Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Gebäudeversicherung: Gerichtsurteil stärkt Beratungspflichten der Versicherungsvermittler
- Der Fall: Günstiger Hauskauf und folgenschwere Unterversicherung
- Brandereignis deckt gravierende Unterversicherung auf
- Klage gegen den Versicherungsvermittler wegen mangelhafter Beratung
- Vorwurf: Unzureichendes Beratungsprotokoll und falsche Kundenwunsch-Darstellung
- Verteidigung des Versicherungsvermittlers: Kenntnis des Gebäudewertes und Kundenwunsch nach niedriger Prämie
- Behauptung: Hinweis auf Unterversicherung und Wunsch des Kunden nach niedriger Versicherungssumme
- Das Urteil des Landgerichts Halle: Verurteilung des Versicherungsvermittlers
- Begründung des Gerichts: Pflicht zur aktiven und umfassenden Beratung
- Bedeutung des Urteils für Betroffene und Versicherungsnehmer
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Pflichten hat ein Versicherungsvermittler bei Gebäudeversicherungen generell?
- Was bedeutet „Unterversicherung“ bei einer Gebäudeversicherung und warum ist sie so wichtig?
- Warum ist eine korrekte Wertermittlung wichtig?
- Wie kann man das Risiko einer Unterversicherung vermeiden?
- Wie kann ich als Versicherungsnehmer sicherstellen, dass die Versicherungssumme meiner Gebäudeversicherung korrekt ist?
- Was ist ein Beratungsprotokoll und welche Bedeutung hat es im Streitfall?
- Bedeutung im Streitfall
- Was kann ich tun, wenn ich den Verdacht habe, dass mein Versicherungsvermittler seine Beratungspflichten verletzt hat?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Halle (Saale)
- Datum: 31.03.2023
- Aktenzeichen: 5 O 414/21
- Verfahrensart: Zivilprozess
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Schadensersatzrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Forderte Schadensersatz vom Beklagten wegen behaupteter Pflichtverletzungen als Versicherungsvertreter.
- Beklagter: War als Versicherungsvertreter für die … Versicherungsservice GmbH tätig und vermittelte den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag. Wird von dem Kläger wegen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Gebäudeversicherung belangt.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger erwarb ein sanierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus und schloss über den Beklagten als Versicherungsvertreter eine Wohngebäudeversicherung zum Zeitwert ab. Der Kläger wirft dem Beklagten Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Abschluss dieser Gebäudeversicherung vor.
- Kern des Rechtsstreits: Ansprüche wegen behaupteter Pflichtverletzungen des Beklagten als Versicherungsvertreter im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Gebäudeversicherung.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 101.614 € nebst Zinsen sowie weitere 2706,66 € zu zahlen.
- Folgen: Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Gebäudeversicherung: Gerichtsurteil stärkt Beratungspflichten der Versicherungsvermittler

Das Landgericht Halle (Saale) hat in einem Urteil (Az.: 5 O 414/21) die Beratungspflichten von Versicherungsvermittlern im Kontext von Gebäudeversicherungen deutlich gestärkt. Im Kern des Rechtsstreits stand die Frage, ob ein Versicherungsvertreter seine Pflichten verletzt hat, indem er einen Kunden nicht ausreichend über die Bedeutung der korrekten Versicherungssumme und die Risiken einer Unterversicherung aufgeklärt hatte. Das Gericht entschied zugunsten des Versicherungsnehmers und verurteilte den Versicherungsvermittler zur Zahlung von Schadensersatz.
Der Fall: Günstiger Hauskauf und folgenschwere Unterversicherung
Der Kläger erwarb im Jahr 2014 ein sanierungsbedürftiges Mehrfamilienhaus für 40.000 Euro. Für dieses Gebäude schloss er über den Beklagten, einen Versicherungsvertreter, eine Wohngebäudeversicherung zum Zeitwert ab. Die Versicherungssumme wurde im Vertrag mit 200.000 Euro angegeben, die jährliche Prämie belief sich auf 198,23 Euro. Ein sogenannter Unterversicherungsverzicht wurde nicht vereinbart.
Brandereignis deckt gravierende Unterversicherung auf
Im August 2018 ereignete sich in dem Gebäude ein Brand. Bei der Schadensbegutachtung durch die Versicherung wurde der Zeitwert des Gebäudes jedoch auf 508.000 Euro taxiert. Der entstandene Schaden wurde auf rund 151.614 Euro beziffert. Aufgrund der erheblichen Differenz zwischen der vereinbarten Versicherungssumme und dem tatsächlichen Gebäudewert leistete die Versicherung jedoch nur anteilig, basierend auf dem Prinzip der Unterversicherung. Konkret erhielt der Kläger lediglich 50.000 Euro, was 40 Prozent des Schadens entsprach.
Klage gegen den Versicherungsvermittler wegen mangelhafter Beratung
Der Kläger warf dem Versicherungsvermittler vor, ihn nicht ausreichend über die korrekte Versicherungssumme und die Folgen einer Unterversicherung aufgeklärt zu haben. Er argumentierte, er habe dem Beklagten zwar eine Versicherungssumme von 200.000 Euro genannt, aber gleichzeitig betont, dass dies eine Schätzung ins Blaue hinein sei und er keine Ahnung habe, welche Summe angemessen wäre. Der Beklagte habe daraufhin weder nachgefragt, noch den Begriff „Zeitwert“ erläutert oder Hinweise zur Ermittlung der korrekten Versicherungssumme gegeben.
Vorwurf: Unzureichendes Beratungsprotokoll und falsche Kundenwunsch-Darstellung
Zudem bemängelte der Kläger, dass das erstellte Beratungsprotokoll unvollständig und irreführend sei. Der dort vermerkte Kundenwunsch nach einer Versicherungssumme von 200.000 Euro sei nicht Ergebnis einer fundierten Beratung gewesen, sondern beruhe lediglich auf seiner uninformierten Schätzung, die der Beklagte hätte hinterfragen müssen. Hätte der Beklagte ihn ordnungsgemäß beraten, so der Kläger, hätte er eine Versicherung mit der korrekten Versicherungssumme abgeschlossen.
Verteidigung des Versicherungsvermittlers: Kenntnis des Gebäudewertes und Kundenwunsch nach niedriger Prämie
Der Beklagte wies die Vorwürfe zurück. Er argumentierte, der Kläger habe das Gebäude aus einer Zwangsversteigerung erworben und müsse daher aufgrund des üblichen Bewertungsgutachtens den Gebäudewert gekannt haben. Weiterhin behauptete der Beklagte, er habe im Beratungsgespräch mit einem Wertermittlungsprogramm gearbeitet und einen Versicherungswert von über 500.000 Euro ermittelt.
Behauptung: Hinweis auf Unterversicherung und Wunsch des Kunden nach niedriger Versicherungssumme
Da das Gebäude leerstand, sei lediglich eine Versicherung zum Zeitwert möglich gewesen. Die daraus resultierende Prämie sei dem Kläger jedoch im Hinblick auf die anstehenden Sanierungskosten zu hoch gewesen. Auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers sei die Versicherungssumme daher reduziert worden. Der Beklagte gab an, den Kläger darauf hingewiesen zu haben, dass im Falle einer Unterversicherung die Versicherung im Schadensfall nur anteilig leisten würde. Zudem verwies der Beklagte auf die geschäftliche Erfahrung des Klägers, der einen Dönerstand betreibe und eine Unternehmerpolice habe.
Das Urteil des Landgerichts Halle: Verurteilung des Versicherungsvermittlers
Das Landgericht Halle gab dem Kläger Recht und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 101.614 Euro nebst Zinsen sowie weiterer 2706,66 Euro. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Versicherungsvermittler seine Beratungspflichten verletzt hatte und für den entstandenen Schaden verantwortlich ist. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Beklagten auferlegt.
Begründung des Gerichts: Pflicht zur aktiven und umfassenden Beratung
In der Urteilsbegründung stellte das Gericht heraus, dass Versicherungsvermittler eine umfassende Beratungspflicht gegenüber ihren Kunden haben. Diese Pflicht gehe über die bloße Aufnahme von Kundenwünschen hinaus. Der Vermittler müsse vielmehr aktiv den individuellen Versicherungsbedarf des Kunden ermitteln und ihn entsprechend beraten.
Fehlende Aufklärung über Zeitwert und Ermittlung der Versicherungssumme
Das Gericht bemängelte, dass der Beklagte den Begriff „Zeitwert“ und dessen Bedeutung für die Versicherungssumme nicht ausreichend erklärt hatte. Ebenso wenig habe er den Kläger darüber aufgeklärt, wie die korrekte Versicherungssumme ermittelt werden kann oder welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Die bloße Angabe einer Versicherungssumme durch den Kunden, ohne dass der Vermittler diese hinterfragt und auf ihre Plausibilität hin überprüft, genüge den Beratungspflichten nicht.
Hinweis auf Unterversicherung muss deutlich und verständlich sein
Auch der angebliche Hinweis des Beklagten auf die Folgen einer Unterversicherung wurde vom Gericht als unzureichend bewertet. Ein solcher Hinweis müsse deutlich, verständlich und im Kontext der konkreten Situation des Kunden erfolgen. Es reiche nicht aus, lediglich pauschal auf die Möglichkeit einer Unterversicherung hinzuweisen, ohne die konkreten Konsequenzen für den Kunden im Schadensfall zu verdeutlichen.
Beratungsprotokoll als Beweis für unzureichende Beratung
Das Gericht würdigte das vorgelegte Beratungsprotokoll als weiteren Beleg für die mangelhafte Beratung. Das Protokoll sei unvollständig ausgefüllt und dokumentiere nicht die erforderliche Auseinandersetzung des Beklagten mit dem Versicherungsbedarf des Klägers. Insbesondere fehle der Nachweis, dass der Beklagte den Kläger aktiv nach dem Wert des Gebäudes gefragt und ihn bei der Ermittlung der korrekten Versicherungssumme unterstützt hat.
Bedeutung des Urteils für Betroffene und Versicherungsnehmer
Dieses Urteil des Landgerichts Halle hat erhebliche Bedeutung für Versicherungsnehmer und unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen und umfassenden Beratung durch Versicherungsvermittler, insbesondere im Bereich der Gebäudeversicherung.
Stärkung der Verbraucherrechte und Sensibilisierung für Beratungspflichten
Das Urteil stärkt die Rechte von Verbrauchern gegenüber Versicherungsvermittlern und sensibilisiert Vermittler für ihre umfassenden Beratungspflichten. Versicherungsvermittler müssen aktiv werden, um den tatsächlichen Versicherungsbedarf ihrer Kunden zu ermitteln und sie umfassend über die relevanten Aspekte des Versicherungsvertrages aufzuklären. Dies gilt insbesondere für die Festlegung der korrekten Versicherungssumme und die Risiken einer Unterversicherung.
Anspruch auf Schadensersatz bei Falschberatung
Versicherungsnehmer, die aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch einen Versicherungsvermittler einen finanziellen Schaden erleiden, können unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen den Vermittler geltend machen. Das Urteil des LG Halle zeigt, dass Gerichte mangelhafte Beratungsleistungen nicht tolerieren und Versicherungsvermittler für ihre Fehler zur Verantwortung ziehen.
Empfehlung für Versicherungsnehmer: Aktive Mitwirkung und Dokumentation
Versicherungsnehmer sollten ihrerseits aktiv an der Beratung mitwirken und sich nicht scheuen, Fragen zu stellen. Es ist ratsam, alle Beratungsgespräche und erhaltenen Informationen sorgfältig zu dokumentieren, um im Streitfall Beweise für eine mögliche Falschberatung vorlegen zu können. Im Zweifelsfall sollte man sich unabhängig beraten lassen, um sicherzustellen, dass man den passenden Versicherungsschutz erhält.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Versicherungsvertreter eine umfassende Beratungspflicht haben und bei unzureichender Aufklärung über die korrekte Versicherungssumme haften können. Die Quintessenz liegt darin, dass eine mangelhafte Dokumentation des Beratungsgesprächs zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Versicherungsnehmers führen kann. Bei der Gebäudeversicherung muss der Vertreter aktiv den korrekten Zeitwert ermitteln und über die Folgen einer Unterversicherung aufklären, andernfalls haftet er für die Differenz zwischen tatsächlicher Versicherungsleistung und dem vollen Schadensersatzanspruch.
Benötigen Sie Hilfe?
Mehr Klarheit in Versicherungsangelegenheiten
Insbesondere im Bereich der Gebäudeversicherungen zeigt sich, dass unzureichende Beratung zu erheblichen Unsicherheiten und finanziellen Risiken führen kann. Unklare Informationen darüber, wie die korrekte Versicherungssumme ermittelt wird und welche Folgen eine Unterversicherung haben kann, machen es notwendig, den Einzelfall genau zu prüfen.
Wir unterstützen Sie dabei, den individuellen Versicherungsbedarf präzise zu analysieren und alle relevanten Aspekte Ihrer Verträge zu überprüfen. Unsere fundierte, sachliche Arbeitsweise trägt dazu bei, Ihnen mehr Sicherheit in Ihrer aktuellen Situation zu verschaffen. Kontaktieren Sie uns, um gemeinsam den nächstbesten Schritt zu besprechen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Pflichten hat ein Versicherungsvermittler bei Gebäudeversicherungen generell?
Ein Versicherungsvermittler spielt eine zentrale Rolle bei der Vermittlung von Gebäudeversicherungen. Seine Pflichten sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und in der Gewerbeordnung (GewO) festgelegt. Hier sind die wichtigsten Pflichten:
Beratungspflichten: Ein Versicherungsvermittler muss den Versicherungsnehmer umfassend beraten. Dies umfasst die Befragung nach den Wünschen und Bedürfnissen sowie die Empfehlung einer passenden Versicherung unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und Prämien.
Dokumentationspflicht: Jede Beratung muss dokumentiert werden, um die Qualität der Beratung zu überprüfen und den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Sachkunde und Erlaubnis: Versicherungsvermittler benötigen in der Regel eine Erlaubnis nach § 34d GewO und müssen über die erforderliche Sachkunde verfügen, die durch die Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) geregelt wird.
Unterschied zwischen Versicherungsvertreter und -makler:
- Versicherungsvertreter arbeiten für ein Versicherungsunternehmen und vermitteln Verträge im Namen dieses Unternehmens.
- Versicherungsmakler handeln im Interesse des Kunden und sind nicht an ein bestimmtes Unternehmen gebunden.
In der Praxis bedeutet dies für Sie als Versicherungsnehmer, dass Sie von einem Vermittler eine umfassende Beratung und klare Informationen über die Versicherung erwarten können. Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Gebäude versichern: Der Vermittler sollte Ihnen helfen, die richtige Versicherungssumme zu ermitteln, um eine Unterversicherung zu vermeiden.
Beispiele aus der Praxis
Ein häufiges Problem ist die Unterversicherung. Wenn ein Vermittler nicht ausreichend über die Risiken einer Unterversicherung aufklärt, kann dies zu erheblichen finanziellen Verlusten führen, wie es in einem Fall vor dem Landgericht Halle gezeigt wurde. In solchen Fällen kann der Vermittler zur Haftung herangezogen werden.
Zusätzlich müssen Sie als Versicherungsnehmer sicherstellen, dass alle relevanten Informationen korrekt an den Vermittler weitergegeben werden, um eine korrekte Risikobewertung zu ermöglichen. Dies ist besonders wichtig, wenn sich die Nutzung oder der Zustand des Gebäudes ändert.
Was bedeutet „Unterversicherung“ bei einer Gebäudeversicherung und warum ist sie so wichtig?
Unterversicherung bedeutet, dass die Versicherungssumme niedriger ist als der tatsächliche Wert des versicherten Gebäudes. Dies kann durch fehlerhafte Wertschätzung oder fehlende Aktualisierung der Versicherungssumme entstehen. In einem Schadenfall wird die Entschädigung proportional zur Unterdeckung gekürzt, was bedeutet, dass Sie als Versicherungsnehmer den Restbetrag selbst tragen müssen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Haus, das tatsächlich 200.000 Euro wert ist, aber nur für 150.000 Euro versichert ist. Wenn ein Schaden von 50.000 Euro entsteht, wird die Versicherung nur 37.500 Euro zahlen (50.000 Euro × 150.000 / 200.000). Sie bleiben also mit einem Verlust von 12.500 Euro sitzen.
Warum ist eine korrekte Wertermittlung wichtig?
Eine korrekte Wertermittlung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Versicherungssumme dem tatsächlichen Wert des Gebäudes entspricht. Dies kann durch regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen der Versicherungssumme erreicht werden. Tools wie der Summenermittlungsbogen oder ein Sachverständigengutachten können dabei helfen, den richtigen Wert zu ermitteln.
Wie kann man das Risiko einer Unterversicherung vermeiden?
Um das Risiko einer Unterversicherung zu vermeiden, sollten Sie:
- Regelmäßig die Versicherungssumme überprüfen und anpassen, wenn sich der Wert des Gebäudes ändert.
- Einen Unterversicherungsverzicht in Ihrem Versicherungsvertrag vereinbaren. Dies bedeutet, dass der Versicherer im Schadenfall auf die Prüfung der Unterversicherung verzichtet und den Schaden in voller Höhe ersetzt.
- Korrekte Angaben zu Wohnfläche, Ausbauzustand und Ausstattung machen, um sicherzustellen, dass die Versicherungssumme korrekt berechnet wird.
Wie kann ich als Versicherungsnehmer sicherstellen, dass die Versicherungssumme meiner Gebäudeversicherung korrekt ist?
Um sicherzustellen, dass die Versicherungssumme Ihrer Gebäudeversicherung korrekt ist, sollten Sie verschiedene Methoden zur Wertermittlung des Gebäudes in Betracht ziehen. Diese Methoden helfen Ihnen, den tatsächlichen Wert Ihres Gebäudes zu bestimmen und eine angemessene Versicherungssumme festzulegen.
Methoden zur Wertermittlung
- Neuwertmethode: Diese Methode berücksichtigt die Kosten, die für den Wiederaufbau des Gebäudes anfallen würden. Sie basiert auf den aktuellen Baukosten und ist eine gängige Methode zur Ermittlung der Versicherungssumme.
- Einbeziehung eines Sachverständigen: Ein Bausachverständiger kann den Wert Ihres Gebäudes professionell schätzen. Diese Methode ist besonders nützlich, wenn es sich um ein komplexes oder einzigartiges Gebäude handelt.
- Gleitender Neuwertfaktor: Diese Methode passt die Versicherungssumme automatisch an die Veränderung der Baukosten an. Sie sorgt dafür, dass Ihre Immobilie auch bei steigenden Baukosten ausreichend abgesichert bleibt.
- Quadratmeter-Methode: Diese Methode basiert auf der Wohn- oder Nutzfläche des Gebäudes. Sie ist besonders nützlich für Neubauten oder wenn die genauen Baukosten nicht bekannt sind.
Vor- und Nachteile der Methoden
- Neuwertmethode: Vorteilhaft, da sie den tatsächlichen Wiederaufbauwert widerspiegelt. Nachteil: Die Kosten können variieren, und es ist wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob die Summe noch ausreichend ist.
- Einbeziehung eines Sachverständigen: Vorteilhaft, da sie eine präzise Schätzung bietet. Nachteil: Kann teuer sein und erfordert Zeit.
- Gleitender Neuwertfaktor: Vorteilhaft, da er automatisch anpasst und Unterversicherung vermeidet. Nachteil: Die Prämien können variieren.
- Quadratmeter-Methode: Vorteilhaft, da sie einfach anzuwenden ist. Nachteil: Kann weniger präzise sein als andere Methoden.
Handlungsempfehlungen
- Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen Sie regelmäßig, ob die Versicherungssumme noch angemessen ist, insbesondere nach Umbauten oder Wertsteigerungen.
- Unterversicherungsverzicht: Wählen Sie einen Tarif mit Unterversicherungsverzicht, um sicherzustellen, dass Sie im Schadensfall nicht auf hohen Kosten sitzen bleiben.
- Beratung einholen: Nutzen Sie Online-Rechner oder konsultieren Sie einen Versicherungsexperten, um die beste Methode für Ihr Gebäude zu finden.
Was ist ein Beratungsprotokoll und welche Bedeutung hat es im Streitfall?
Ein Beratungsprotokoll ist ein Dokument, das die wesentlichen Inhalte eines Beratungsgesprächs zwischen einem Versicherungsvermittler und einem Kunden festhält. Es dient als Nachweis dafür, dass die Beratungspflichten ordnungsgemäß erfüllt wurden und bietet sowohl dem Berater als auch dem Kunden rechtliche und inhaltliche Sicherheit.
Inhalte eines Beratungsprotokolls umfassen in der Regel:
- Kundendaten: Persönliche Informationen des Kunden.
- Anlass der Beratung: Der Grund für das Beratungsgespräch.
- Analyse der Kundensituation: Eine Einschätzung der finanziellen und persönlichen Umstände des Kunden.
- Produktempfehlungen: Vorgeschlagene Versicherungsprodukte mit Begründung.
- Alternativen: Mögliche andere Optionen, die in Betracht gezogen wurden.
- Ergebnisse des Gesprächs: Die Entscheidungen und Vereinbarungen, die getroffen wurden.
- Datum und Unterschriften: Bestätigung durch den Vermittler und gegebenenfalls den Kunden.
Bedeutung im Streitfall
Im Falle von Streitigkeiten oder Missverständnissen dient das Beratungsprotokoll als Beweismittel. Es kann helfen, festzustellen, ob die Beratung ordnungsgemäß erfolgte oder ob Fehler gemacht wurden. Wenn ein Kunde behauptet, falsch oder unzureichend beraten worden zu sein, kann das Protokoll zeigen, ob die Beratungspflichten erfüllt wurden.
Recht auf Einsichtnahme: Sie haben als Kunde das Recht, das Beratungsprotokoll einzusehen und zu korrigieren. Dies ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Dokumentation korrekt und vollständig ist.
In einem Streitfall kann das Protokoll entscheidend sein, um Ihre Rechte durchzusetzen oder um zu klären, ob die Beratung den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
Was kann ich tun, wenn ich den Verdacht habe, dass mein Versicherungsvermittler seine Beratungspflichten verletzt hat?
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Versicherungsvermittler seine Beratungspflichten verletzt hat, gibt es mehrere Schritte, die Sie unternehmen können, um den Verdacht zu prüfen und gegebenenfalls Ansprüche geltend zu machen.
1. Prüfung der Beratung
Stellen Sie zunächst fest, ob der Vermittler seine gesetzlichen Pflichten erfüllt hat. Dazu gehört, dass er Sie nach Ihren Wünschen und Bedürfnissen befragt und Sie über die Gründe für seine Empfehlungen aufgeklärt hat. Dies ist in § 61 VVG geregelt.
2. Einholung einer Zweitmeinung
Suchen Sie einen anderen Versicherungsexperten auf, um eine Zweitmeinung einzuholen. Dies kann Ihnen helfen, festzustellen, ob die ursprüngliche Beratung angemessen war oder nicht.
3. Beschwerde beim Versicherer oder Vermittler
Wenn Sie der Meinung sind, dass der Vermittler seine Pflichten verletzt hat, können Sie sich an den Versicherer oder den Vermittler wenden und eine Beschwerde einreichen. Dies kann oft schneller und kostengünstiger sein als ein Gerichtsverfahren.
4. Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
Wenn Sie durch die Fehlberatung finanzielle Verluste erlitten haben, können Sie Schadensersatzansprüche geltend machen. Dazu müssen Sie den Schaden nachweisen und beweisen, dass die Fehlberatung ursächlich für den Schaden war. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei Ihnen, kann sich jedoch umkehren, wenn der Vermittler seine Dokumentationspflichten nicht erfüllt hat.
5. Verjährungsfristen beachten
Achten Sie auf die Verjährungsfristen für Schadensersatzansprüche. In der Regel verjähren diese Ansprüche nach drei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von dem Schaden und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt haben.
6. Rechtliche Informationen einholen
Informieren Sie sich über die rechtlichen Grundlagen und die Möglichkeiten, die Ihnen zur Verfügung stehen. Dies kann Ihnen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen und Ihre Rechte besser durchzusetzen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Versicherungssumme
Die Versicherungssumme bezeichnet den im Versicherungsvertrag festgelegten maximalen Betrag, den ein Versicherer im Schadensfall zahlt. Sie bestimmt maßgeblich die Höhe der Versicherungsprämie und sollte dem tatsächlichen Wert des versicherten Objekts entsprechen. Bei Gebäudeversicherungen sollte die Versicherungssumme dem Wiederherstellungswert des Gebäudes entsprechen. Gemäß § 88 VVG ist die Versicherungssumme ein zentrales Element des Versicherungsvertrags.
Beispiel: Bei einer Gebäudeversicherung mit einer Versicherungssumme von 200.000 Euro wird bei einem Totalschaden maximal dieser Betrag ausgezahlt, unabhängig davon, ob die tatsächlichen Wiederaufbaukosten höher liegen.
Unterversicherung
Eine Unterversicherung liegt vor, wenn die vereinbarte Versicherungssumme niedriger ist als der tatsächliche Wert des versicherten Objekts. In diesem Fall greift die Unterversicherungsklausel nach § 75 VVG, wonach der Versicherer nur im Verhältnis der Versicherungssumme zum tatsächlichen Wert leistet. Dies führt dazu, dass selbst bei Teilschäden die Versicherungsleistung anteilig gekürzt wird und erhebliche finanzielle Belastungen für den Versicherungsnehmer entstehen können.
Beispiel: Ist ein Haus mit einem tatsächlichen Wert von 400.000 Euro nur mit 200.000 Euro versichert (50%), zahlt die Versicherung bei einem Schaden von 100.000 Euro nur 50.000 Euro.
Beratungspflicht
Die Beratungspflicht von Versicherungsvermittlern umfasst die gesetzliche Verpflichtung, Versicherungsnehmer umfassend und verständlich über alle wesentlichen Aspekte der Versicherung zu informieren. Diese Pflicht ist in § 61 VVG gesetzlich verankert und verlangt eine anlassbezogene, an den Bedürfnissen des Kunden orientierte Beratung. Der Vermittler muss nach § 62 VVG die Beratung dokumentieren und dem Kunden aushändigen.
Beispiel: Ein Versicherungsvermittler muss beim Abschluss einer Gebäudeversicherung aktiv nach dem tatsächlichen Wert des Gebäudes fragen und die Folgen einer möglichen Unterversicherung erläutern.
Zeitwert
Der Zeitwert bezeichnet den aktuellen Wert eines Gebäudes unter Berücksichtigung von Alter und Abnutzung. Er entspricht dem Neuwert (Wiederherstellungskosten) abzüglich der Wertminderung durch Alter und Verschleiß. Bei einer Zeitwertversicherung für Gebäude wird im Schadensfall nur dieser verminderte Wert ersetzt, nicht die vollen Wiederaufbaukosten. Diese Versicherungsform ist besonders bei älteren oder sanierungsbedürftigen Gebäuden relevant.
Beispiel: Ein 30 Jahre altes Haus mit einem Neuwert von 300.000 Euro könnte einen Zeitwert von nur 180.000 Euro haben, wenn eine Wertminderung von 40% durch Alter und Abnutzung angesetzt wird.
Beweislastumkehr
Die Beweislastumkehr beschreibt eine Ausnahme vom Grundsatz, dass der Kläger die für ihn günstigen Umstände beweisen muss. Bei Verstößen gegen die Dokumentationspflicht von Versicherungsvermittlern kann eine solche Umkehr eintreten. Gemäß § 62 VVG in Verbindung mit der Rechtsprechung muss dann nicht mehr der Versicherungsnehmer beweisen, dass mangelhaft beraten wurde, sondern der Vermittler muss nachweisen, dass er ordnungsgemäß beraten hat.
Beispiel: Kann ein Versicherungsvertreter keine Dokumentation des Beratungsgesprächs vorlegen, gilt die Vermutung, dass er nicht ordnungsgemäß über die Risiken einer Unterversicherung aufgeklärt hat.
Schadensersatzanspruch
Ein Schadensersatzanspruch ist das Recht eines Geschädigten, vom Schädiger Ausgleich für einen erlittenen Schaden zu fordern. Im Versicherungsrecht entsteht dieser Anspruch gegen den Vermittler durch Verletzung seiner Beratungspflichten nach § 63 VVG. Der Anspruch umfasst typischerweise die Differenz zwischen der tatsächlichen Versicherungsleistung und dem vollen Schadensersatz, der bei korrekter Beratung gezahlt worden wäre.
Beispiel: Erhält ein Kunde wegen Unterversicherung nur 50.000 Euro statt 100.000 Euro Versicherungsleistung, kann er die Differenz von 50.000 Euro als Schadensersatz vom Versicherungsvermittler fordern, wenn dieser nicht ausreichend beraten hat.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 6, 7 VVG (Beratungsgrundlage, Beratungspflicht): Diese Paragraphen im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regeln die Pflichten des Versicherungsvermittlers, den Kunden vor Vertragsschluss umfassend und verständlich zu beraten. Der Vermittler muss die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden ermitteln und eine Empfehlung aussprechen, die zu diesen passt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte als Versicherungsvertreter hatte die Pflicht, den Kläger hinsichtlich der notwendigen Versicherungssumme für die Gebäudeversicherung zu beraten. Das Gericht muss prüfen, ob der Beklagte dieser Beratungspflicht ausreichend nachgekommen ist, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung des korrekten Gebäudewertes und die Aufklärung über die Folgen einer Unterversicherung.
- § 28 VVG (Unterversicherung): Dieser Paragraph des VVG regelt die Rechtsfolgen einer Unterversicherung in der Sachversicherung. Liegt eine Unterversicherung vor, mindert der Versicherer seine Leistungen im Verhältnis der Unterversicherung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung hat aufgrund der Unterversicherung die Leistung gekürzt. Dieser Umstand ist der unmittelbare Schaden des Klägers und die Grundlage für seinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten.
- § 42 VVG (Haftung des Versicherungsvermittlers): Dieser Paragraph bestimmt, dass der Versicherungsvermittler dem Versicherungsnehmer zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er seine Beratungspflichten verletzt hat. Dies gilt, wenn der Vermittler den Vertrag schuldhaft falsch oder unvollständig vermittelt oder den Versicherungsnehmer falsch beraten hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger macht geltend, dass der Beklagte seine Beratungspflichten verletzt hat, indem er ihn nicht ausreichend über die korrekte Versicherungssumme und die Folgen einer Unterversicherung aufgeklärt hat. Auf dieser Grundlage stützt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten.
- § 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Diese allgemeine Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regelt den Schadensersatzanspruch bei einer Pflichtverletzung in einem Schuldverhältnis. Ein Schuldverhältnis kann auch ein Beratungsvertrag sein, der zwischen dem Versicherungsvertreter und dem Kunden zustande kommt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Ergänzend zu § 42 VVG stellt § 280 BGB die allgemeine Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch des Klägers dar, falls eine Pflichtverletzung des Beklagten im Rahmen des Beratungsverhältnisses festgestellt wird. Es geht um den Ersatz des Schadens, der dem Kläger durch die fehlerhafte Beratung entstanden ist.
Das vorliegende Urteil
LG Halle (Saale) – Az.: 5 O 414/21 – Urteil vom 31.03.2023
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