Versicherungsform, die das Gebäude zum aktuellen Neubauwert absichert, wobei sich die Versicherungssumme automatisch an die Baupreisentwicklung anpasst. Die Besonderheit liegt in der automatischen Anpassung der Versicherungssumme an den Baupreisindex, ohne dass der Versicherungsnehmer aktiv werden muss. Dies soll eine Unterversicherung verhindern. Gesetzliche Grundlage bildet das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), insbesondere §§ 74-99.
Beispiel: Bei Abschluss der Versicherung wird ein Einfamilienhaus mit einem Wert von 300.000 Euro versichert. Steigen die Baupreise um 5%, erhöht sich die Versicherungssumme automatisch auf 315.000 Euro, ohne dass der Versicherungsnehmer den Vertrag ändern muss.
Obliegenheitsverletzung
Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer die im Versicherungsvertrag festgelegten Pflichten (Obliegenheiten) nicht erfüllt. Dabei handelt es sich nicht um einklagbare Rechtspflichten, sondern um Verhaltensanforderungen, deren Nichtbeachtung zum teilweisen oder vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes führen kann. Die rechtliche Grundlage bildet § 28 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Für eine Leistungskürzung ist in der Regel Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit erforderlich.
Beispiel: Wenn ein Versicherungsnehmer nach einem Wasserschaden das beschädigte Rohr entsorgt, bevor die Versicherung den Schaden begutachten konnte, verstößt er gegen die Obliegenheit, das Schadensbild unverändert zu lassen, und riskiert eine Kürzung der Versicherungsleistung.
Allgemeine Wohngebäudeversicherungsbedingungen (VGB)
Die Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen (VGB) sind standardisierte Vertragsbedingungen, die die grundlegenden Regelungen zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsunternehmen festlegen. Sie definieren den Versicherungsschutz, Leistungsumfang, Ausschlüsse sowie Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien bei Wohngebäudeversicherungen. Die VGB werden als Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB rechtlich eingeordnet und unterliegen daher einer besonderen Inhaltskontrolle.
Beispiel: Die im Fall erwähnten VGB 2014 enthalten eine spezifische Klausel (Abschnitt B § 8 Nr. 2 a gg), die den Versicherungsnehmer verpflichtet, nach einem Schadensfall das Schadensbild unverändert zu lassen, bis die Versicherung die Schadensstelle freigibt.
Veränderungsverbot
Das Veränderungsverbot ist eine in Versicherungsverträgen verankerte Obliegenheit, die den Versicherungsnehmer verpflichtet, nach einem Schadensfall den Zustand der beschädigten Sachen unverändert zu lassen, bis der Versicherer den Schaden begutachtet und die Schadensstelle freigegeben hat. Diese Verpflichtung basiert auf § 82 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und wird in den Versicherungsbedingungen konkretisiert. Zweck ist die Beweissicherung für den Versicherer.
Beispiel: Nach einem Wasserschaden im Badezimmer dürfen beschädigte Rohre oder Armaturen nicht entfernt oder ausgetauscht werden, bevor der Gutachter der Versicherung diese untersucht hat. Ein Verstoß kann zur Leistungskürzung führen, wie im vorliegenden Fall geschehen.
Schadensdokumentation
Die Schadensdokumentation bezeichnet die umfassende Erfassung und Beweissicherung eines Schadensereignisses durch den Versicherungsnehmer. Sie umfasst typischerweise Fotos, Videos, schriftliche Beschreibungen des Schadenbildes sowie die Aufbewahrung beschädigter Teile. Im Versicherungsrecht ist die Dokumentation eng mit den Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach §§ 82, 83 VVG verbunden und dient als Beweismittel für Schadensursache und -umfang.
Beispiel: Bei einem Wasserschaden sollte der Versicherungsnehmer den Schaden fotografisch aus verschiedenen Perspektiven festhalten, das beschädigte Rohr aufbewahren und den Verlauf des Wasserschadens mit Datum und Uhrzeit dokumentieren, um der Versicherung den Nachweis über Art und Umfang des Schadens zu ermöglichen.
Leistungskürzung
Eine Leistungskürzung ist eine anteilige Reduzierung der Versicherungsleistung durch den Versicherer, wenn der Versicherungsnehmer vertragliche Obliegenheiten verletzt hat. Die Kürzung erfolgt proportional zum Verschuldensgrad des Versicherungsnehmers. Rechtliche Grundlage bildet § 28 Abs. 2 und 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), wonach bei grober Fahrlässigkeit eine Kürzung entsprechend der Schwere des Verschuldens erfolgen kann.
Beispiel: Im vorliegenden Fall wurde die Versicherungsleistung gekürzt, weil der Versicherungsnehmer das Schadensbild veränderte, bevor die Versicherung es begutachten konnte. Statt der vollen Schadenssumme erhielt er nur einen Teil der Kosten erstattet, entsprechend dem Grad seiner Obliegenheitsverletzung.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): § 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) legt die grundlegende Leistungspflicht des Versicherers fest. Demnach ist der Versicherer verpflichtet, die im Versicherungsvertrag vereinbarte Leistung zu erbringen, wenn der Versicherungsfall eintritt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier geht es um die Kernfrage, ob ein Versicherungsfall im Sinne der Wohngebäudeversicherung vorliegt und die Beklagte daher grundsätzlich zur Schadenregulierung verpflichtet ist.
- § 8 Nr. 2 VGB 2014 (Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall): Abschnitt B § 8 Nr. 2 der VGB 2014 definiert die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt eines Schadens, wie die Pflicht, das Schadensbild unverändert zu lassen und zu dokumentieren. Die Verletzung solcher Obliegenheiten kann den Versicherer von der Leistung befreien, sofern die Verletzung ursächlich für die Feststellung oder den Umfang des Schadens ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung könnte argumentieren, dass der Kläger durch die vorzeitige Reparaturarbeiten seine Obliegenheit verletzt hat, das Schadensbild unverändert zu lassen, was ihre Regulierungspflicht einschränken könnte, obwohl der Kläger den Schaden dokumentiert hat.
- Beweislast im Versicherungsprozess: Im Zivilprozess, insbesondere im Versicherungsrecht, trägt grundsätzlich der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen des Versicherungsfalls und den entstandenen Schaden. Der Versicherer hingegen muss Leistungsausschlüsse oder Obliegenheitsverletzungen beweisen, um seine Leistungspflicht zu mindern oder auszuschließen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger musste darlegen und beweisen, dass ein versicherter Wasserschaden vorliegt und in welcher Höhe ihm Kosten entstanden sind. Das Gericht musste prüfen, ob der Kläger seiner Beweislast genügt hat und ob die Versicherung Leistungsfreiheit aufgrund von Obliegenheitsverletzungen geltend machen kann.
Das vorliegende Urteil
AG Neunkirchen – Az.: 20 C 70/22 – Urteil vom 21.03.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.