Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil: Herausforderungen und Lösungen zur Anwartschaftsversicherung im Krankheitsfall
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Anwartschaftsversicherung und wann kommt sie bei Auslandsaufenthalten zum Einsatz?
- Welche Kriterien entscheiden darüber, ob ein Auslandsaufenthalt als vorübergehend gilt?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Versicherte, wenn ihre Anwartschaftsversicherung im Ausland beendet wird?
- Wie können sich Versicherte vor längeren Auslandsaufenthalten absichern, um den Versicherungsschutz zu erhalten?
- Welche finanziellen Folgen kann die Beendigung einer Anwartschaftsversicherung für den Versicherten haben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Fall behandelt die Fortführung einer Anwartschaftsversicherung für die Klägerin, die im Ausland arbeitet.
- Die Versicherungsbedingungen enden normalerweise bei Wohnsitzverlegung ins Ausland, es sei denn, es gibt andere Vereinbarungen.
- Die Klägerin arbeitete zeitweise im nicht-europäischen Ausland und hatte die Versicherung in eine Anwartschaftsversicherung umwandeln lassen.
- Streitpunkt war, ob diese Anwartschaftsversicherung weitergeführt werden muss.
- Das Gericht entschied gegen die Klägerin und wies die Klage ab.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
- Gericht entschied, weil die vertraglichen Bedingungen keine Fortführung der Versicherung im Ausland verlangten.
- Die Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit, bei Auslandseinsätzen die Versicherungsverträge genau zu prüfen.
- Versicherte sollten sicherstellen, dass ihre Bedingungen für den Auslandsschutz klar vereinbart sind.
- Das Urteil hat potenziell weitreichende Auswirkungen auf Betroffene in ähnlichen Situationen, die eine Anwartschaftsversicherung im Ausland benötigen.
Gerichtsurteil: Herausforderungen und Lösungen zur Anwartschaftsversicherung im Krankheitsfall
Die Absicherung im Krankheitsfall ist ein zentrales Element in der Gesundheitsvorsorge. Viele Menschen entscheiden sich für eine Kombination aus Krankheitskostenversicherung und Krankheitstagegeldversicherung, um im Falle einer Erkrankung sowohl die anfallenden Kosten zu decken als auch einen finanziellen Ausgleich für verloren gegangene Einkünfte zu erhalten. Oftmals ist dabei auch die Anwartschaftsversicherung ein wichtiges Thema. Sie ermöglicht es Versicherten, ihre bestehenden Versicherungsbedingungen auch im Falle einer verringerten Erwerbsfähigkeit oder bei längeren Krankheitstage zu erhalten, ohne dass eine erneute Gesundheitsprüfung notwendig wird.
Vor allem in Fällen, in denen eine Prämienerhöhung oder veränderte Versicherungsbedingungen drohen, gilt es, die verschiedenen Wahlmöglichkeiten in der Versicherung zu berücksichtigen. Die Krankheitskostenübernahme und die Tagegeldversicherung bieten umfassende Schutzmöglichkeiten, während Zusatzversicherungen oft eine wertvolle Ergänzung darstellen. Ein besonders interessantes Thema ist die Beitragsrückerstattung, die vielen Versicherten helfen kann, die Kosten im Rahmen zu halten, und gleichzeitig einen gewissen Spielraum für die Altersvorsorge eröffnet.
Um diese komplexen Aspekte besser zu verstehen, wird nun ein konkreter Fall betrachtet, der die Herausforderungen und Lösungen rund um die Fortführung der Krankheitskosten- und Krankheitstagegeldversicherung als Anwartschaftsversicherung beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Versicherte kämpft um Fortführung ihrer Anwartschaftsversicherung im Ausland

Eine langjährig bei der … GmbH angestellte Versicherte klagte gegen ihre private Krankenversicherung vor dem Landgericht Itzehoe. Streitpunkt war die Fortführung ihrer Krankenversicherung als Anwartschaftsversicherung während mehrerer aufeinanderfolgender Auslandseinsätze.
Hintergrund des Rechtsstreits
Die Klägerin war seit 1999 bei der Beklagten privat krankenversichert. Ab Februar 2015 absolvierte sie mehrere längere Auslandseinsätze für ihren Arbeitgeber – zunächst in I, J, dann in N, W und schließlich im I, D. Für diese Zeiträume beantragte sie jeweils die Umwandlung ihrer Versicherung in eine Anwartschaftsversicherung, was die Beklagte zunächst auch gewährte.
Im November 2019 teilte die Versicherung der Klägerin jedoch mit, dass die Anwartschaftsversicherung zum 31. Januar 2020 enden würde, da sie sich nun 5 Jahre und somit nicht nur vorübergehend im Ausland aufgehalten habe. Die Klägerin widersprach dieser Entscheidung und legte Beschwerde beim O ein, blieb damit aber erfolglos.
Kernargumente der Parteien
Die Klägerin argumentierte, dass eine Befristung der Anwartschaftsversicherung auf fünf Jahre weder vereinbart noch gesetzlich geregelt sei. Zudem habe sie ihren Wohnsitz im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes durchgehend in Deutschland gehabt und sei während der Entsendungszeiten regelmäßig dort gewesen.
Die Beklagte berief sich auf ihre Versicherungsbedingungen, wonach Auslandsaufenthalte bis zu fünf Jahren als vorübergehend gelten. Da die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt länger als fünf Jahre im außereuropäischen Ausland gehabt habe, sei die Beendigung der Anwartschaftsversicherung gerechtfertigt.
Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Itzehoe wies die Klage ab. In seiner Begründung führte das Gericht aus:
- Die Klägerin habe keinen vertraglichen Anspruch auf Fortführung der Anwartschaftsversicherung, da ihr gewöhnlicher Aufenthalt nicht nur vorübergehend außerhalb der EU/des EWR lag.
- Maßgeblich sei nicht der melderechtliche Wohnsitz, sondern der tatsächliche Lebensmittelpunkt. Dieser habe sich für die Klägerin an ihren jeweiligen Einsatzorten befunden.
- Mit einer Gesamtdauer von über 5 Jahren und weiteren geplanten Auslandseinsätzen sei das Zeitmoment erreicht, ab dem nicht mehr von einem nur vorübergehenden Auslandsaufenthalt ausgegangen werden könne.
- Die regelmäßigen, aber kurzen Aufenthalte der Klägerin in Deutschland änderten nichts an dieser Beurteilung.
- Ein gesetzlicher Anspruch auf Fortführung der Anwartschaftsversicherung bestehe nicht. Der Kontrahierungszwang nach § 193 VVG beziehe sich nur auf die eigentliche Krankenversicherung, nicht auf Anwartschaftsversicherungen.
Das Gericht betonte, dass die Anwartschaftsversicherung rechtmäßig beendet wurde, da sie befristet gewährt worden war und die Voraussetzungen für eine Verlängerung nicht mehr vorlagen.
Schlussfolgerungen für Versicherte
Der Fall verdeutlicht die Risiken längerer Auslandsaufenthalte für privat Krankenversicherte. Auch wenn der melderechtliche Wohnsitz in Deutschland beibehalten wird, kann der tatsächliche Lebensmittelpunkt im Ausland zur Beendigung von Anwartschaftsversicherungen führen. Versicherte sollten bei längeren oder wiederholten Auslandseinsätzen frühzeitig mit ihrer Versicherung klären, wie lange eine Anwartschaftsversicherung möglich ist.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil unterstreicht, dass für die Beurteilung eines vorübergehenden Auslandsaufenthalts im Versicherungsrecht der tatsächliche Lebensmittelpunkt und nicht der melderechtliche Wohnsitz entscheidend ist. Bei mehrjährigen oder aufeinanderfolgenden Auslandseinsätzen kann die Grenze zum nicht mehr vorübergehenden Aufenthalt überschritten werden, was zur rechtmäßigen Beendigung einer Anwartschaftsversicherung führen kann. Versicherte müssen bei längeren Auslandsaufenthalten die vertraglichen Grenzen ihrer Versicherung beachten, da kein gesetzlicher Anspruch auf Fortführung einer Anwartschaftsversicherung besteht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil hat wichtige Konsequenzen für Versicherte mit längeren Auslandsaufenthalten. Wenn Sie über mehrere Jahre hinweg im Ausland arbeiten, kann Ihre Krankenversicherung die Anwartschaftsversicherung beenden – selbst wenn Sie in Deutschland gemeldet bleiben. Entscheidend ist Ihr tatsächlicher Lebensmittelpunkt. Regelmäßige, aber kurze Heimatbesuche reichen nicht aus, um den Versicherungsschutz zu erhalten. Planen Sie längere Auslandseinsätze, sollten Sie frühzeitig mit Ihrer Versicherung klären, wie lange eine Anwartschaftsversicherung möglich ist und welche Alternativen es gibt. Beachten Sie, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Anwartschaftsversicherung gibt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Anwartschaftsversicherung und wann kommt sie bei Auslandsaufenthalten zum Einsatz?
Eine Anwartschaftsversicherung ist eine spezielle Option der Krankenversicherung, die es Ihnen ermöglicht, Ihre bestehende Versicherung vorübergehend ruhen zu lassen, ohne sie vollständig zu kündigen. Bei Auslandsaufenthalten kommt sie zum Einsatz, wenn Sie für einen längeren Zeitraum ins Ausland gehen und dort anderweitig krankenversichert sind.
Funktionsweise der Anwartschaftsversicherung
Wenn Sie eine Anwartschaftsversicherung abschließen, „frieren“ Sie Ihren aktuellen Versicherungsstatus ein. Das bedeutet, Sie können nach Ihrer Rückkehr ohne erneute Gesundheitsprüfung und zu den gleichen Konditionen in Ihren ursprünglichen Tarif zurückkehren. Während der Anwartschaft zahlen Sie einen reduzierten Beitrag, haben aber keinen Anspruch auf Leistungen.
Anwendung bei Auslandsaufenthalten
Eine Anwartschaftsversicherung ist besonders sinnvoll, wenn Sie:
- Sich länger als drei Monate im Ausland aufhalten
- Im Gastland eine eigene Krankenversicherung abschließen müssen
- Nach Ihrer Rückkehr wieder in Ihre bisherige Versicherung eintreten möchten
Arten der Anwartschaftsversicherung
Es gibt zwei Hauptformen:
- Kleine Anwartschaft: Sie sichert Ihren Wiedereintritt ohne erneute Gesundheitsprüfung. Allerdings werden keine Alterungsrückstellungen gebildet, was zu höheren Beiträgen bei der Rückkehr führen kann.
- Große Anwartschaft: Hier werden weiterhin Alterungsrückstellungen gebildet. Bei Ihrer Rückkehr zahlen Sie den gleichen Beitrag, als wären Sie durchgehend versichert gewesen. Die Beiträge während der Anwartschaft sind entsprechend höher.
Vorteile der Anwartschaftsversicherung
Mit einer Anwartschaftsversicherung vermeiden Sie Versicherungslücken, die sich negativ auf Ihre spätere Beitragshöhe auswirken könnten. Besonders in der gesetzlichen Krankenversicherung ist dies wichtig für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und die Pflegeversicherung.
Beantragung und Dauer
Sie müssen die Anwartschaftsversicherung vor Beginn Ihres Auslandsaufenthalts bei Ihrer Krankenkasse beantragen. Die Dauer ist in der Regel nicht begrenzt, solange die Voraussetzungen für die Anwartschaft bestehen bleiben.
Beachten Sie, dass während der Anwartschaft kein Leistungsanspruch besteht. Stellen Sie daher sicher, dass Sie für die Zeit im Ausland ausreichend krankenversichert sind.
Welche Kriterien entscheiden darüber, ob ein Auslandsaufenthalt als vorübergehend gilt?
Die Beurteilung, ob ein Auslandsaufenthalt als vorübergehend gilt, hängt von mehreren Faktoren ab und wird im Einzelfall entschieden. Folgende Kriterien spielen dabei eine wichtige Rolle:
Dauer des Aufenthalts
Die Länge des Auslandsaufenthalts ist ein wesentliches Kriterium. Generell gilt ein Zeitraum von bis zu 6 Monaten in der Regel als vorübergehend. Bei längeren Aufenthalten wird genauer geprüft, ob andere Faktoren für einen nur vorübergehenden Charakter sprechen.
Rückkehrabsicht
Entscheidend ist Ihre erkennbare Absicht, nach Deutschland zurückzukehren. Diese kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben, wie:
- Aufrechterhaltung eines Wohnsitzes in Deutschland
- Befristeter Arbeitsvertrag im Ausland
- Fortbestehen von familiären oder beruflichen Bindungen in Deutschland
Lebensmittelpunkt
Der tatsächliche Lebensmittelpunkt spielt eine wichtige Rolle. Wenn Sie Ihren Haushalt in Deutschland auflösen und Ihre Familie mit ins Ausland nehmen, spricht dies eher gegen einen vorübergehenden Aufenthalt.
Zweck des Aufenthalts
Der Grund Ihres Auslandsaufenthalts wird ebenfalls berücksichtigt. Typische Beispiele für vorübergehende Aufenthalte sind:
- Entsendung durch den Arbeitgeber
- Auslandssemester oder -praktikum
- Längere Urlaubsreise
Behördliche Anmeldungen
Ihre behördlichen Meldungen können ein Indiz sein. Wenn Sie sich in Deutschland abmelden und im Ausland dauerhaft anmelden, spricht dies eher gegen einen vorübergehenden Aufenthalt.
Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung
Für die Krankenversicherung ist auch die sozialversicherungsrechtliche Einordnung relevant. Wenn Sie weiterhin dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen (z.B. bei einer Entsendung), wird der Aufenthalt eher als vorübergehend eingestuft.
Beachten Sie, dass die Beurteilung immer eine Gesamtschau aller Umstände erfordert. Ein einzelnes Kriterium ist selten allein ausschlaggebend. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr geplanter Auslandsaufenthalt als vorübergehend gilt, sollten Sie dies vorab mit Ihrer Krankenversicherung klären.
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Versicherte, wenn ihre Anwartschaftsversicherung im Ausland beendet wird?
Wenn Ihre Anwartschaftsversicherung im Ausland beendet wird, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung:
Widerspruch gegen die Beendigung
Sie haben das Recht, gegen die Beendigung Ihrer Anwartschaftsversicherung Widerspruch einzulegen. Dies sollten Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt der Mitteilung über die Beendigung tun. Begründen Sie Ihren Widerspruch ausführlich und legen Sie alle relevanten Unterlagen bei, die Ihre Argumentation stützen.
Klage vor dem Sozialgericht
Sollte Ihr Widerspruch erfolglos bleiben, können Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Widerspruchsbescheids Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erheben. Beachten Sie, dass die Erfolgsaussichten einer solchen Klage von den spezifischen Umständen Ihres Falls abhängen.
Neuabschluss einer Anwartschaftsversicherung
Wenn die Beendigung rechtmäßig war, haben Sie die Möglichkeit, eine neue Anwartschaftsversicherung abzuschließen. Prüfen Sie dazu die Angebote verschiedener Versicherungsgesellschaften. Beachten Sie, dass die Konditionen möglicherweise von Ihrer vorherigen Versicherung abweichen können.
Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung
Wenn Sie nach Deutschland zurückkehren, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren. Dies gilt insbesondere, wenn Sie innerhalb von zwei Monaten nach Ihrer Rückkehr eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen.
Prüfung alternativer Versicherungsoptionen
Sollte eine Fortführung der Anwartschaftsversicherung nicht möglich sein, prüfen Sie alternative Versicherungsoptionen für Ihren Auslandsaufenthalt. Informieren Sie sich über internationale Krankenversicherungen oder lokale Versicherungsangebote in Ihrem Aufenthaltsland.
Beachten Sie, dass die rechtlichen Möglichkeiten stark von den Gründen für die Beendigung der Anwartschaftsversicherung und den spezifischen Bedingungen Ihres Versicherungsvertrags abhängen. Eine sorgfältige Prüfung Ihrer individuellen Situation ist daher unerlässlich.
Wie können sich Versicherte vor längeren Auslandsaufenthalten absichern, um den Versicherungsschutz zu erhalten?
Vor einem längeren Auslandsaufenthalt sollten Sie frühzeitig Kontakt mit Ihrer Krankenversicherung aufnehmen, um Ihren Versicherungsschutz zu klären und gegebenenfalls anzupassen. Folgende Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung:
Anwartschaftsversicherung
Eine Anwartschaftsversicherung ist eine sinnvolle Option, wenn Sie Ihren Versicherungsschutz in Deutschland aufrechterhalten möchten. Bei dieser Form der Versicherung zahlen Sie einen reduzierten Beitrag, um sich das Recht auf eine spätere Wiederaufnahme in die Versicherung zu sichern. Während des Auslandsaufenthalts besteht kein aktiver Leistungsanspruch, aber Sie können nach Ihrer Rückkehr ohne erneute Gesundheitsprüfung und zu den ursprünglichen Konditionen in Ihren alten Tarif zurückkehren.
Prüfung der Versicherungsbedingungen
Lesen Sie aufmerksam die Versicherungsbedingungen Ihrer bestehenden Policen. Viele Versicherungen bieten einen zeitlich begrenzten Auslandsschutz, oft für mehrere Wochen oder Monate. Wenn Ihr Aufenthalt diese Frist überschreitet, müssen Sie alternative Lösungen finden.
Spezielle Auslandskrankenversicherungen
Für längere Auslandsaufenthalte gibt es spezielle Versicherungstarife. Diese decken oft einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu einem Jahr ab und können bei Bedarf verlängert werden. Sie bieten in der Regel einen umfassenden Schutz, der auf die Bedürfnisse von Langzeitreisenden zugeschnitten ist.
Kommunikation mit der Versicherung
Informieren Sie Ihre Versicherung detailliert über Ihre Pläne. Fragen Sie nach Möglichkeiten, Ihren bestehenden Schutz zu erweitern oder anzupassen. Einige Versicherer bieten flexible Lösungen für Auslandsaufenthalte an, die über die Standardbedingungen hinausgehen.
Beachten Sie, dass die Regelungen je nach Art der Versicherung (gesetzlich oder privat) und Zielland variieren können. Wenn Sie beispielsweise in ein EU-Land ziehen, gelten andere Bestimmungen als bei einem Umzug in ein Nicht-EU-Land. Klären Sie daher immer die spezifischen Bedingungen für Ihr Zielland ab.
Welche finanziellen Folgen kann die Beendigung einer Anwartschaftsversicherung für den Versicherten haben?
Die Beendigung einer Anwartschaftsversicherung kann erhebliche finanzielle Konsequenzen für Sie als Versicherten haben:
Verlust des konservierten Gesundheitszustands
Wenn Sie Ihre Anwartschaftsversicherung beenden, verlieren Sie den „eingefrorenen“ Gesundheitszustand. Bei einer späteren Neuaufnahme in die private Krankenversicherung (PKV) müssen Sie sich einer erneuten Gesundheitsprüfung unterziehen. Sollten sich Ihr Gesundheitszustand in der Zwischenzeit verschlechtert haben, kann dies zu höheren Beiträgen, Risikozuschlägen oder sogar Leistungsausschlüssen führen.
Höhere Beiträge durch gestiegenes Eintrittsalter
Bei einer großen Anwartschaftsversicherung wird Ihr ursprüngliches Eintrittsalter beibehalten. Beenden Sie diese, verlieren Sie diesen Vorteil. Bei einem Neuabschluss wird Ihr aktuelles, höheres Alter zugrunde gelegt, was in der Regel zu deutlich höheren Beiträgen führt.
Verlust von Alterungsrückstellungen
Je nach Art der Anwartschaftsversicherung können Alterungsrückstellungen gebildet werden. Bei Beendigung gehen diese verloren. Wenn Sie später wieder in die PKV eintreten möchten, müssen Sie diese Rückstellungen neu aufbauen, was sich in höheren monatlichen Beiträgen niederschlägt.
Möglicher Verlust des Zugangsrechts zur PKV
In bestimmten Fällen sichert die Anwartschaftsversicherung Ihr Recht auf Wiedereintritt in die PKV. Beenden Sie diese, könnten Sie dieses Recht verlieren. Sollten Sie dann die Voraussetzungen für eine PKV nicht mehr erfüllen (z.B. wegen Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze), müssen Sie möglicherweise in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln, was je nach individueller Situation finanzielle Nachteile haben kann.
Zusätzliche Kosten für Auslandskrankenversicherung
Wenn Sie sich im Ausland aufhalten, benötigen Sie nach Beendigung der Anwartschaft eine separate Auslandskrankenversicherung. Diese zusätzlichen Kosten hätten Sie bei Fortführung der Anwartschaft möglicherweise vermeiden können.
Potenzielle Wartezeiten und Leistungseinschränkungen
Bei einem Neuabschluss einer PKV nach Beendigung der Anwartschaft können Wartezeiten für bestimmte Leistungen anfallen. In dieser Zeit müssten Sie möglicherweise Behandlungskosten selbst tragen oder auf Leistungen verzichten.
Bedenken Sie, dass die finanziellen Folgen stark von Ihrer individuellen Situation abhängen. Faktoren wie Ihr Alter, Gesundheitszustand und die Dauer des Auslandsaufenthalts spielen eine wichtige Rolle. Eine sorgfältige Abwägung der langfristigen finanziellen Auswirkungen ist daher ratsam, bevor Sie eine Entscheidung über die Beendigung Ihrer Anwartschaftsversicherung treffen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anwartschaftsversicherung
Die Anwartschaftsversicherung ist eine spezielle Form der Versicherung, die es dem Versicherten ermöglicht, bestehende Versicherungsbedingungen für einen späteren Zeitpunkt zu „reservieren“, ohne dass eine erneute Gesundheitsprüfung erforderlich ist. Dies ist besonders nützlich, wenn man zeitweise keine Krankenversicherung benötigt, zum Beispiel bei einem längerem Auslandsaufenthalt. Es sichert den Anspruch auf Rückkehr in die ursprüngliche Krankenversicherung zu vorher festgelegten Konditionen. Gesetzlich gibt es hierfür keine spezielle Regelung, sie basiert auf den Versicherungsbedingungen. Beispiel: Eine Person, die ins Ausland geht, kann eine Anwartschaftsversicherung abschließen, um später ohne erneute Gesundheitsprüfung in die ursprüngliche Krankenversicherung zurückzukehren.
Lebensmittelpunkt
Der Lebensmittelpunkt ist der Ort, an dem eine Person ihren hauptsächlichen Aufenthalt hat und der als Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gilt. Im Versicherungsrecht ist er entscheidend für die Beurteilung, ob ein Auslandsaufenthalt als vorübergehend oder dauerhaft gilt. Anders als der melderechtliche Wohnsitz, der formell eingetragen ist, richtet sich der Lebensmittelpunkt nach den tatsächlichen Lebensumständen, wie Familie, Arbeit oder Aufenthalt. Beispiel: Jemand kann in Deutschland gemeldet sein, aber durch jahrelange Arbeit im Ausland wäre der Lebensmittelpunkt im Ausland.
Kontrahierungszwang
Der Kontrahierungszwang verpflichtet ein Versicherungsunternehmen, eine Versicherungspolice anzubieten, wenn gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 193 VVG bezieht er sich nur auf die Krankenversicherungspflicht, nicht aber auf die Anwartschaftsversicherung. Dies bedeutet, dass Versicherer verpflichtet sind, eine Grundversicherung anzubieten, jedoch keine Pflicht besteht, eine Anwartschaftsversicherung zu gewähren oder zu verlängern. Im Kontext bedeutet dies, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Fortführung der Anwartschaftsversicherung hat, wenn sie nicht vertraglich vereinbart ist.
Gewöhnlicher Aufenthalt
Der gewöhnliche Aufenthalt ist ein rechtlicher Begriff, der den Ort beschreibt, an dem eine Person sich regelmäßig aufhält und der als Mittelpunkt ihres Aufenthalts gilt. Dieser Begriff spielt eine wichtige Rolle, wenn es um Versicherungsrechte und -pflichten geht, insbesondere bei der Beurteilung der Anwartschaftsversicherung. Beispiel: Bei jemandem, der mehrere Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet hat, könnte das Gericht den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland sehen, selbst wenn die Person ihren Wohnsitz in Deutschland behält.
Vorübergehender Auslandsaufenthalt
Ein vorübergehender Auslandsaufenthalt ist ein Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes, der von Versicherungen oft mit einer Maximaldauer definiert wird. Wenn diese Dauer überschritten wird, kann es zum Verlust von Versicherungsrechten wie der Anwartschaftsversicherung kommen. Versicherungsunternehmen legen oft eigene Grenzen fest, wie die fünfjährige Grenze im Text, um zu entscheiden, wann ein Auslandsaufenthalt nicht mehr als vorübergehend gilt.
Melderechtlicher Wohnsitz
Der melderechtliche Wohnsitz ist derjenige Ort, an dem eine Person offiziell gemeldet ist. Im rechtlichen Sinne unterscheidet er sich vom tatsächlichen Lebensmittelpunkt, der für Versicherungsfragen relevanter sein kann. Im beschriebenen Fall war die Klägerin in Deutschland gemeldet, lebte aber längere Zeit im Ausland, was Auswirkungen auf ihre Anwartschaftsversicherung hatte. Der melderechtliche Wohnsitz allein schützt nicht vor der Beendigung der Anwartschaftsversicherung, wenn der Lebensmittelpunkt eindeutig woanders liegt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 15 MB/KK 94 (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankheitstagegeldversicherung): Diese Vorschrift regelt die Beendigung des Versicherungsverhältnisses im Zusammenhang mit der Verlegung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts aus Deutschland. Es wird klargestellt, dass das Versicherungsverhältnis endet, es sei denn, es wird eine anderweitige Vereinbarung zur Fortsetzung getroffen, die die Klägerin innerhalb von zwei Monaten nach Wohnsitzverlegung beantragen kann. Im vorliegenden Fall war die Klägerin mehrere Jahre im Ausland und hat rechtzeitig die Umwandlung in eine Anwartschaftsversicherung beantragt, was die Anwendung dieser Regelung relevanter macht, da der Versicherer verpflichtet ist, auf den Antrag der Klägerin einzugehen.
- § 15 MB/KT 94 (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung): Ähnlich wie § 15 der MB/KK 94 befasst sich dieser Paragraph mit der Beendigung der Versicherung. Schlüsselpunkte sind die Beendigung des Versicherungsverhältnisses im Falle des Wegzugs aus dem Tätigkeitsgebiet des Versicherers und die Möglichkeit, eine anderweitige Vereinbarung zu treffen. Der Fall zeigt, dass die Anwendung dieser Bestimmung dazu führte, dass die Beklagte die Anwartschaftsversicherung zum 31.01.2020 beenden wollte, was von der Klägerin bestritten wurde, sodass die Relevanz dieser Klausel klar wird.
- § 193 Abs. 3 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph definiert den Wohnsitz des Versicherten im Hinblick auf Versicherungsverhältnisse. Er stellt sicher, dass ein Versicherter, der seinen Wohnsitz im Ausland hat, dennoch als wohnhaft in Deutschland gilt, wenn trotzdem regelmäßiger Aufenthalt in Deutschland besteht. Im Fall behauptet die Klägerin, dass sie während ihrer Auslandseinsätze regelmäßig in Deutschland gewesen sei, was entscheidend für die Beurteilung war, ob ihr Versicherungsschutz aufrechterhalten werden kann.
- § 387 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift regelt den Anspruch auf Aufrechnung und die rechtlichen Bedingungen, unter denen Ansprüche gegenseitig verrechnet werden können. Hier könnte sie relevant werden, falls die Beklagte eventuell gegen Ansprüche der Klägerin aufrechnen möchte, beispielsweise hinsichtlich offener Beträge. Sollte die Beklagte Maßnahmen ergreifen wollen, um die Ansprüche der Klägerin zu reduzieren, wäre diese Regelung von Bedeutung.
- Art. 1 der Richtlinie 2004/38/EG (EU-Richtlinie über die Freizügigkeit von Personen): Diese Richtlinie garantiert das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU und stellt sicher, dass Personen, die sich in einem Mitgliedstaat aufhalten, nicht diskriminiert werden. Im Kontext des Falls könnte diese Richtlinie die rechtliche Grundlage beeinflussen, wenn es darum geht, wie das Versicherungsverhältnis der Klägerin im Zusammenhang mit ihrem EU-Aufenthalt behandelt werden sollte und ob sie unter den speziellen Bestimmungen der Richtlinie Anspruch auf Fortführung ihrer Anwartschaftsversicherung hätte.
Das vorliegende Urteil
LG Itzehoe – Az.: 3 O 139/23 – Urteil vom 15.12.2023
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