Skip to content

Gebäudeversicherung – Eintrittspflicht für unbenannte Gefahren

Der Traum von der eigenen Pferderanch verwandelte sich für einen neuen Eigentümer in einen Albtraum, als er in einer Grube eine massive Ölverunreinigung entdeckte. Wer zahlt für die Beseitigung des giftigen Schlamms? Die Versicherung lehnte die Deckung ab, da der Schaden durch „Verseuchung“ verursacht und nicht „unvorhergesehen“ eingetreten sei.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 60/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken
  • Datum: 20.05.2022
  • Aktenzeichen: 5 U 60/21
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eigentümer eines Grundstücks mit Pferderanch, der von seiner Versicherung die Übernahme der Kosten für die Beseitigung einer Ölverunreinigung verlangte.
  • Beklagte: Versicherungsgesellschaft, bei der der Kläger eine Firmen-Sachschutzversicherung unterhielt und die eine Leistung ablehnte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Auf dem vom Kläger erworbenen Grundstück wurde in einer Grube ein Öl-Wasser-Gemisch gefunden. Der Kläger meldete den Schaden seiner Firmen-Sachschutzversicherung zur Übernahme der Reinigungs- und Entsorgungskosten. Die Versicherung lehnte eine Leistung ab, woraufhin der Kläger klagte.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob eine durch Ölverunreinigung verursachte Kontamination unter den Versicherungsschutz für „Unbenannte Gefahren“ fällt, insbesondere im Hinblick darauf, ob es sich um eine versicherte Sache handelt, ob ein unvorhergesehenes Ereignis vorlag und ob ein Ausschlussgrund (Verseuchung) eingreift.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts, das die Klage abgewiesen hatte, wurde zurückgewiesen.
  • Begründung: Eine Leistungspflicht der Versicherung besteht nicht. Obwohl die Grube als versicherte Sache anzusehen ist, lag kein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne der Versicherungsbedingungen vor. Vielmehr deutet alles auf eine bewusste, unsachgemäße Entsorgung von Altöl hin, was die Unvorhergesehenheit ausschließt und eine Leistungskürzung bis auf Null rechtfertigt. Zudem greift der Ausschluss für Schäden durch Verseuchung.
  • Folgen: Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beseitigung der Kontamination von der Versicherung. Er muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.

Der Fall vor Gericht


OLG Saarbrücken: Kein Versicherungsschutz bei vorsätzlicher Ölverunreinigung einer Grube unter „unbenannte Gefahren“

Landwirt vor ölverschmutzter Grube auf Pferderanch, erschüttert über Umweltverschmutzung
Neue Ölverseuchung auf Pferderanch entdeckt: Umweltgefahr, Erdreich und Verantwortlichkeit im Blick. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in einem Urteil vom 20. Mai 2022 (Az.: 5 U 60/21) entschieden, dass eine Ölverunreinigung in einer Grube und im Erdreich eines versicherten Grundstücks nicht unter den Deckungsschutz für „unbenannte Gefahren“ einer Firmen-Sachschutzversicherung fällt, wenn die Kontamination auf ein vorhersehbares, möglicherweise vorsätzliches Handeln zurückzuführen ist. Zudem greift der Ausschluss für Schäden durch „Verseuchung“, wenn kein primär ersatzpflichtiges Schadensereignis vorliegt.

Ausgangssituation: Ölfund auf der Pferderanch und die bestehende Firmen-Sachschutzversicherung

Der neue Eigentümer eines Anwesens in S., das eine Pferderanch mit Wohngebäude umfasst, entdeckte kurz nach dem Erwerb eine erhebliche Umweltproblematik. Er hatte das Grundstück am 20. Juli 2018 erworben und war seit dem 15. Oktober 2018 offizieller Eigentümer. Für dieses Anwesen bestand eine Firmen-Sachschutzversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft, die ursprünglich von der Voreigentümerin im Dezember 2016 abgeschlossen und mit Wirkung zum 15. Oktober 2018 auf den neuen Eigentümer umgeschrieben worden war, nachdem dieser eine offene Prämie beglichen hatte.

Laut Versicherungsschein war das Gebäude als ständig bewohnt deklariert und die Hauptbetriebsart mit „Reitschule/Reithalle“ angegeben. Die Versicherungssumme belief sich auf 800.000,- Euro zum Zeitwert. Der Versicherungsschutz umfasste eine Grunddeckung für Feuer sowie Sturm/Hagel und einen erweiterten Deckungsschutz für sogenannte „unbenannte Gefahren“. Zusätzlich waren Kosten für die Dekontamination und Entsorgung von Erdreich (unbegrenzt auf Erstes Risiko) mitversichert, sofern diese im Zusammenhang mit den Grundgefahren Feuer, Leitungswasser, Sturm/Hagel oder daran anhängenden Gefahren standen. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB, Stand: 10/2016) zugrunde.

Nach der Übergabe des Grundstücks am 21. September 2018 stellte der neue Eigentümer nach eigenen Angaben am 6. Oktober 2018 fest, dass sich in einem gemauerten, in den Boden eingelassenen „Wasserschacht“ (von der Versicherung als „Sickergrube“ bezeichnet) mit den Maßen 3 m x 3 m x 2,50 m und einer Betonabdeckung, der sich außerhalb der Gebäude befand, ein Wasser-Öl-Gemisch angesammelt hatte.

Streitpunkte zwischen Eigentümer und Versicherung: Deckung für unbenannte Gefahren oder Ausschluss wegen Verseuchung?

Der Eigentümer meldete den Schaden seiner Versicherung. Am 25. Oktober 2018 fand ein Ortstermin mit einem Regulierungsbeauftragten der Versicherung statt. Der Eigentümer behauptete, dieser Beauftragte habe eine Eintrittspflicht der Versicherung zugesagt. In der Folge ließ der Eigentümer das benachbarte Stallgebäude abreißen und Bodenproben entnehmen. Ein von ihm beauftragtes Sachverständigenbüro legte im April 2019 ein Gutachten vor, das eine Verunreinigung durch Altöl bestätigte und Maßnahmen zur Dekontamination empfahl.

Die Versicherung lehnte jedoch mit Schreiben vom 23. November 2018 die Leistung ab. Ihre Begründung stützte sich darauf, dass der Schaden gemäß den Versicherungsbedingungen (A1.12.2 f) AVB) als Schaden durch „Verseuchung/Kontaminierung nicht versichert sei. Zudem machte sie eine Gefahrerhöhung durch eine teilweise Nutzungsänderung des Grundstücks (Vermietung an einen Kfz-Betrieb) geltend und kündigte den Vertrag aus diesem Grund. Vorsorglich focht die Versicherung ihre Vertragserklärung an, falls keine Gefahrerhöhung nach Vertragsschluss vorgelegen haben sollte, da dann die Voreigentümerin arglistig falsche Angaben zur Betriebsart gemacht haben müsse. Hilfsweise berief sich die Versicherung auf Leistungsfreiheit wegen angeblich arglistiger Falschangaben des Eigentümers im Zusammenhang mit der Schadensmeldung und einem Verstoß gegen die Aufklärungsobliegenheit bezüglich der Nutzung als Kfz-Werkstatt.

Der Eigentümer hielt dagegen, bei Besichtigungen vor dem Kauf keine Schäden festgestellt zu haben. Die Kontamination sei erst später entstanden und als „unbenannte Gefahr“ mitversichert. Der Wasserschacht sei ein versicherter Gebäudebestandteil oder ein Wasserspeicher zur Versorgung des Gebäudes. Er forderte von der Versicherung Ersatz für bereits entstandene Kosten (Entsorgung des Öl-Wasser-Gemisches, des kontaminierten Erdreichs und der Grube) sowie für die voraussichtlichen Kosten für den Abriss und die Neuerrichtung des Stalles, insgesamt rund 328.743,41 Euro.

Die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken – Klage des Eigentümers zunächst abgewiesen

Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage des Eigentümers nach Anhörung des Eigentümers und Vernehmung von Zeugen ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Grube und das Erdreich keine versicherten Sachen im Sinne der Gebäudeversicherung seien. Weder das Gebäude selbst noch dessen Bestandteile oder Zubehör seien beschädigt worden. Eine Eintrittspflicht der Versicherung aufgrund einer behaupteten Regulierungszusage durch deren Mitarbeiter sei nicht bewiesen, zudem fehle es an dessen Vollmacht, eine solche Zusage verbindlich zu erteilen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken – Berufung des Eigentümers gegen Versicherungsablehnung erfolglos

Der Eigentümer legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein und verfolgte sein Klageziel weiter. Er argumentierte, der Wasserspeicher sei sehr wohl ein versicherter Gebäudebestandteil, da er fest mit dem Gebäude verbunden sei. Zudem sei die Beweiswürdigung des Landgerichts bezüglich der Zusage des Regulierungsbeauftragten fehlerhaft. Ergänzend behauptete er, auch bei Übernahme des Anwesens am 21. September 2018 sei die Verschmutzung noch nicht feststellbar gewesen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken wies die Berufung des Eigentümers jedoch als unbegründet zurück. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Eigentümer auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Streitwert wurde auf 328.723,- Euro festgesetzt.

Begründung des OLG – Grube als versicherte Sache, aber kein unvorhergesehenes Ereignis bei Ölverunreinigung

Das OLG kam zwar in einem Punkt zu einer anderen Einschätzung als das Landgericht, bestätigte aber im Ergebnis dessen klageabweisendes Urteil. Ein vertraglicher Leistungsanspruch des Eigentümers gegen die Versicherung bestehe aus mehreren Gründen nicht.

Zunächst stellte das OLG fest, dass die streitgegenständliche Grube entgegen der Ansicht des Landgerichts als versicherte Sache anzusehen sei. Gemäß den Versicherungsbedingungen (A2, Ziff. 8.1 AVB) zählen zu „Gebäuden“ auch „alle Bauwerke“ zur Aufnahme von Menschen, Tieren oder Sachen, einschließlich „Behälter“ und „Gruben“, sofern diese in Mauerwerk oder Beton ausgeführt sind. Da die Grube auf dem Grundstück gemauert und in den Boden eingelassen war, erfüllte sie diese Kriterien.

Trotz dieser Einordnung als versicherte Sache sah das OLG jedoch keinen Versicherungsfall der „unbenannten Gefahr“ als gegeben an. Die Versicherung für „unbenannte Gefahren“ (A1.12 AVB) deckt Schäden, die durch ein unmittelbar von außen her einwirkendes Ereignis unvorhergesehen zerstört oder beschädigt werden. Ein Ereignis gilt als „unvorhergesehen“, wenn der Versicherungsnehmer oder seine Repräsentanten den Schaden weder rechtzeitig vorhergesehen haben noch mit dem erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können. Grob fahrlässige Unkenntnis kann zu einer Leistungskürzung führen. Die Beweislast für das Vorliegen eines Sachschadens durch eine äußere Ursache, dessen Unvorhersehbarkeit sowie den Eintritt des Schadens in versicherter Zeit liegt beim Versicherungsnehmer.

Im vorliegenden Fall lag zwar ein Sachschaden vor, da die Verunreinigung der Grube deren Gebrauchsfähigkeit aufhob. Dieser Schaden sei jedoch nicht „unvorhergesehen“ im Sinne der Bedingungen eingetreten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und den sachverständigen Feststellungen sei die einzige plausible Erklärung für die Kontamination ein bewusstes, schädigendes Verhalten der früheren Versicherungsnehmerin, eines Nutzers des Grundstücks oder deren Repräsentanten durch eine unsachgemäße, möglicherweise langfristige Entsorgung von Altöl in der Grube.
Das vom Eigentümer selbst vorgelegte Gutachten sprach von einem „typischen Schaden infolge unsachgemäßen Umganges“ und nicht von einem Unfallschaden. Es vermutete Altöle als Quelle, die möglicherweise über längere Zeit eingeleitet wurden, etwa durch einen Pächter, der Autoreparaturen durchführte. Diese Einschätzung wurde durch Aussagen des Eigentümers und eines Zeugen gestützt, die dies als ihren ersten Gedanken bezeichneten. Die Präsenz zahlreicher Fahrzeuge und Autoteile auf dem Hof untermauerte diesen Hergang. Die Lage der Grube in unmittelbarer Nähe des Stalles machte eine Verursachung durch Nutzer des Anwesens naheliegend, während Einwirkungen von außenstehenden Dritten fernliegend erschienen.

Der Eigentümer habe keine nachvollziehbaren Umstände dargelegt, die gegen diese naheliegende Schadensursache sprächen. Die bloße Behauptung, es sei „nicht ausgeschlossen“, dass unbekannte Dritte verantwortlich seien, genüge als abstrakte Möglichkeit nicht. Das „Wissen und Wollen“ der verantwortlich handelnden Personen, das zum Schadenszustand führte, schließe das Vorliegen eines „unvorhergesehenen“ Ereignisses aus. Ein solches Verhalten bewege sich im Grenzbereich zwischen grober Fahrlässigkeit und bedingtem Vorsatz. Analog zum Rechtsgedanken des § 81 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), der eine Leistungskürzung bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens vorsieht, sei hier eine Leistungskürzung bis „auf Null“ – also ein faktischer Leistungsausschluss – gerechtfertigt.

Zusätzlicher Leistungsausschluss wegen „Verseuchung“ gemäß Versicherungsbedingungen

Darüber hinaus, so das OLG, sei der geltend gemachte Schaden auch deshalb nicht gedeckt, weil es sich um einen Schaden durch „Verseuchung“ im Sinne von A1.12.2 Buchstabe f) AVB handele. Solche Schäden sind grundsätzlich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, es sei denn, sie sind die unmittelbare Folge eines dem Grunde nach ersatzpflichtigen Schadensereignisses. Da im vorliegenden Fall – wie dargelegt – kein grundsätzlich ersatzpflichtiges Ereignis im Sinne der „unbenannten Gefahr“ vorlag (weil der Schaden nicht unvorhergesehen war), griff der Ausschlussgrund der „Verseuchung“ vollumfänglich.

Weitere Gründe für die Ablehnung: Zeitpunkt des Schadeneintritts und fehlende Regulierungszusage

Das OLG äußerte zudem Zweifel daran, dass der Schaden erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem der neue Eigentümer bereits Versicherungsschutz genoss. Die Feststellungen im Gutachten deuteten auf eine langfristige Entsorgung des Altöls hin, was dafür sprechen könnte, dass der kontaminierte Zustand bereits vor der Übernahme des Anwesens durch den neuen Eigentümer und somit vor Beginn seines Versicherungsschutzes bestand. Die erforderliche Gewissheit für einen Schadenseintritt in versicherter Zeit (§ 286 ZPO) sah das Gericht nicht als gegeben an.

Auch eine verbindliche Regulierungszusage durch den Mitarbeiter der Versicherung konnte der Eigentümer nach Ansicht des OLG nicht beweisen. Selbst wenn eine solche Zusage erfolgt wäre, fehle der Nachweis einer entsprechenden Vollmacht dieses Mitarbeiters, die Versicherung hierdurch rechtlich zu binden.

Die weiteren von der Versicherung erhobenen Einwände, wie eine mögliche Gefahrerhöhung, die Anfechtung des Vertrages wegen angeblicher Täuschung durch die Voreigentümerin oder arglistige Obliegenheitsverletzungen des neuen Eigentümers, mussten vom Gericht aufgrund der bereits genannten, für die Klageabweisung ausreichenden Gründe nicht mehr geprüft werden. Die Berufung des Eigentümers wurde daher vollumfänglich zurückgewiesen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass eine Gebäudeversicherung für „unbenannte Gefahren“ nicht für Schäden eintritt, die auf absichtliche oder vorhersehbare Handlungen zurückzuführen sind, wie im Fall der vorsätzlichen Ölentsorgung in einer Grube. Der spezielle Ausschlusstatbestand „Verseuchung“ greift zudem, wenn kein anderweitig versichertes Schadensereignis vorliegt. Die Beweislast für einen unvorhergesehenen Schadeneintritt während der Versicherungszeit liegt beim Versicherungsnehmer, was besonders bei neu übernommenen Grundstücken mit potenziellen Altlasten bedeutsam ist.

Häufig gestellte Fragen zu versicherungsrechtlichen Themen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „unbenannte Gefahren“ im Kontext einer Gebäudeversicherung und welche Schäden sind typischerweise abgedeckt?

In einer Gebäudeversicherung gibt es oft verschiedene Arten des Versicherungsschutzes. Traditionell versichern viele Policen „benannte Gefahren“. Das sind spezifische Ereignisse, die im Vertrag genau aufgeführt sind, zum Beispiel Feuer, Leitungswasser, Sturm oder Hagel. Ein Schaden ist dann nur abgedeckt, wenn er durch eine dieser genannten Ursachen entstanden ist.

Die Klausel der „unbenannten Gefahren“ geht darüber hinaus. Stellen Sie sich vor, statt nur eine Liste spezifischer Ereignisse aufzuzählen, sagt der Vertrag im Grunde: „Wir versichern Ihr Gebäude gegen jede plötzliche und unvorhergesehene Beschädigung, es sei denn, die Ursache ist ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen.“

Für Sie als Eigentümer bedeutet das: Der Versicherungsschutz ist potenziell wesentlich breiter. Es kommt nicht mehr darauf an, ob die genaue Ursache des Schadens explizit im Versicherungsvertrag genannt ist. Solange der Schaden plötzlich auftritt, unvorhergesehen ist und die Ursache nicht zu den im Vertrag aufgezählten Ausnahmen gehört, ist der Schaden in der Regel abgedeckt.

Was bedeutet das praktisch?

Typische Schäden, die unter die „unbenannten Gefahren“ fallen können (sofern sie nicht sowieso schon als „benannte Gefahr“ versichert oder ausdrücklich ausgeschlossen sind), sind Ereignisse, die man nicht alltäglich in einem Versicherungsvertrag findet. Zum Beispiel:

  • Ein ungewöhnlicher Gegenstand fällt auf Ihr Dach und beschädigt es (z.B. ein Teil eines Flugzeugs, ein Ast aus sehr großer Höhe, der nicht unter „Sturm“ fällt).
  • Ein Fahrzeug fährt in Ihre Hauswand (sofern nicht bereits von der Kfz-Haftpflicht des Verursachers gedeckt oder als „Anprall von Fahrzeugen“ explizit ausgeschlossen).
  • Ein unerwartetes und seltenes geologisches Ereignis (das nicht als Erdbeben oder Erdrutsch in den Elementargefahren ausgeschlossen ist) führt zu Schäden am Gebäude.
  • Ein Baum auf Ihrem Grundstück fällt unerwartet um und beschädigt das Haus (wenn dies nicht bereits als „Sturm“ oder „Baumfall“ geregelt ist).

Entscheidend ist immer, dass die Ursache plötzlich und unvorhergesehen war und nicht im Vertrag ausgeschlossen ist.

Grenzen des Schutzes: Die Ausschlüsse

Auch bei den „unbenannten Gefahren“ gibt es Grenzen. Der Versicherungsschutz gilt nicht unbegrenzt für jeden Schaden. Im Versicherungsvertrag sind immer bestimmte Ursachen oder Arten von Schäden ausgeschlossen. Dies können zum Beispiel sein:

  • Schäden durch Krieg, innere Unruhen oder Kernenergie.
  • Schäden, die vorhersehbar waren oder durch Abnutzung entstehen (z.B. marode Bausubstanz, Schimmelbildung durch unzureichendes Lüften).
  • Bestimmte Naturkatastrophen (wie Überschwemmung, Erdbeben, Erdrutsch), die oft nur durch eine zusätzliche Elementarschadenversicherung abgedeckt sind.
  • Schäden durch Vorsatz des Versicherungsnehmers.

Es ist daher sehr wichtig, dass Sie in Ihrem Versicherungsvertrag genau prüfen, welche Ereignisse oder Ursachen ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, auch wenn „unbenannte Gefahren“ versichert sind. Der Schutz der „unbenannten Gefahren“ ist ein starkes Fundament, aber er ersetzt nicht das aufmerksame Lesen der Versicherungsbedingungen.


zurück

Wann greift der Ausschluss „Verseuchung/Kontaminierung“ in einer Gebäudeversicherung und welche Arten von Schäden sind davon betroffen?

In der Wohngebäudeversicherung ist der Ausschluss für Schäden durch „Verseuchung“ oder „Kontaminierung“ ein wichtiger Punkt, der oft Missverständnisse hervorruft. Er besagt grundsätzlich, dass bestimmte Schäden, die durch schädliche oder unerwünschte Stoffe verursacht werden, nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind.

Dieser Ausschluss greift typischerweise, wenn der Schaden am Gebäude oder Grundstück direkt durch das Vorhandensein oder die Verbreitung von verseuchenden oder kontaminierenden Stoffen entsteht. Es geht also nicht um den Schaden, der die Freisetzung des Stoffes verursacht hat (wie z. B. ein Wasserrohrbruch), sondern um die Folgeschäden und Kosten, die durch die eigentliche Verunreinigung entstehen.

Welche Arten von Schäden sind davon betroffen?

Betroffen sind vor allem die Kosten, die notwendig sind, um die Kontaminierung zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Dazu gehören unter anderem:

  • Reinigung und Entseuchung: Aufwendige Spezialreinigungen von Gebäudeteilen oder Böden.
  • Entsorgung kontaminierter Materialien: Der sichere Abtransport und die vorgeschriebene Entsorgung von Bauschutt, Erde oder anderen Stoffen, die durch die Verseuchung unbrauchbar oder gefährlich geworden sind.
  • Wiederherstellung: Kosten, um nach der Beseitigung der Kontaminierung die beschädigten oder entfernten Gebäudeteile oder das Grundstück wiederherzustellen.

Beispiele:

Stellen Sie sich vor, aus einem alten Öltank im Keller tritt Öl aus und versickert im Erdreich und Mauerwerk. Während der Schaden am Tank selbst vielleicht nicht versichert ist, greift der Kontchluss „Verseuchung“ typischerweise für die sehr hohen Kosten, die entstehen, um das verseuchte Erdreich auszuheben und zu entsorgen sowie das kontaminierte Mauerwerk zu sanieren. Ähnliche Fälle können bei der Freisetzung von Chemikalien oder, je nach Ursache und Umfang, bei starkem Schimmelbefall oder der Kontaminierung durch Fäkalien nach einem Rückstau auftreten.

Entscheidend ist immer der genaue Wortlaut Ihrer Versicherungspolice. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) legen fest, welche Stoffe genau gemeint sind und unter welchen Umständen der Ausschluss greift. Manche Policen bieten gegen Mehrbeitrag auch eine begrenzte Deckung für bestimmte Arten von Kontaminierungsschäden an.

Für Sie bedeutet das: Wenn ein Schadenereignis dazu führt, dass schädliche Stoffe Ihr Eigentum verunreinigen und dadurch hohe Kosten für Reinigung und Beseitigung entstehen, kann dieser Ausschluss dazu führen, dass die Versicherung die Zahlung verweigert. Es ist eine Lücke im Versicherungsschutz, die sich auf die Beseitigung der Verunreinigung selbst bezieht.


zurück

Welche Pflichten hat ein Versicherungsnehmer bei der Schadensmeldung und was passiert bei einer Verletzung dieser Pflichten?

Als Versicherungsnehmer haben Sie im Falle eines Schadens bestimmte Pflichten gegenüber Ihrer Versicherung. Diese sind sehr wichtig, damit die Versicherung den Schaden prüfen und gegebenenfalls bezahlen kann. Die zentralen Pflichten bei der Schadensmeldung sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt und werden oft auch in Ihren Versicherungsbedingungen näher erläutert.

Wichtige Pflichten bei der Schadensmeldung

Die zwei Kernpflichten, die Sie als Versicherungsnehmer nach einem Schaden haben, sind:

  1. Die Anzeigepflicht: Sie müssen den Schaden Ihrer Versicherung unverzüglich melden. Das bedeutet: Sobald Sie von dem Schaden erfahren, sollten Sie ihn so schnell wie möglich, also ohne schuldhaftes Zögern, bei Ihrer Versicherung anzeigen. Tun Sie dies nicht zeitnah, kann das bereits Folgen haben.
  2. Die Aufklärungsobliegenheit: Dies ist die Pflicht, der Versicherung dabei zu helfen, den Schaden und seine Umstände genau aufzuklären. Das bedeutet insbesondere, dass Sie der Versicherung wahrheitsgemäß und vollständig alle Informationen geben müssen, die zur Feststellung des Schadens und des Umfangs der Leistung der Versicherung nötig sind. Stellen Sie sich vor, es brennt in Ihrer Wohnung: Sie müssen mitteilen, wann und wo es gebrannt hat, was beschädigt wurde und alle Fragen der Versicherung dazu ehrlich beantworten.

Für die Aufklärung des Schadens gehört auch, dass Sie der Versicherung auf Nachfrage die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen und die Untersuchung des Schadens ermöglichen. Es geht darum, dass die Versicherung ein klares Bild vom Hergang und der Höhe des Schadens erhält.

Was passiert bei einer Verletzung dieser Pflichten?

Verletzen Sie diese Pflichten, kann das ernste Folgen für Ihren Versicherungsschutz haben. Die wichtigste Konsequenz ist die sogenannte Leistungsfreiheit des Versicherers.

Das bedeutet: Die Versicherung muss den Schaden unter bestimmten Umständen nicht oder nur teilweise bezahlen.

Die genauen Folgen hängen davon ab, wie die Pflicht verletzt wurde:

  • Vorsätzliche Verletzung: Wenn Sie die Pflichten absichtlich verletzen, zum Beispiel bewusst falsche Angaben machen oder wichtige Tatsachen verschweigen, um sich oder einem anderen einen Vorteil zu verschaffen, kann die Versicherung die Leistung komplett verweigern. Man spricht dann oft von arglistiger Täuschung.
  • Grobe Fahrlässigkeit: Wenn Sie Ihre Pflichten grob fahrlässig verletzen – also etwas tun oder unterlassen, was Ihnen eigentlich völlig klar sein müsste, und den Schaden oder seine Aufklärung dadurch erschweren oder verhindern –, kann die Versicherung ihre Leistung ebenfalls kürzen oder komplett verweigern. Stellen Sie sich vor, Sie verschweigen bei einem Wasserschaden absichtlich, dass ein Leck schon wochenlang bekannt war, obwohl das wichtig für die Schadenursache ist.
  • Einfache Fahrlässigkeit: Auch bei einfacher Fahrlässigkeit, also wenn Sie unachtsam sind und dadurch eine Pflicht verletzen, kann es unter Umständen zu Leistungskürzungen kommen, wenn die Verletzung ursächlich für die Nicht-Aufklärung des Schadens ist. Oft ist die Folge hier aber milder, oder es gibt keine Leistungskürzung, wenn die Pflichtverletzung den Schaden oder dessen Feststellung nicht beeinflusst hat.

Wichtig ist, dass die Versicherung in der Regel nachweisen muss, dass eine Pflichtverletzung vorliegt und diese auch ursächlich für die Nicht-Aufklärung oder Erschwerung der Schadenfeststellung war. Die genauen Voraussetzungen und Folgen bei Pflichtverletzungen sind komplex und hängen stark vom Einzelfall, der Art der Verletzung und den Bedingungen Ihrer Versicherung ab.


zurück

Was versteht man unter „Gefahrerhöhung“ und wie wirkt sich eine solche auf den Versicherungsschutz aus?

Stellen Sie sich vor, Sie schließen eine Versicherung ab, zum Beispiel für Ihr Haus oder Ihre Wohnung. Die Versicherung berechnet ihren Beitrag (die Prämie) und das Risiko, einen Schaden ersetzen zu müssen, anhand bestimmter Umstände, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehen.

Was ist eine Gefahrerhöhung?

Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich die Umstände, die für die Einschätzung des Risikos durch die Versicherung wichtig waren, nach Vertragsabschluss so ändern, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadens oder das Ausmaß eines möglichen Schadens steigt. Einfach gesagt: Das Risiko für die Versicherung wird größer als ursprünglich angenommen.

Ein Beispiel dafür ist die im Zusammenhang genannte Nutzungsänderung eines Grundstücks. Wenn ein Grundstück beispielsweise bisher nur zu Wohnzwecken diente und nun plötzlich gewerblich genutzt wird, bei dem gefährlichere Stoffe gelagert oder mehr Publikumsverkehr herrscht, kann dies das Schadensrisiko (z.B. Brand, Haftpflichtfälle) erhöhen. Andere Beispiele könnten sein: der Einbau eines Kamins, der in der Ursprungsplanung nicht vorgesehen war, wenn dieser nicht fachgerecht gemeldet wird, oder die Aufnahme einer risikoreicheren Tätigkeit in den versicherten Räumen.

Welche Pflichten haben Sie bei einer Gefahrerhöhung?

Im Versicherungsvertrag sind meist Klauseln enthalten, die sich auf die Gefahrerhöhung beziehen. Wichtig ist hier die Anzeigepflicht. Sie sind als Versicherungsnehmer in der Regel verpflichtet, der Versicherung eine solche Risikoerhöhung unverzüglich mitzuteilen, sobald Sie davon erfahren. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG).

Auswirkungen auf den Versicherungsschutz

Wenn eine Gefahrerhöhung eintritt und Sie Ihrer Anzeigepflicht nachkommen, hat die Versicherung verschiedene Möglichkeiten:

  • Sie kann den Vertrag an die neuen Gegebenheiten anpassen, oft durch eine Erhöhung der Versicherungsprämie.
  • Sie kann den Vertrag kündigen, wenn sie den Vertrag zu den neuen, erhöhten Risikobedingungen nicht fortführen möchte.

Teilen Sie die Gefahrerhöhung nicht mit, kann dies ernste Folgen für Ihren Versicherungsschutz haben. Tritt ein Schaden ein, während die Gefahrerhöhung besteht und nicht gemeldet wurde, kann die Versicherung unter Umständen die Leistung kürzen oder sogar ganz verweigern. Dies hängt davon ab, ob die nicht gemeldete Gefahrerhöhung ursächlich für den Schaden war und ob Ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit bei der Nichtmeldung vorgeworfen werden kann.

Für Sie als Versicherungsnehmer ist es daher wichtig, die Bedingungen Ihres Versicherungsvertrags genau zu kennen und bei wesentlichen Änderungen, die das versicherte Risiko beeinflussen könnten, proaktiv auf Ihre Versicherung zuzugehen.


zurück

Welche Bedeutung hat die Betriebsartangabe (z.B. „Reitschule/Reithalle“) im Versicherungsschein für den Versicherungsschutz?

Die Angabe der Betriebsart im Versicherungsschein beschreibt, wie das versicherte Objekt oder die versicherte Tätigkeit tatsächlich genutzt wird. Diese Beschreibung ist eine der wichtigsten Informationen für Ihre Versicherung.

Warum ist das so wichtig? Weil die Betriebsart direkt bestimmt, welches Risiko für den Versicherer besteht. Das Risiko ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden eintritt, und wie schwer dieser sein könnte. Eine Nutzung als „Reitschule/Reithalle“ birgt andere Risiken (z.B. durch Tiere, Besucher, spezifische Gebäude und Aktivitäten) als die Nutzung als reines Wohngebäude oder Büro.

Der Versicherer berechnet Ihren Beitrag (die Prämie) und definiert den Umfang Ihres Versicherungsschutzes genau basierend auf der von Ihnen angegebenen Betriebsart. Er versichert also das spezifische Risiko, das mit dieser Nutzung verbunden ist.

Folgen unrichtiger oder geänderter Angaben zur Betriebsart

Wenn die im Versicherungsschein angegebene Betriebsart nicht mit der tatsächlichen Nutzung übereinstimmt, kann das erhebliche Auswirkungen auf Ihren Versicherungsschutz haben:

  • Angabe bei Vertragsabschluss war unrichtig: Wenn Sie bei Vertragsabschluss eine Betriebsart angegeben haben, die ein geringeres Risiko darstellt, als tatsächlich vorliegt (z.B. „Lager“ statt „Chemielager“), kann der Versicherer unter Umständen den Vertrag anpassen, einen höheren Beitrag nachfordern oder im schlimmsten Fall vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt insbesondere, wenn die Falschangabe für den Versicherer relevant war und Sie dies wussten oder hätten wissen müssen.
  • Die Nutzung ändert sich später: Wenn sich die Betriebsart nach Vertragsabschluss ändert (z.B. aus einer reinen Reithalle für den Eigenbedarf wird eine gewerbliche Reitschule mit viel Publikumsverkehr und Veranstaltungen), und dadurch das Risiko steigt, sind Sie in der Regel vertraglich verpflichtet, dies Ihrem Versicherer mitzuteilen.

Machen Sie bei Vertragsabschluss falsche Angaben zur Betriebsart oder teilen Sie eine spätere Risikoerhöhung durch eine Nutzungsänderung nicht mit, kann dies dazu führen, dass der Versicherer im Schadenfall die Leistung kürzen oder ganz verweigern darf. Das bedeutet, Ihr Versicherungsschutz ist möglicherweise nicht mehr oder nur teilweise wirksam.

Daher ist es für Sie entscheidend, die Angabe zur Betriebsart im Versicherungsschein genau zu überprüfen und dem Versicherer jede Änderung der Nutzung mitzuteilen, die potenziell zu einem erhöhten Risiko führen könnte. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihr Versicherungsschutz im Ernstfall greift.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Unbenannte Gefahren

Unter „unbenannten Gefahren“ versteht man Schäden, die durch Ereignisse entstehen, die nicht ausdrücklich im Versicherungsvertrag aufgelistet sind, aber plötzlich und unvorhergesehen eintreten. Im Gegensatz zu „benannten Gefahren“ (wie Feuer oder Sturm) ist hier der Versicherungsschutz breiter gefasst, sofern die Ursache nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Entscheidend ist, dass der Schaden von außen kommt, nicht vorhergesehen oder vom Versicherungsnehmer nicht mit dem nötigen Fachwissen hätte erwartet werden können (vgl. AVB A1.12). Beispiel: Ein unbekannter Ast fällt plötzlich vom Himmel und beschädigt Ihr Dach – eine solche unbenannte Gefahr wäre versichert.


Zurück

Verseuchung/Kontaminierung

„Verseuchung“ oder „Kontaminierung“ bezeichnet die unerwünschte Verschmutzung von Grundstück oder Gebäudebestandteilen durch schädliche Stoffe wie Chemikalien, Öl oder giftige Substanzen. Im Versicherungsschutz ist meist geregelt, dass Schäden durch Verseuchung ausgeschlossen sind, wenn sie nicht unmittelbar Folge eines versicherten Ereignisses sind (vgl. AVB A1.12.2 f). Betroffen sind typischerweise die Kosten für die Dekontamination, also die Reinigung und Entsorgung kontaminierter Erde oder Baustoffe. Beispiel: Wenn Öl aus einem undichten Tank ins Erdreich sickert, übernimmt die Wohngebäudeversicherung meist nicht die teuren Sanierungskosten, da dies als „Verseuchung“ gilt und ausgeschlossen ist.


Zurück

Leistungskürzung und Leistungsfreiheit bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit (§ 81 VVG)

Nach § 81 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz kann der Versicherer die Leistung kürzen oder ganz verweigern, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Vorsatz liegt vor, wenn der Schaden bewusst und gewollt herbeigeführt wurde; grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde. Hieraus folgt eine teilweise oder vollständige Leistungsfreiheit für den Versicherer. Beispiel: Wer absichtlich Öl in eine Grube schüttet und dadurch eine Umweltverschmutzung verursacht, hat den Schaden selbst „verschuldet“ und erhält keinen Versicherungsschutz.


Zurück

Gefahrerhöhung

Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich nach Abschluss des Versicherungsvertrags die Umstände so ändern, dass das Risiko eines Schadens für die Versicherung größer wird als ursprünglich vereinbart (vgl. § 23 VVG). Dies kann zum Beispiel durch Nutzungsänderungen des versicherten Grundstücks oder Gebäudes passieren, etwa wenn ein Wohngebäude plötzlich gewerblich genutzt wird. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Gefahrerhöhung unverzüglich der Versicherung zu melden. Unterlässt er dies, kann die Versicherung bei Eintritt eines Schadens ihre Leistung kürzen oder verweigern. Beispiel: Vermietet man eine bisher privat genutzte Garage an eine Kfz-Werkstatt ohne Meldung, erhöht sich das Risiko eines Schadens.


Zurück

Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers bei Schadensmeldung

Nach einem Schadenfall ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den Schaden vollständig und wahrheitsgemäß zu melden und alle nötigen Informationen zur Aufklärung bereitzustellen (vgl. § 19 VVG). Diese Pflicht umfasst auch die Zusammenarbeit mit der Versicherung, etwa durch Vorlage von Unterlagen oder Zugang zu Schadensorten. Ein Verstoß gegen diese Aufklärungsobliegenheit – beispielsweise falsche oder unvollständige Angaben – kann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen, also zur Verweigerung der Zahlung. Beispiel: Wenn der Geschädigte Angaben zum Zeitpunkt oder zur Ursache des Schadens verschweigt, kann die Versicherung die Regulierung verweigern.


Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 81 Abs. 2: Dieser Paragraph regelt die Leistungskürzung bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls. Wird der Schadenabsicht oder grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers nachgewiesen, kann die Versicherung die Leistungen reduzieren oder komplett verweigern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG sah ein vorsätzliches oder zumindest grob fahrlässiges Verhalten als Ursache der Ölverunreinigung an, was einen Ausschluss des Versicherungsschutzes rechtfertigt.
  • Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) für Sachversicherungen, A1.12 und A1.12.2 f): Diese Klauseln definieren den Versicherungsschutz für „unbenannte Gefahren“ und schließen Schäden durch „Verseuchung/Kontaminierung“ grundsätzlich aus, sofern diese nicht Folge eines ersatzpflichtigen Ereignisses sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Ölverunreinigung wurde als „Verseuchung“ eingestuft und ein unvorhergesehenes Schadensereignis verneint, sodass der Versicherer die Leistung ablehnen durfte.
  • Grundbegriff „versicherte Sache“ gemäß AVB, insbesondere A2, Ziff. 8.1: Definiert, welche Bauwerke und Anlagen zum versicherten Gebäudebestandteil zählen, einschließlich gemauerter Gruben als versicherte Objekte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG qualifizierte die gemauerte Grube als versicherte Sache, lehnte jedoch dennoch eine Versicherungsleistung ab, da kein Versicherungsfall im Sinne der Bedingungen vorlag.
  • Beweislast nach Zivilprozessordnung (ZPO), § 286: Regelt die Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis von Tatsachen im Prozess, insbesondere wann ein Gericht von der Richtigkeit einer Behauptung ausgeht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass der Eigentümer die unvorhergesehene Ursache des Schadens und den Eintritt der Schädigung während seiner Versicherungszeit nicht hinreichend bewiesen hat.
  • Grundsatz des Versicherungsfalles und Unvorhersehbarkeit (AVB, A1.12): Der Versicherungsschutz erfasst nur Schäden durch ein von außen unmittelbar wirkendes, unvorhergesehenes Ereignis. Ein Ereignis gilt als unvorhergesehen, wenn der Versicherungsnehmer oder seine Vertreter den Schaden nicht hätten erkennen oder vermeiden können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund der Indizien für vorsätzliches oder langfristiges Verhalten war die Ölverunreinigung kein unvorhergesehenes Ereignis und somit nicht versichert.
  • Obliegenheitsverletzungen und Gefahrerhöhung (VVG §§ 23, 26): Regelungen, welche die Pflichten des Versicherungsnehmers betreffen, bei Vertragsabschluss und während der Vertragslaufzeit Veränderungen anzuzeigen, die das Risiko erhöhen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung rügte eine Gefahrerhöhung durch Nutzung des Grundstücks als Kfz-Betrieb und mögliche Täuschung, was zur Leistungsfreiheit und Vertragskündigung führte; diese Punkte blieben aber aufgrund der anderen Ausschlussgründe im Urteil unberücksichtigt.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 60/21 – Urteil vom 20.05.2022


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Versicherungsrecht

Egal ob Ihre Versicherung die Zahlung verweigert oder Sie Unterstützung bei der Schadensregulierung benötigen. Wir stehen Ihnen zur Seite.

 

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Versicherungsrecht

Urteile aus dem Versicherungsrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!