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Gebäudeversicherung – Dichtigkeitsprüfung Ableitungsrohre

Voraussetzung für Versicherungsschutz

OLG Hamm – Az.:  I-20 U 271/19 – Beschluss vom 06.04.2020

I. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das am 30.10.2019 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen durch Beschluss im schriftlichen Verfahren (§ 522 II ZPO) zurückzuweisen.

II. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, auch dazu, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird, innerhalb von 6 Wochen ab Zugang.

Gründe

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Dem Kläger stehen die geltend gemachte Hauptforderung und somit auch die Nebenansprüche auf Zahlung von Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht zu.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers hiergegen bleiben ohne Erfolg.

I.

Der geltend gemachte Schaden ist nicht versichert.

Der Kläger macht vergeblich geltend, dass die Vertragsklausel, nach welcher Frost- und sonstige Bruchschäden an Ableitungsrohren der Wasserversorgung nach § 6 Nr.4 der vereinbarten Versicherungsbedingungen nur dann versichert sind, wenn die Dichtigkeit dieser Rohre maximal 5 Jahre vor Vertragsbeginn geprüft wurde und das Schadensprotokoll im Schadensfall vorzulegen ist, unwirksam ist. Diese Klausel hält einer Prüfung nach den §§ 305 ff BGB stand.

1.

Die Klausel ist nicht überraschend iSv § 305 c I BGB. Der Senat nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil.

2.

Die Klausel ist entgegen der Ansicht des Klägers weder in formeller noch in materieller Hinsicht intransparent Sv § 307 I 2 BGB.

Der Kläger wurde durch den eindeutigen Hinweis in dem Versicherungsschein („nach Dichtheitsprüfung“ und dem Fettdruck in § 6 Nr. 4 der Wohngebäude-Versicherungsbedingungen deutlich auf die zusätzliche Bedingung, wie sie unten neben dem * auf Seite 25 des Bedingungswerks aufgeführt ist, hingewiesen. Dadurch, dass ausschließlich der Wortteil „-ableitungs-“ fett gedruckt ist und sich unmittelbar hierhinter das * befindet, wird der Zusatz unten auf der Seite einem aufmerksam die Versicherungsbedingungen durchsehenden Versicherungsnehmer – dessen Sicht ist entscheidend – nicht entgehen.

Inhaltliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Unklarheit bestehen ebenfalls nicht. Die Klausel führt dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer seine Rechte und Pflichten im Hinblick auf die nicht auf dem Grundstück befindlichen Ableitungsrohre hinreichend klar und durchschaubar auf. Hiernach unterfallen solche Ableitungsrohre nur dann dem Versicherungsschutz, wenn – der Wortlaut ist insoweit eindeutig und nicht anders zu verstehen – eine Dichtheitsprüfung maximal, also frühestens, 5 Jahre vor dem Vertragsschluss stattgefunden hat. Soweit das Landgericht im Verhandlungstermin auf Bedenken bezüglich der Klarheit hingewiesen hat, welche sich daraus ergeben könnten, dass nach dem Wortlaut der Klausel nicht klar ist, zu welchem Zeitpunkt die Prüfung spätestens zu erfolgen hat, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Diese Bedingung ist so auszulegen, dass die Prüfung spätestens – auch nach Vertragsschluss – unmittelbar vor dem Versicherungsfall stattgefunden haben kann, wenn etwaige hierbei festgestellte Mängel durch eine Fachfirma beseitigt worden waren. Auch in diesem Fall wäre dem Interesse des Versicherers, die deutlich erhöhte Gefahr eines Rohrbruchs von Ableitungsohren außerhalb des Gebäudes (vgl. hierzu Hoenicke in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, § 4 Wohngebäudeversicherung Rn. 100, beck-online) nur dann zu übernehmen, wenn das Rohr vor dem Versicherungsfall geprüft und – gegebenenfalls nach fachgerechter Reparatur – dicht war, Genüge getan. Die Bedingung ist also nicht so auszulegen, dass die Rohrprüfung ausnahmslos vor Vertragsschluss (maximal 5 Jahre zuvor) durchgeführt worden sein muss.

Hiermit sind die Rechte und Pflichten des Klägers hinreichend umschrieben und erläutert.

Aus diesem Grunde verfängt auch der Einwand des Klägers nicht, dass die Klausel auch deswegen unwirksam sei, weil in der Klausel eine Dichtheitsprüfung „in Anknüpfung an die DIN 1986“ gefordert wird, so dass bei einer nachträglichen Dichtheitsprüfung nicht klar sei, welche Fassung der DIN gelten solle.

Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich ohne weiteres beim Durchlesen der Klausel, dass die Dichtheitsprüfung an die Fassung der DIN 1986 anzuknüpfen hat, welche zum Zeitpunkt „5 Jahre vor Vertragsschluss“ bzw. – bei einer Prüfung vor dem Vertragsschluss – in der zum Zeitpunkt der Prüfung geltenden Fassung Gültigkeit hatte, sofern diese Fassung für den Versicherungsnehmer günstiger wäre. Wenn die Dichtheitsprüfung – nebst etwaiger fachgerechter Beseitigung festgestellter Mängel – nach dem Vertragsschluss erfolgt bzw. erfolgt ist und in der Zwischenzeit Änderungen der DIN erfolgt sind, ist die Klausel so auszulegen, dass eine Anknüpfung an die zum Zeitpunkt „5 Jahre vor Vertragsschluss“ oder auch – sofern für den Kläger günstiger – an die zum Zeitpunkt der Prüfung geltende Fassung genügt.

Entgegen der Ansicht des Klägers war dieser auch nicht zu einer Dichtheitsprüfung nach Versicherungsschluss verpflichtet. Die Beklagte hat – für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar – nur dann das erheblich erhöhte Risiko eines Bruchs von außerhalb des Gebäudes und des Grundstücks gelegenen Ableitungsrohren generell übernehmen wollen, wenn eine Dichtheitsprüfung nebst gegebenenfalls erforderlicher fachgerechter Reparatur stattgefunden hat bzw. stattfinden würde. Wenn eine solche Prüfung maximal 5 Jahre vor Vertragsschluss stattgefunden hatte, bestand keine „Pflicht zu weiteren Handlungen“. Eine solche „Pflicht“ – aber eben nicht im Sinne irgendeiner Rechtspflicht (oder Obliegenheit), sondern im Sinne einer Tatbestandsvoraussetzung für Versicherungsschutz – bestand nur dann, wenn die Prüfung nicht innerhalb von 5 Jahren vor Vertragsschluss stattgefunden hatte. Dies war für den Kläger eindeutig erkennbar. Zwar mag eine solche Bedingung ungewöhnlich sein, wie der Kläger meint. Dies findet seine Rechtfertigung aber darin, dass der Einschluss von Ableitungsrohren außerhalb des Gebäudes – und erst recht außerhalb des Grundstücks – aufgrund des ungleich erhöhten Risikos nur ausnahmsweise und unter besonderen Voraussetzungen gedeckt sein soll. Üblicherweise sind in der Wohngebäudeversicherung ausschließlich Rohrschäden innerhalb des Gebäudes versichert, und zwar gerade aus dem Grunde, weil Ableitungsrohre außerhalb des Gebäudes/Grundstücks ungleich gefährdeter sind (vgl. Hoenicke aaO).

Die von dem Kläger aufgezeigte Alternative – die Frage nach einer durchgeführten Dichtigkeitsprüfung durch die Beklagte bei Antragstellung – hätte auch nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Bei wahrheitsgemäßer Beantwortung dieser Frage hätte die Beklagte keinen Versicherungsschutz für Ableitungsrohre außerhalb des Gebäudes/des Grundstücks bewilligt.

3.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Klausel auch nicht um eine sog. „verhüllte Obliegenheit“. Die Dichtigkeitsprüfung nebst fachgerechter Beseitigung etwaiger bei der Prüfung festgestellter Mängel ist originärer Bestandteil der Leistungsbeschreibung.

Die Beklagte hat den Versicherungsschutz für Ableitungsrohre außerhalb des Gebäudes und Grundstücks nicht generell gewähren und lediglich bei einem bestimmten Verhalten des Klägers diesen wieder nachträglich entziehen wollen.

Sie wollte vielmehr von vornherein und unabhängig vom Verhalten des Klägers nur dann Versicherungsschutz für die betreffenden Ableitungsrohre gewähren, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – oder aber jedenfalls zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls eine Dichtheitsprüfung stattgefunden hatte.

Der Versicherungsschutz wird vom Wortlaut der Klausel her davon abhängig gemacht, dass eine Dichtheitsprüfung vor Abschluss des Vertrags durchgeführt wurde, der Versicherungsschutz also bei Nichtvorliegen der Prüfung von vornherein generell nicht gegeben ist. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Klausel zugunsten des Versicherungsnehmers so auszulegen ist, dass auch eine nachträgliche Dichtheitsprüfung genügt, sofern sie nur vor dem Versicherungsfall erfolgt. Auch in diesem Fall „verliert“ der Versicherungsnehmer nicht nachträglich einen bereits gewährten Versicherungsschutz, sondern erlangt ihn erstmals mit Durchführung der Sicherheitsprüfung.

Zudem ist für den Versicherungsschutz irrelevant, von wem die Dichtheitsprüfung durchgeführt wurde. Es wird kein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers zur Voraussetzung für den Versicherungsschutz gemacht, sondern eine objektive Tatsache, nämlich das Vorliegen einer Dichtheitsprüfung.

II.

Nach alledem wird die Berufung des Klägers zurückzuweisen sein.

Der Kläger wird auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) hingewiesen.

 

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