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Forderungsübergang auf Rechtsschutzversicherer – Umfang

AG Langenfeld – Az.: 31 C 77/17 – Teilurteil vom 22.01.2018

Die Klage wird in Höhe von 2.047,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2017 abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, die gewerblich Kraftfahrzeuge verkauft, die Erstattung von Sachverständigenkosten sowie Reparaturkosten an einem Kraftfahrzeug, die durch sie als Rechtsschutzversicherer reguliert worden sind.

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Zeugin H., ist Eigentümerin eines Kraftfahrzeugs der Marke Peugeot 1007, welches sie bei der Beklagten am 23.12.2015 kaufte. Die Übergabe des Fahrzeuges an die Zeugin H. fand am 28.12.2015 statt.

Im Mitte Juni 2016 blieb das streitgegenständliche Fahrzeug, welches zu diesem Zeitpunkt von der Tochter der Zeugin H. genutzt wurde, liegen. Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 22.06.2016 (in Kopie als Anlage A 2 Bl. 7 d.A.) forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, namens und in Vollmacht der Zeugin H., die Beklagte zur Durchführung der Nachbesserung auf, woraufhin die Beklagte die Abholung des liegengebliebenen Fahrzeugs übernahm und das Fahrzeug in ihre Geschäftsräume verbrachte. Nachdem sich die Beklagte weigerte den Schaden am Fahrzeug zu beheben, wurde das Sachverständigenbüro M-B. GbR zur Ermittlung des Defekts bzw. Beweissicherung beauftragt. Das Fahrzeug wurde bei der Beklagten durch die Fa. T. Autohaus GmbH & Co. KG abgeholt und in die Werkstatt der Fa. Auto I. eingeschleppt. Im Rahmen der Erstellung des Gutachtens wurden die Schäden am Fahrzeug behoben. Der beauftragte Sachverständige stellte Eigen- und Fremdkosten in Höhe von 4.847,10 EUR in Rechnung, die die Klägerin als Rechtsschutzversicherer der Zeugin H. ausgeglichen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Privatgutachtens (in Kopie als Anlage A3 Bl. 9 ff. d.A.) sowie der Sachverständigenrechnung (in Kopie als Anlage A4 Bl. 25 f. d.A.) sowie die Fremdrechnungen (Anlagenkonvolut A7 Bl. 41-43 d. A.) Bezug genommen.

Mit vorgerichtlichen Schreiben vom 01.02.2017 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf Grundlage des Privatgutachtens die Beklagte erfolglos zur Erstattung dieser Kosten bis zum 07.02.2017 auf.

Die Klägerin behauptet, das Fahrzeug der Zeugin H. weise, gemäß den Feststellungen im Privatgutachten, einen Sachmangel auf, den die Beklagte zu vertreten habe. Nach dem Ergebnis des vorgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens sei vor dem Verkauf des Fahrzeugs an die Zeugin H. ein anderes Getriebe eingebaut worden und hierbei die Initialisierung der Stellglieder nicht fachgerecht erfolgt, woraufhin ein Getriebeschaden am Fahrzeug aufgetreten sei. Ferner habe die Beklagte der Zeugin H. beim Verkaufsgespräch mitgeteilt, dass ein überholtes Getriebe vor der Übergabe an sie in das Fahrzeug eingebaut worden sei. Dementsprechend ist die Klägerin der Auffassung, dass die Beklagte ihr zur Erstattung der Sachverständigenkosten sowie der Reparaturkosten verpflichtet sei, zumal der Anspruch durch die Regulierung der Kosten der Zeugin H. gemäß § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen sei. Es gelte die Vermutungswirkung, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zutage getretene mangelhafte Zustand bereits bei Gefahrenübergang vorgelegen habe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.847,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie wendet ein, das Fahrzeug sei nicht aufgrund eines Getriebeschadens liegen geblieben. Ursache für das Liegenbleiben des Fahrzeugs sei eine verschlissene Kupplung gewesen, sodass die Ausführungen des Privatgutachtens nicht zutreffend seien. Auch habe sie niemals gegenüber der Zeugin H. geäußert, dass ein überholtes Getriebe eingebaut worden sei, sondern lediglich, dass eine Reparatur des 5. Ganges des Fahrzeugs vorgenommen worden sei. Überdies ist die Beklagte der Ansicht, dass die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten unangemessen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat bisher Beweis durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 18.12.2017 (Bl. 64 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang unbegründet. Im Übrigen ist der Rechtsstreit wegen des Erfordernisses weiterer Beweiserhebung noch nicht entscheidungsreif. Die Voraussetzungen des § 301 ZPO für den Erlass eines Teilurteils liegen vor.

Die Klägerin ist hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung von Kosten der Reparatur an dem Fahrzeug der Zeugin H. nicht aktivlegitimiert. Der Ersatzanspruch der Versicherungsnehmerin ist nicht auf die Klägerin gemäß § 86 VVG nach Regulierung der Reparaturkosten, die im Rahmen der Erstellung des Privatgutachtes angefallen sind, übergegangen.

Gemäß § 86 VVG geht der Ersatzanspruch, der dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zusteht, auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt.

Für Rechtsschutzversicherungen gelten die speziellen Vorschriften der §§ 125-129 VVG sowie die vertraglichen Grundlagen der „Allgemeinen Bedienungen für die Rechtsschutzversicherung“. Die Klägerin ist als Rechtsschutzversicherer nach § 125 VVG i.V.m. § 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung dazu verpflichtet, die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen. Durch die Beschränkung auf die erforderlichen Kosten bringt der Versicherer zum Ausdruck, dass sein Leistungsversprechen von vornherein nur die Kosten umfassen soll, die zur Rechtsverfolgung objektiv notwendig sind (vgl. Harbauer/Bauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 1 ARB 94/2000 Rn. 4) z.B. auch vorgerichtlich entstehende Sachverständigenkosten. Dagegen bleibt der Versicherungsnehmer Gläubiger solcher Ansprüche, die sich auf andere Schadensposten als die versicherten beziehen (vgl. Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Rn. 112). Zum Umfang des Versicherungsschutzes gehören folglich Kosten, die im Rahmen eines Rechtsstreits unter anderem in Form von Rechtsanwaltsgebühren oder Gerichtskosten entstehen. Hierunter fallen dem Grunde nach auch die zur Vorbereitung der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen entstehenden Sachverständigenkosten. Dies ist jedoch hinsichtlich der Reparaturkosten am Fahrzeug nicht der Fall.

Die Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich eines Sachmangels bei einem Kraftfahrzeug ist grundsätzlich im Rahmen des zugrundliegenden Rechtsschutzversicherungsvertrags versichert. Der streitgegenständliche Sachverhalt umfasst jedoch neben den entstandenen Sachverständigenkosten, die vorliegend noch nicht zur Entscheidung reif sind, weitere Kosten, die zur Beseitigung des in dem Privatgutachten festgestellten Defekts am Kraftfahrzeug der Versicherungsnehmerin angefallen sind. Die Regulierung von Reparaturkosten am Kraftfahrzeug der Versicherungsnehmerin fallen nicht unter den Wortlaut des § 125 VVG als Kosten „zur Wahrnehmung von rechtlichen Interessen“, da diese nicht zur Rechtsverfolgung dienlich waren und somit nicht der Rechtsschutzversicherung unterfallen.

Der Anspruchsübergang nach § 86 VVG beschränkt sich auf die Ansprüche, die zum Ausgleich des versicherten Schadens bestimmt sind (vgl. Bruck/ Möller, VVG, 9. Aufl., Rn. 112). Demzufolge sind Ansprüche, die nicht vertraglich versichert sind, nicht vom gesetzlichen Anspruchsübergang des § 86 VVG betroffen. Ein gesetzlicher Anspruchsübergang im Sinne von § 86 VVG hat vorliegend bezüglich der Reparaturkosten an dem Fahrzeug nicht stattgefunden

Entsprechend der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsversicherung sowie des § 125 VVG sind Zahlungsansprüche, die nicht aufgrund von Rechtsverfolgungshandlungen entstanden sind, nicht auf die Klägerin als Rechtsschutzversicherer gemäß § 86 VVG übergegangen. In der Rechtsschutzversicherung sind die Ansprüche auf Ersatz des Versicherten gegen seinen Rechtsanwalt nur hinsichtlich der Prozesskosten kongruent. Auf den Ersatzanspruch in der Sache selbst kann der Rechtsschutzversicherer nicht zugreifen (vgl. Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Rn. 119). Die Reparaturkosten des Kraftfahrzeuges, die der Versicherungsnehmerin entstanden sind, dienten lediglich zur Mängelbeseitigung, nicht jedoch zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen. Folglich ist die Versicherungsnehmerin, die Zeugin H., Gläubigerin hinsichtlich der Reparaturkosten geblieben. Mangels des gesetzlichen Anspruchsübergangs gemäß § 86 VVG fehlt es an der Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der Geltendmachung der Reparaturkosten.

Die Reparaturkosten ergeben sich aus den Fremdrechnungen zum Gutachten B. und M. GbR (Anlagenkonvolut A 7 Bl. 41 ff. d.A.). Von der Rechnung der Fa. Auto I. vom 07.11.2016 (Bl. 41 d.A.) entfallen1.671,16 Euro netto auf die Reparatur. Die als erste Rechnungsposition mit pauschal 250,00 Euro netto berechnete Hilfestellung im Ortstermin zur Beweissicherung sind nicht als Reparaturkosten zu berücksichtigen, da es sich um Fremdkosten des Sachverständigen zur Begutachtung handelt. Des weiteren sind Reparaturkosten gemäß der Rechnung der Fa. T. Autohaus GmbH vom 02.11.2016 (Bl. 42 d.A.) in Höhe von 49,73 Euro netto angefallen. Als Gesamtkosten der Reparatur ergeben sich mithin 1.720,89 Euro netto = 2.047,86 Euro brutto, die von dem gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 86 VVG nicht umfasst sind. Das gleiche gilt für die damit beanspruchten Zinsen.

Die Kostenentscheidung bleibt wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Schlussentscheidung vorbehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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