Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Frankfurt: Versicherung muss Mietausfall nach Brand als Verzugsschaden zahlen, auch ohne Wiederaufbau des Gebäudes
- Ausgangslage: Zerstörtes Gebäude und langwieriger Streit um Versicherungsleistung nach Brand in Stadt1
- Kern des Rechtsstreits: Mietausfall als Verzugsschaden über die Vertragsklausel hinaus? Haftzeit und § 286 BGB
- Die Position der Versicherungsnehmerin: Verzögerung der Versicherung führte zu massivem Mietausfall und entgangenem Gewinn
- Die Argumentation der Gebäudeversicherung: Kein Verzug und fehlende Kausalität für Mietausfall, Verweis auf Schadensminderungspflicht und Insolvenz der Mieter
- Entscheidung des OLG Frankfurt: Gebäudeversicherung muss für Mietausfall als Verzugsschaden gemäß §§ 280, 286 BGB aufkommen
- Detaillierte Begründung des Gerichts: Wann und warum der Versicherer in Verzug geriet durch Leistungsablehnung und Scheitern des Sachverständigenverfahrens
- Mietausfall als klarer Verzugsschaden nach § 280, § 286 BGB – Abgrenzung zur Vertragsklausel und Bedeutung von § 252 BGB
- Berechnung des Schadens: Üblicher Verlauf und entgangener Gewinn nach § 252 BGB bei einer Gewerbeimmobilie und deren Wiedervermietung
- Entkräftung der Einwände der Versicherung: Keine Pflicht zur Eigenfinanzierung für die Geschädigte gemäß § 254 BGB ohne Nachweis der Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme
- Zinsanspruch: Früherer Zinsbeginn ab Mahnung und Fälligkeit des konkret bezifferten Schadens
- Fazit und Bedeutung des Urteils: Versicherer haftet bei Zahlungsverzögerung umfassend für Folgeschäden
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Verzugshaftung im Zusammenhang mit einer Feuerversicherung?
- Welche Rolle spielt die sogenannte Haftzeit im Versicherungsvertrag bei Mietausfall nach einem Brandschaden?
- Wie wird der Mietausfall als Verzugsschaden berechnet, wenn das Gebäude nicht wieder aufgebaut wird?
- Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer, um seinen Anspruch auf Mietausfall als Verzugsschaden geltend zu machen?
- Kann die Versicherung Einwendungen gegen den Anspruch auf Mietausfall als Verzugsschaden erheben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 7 U 188/16 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Frankfurt
- Datum: 22.12.2017
- Aktenzeichen: 7 U 188/16
- Verfahrensart: Berufung
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Schadensersatzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümerin eines durch Brand beschädigten Gebäudes und Versicherungsnehmerin.
- Beklagte: Die Gebäudeversicherin.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Nach einem Brandschaden im Jahr 2004 wurde das Gebäude nicht wiederhergestellt, da die Versicherung die Entschädigung nur teilweise zahlte. Die Eigentümerin beanspruchte Mietausfall für 2012 als Schaden wegen der Verzögerung der Versicherung.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Versicherung für entgangene Miete haftet, die durch ihre verspätete Zahlung der Gebäudeschadensumme entstanden ist, auch wenn die vertraglich vereinbarte Haftzeit für Mietverlust abgelaufen war und die ursprünglichen Mietverträge beendet waren.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht bestätigte die Verurteilung der Versicherung zur Zahlung von 85.200 Euro Mietausfall plus Zinsen für das Jahr 2012 an die Eigentümerin. Die Berufung der Versicherung wurde zurückgewiesen, die der Eigentümerin bezüglich der Zinsen war erfolgreich.
- Begründung: Die Versicherung befand sich zum relevanten Zeitpunkt (2012) unzweifelhaft im Verzug mit der Zahlung eines erheblichen Teils des Gebäudeschadens. Dieser Verzug hinderte die Eigentümerin an der Wiederherstellung. Das Gericht sah es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als wahrscheinlich an, dass das Gebäude bei rechtzeitiger Zahlung wieder vermietet worden wäre und die geltend gemachten Mieten erzielt hätte.
- Folgen: Eine Versicherung kann wegen verspäteter Zahlung der Hauptentschädigung auch für weitere Schäden wie entgangene Miete haftbar sein. Dies gilt auch, wenn die vertraglich geregelte Mietverlust-Haftzeit abgelaufen ist, da hier ein gesetzlicher Anspruch auf Verzugsschadensersatz vorliegt.
Der Fall vor Gericht
OLG Frankfurt: Versicherung muss Mietausfall nach Brand als Verzugsschaden zahlen, auch ohne Wiederaufbau des Gebäudes
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem wichtigen Urteil (Az.: 7 U 188/16 vom 22.12.2017) entschieden, dass eine Gebäudeversicherung auch dann für den Mietausfall eines durch Brand zerstörten und nicht wiederhergestellten Gebäudes aufkommen muss, wenn die vertraglich vereinbarte Frist für den Ersatz von Mietverlust (sogenannte Haftzeit) bereits abgelaufen ist.

Voraussetzung ist, dass sich die Versicherung mit der Zahlung der Entschädigung für den Brandschaden in Verzug befindet und der Mietausfall dadurch verursacht wurde. Dieser Mietausfall gilt dann als Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Ausgangslage: Zerstörtes Gebäude und langwieriger Streit um Versicherungsleistung nach Brand in Stadt1
Die Eigentümerin eines Gebäudes in Stadt1, das sie als Verwaltungs-, Schulungs- und Lagergebäude nutzte und teilweise vermietet hatte, stand im Mittelpunkt dieses Rechtsstreits. Für dieses Gebäude unterhielt sie eine Feuerversicherung bei der später beklagten Versicherungsgesellschaft. Am 14. März 2004 kam es zu einem verheerenden Brandschaden, der das Gebäude weitgehend zerstörte. Eine Wiederherstellung des Gebäudes ist bis zum heutigen Tage nicht erfolgt. Die Versicherung leistete nach dem Brand zunächst nur Teilzahlungen auf den sogenannten Zeitwertschaden des Gebäudes. Über die endgültige Regulierung des Schadens liefen und laufen weiterhin separate Gerichtsverfahren, was die Komplexität des Falles verdeutlicht. Diese Vorgeschichte mehrfacher Rechtsstreitigkeiten ist wesentlich für das Verständnis des aktuellen Urteils.
Kern des Rechtsstreits: Mietausfall als Verzugsschaden über die Vertragsklausel hinaus? Haftzeit und § 286 BGB
Die zentrale juristische Frage des Verfahrens war, ob die Versicherung verpflichtet ist, der Eigentümerin den durch die verzögerte Schadensregulierung entstandenen Mietausfall für das zerstörte Gebäude als Verzugsschaden zu ersetzen. Dies galt auch dann, obwohl der im Versicherungsvertrag vereinbarte Zeitraum für den Ersatz von Mietverlust – die sogenannte Haftzeit, die hier 12 Monate betrug (gemäß Klausel 8853 a97) – bereits abgelaufen war und die ursprünglichen Mietverträge mit den Mietern beendet waren.
Zum Zeitpunkt des Brandes waren Teile des Gebäudes an zwei Firmen vermietet: die Firma X GmbH für eine monatliche Kaltmiete von 4.500 Euro und die Firma Y GmbH für 2.600 Euro monatlich. Beide Mietverträge hatten eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2009 und enthielten eine Option zur Verlängerung um weitere fünf Jahre. Aufgrund des Brandes und der Unbenutzbarkeit des Gebäudes stellten beide Mieter ihre Mietzahlungen ein.
Die Eigentümerin forderte mit der aktuellen Klage den Ersatz des Mietausfalls für das gesamte Kalenderjahr 2012 in Höhe von insgesamt 85.200 Euro.
Die Position der Versicherungsnehmerin: Verzögerung der Versicherung führte zu massivem Mietausfall und entgangenem Gewinn
Die Eigentümerin argumentierte, dass sich die Versicherung spätestens mit der Klageerhebung in einem vorangegangenen Verfahren (Az. 7/10), in dem der Mindestbetrag des Zeitwertschadens geltend gemacht wurde, mit der Zahlung der Entschädigung in Verzug befunden habe. Sie vertrat die Auffassung, dass bei einer rechtzeitigen und vollständigen Zahlung durch die Versicherung das Gebäude innerhalb der unstrittigen Wiederherstellungszeit von neun Monaten hätte instand gesetzt werden können. In diesem Fall hätten die Räumlichkeiten entweder weiterhin an die Firmen X und Y (aufgrund der bestehenden Verlängerungsoptionen) oder an andere Mieter zu vergleichbaren Konditionen vermietet werden können. Der entgangene Mietzins stelle somit einen direkten Schaden dar, der durch die Verzögerung der Versicherung entstanden sei.
Die Argumentation der Gebäudeversicherung: Kein Verzug und fehlende Kausalität für Mietausfall, Verweis auf Schadensminderungspflicht und Insolvenz der Mieter
Die Gebäudeversicherung bestritt, mit der Zahlung der Zeitwertentschädigung in Verzug zu sein. Sie führte insbesondere an, es habe an einer ausreichenden Mahnung durch die Eigentümerin gefehlt. Weiterhin argumentierte die Versicherung, der Eigentümerin könne kein „ewiger Verzugsschaden“ zustehen. Sie hätte vielmehr ihre Schadensminderungspflicht wahrnehmen und eigenes Kapital einsetzen oder einen Kredit aufnehmen müssen, um den Wiederaufbau zu finanzieren.
Die Versicherung wies zudem darauf hin, dass die Mietverhältnisse mit den Firmen X und Y ohnehin Ende 2009 beendet gewesen seien. Es gäbe keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fortsetzung der Mietverhältnisse, zumal über das Vermögen der Firma X GmbH (im August 2011) und der Firma Y GmbH (im März 2015) Insolvenzverfahren eröffnet worden waren. Es fehle jeglicher Nachweis, dass eine Vermietung an andere Firmen zu den gleichen Konditionen möglich gewesen wäre.
Entscheidung des OLG Frankfurt: Gebäudeversicherung muss für Mietausfall als Verzugsschaden gemäß §§ 280, 286 BGB aufkommen
Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Berufung der Versicherung zurück und gab der Berufung der Eigentümerin bezüglich des Zinsanspruchs statt. Die Versicherung wurde somit verurteilt, an die Eigentümerin 85.200 Euro für den Mietausfall im Jahr 2012 zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Dezember 2015. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden ebenfalls der Versicherung auferlegt. Das Gericht stützte seinen Anspruch auf Verzugsschadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.
Detaillierte Begründung des Gerichts: Wann und warum der Versicherer in Verzug geriet durch Leistungsablehnung und Scheitern des Sachverständigenverfahrens
Der Senat des OLG Frankfurt bestätigte die Feststellungen des Landgerichts und führte aus, dass sich die Versicherung zum streitgegenständlichen Zeitpunkt (also im Jahr 2012) unzweifelhaft mit der Zahlung eines erheblichen Teils des aufgrund des Versicherungsfalls geschuldeten Zeitwertschadens in Verzug befand.
Der Verzug trat nach Ansicht des Gerichts ursprünglich bereits durch die Ablehnung der Leistung und die Erklärung von Anfechtung und Rücktritt seitens der Versicherung am 14. Oktober 2004 ein. Durch das anschließende, einvernehmliche Betreiben eines Sachverständigenverfahrens sei der Verzug und die Fälligkeit der Leistung zwar zunächst aufgehoben bzw. aufgeschoben worden.
Dieser Schwebezustand endete jedoch spätestens, als die Eigentümerin im Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen 7/10 mit Schriftsatz vom 25. Januar 2011 unmissverständlich zum Ausdruck brachte, das Sachverständigenverfahren als gescheitert anzusehen. Mit dem Zugang dieses Schriftsatzes bei der Versicherung lebte der Verzug wieder auf. Eine zusätzliche Mahnung war nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, da dies aufgrund der vorangegangenen endgültigen Leistungsablehnung eine reine Förmelei gewesen wäre. Im Jahr 2012 standen weiterhin erhebliche Beträge des Zeitwertschadens offen, da die Versicherung bis dahin nur Teilzahlungen geleistet hatte und weitere Zahlungen erst 2013 erfolgten.
Mietausfall als klarer Verzugsschaden nach § 280, § 286 BGB – Abgrenzung zur Vertragsklausel und Bedeutung von § 252 BGB
Das Gericht stellte klar, dass der geltend gemachte Mietausfall ein ersatzfähiger Verzugsschaden ist, der infolge der verspäteten Zahlung des Zeitwertschadens durch die Versicherung entstanden ist. Die Versicherung habe diesen Verzug gemäß § 286 Abs. 4 BGB zu vertreten.
Die Richter machten deutlich, dass die vertraglich vereinbarte Mietverlust-Haftzeit von 12 Monaten (gemäß Klausel 8853 a97 der Police) einen vertraglichen Ersatzanspruch während der üblichen Wiederherstellungszeit regelt. Dieser ist jedoch vom gesetzlichen Verzugsschadensersatzanspruch nach §§ 280, 286 BGB zu unterscheiden. Die Pflicht des Versicherers, für Verzugsschäden aufzukommen, die durch eine verspätete Zahlung der Entschädigung entstehen, sei unzweifelhaft. Die Funktion des Versicherungsvertrages bestehe gerade darin, die Instandsetzung des beschädigten Objekts zu ermöglichen und dadurch weitere Vermögensschäden, wie beispielsweise den Entgang von Mieteinnahmen, abzuwenden. Der hier geltend gemachte Schaden fällt unter den Begriff des entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB.
Berechnung des Schadens: Üblicher Verlauf und entgangener Gewinn nach § 252 BGB bei einer Gewerbeimmobilie und deren Wiedervermietung
Die Höhe des Schadens besteht laut Gericht im entgangenen Gewinn, der bei rechtzeitiger Wiederherstellung des Gebäudes durch die Eigentümerin zu erwarten gewesen wäre. Nach § 252 BGB gilt als entgangen der Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Diese Regelung stellt eine Beweiserleichterung für den Geschädigten dar. Bei einer Kauffrau, wie der Eigentümerin, entspricht die Gewinnerzielung dem gewöhnlichen Lauf der Dinge.
Vorliegend war nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten, dass die Eigentümerin das Gebäude bei fristgerechter Zahlung durch die Versicherung wiederhergestellt und die Räumlichkeiten – wie vor dem Brand – vermietet hätte. Eine Wiederherstellung wäre bei rechtzeitiger Zahlung bis zum 28. Oktober 2011 möglich gewesen. Das abgebrannte Gebäude war eine Gewerbeimmobilie, bei welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge der Wiederaufbau und eine weitere gewerbliche Nutzung (hier: Vermietung) zu erwarten ist. Die Versicherung habe keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, dass eine solche Nutzung nicht erfolgt wäre. Ihr Verweis auf den Zeitablauf sei unerheblich, da der Eigentümerin schlicht die notwendigen finanziellen Mittel zum Wiederaufbau fehlten, wofür die Versicherung als Verzugsschuldnerin verantwortlich sei.
Entkräftung der Einwände der Versicherung: Keine Pflicht zur Eigenfinanzierung für die Geschädigte gemäß § 254 BGB ohne Nachweis der Zumutbarkeit einer Kreditaufnahme
Das Gericht wies auch die weiteren Einwände der Versicherung zurück.
Bezüglich des Endes der ursprünglichen Mietverträge und der Insolvenz der damaligen Mieter stellte das Landgericht, dessen Argumentation das OLG folgte, zu Recht darauf ab, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei rechtzeitiger Wiederherstellung des Gebäudes von der Erzielung entsprechender Mieteinnahmen durch Vermietung an andere Firmen auszugehen ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine anderweitige Vermietung nicht möglich gewesen wäre, habe die Versicherung nicht dargelegt.
Auch der Einwand, die Eigentümerin sei zur Verwendung eigener Mittel oder zur Aufnahme eines Kredits verpflichtet gewesen, griff nicht. Grundsätzlich sei es Aufgabe des Schädigers, den Schaden zu beseitigen. Eine Pflicht des Geschädigten zur Vorfinanzierung könne allenfalls ausnahmsweise im Rahmen des § 254 BGB (Mitverschulden) bestehen, wenn dem Geschädigten die Beschaffung eines Kredits ohne Schwierigkeiten möglich und die Rückzahlung zumutbar sei. Die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer solchen Kreditaufnahme müsse jedoch primär der Schädiger, also die Versicherung, darlegen. Das Landgericht hatte die Kreditaufnahme hier zu Recht als unzumutbar angesehen.
Der Einwand der Versicherung, der Eigentümerin könne kein „ewiger Verzugsschaden“ zustehen, liege neben der Sache. Es stehe der Versicherung jederzeit frei, durch Zahlung der geschuldeten Entschädigung den Verzug und damit die Entstehung weiterer Verzugsschäden zu beenden.
Zinsanspruch: Früherer Zinsbeginn ab Mahnung und Fälligkeit des konkret bezifferten Schadens
Schließlich korrigierte das OLG die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich des Beginns des Zinsanspruchs. Das Landgericht hatte Zinsen erst ab Klagezustellung zugesprochen. Das OLG stellte jedoch fest, dass sich die Versicherung mit der Zahlung der Zeitwertentschädigung in Verzug befand, wodurch der Eigentümerin monatlich ein Schaden in Form des Mietausfalls entstand. Dieser Anspruch auf Verzugsschaden wurde mit seiner Entstehung jeweils fällig.
Mit Schreiben vom 30. November 2015 hatte die Eigentümerin die Versicherung zur Zahlung des streitgegenständlichen Betrages von 85.200 Euro bis zum 12. Dezember 2015 aufgefordert. Bereits mit Zugang dieser Mahnung ist hinsichtlich dieses konkret bezifferten Anspruchs Verzug eingetreten. Daher stehen der Eigentümerin Zinsen jedenfalls ab dem 12. Dezember 2015 zu.
Fazit und Bedeutung des Urteils: Versicherer haftet bei Zahlungsverzögerung umfassend für Folgeschäden
Das Urteil des OLG Frankfurt (Az.: 7 U 188/16) ist eine wichtige Bestätigung der Rechte von Versicherungsnehmern im Falle von verzögerten Schadensregulierungen. Es stellt klar, dass die Haftung eines Gebäudeversicherers für Verzugsschäden weit über die bloße Zahlung der Versicherungssumme hinausgehen kann. Insbesondere kann der Anspruch auf Ersatz von Mietausfall als Verzugsschaden neben und über vertragliche Haftzeitbegrenzungen für Mietverlust hinausgehen, wenn der Versicherer seine Zahlungspflichten nicht rechtzeitig und vollständig erfüllt. Die Beweiserleichterungen des § 252 BGB kommen dem geschädigten Versicherungsnehmer dabei zugute. Die Versicherung kann die Entstehung weiterer Verzugsschäden jederzeit durch die vollständige Zahlung der geschuldeten Entschädigung abwenden. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, da es sich um die Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze auf einen konkreten Einzelfall handelte.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Versicherungen bei verzögerter Schadensregulierung für daraus entstehende Folgeschäden wie Mietverluste haften müssen – auch über vertragliche Haftzeitbegrenzungen hinaus. Dies gilt insbesondere, wenn die Versicherung mit der Zahlung des Zeitwertschadens in Verzug ist und dadurch der Wiederaufbau des Gebäudes verhindert wird. Betroffene Gebäudeeigentümer können gemäß §§ 280, 286 BGB Verzugsschäden wie entgangene Mieteinnahmen geltend machen, ohne zwingend eigene Mittel vorstrecken oder Kredite aufnehmen zu müssen. Versicherungen können diese Haftung nur durch rechtzeitige und vollständige Zahlung der geschuldeten Entschädigung vermeiden.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Verzugshaftung im Zusammenhang mit einer Feuerversicherung?
Stellen Sie sich vor, Ihr Haus wurde durch einen Brand schwer beschädigt. Sie melden den Schaden Ihrer Feuerversicherung und warten auf die Zahlung, um die notwendigen Reparaturen durchführen zu können. Was aber, wenn die Versicherung lange braucht, um zu zahlen, und dadurch weitere Schäden entstehen, zum Beispiel weil das offene Dach nicht repariert wird und es hineinregnet?
Hier kommt das Prinzip der Verzugshaftung ins Spiel. Es bedeutet, dass Ihre Feuerversicherung zusätzlich zu den eigentlichen Brandschäden auch für Schäden haftbar gemacht werden kann, die entstehen, weil sie sich mit der Zahlung der Versicherungsleistung verzögert.
Wann gerät die Versicherung in Verzug?
Eine Versicherung gerät nicht sofort in Verzug, nur weil sie nicht am selben Tag zahlt. Sie hat eine gewisse Zeit, um den Schaden zu prüfen und die Höhe der Leistung festzustellen. Die Versicherungsbedingungen oder das Gesetz geben hierfür Rahmen vor. Oftmals beginnt die Frist für die Versicherung erst zu laufen, nachdem die Schadensermittlungen abgeschlossen sind.
Ein Verzug der Versicherung tritt in der Regel ein, wenn sie eine fällige Leistung trotz einer Mahnung nicht erbringt. Eine Mahnung ist die klare Aufforderung des Versicherungsnehmers an die Versicherung, die Leistung zu erbringen. Manchmal ist eine Mahnung auch nicht nötig, zum Beispiel wenn die Versicherung die Zahlung ernsthaft und endgültig ablehnt oder wenn im Versicherungsvertrag eine feste Zahlungsfrist nach Abschluss der Prüfung vereinbart ist und diese Frist abläuft.
Was ist ein Verzugsschaden?
Ein Verzugsschaden ist ein Schaden, der allein durch die Verzögerung der Zahlung durch die Versicherung entsteht. Er muss eine direkte Folge davon sein, dass die Versicherung zu spät geleistet hat.
Typische Beispiele für einen Verzugsschaden im Zusammenhang mit einer Feuerversicherung können sein:
- Weitere Schäden am Gebäude, weil notwendige Notreparaturen oder die eigentliche Wiederherstellung wegen der fehlenden Zahlung nicht zeitnah erfolgen konnten (z.B. Wasserschäden durch ein ungedecktes Dach).
- Kosten für die Einlagerung von unbeschädigten Gegenständen, die aus dem beschädigten Haus gerettet wurden.
- Mietverluste, wenn das Gebäude wegen der Verzögerung der Reparaturen nicht vermietet oder genutzt werden kann.
- Kosten für die Beschaffung von Krediten, um die notwendigen Reparaturen vorzufinanzieren, weil die Versicherungsleistung ausbleibt.
Damit ein solcher Verzugsschaden von der Versicherung ersetzt werden muss, muss nachgewiesen werden, dass der Schaden kausal, also ursächlich, durch die Verzögerung der Versicherungszahlung entstanden ist. Die Versicherung muss sich zum Zeitpunkt des Schadenseintritts im Verzug befunden haben.
Welche Rolle spielt die sogenannte Haftzeit im Versicherungsvertrag bei Mietausfall nach einem Brandschaden?
Stellen Sie sich vor, Ihr Mietobjekt wird durch einen Brandschaden so stark beschädigt, dass die Mieter ausziehen müssen und Sie keine Mieteinnahmen mehr haben. Viele Feuerversicherungen decken in solchen Fällen den Mietausfall ab. Im Versicherungsvertrag ist dafür oft eine sogenannte Haftzeit festgelegt.
Die vertragliche Haftzeit: Eine zeitliche Grenze
Die Haftzeit ist im Grunde eine vertraglich vereinbarte zeitliche Begrenzung. Sie legt fest, für wie lange die Versicherung maximal verpflichtet ist, den Ausfall Ihrer Mieteinnahmen zu ersetzen, wenn dieser durch ein versichertes Ereignis wie einen Brand verursacht wurde. Das bedeutet: Innerhalb dieser Frist zahlt die Versicherung den nachgewiesenen Mietausfall gemäß den Vertragsbedingungen. Nach Ablauf dieser im Vertrag genannten Haftzeit endet der Anspruch auf Mietausfall, der direkt aus dem Versicherungsvertrag auf Basis der Haftzeit-Klausel stammt. Viele Versicherungsnehmer gehen davon aus, dass danach generell keine Ansprüche auf Mietentschädigung mehr bestehen.
Schaden durch Verzug: Ansprüche auch danach möglich
Hier kommt jedoch ein wichtiger juristischer Unterschied ins Spiel. Der Anspruch auf Mietausfall, der sich aus der Haftzeit ergibt, ist ein Anspruch, der direkt auf dem Versicherungsvertrag beruht. Was passiert aber, wenn die Versicherung selbst den Prozess der Schadenregulierung, der Prüfung des Anspruchs oder der Zahlung so verzögert, dass die Wiederherstellung des Gebäudes und damit die erneute Vermietbarkeit länger dauert, als dies bei zügigem Vorgehen der Fall wäre?
Wenn die Versicherung durch ihr eigenes Verhalten, zum Beispiel durch lange Bearbeitungszeiten oder unberechtigte Verzögerungen bei der Leistungsprüfung oder -zahlung, die Behebung des Schadens und damit die Wiederaufnahme der Mieteinnahmen verzögert, kann sie in sogenannten Verzug geraten. Die Schäden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstehen, dass die Versicherung im Verzug ist, werden als Verzugsschaden bezeichnet.
Der Unterschied ist entscheidend
Dieser Verzugsschaden ist ein Anspruch, der nicht primär auf der Haftzeit-Klausel im Versicherungsvertrag basiert, sondern auf allgemeinen gesetzlichen Regelungen zum Schadenersatz bei Verzug. Das bedeutet: Selbst wenn die im Versicherungsvertrag festgelegte Haftzeit für den Mietausfall abgelaufen ist, können weiterhin Ansprüche auf Ersatz des Mietausfalls bestehen, wenn dieser zusätzliche Ausfall nachweislich darauf zurückzuführen ist, dass die Versicherung sich im Verzug befunden hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Haftzeit begrenzt den Mietausfallersatz, der Ihnen aufgrund der reinen vertraglichen Vereinbarung zusteht. Mietausfälle, die Ihnen entstehen, weil die Versicherung den Schadenbearbeitungsprozess oder die Zahlung unberechtigt verzögert und dadurch zusätzlichen Schaden verursacht, können jedoch als Verzugsschaden unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten geltend gemacht werden – auch nach Ablauf der vertraglichen Haftzeit. Es handelt sich also um zwei verschiedene Arten von Ansprüchen mit unterschiedlicher rechtlicher Grundlage.
Wie wird der Mietausfall als Verzugsschaden berechnet, wenn das Gebäude nicht wieder aufgebaut wird?
Wenn ein Gebäude nach einem Schaden wie beispielsweise einem Brand nicht wieder aufgebaut wird, kann dennoch ein Anspruch auf Mietausfall als Verzugsschaden bestehen. Dies ist der Schaden, der Ihnen entsteht, weil eine andere Partei (z.B. eine Versicherung durch verspätete Zahlung) ihre Pflicht nicht rechtzeitig erfüllt hat und Sie dadurch gehindert waren, Mietzahlungen zu erhalten. Der Mietausfall in diesem Fall ist eine Folge der Verzögerung bei der Schadensregulierung, nicht direkt des Schadens selbst.
Die Berechnung unterscheidet sich hier von der Situation, in der das Gebäude wiedererrichtet wird. Der Mietausfall wird nicht für die tatsächliche Zeit des Nicht-Wiederaufbaus berechnet. Vielmehr geht es um den Zeitraum, in dem Sie aufgrund der Verzögerung daran gehindert waren, das Grundstück oder die Reste des Gebäudes anderweitig wirtschaftlich zu nutzen oder darüber zu verfügen. Dieser Zeitraum wird oft anhand dessen bemessen, wie lange es unter normalen Umständen gedauert hätte, das Gebäude wiederherzustellen (eine hypothetische Wiederherstellungszeit), oder wie lange es gedauert hätte, nach rechtzeitiger Zahlung eine alternative Nutzung oder einen Verkauf zu realisieren.
Die Höhe des geltend gemachten Mietausfalls orientiert sich an der Miete, die Sie ohne den Schaden und die Verzögerung hätten erzielen können. Wenn ein Mietvertrag bestand, ist das in der Regel die darin vereinbarte Miete. Gab es keinen Mietvertrag mehr, können Vergleichsmieten für ähnliche Objekte in vergleichbarer Lage herangezogen werden.
Wichtige Faktoren und Belege
Bei der Ermittlung dieses Schadens werden insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt:
- Der Zeitraum, für den die Mietausfallforderung berechtigt ist – basierend auf der durch die Verzögerung verursachten Hinderung der Nutzung/Verfügung.
- Die Höhe der Miete, die entgangen ist (basierend auf Vertrag oder Vergleichswerten).
Um einen solchen Anspruch zu belegen, sind entsprechende Nachweise erforderlich. Dazu gehören typischerweise:
- Der Mietvertrag, falls vorhanden, der die letzte Miete zeigt.
- Unterlagen, die die angemessene Miete für vergleichbare Objekte nachweisen (z.B. durch Einholung von Vergleichsangeboten, Mietspiegel etc.).
- Belege für den Schaden selbst und die Kommunikation, die die Verzögerung der anderen Partei dokumentieren.
Es ist das Ziel, den finanziellen Nachteil auszugleichen, der Ihnen gerade durch die Verspätung der Schadensregulierung entstanden ist.
Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer, um seinen Anspruch auf Mietausfall als Verzugsschaden geltend zu machen?
Wenn ein Mieter die Miete nicht zahlt und dadurch ein Schaden in Form von Mietausfall entsteht, der möglicherweise von einer Versicherung abgedeckt ist, hat der Versicherungsnehmer (der Vermieter) in der Regel bestimmte Pflichten gegenüber seiner Versicherung. Diese Pflichten sind oft im Versicherungsvertrag festgelegt und dienen dazu, der Versicherung die Bearbeitung des Falls zu ermöglichen und den Schaden so gering wie möglich zu halten. Juristisch spricht man hierbei von Obliegenheiten.
Wichtige Pflichten des Versicherungsnehmers
Zu den typischen Pflichten, die ein Versicherungsnehmer im Falle von Mietausfall durch Verzug hat, gehören:
- Schnelle Information der Versicherung: Sobald der Mieter mit der Mietzahlung in Verzug gerät – das bedeutet, er zahlt trotz Fälligkeit und eventueller Mahnung nicht – und absehbar ist, dass daraus ein Schaden entstehen könnte, muss die Versicherung umgehend informiert werden. Wann genau und in welcher Form, steht im Versicherungsvertrag. Eine verzögerte Meldung kann dazu führen, dass die Versicherung die Leistung kürzt oder sogar ablehnt.
- Detaillierte Dokumentation des Schadens: Der Versicherungsnehmer muss den Mietausfall und die damit verbundenen Umstände genau festhalten. Dazu gehören:
- Mietvertrag
- Nachweise über nicht gezahlte Mieten (z.B. Kontoauszüge)
- Kopien von Mahnungen an den Mieter
- Schriftwechsel mit dem Mieter
Diese Dokumentation ist entscheidend, um den Schaden gegenüber der Versicherung nachweisen zu können.
- Schadensminderungspflicht: Dies ist eine sehr wichtige Pflicht. Der Versicherungsnehmer muss alles Zumutbare tun, um den entstandenen Schaden so gering wie möglich zu halten. Im Fall von Mietausfall bedeutet das zum Beispiel:
- Den Mieter zur Zahlung auffordern (mahnen).
- Sich aktiv um eine Neuvermietung der Wohnung bemühen, sobald dies rechtlich möglich ist (z.B. nach einer Kündigung). Es reicht meist nicht, untätig zu bleiben.
- Gegebenenfalls erforderliche rechtliche Schritte gegen den Mieter einleiten (z.B. eine Klage auf Zahlung oder Räumung), falls dies im Vertrag vorgesehen ist oder zur Schadensminderung notwendig erscheint.
- Mitwirkungspflicht: Der Versicherungsnehmer muss die Versicherung bei der Klärung des Falls unterstützen. Dazu gehört, alle erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Fragen der Versicherung wahrheitsgemäß zu beantworten.
Die genauen Pflichten können je nach Versicherungsvertrag variieren. Es ist daher wichtig, die eigenen Vertragsbedingungen sorgfältig zu prüfen, um zu wissen, welche Schritte im Schadensfall konkret erforderlich sind. Werden diese Pflichten nicht erfüllt, kann die Versicherung die Leistung kürzen oder verweigern.
Kann die Versicherung Einwendungen gegen den Anspruch auf Mietausfall als Verzugsschaden erheben?
Ja, Versicherungen haben grundsätzlich das Recht, einen geltend gemachten Anspruch auf Mietausfall als Verzugsschaden zu prüfen und dagegen Einwendungen zu erheben. Dies ist Teil ihres Prozesses, um sicherzustellen, dass ein Anspruch berechtigt und die Höhe korrekt ist. Sie werden dabei verschiedene Punkte überprüfen.
Typische Einwendungen der Versicherung
Stellen Sie sich vor, Sie haben Mietausfall, weil Ihr Mieter die Miete nicht gezahlt hat und in Verzug geraten ist. Wenn Sie diesen Schaden bei Ihrer Versicherung (zum Beispiel einer Vermieter-Rechtsschutzversicherung oder einer anderen passenden Versicherung) geltend machen, kann die Versicherung zum Beispiel folgende Punkte prüfen und gegebenenfalls Einwände erheben:
- Kein oder kein ausreichender Verzug: Die Versicherung kann prüfen, ob der Mieter tatsächlich im rechtlichen Sinne in „Verzug“ war. Verzug tritt in der Regel ein, wenn die Miete trotz Fälligkeit und eventuell notwendiger Mahnung nicht gezahlt wurde. Wenn zum Beispiel eine erforderliche Mahnung fehlt oder die Fristen nicht eingehalten wurden, könnte die Versicherung argumentieren, dass kein Verzug vorliegt.
- Fehlender Zusammenhang zwischen Verzug und Mietausfall (Kausalität): Die Versicherung wird prüfen, ob der Mietausfall direkt durch den Zahlungsverzug des Mieters verursacht wurde. Wenn der Mietausfall eine andere Ursache hatte, die nichts mit dem Verzug zu tun hat (z.B. weil die Wohnung wegen eines Brandes unbewohnbar war, bevor der Mieter überhaupt in Verzug geriet), dann ist der Mietausfall kein Schaden aus dem Verzug. Die Versicherung prüft also, ob der Verzug die direkte Ursache für Ihren Verlust war.
- Die Höhe des geltend gemachten Schadens ist zu hoch: Die Versicherung prüft, ob der geforderte Mietausfall tatsächlich entstanden ist und ob Sie versucht haben, den Schaden so gering wie möglich zu halten (sogenannte Schadensminderungspflicht). Wenn Sie zum Beispiel die Wohnung schnell an einen neuen Mieter vermieten konnten, ist der tatsächliche Mietausfall möglicherweise geringer als zunächst angenommen. Die Versicherung kann auch prüfen, ob die geforderte Miethöhe der tatsächlichen oder einer erzielbaren Miete entspricht.
Wie Sie Einwendungen begegnen können
Um möglichen Einwendungen der Versicherung entgegenzutreten, ist es wichtig, Ihren Anspruch gut zu dokumentieren und belegen zu können. Das bedeutet zum Beispiel:
- Dokumentation des Verzugs: Zeigen Sie, wann die Miete fällig war, wann sie nicht gezahlt wurde und legen Sie Kopien von Mahnungen vor, falls diese notwendig waren und verschickt wurden. Belegen Sie die Nichtzahlung (z.B. durch Kontoauszüge).
- Nachweis des Zusammenhangs: Machen Sie deutlich, dass der Mietausfall die direkte Folge des Zahlungsverzugs ist.
- Beleg der Schadenshöhe: Weisen Sie nach, wie hoch der tatsächliche Mietausfall war. Zeigen Sie auch, dass Sie sich bemüht haben, den Schaden zu begrenzen, zum Beispiel indem Sie versucht haben, die Wohnung zügig neu zu vermieten.
Im Kern geht es darum, der Versicherung alle notwendigen Informationen und Belege zur Verfügung zu stellen, damit sie Ihren Anspruch nachvollziehen und prüfen kann. Die Beweispflicht dafür, dass der Anspruch besteht und wie hoch er ist, liegt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verzug
Verzug bedeutet, dass eine vertraglich oder gesetzlich geschuldete Leistung nicht zum vereinbarten oder vorgeschriebenen Zeitpunkt erbracht wird und der Schuldner dadurch in Verzug gerät. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Versicherung ihre Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung für den Brandschaden nicht rechtzeitig erfüllt hat. Voraussetzung für den Verzug ist meist eine Mahnung, außer die Leistung wurde ernsthaft und endgültig verweigert oder eine Frist wurde vertraglich gesetzt (vgl. § 286 BGB). Beispiel: Wenn Sie einen Handwerker beauftragen und er trotz Aufforderung nicht innerhalb der vereinbarten Zeit arbeitet, gerät er in Verzug.
Verzugsschaden
Ein Verzugsschaden ist der Schaden, der dadurch entsteht, dass ein Schuldner seine geschuldete Leistung verspätet erbringt und der Gläubiger hierdurch einen zusätzlichen Schaden erleidet. Im Fall der Gebäudeversicherung ist der Mietausfall ein Verzugsschaden, weil er auf die verspätete Zahlung der Versicherungsleistung zurückzuführen ist (§§ 280 Abs. 1, 286 BGB). Anders als der reine Schadensersatz aus dem Schaden selbst bezieht sich der Verzugsschaden also auf Folgeschäden wegen der Verzögerung. Beispiel: Wenn der Stromversorger verspätet anschließt und Ihnen daraus Verlust entsteht, ist dieser Verlust ein Verzugsschaden.
Haftzeit
Die Haftzeit ist eine vertraglich festgelegte zeitliche Begrenzung im Versicherungsvertrag, bis zu der die Versicherung für den Ersatz von Mietausfall aufkommt. Nach Ablauf dieser Haftzeit endet gewöhnlich der vertragliche Anspruch auf Mietausfallersatz. Im vorliegenden Fall war die Haftzeit auf 12 Monate begrenzt, sodass Mietausfallansprüche aus dem Vertrag nach Ablauf dieser Zeit grundsätzlich entfallen. Allerdings kann ein Anspruch auf Verzugsschaden nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften auch darüber hinaus bestehen. Beispiel: Die Versicherung zahlt maximal für ein Jahr Mietausfall, wenn der Mieter wegen eines Schadens nicht zahlen kann.
Sachverständigenverfahren
Ein Sachverständigenverfahren ist ein Verfahren zur Klärung technischer oder fachlicher Streitfragen durch unabhängige Experten, z.B. Gutachter. Im genannten Fall wurde ein solches Verfahren durchgeführt, um den Umfang des Zeitwertschadens nach dem Brand zu bestimmen. Das Verfahren kann Einfluss auf die Fälligkeit von Zahlungen und den Eintritt des Verzugs haben, da es die Prüfung der Leistungspflicht betrifft. Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall beauftragen die Parteien einen Gutachter, um den Schaden am Auto festzustellen.
Entgangener Gewinn gemäß § 252 BGB
Entgangener Gewinn ist ein materieller Schaden, der dadurch entsteht, dass jemand eine Vermögensmöglichkeit – wie etwa eine Mieteinnahme – verliert, die nach gewöhnlichem Lauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. § 252 BGB erleichtert dem Geschädigten den Nachweis, indem es erlaubt, solche erwarteten Gewinne als Schaden anzusetzen, wenn sie im normalen Geschäftsverlauf wahrscheinlich gewesen wären. Im vorliegenden Fall umfasst dies Mietzahlungen, die bei rechtzeitiger Schadensregulierung durch die Versicherung erzielt worden wären. Beispiel: Wenn ein Café wegen eines Brands länger geschlossen bleiben muss, sind entgangene Einnahmen ein entgangener Gewinn.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 280 Abs. 1, Abs. 2 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Regelt den Anspruch auf Schadensersatz, wenn eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis verletzt wird und dadurch ein Schaden entsteht. Entscheidend ist, dass der Schuldner (hier die Versicherung) die Pflichtverletzung zu vertreten hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung hat ihre vertragliche Pflicht zur fristgerechten Zahlung der Entschädigung verletzt und ist demnach zum Schadensersatz für den entstandenen Mietausfall verpflichtet.
- § 286 BGB (Verzug des Schuldners): Bestimmt, dass ein Schuldner in Verzug gerät, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet oder eine Mahnung entbehrlich ist, etwa bei definitiver Leistungsverweigerung. Der Verzug begründet Schadensersatzansprüche für Verspätungsschäden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherung befand sich durch die verzögerte Leistung endgültig im Verzug, wodurch der Mietausfall als Verzugsschaden geltend gemacht werden kann.
- § 252 BGB (Entgangener Gewinn): Vereinfachte Beweisregelung für den Ersatz des entgangenen Gewinns, wenn dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Dieser Grundsatz erleichtert den Nachweis von Folgeschäden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Eigentümerin konnte den entgangenen Mietgewinn als Verzugsschaden nachweisen, da bei rechtzeitiger Zahlung mit einer Wiedervermietung zu rechnen war.
- § 254 BGB (Mitverschulden): Regelt, dass der Schaden teilweise entfallen oder gemindert wird, wenn der Geschädigte selbst zur Schadensentstehung beigetragen hat, etwa durch unterlassene Schadensminderung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Pflicht der Eigentümerin, den Schaden zu mindern, etwa durch Eigenfinanzierung des Wiederaufbaus, wurde verneint, da eine Kreditaufnahme unzumutbar und nicht hinreichend von der Versicherung substantiiert dargelegt wurde.
- Versicherungsvertragsrecht (insbesondere Haftzeit-Klausel): Regelt in den Versicherungsbedingungen die Dauer und den Umfang des Mietausfallersatzes nach einem Schadensfall, typischerweise zeitlich befristet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Trotz Ablaufs der vertraglich vorgesehenen Haftzeit für Mietausfall haftet die Versicherung über diese vertragliche Begrenzung hinaus nach § 280, 286 BGB für Verzugsschäden.
- Grundsatz der Schadensminderungspflicht: Der Geschädigte muss zumutbare Maßnahmen ergreifen, um den Schaden gering zu halten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versicherungsnehmerin war nicht verpflichtet, wegen des Verzugs der Versicherung selbst den Wiederaufbau zu finanzieren, da dies als unzumutbar angesehen wurde und keine Nachweise für Zumutbarkeit vorlagen.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 7 U 188/16 – Urteil vom 22.12.2017
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