Oberlandesgericht Hamm: Verjährung von Rentenansprüchen bei Erwerbsunfähigkeitsversicherung
Das Oberlandesgericht Hamm hat die sofortige Beschwerde der Klägerin abgewiesen, die Ansprüche aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung geltend machte. Die Gerichtsentscheidung basiert auf der Verjährung der Rentenansprüche, die bereits vor Einreichung des ersten Prozesskostenhilfeantrags eingetreten war. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB führte dazu, dass die Ansprüche der Klägerin nicht durchsetzbar waren, da diese erst nach Zugang der Leistungsablehnung der Beklagten vom 18.09.2009 fällig wurden und dementsprechend bis Ende 2012 verjährt waren.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Verjährung der Ansprüche aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung war bereits eingetreten, bevor die Klage eingereicht wurde.
- Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB ist anwendbar, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig wurde.
- Fälligkeit der Ansprüche trat mit der Leistungsablehnung der Beklagten ein.
- Die Verjährung betrifft nicht nur einzelne Rentenansprüche, sondern das Gesamt- bzw. Stammrecht aus der Versicherung.
- Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss wurde zurückgewiesen.
- Keine Kostenerstattung für die Klägerin.
- Die Entscheidung basiert auf der Interpretation von § 199 Abs. 1 BGB bezüglich der Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände.
- Das Urteil verdeutlicht die Wichtigkeit, Fristen zur Geltendmachung von Versicherungsansprüchen zu beachten, um nicht Gefahr zu laufen, dass Ansprüche durch Verjährung erlöschen.
Übersicht
Verjährung von Rentenzahlungen in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Eine rechtliche Herausforderung
Die Verjährung von Rentenzahlungen in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung kann für Versicherte zu einer rechtlichen Herausforderung werden, wenn sie ihre Ansprüche nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist geltend machen. Seit 2008 gilt eine dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung, die auch für die Erwerbsunfähigkeitsversicherung relevant ist. Diese Frist beginnt mit dem Eintritt des Versicherungsfalls, also dem Zeitpunkt, an dem die Erwerbsunfähigkeit eintritt.
Es ist daher wichtig, dass Versicherte schnell handeln und ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen, um eine Ablehnung der Zahlungen durch die Versicherung aufgrund der Verjährung zu vermeiden. Im Falle eines Rechtsstreits können Gerichte über die Verjährung entscheiden, wie in einem Urteil des OLG Stuttgart aus dem Jahr 2014 deutlich wurde. Versicherte sollten sich daher der Verjährungsfristen bewusst sein und im Falle einer Erwerbsunfähigkeit die notwendigen Schritte unverzüglich einleiten, um ihre Rentenzahlungen nicht zu gefährden.
Im Zentrum des Rechtsstreits steht der Fall einer Klägerin, die gegen die Entscheidung des Landgerichts Paderborn Berufung einlegte. Der Kern des Falles betrifft die Erwerbsunfähigkeitsversicherung und die Verjährung der daraus resultierenden Rentenzahlungen nach einem Versicherungsfall. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte, ihre Versicherungsgesellschaft, auf Zahlung aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung geklagt, welche als Zusatzversicherung zu einer Kapitallebensversicherung im Jahre 2003 abgeschlossen wurde.
Der Streitpunkt: Verjährung von Rentenansprüchen
Die Auseinandersetzung begann, als die Klägerin Ende 2004 mit ihren Prämien in Rückstand geriet und die Versicherung sie aufforderte, weitere Gesundheitsfragen zu beantworten, um den Vertrag wieder in Kraft zu setzen. Die Klägerin verwies auf ein bereits eingeholtes ärztliches Zeugnis und betonte, keine weiteren gesundheitlichen Probleme zu haben. Die Versicherung setzte daraufhin den Vertrag wieder in Kraft, reduzierte jedoch später die Jahresrente aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin.
Ursprung der rechtlichen Auseinandersetzung
Als die Klägerin, die mittlerweile zu 60 % schwerbehindert war, Rentenzahlungen ab Juni 2007 beantragte, lehnte die Versicherung diese ab. Die Begründung lautete, es liege keine bedingungsgemäße Erwerbsunfähigkeit vor, und die Klägerin habe bei der Antragstellung nicht alle Erkrankungen angegeben. Die Versicherung berief sich auf die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Die Klägerin wiederum behauptete, sie habe dem Versicherungsvertreter bei der Antragstellung alle relevanten Gesundheitsinformationen zur Verfügung gestellt.
Juristische Herausforderungen und die Entscheidung des Gerichts
Die zentrale rechtliche Herausforderung in diesem Fall war die Frage der Verjährung der Rentenansprüche aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Das Landgericht Paderborn wies den Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe für die Klageerweiterung ab, indem es feststellte, dass die Ansprüche bereits verjährt seien. Diese Entscheidung basierte auf der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB, welche kürzer ist als die sonst für Lebensversicherungen geltende fünfjährige Frist.
Die Logik hinter der Verjährung
Das Gericht legte dar, dass mit der Ablehnung der Leistung durch die Beklagte im September 2009 die Verjährungsfrist zum Jahresende 2009 zu laufen begann und Ende 2012 endete. Diese Verjährung betraf nicht nur die monatlichen Rentenansprüche, sondern das Gesamt- bzw. Stammrecht aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte diese Auffassung und wies die sofortige Beschwerde der Klägerin zurück, indem es klarstellte, dass sämtliche Rentenansprüche aus dem geltend gemachten Versicherungsfall der Verjährung unterlagen.
Fazit: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm unterstreicht die Bedeutung der Verjährungsfristen bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Sie verdeutlicht, dass sowohl Kläger als auch Versicherer die relevanten Fristen genau im Blick haben müssen, um ihre Rechte und Pflichten wirksam ausüben bzw. einfordern zu können.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Wie wird die Verjährung von Rentenansprüchen aus Versicherungsverträgen rechtlich behandelt?
Die Verjährung von Rentenansprüchen aus Versicherungsverträgen wird in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Regelungen bestimmt. Für Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gilt beispielsweise eine Verjährungsfrist von drei Jahren, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Versicherungsnehmer von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Im Sozialrecht, das auch die gesetzliche Rentenversicherung umfasst, gilt für Beitragsnachforderungen der Sozialversicherungsträger, wie zum Beispiel der Rentenversicherung, eine Verjährungsfrist von vier Jahren. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Für die Verjährung von Ansprüchen, die vor dem 1. Januar 2008 entstanden sind, gelten Übergangsregelungen nach Art. 3 EGVVG.
Im Falle eines Regressanspruchs des Rentenversicherungsträgers nach einem Arbeitsunfall wird keine Unterscheidung zwischen den Ansprüchen der verschiedenen Sozialversicherungsträger gemacht. Die Verjährungsfrist wurde von einem auf drei Jahre verlängert, um den Rentenversicherern die Möglichkeit zu geben, ihre Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen.
Wenn ein Versicherungsnehmer seine Ansprüche geltend machen möchte, muss er die Verjährungsfristen beachten. Nach Ablauf der Verjährungsfrist erlöschen die Ansprüche. Im Prozess kann der Versicherer gegen eine verjährte Forderung die Einrede der Verjährung erheben. Beruft er sich zu Recht auf die Verjährung, kann er nicht zur Leistung verurteilt werden.
Es ist daher für Versicherungsnehmer ratsam, sich frühzeitig über die Verjährungsfristen zu informieren und ihre Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen, um den Verlust ihrer Ansprüche zu vermeiden.
Wie wirkt sich die Verjährung eines Stammrechts auf spätere Rentenansprüche aus?
Die Verjährung eines Stammrechts kann erhebliche Auswirkungen auf spätere Rentenansprüche haben. Das Stammrecht bezieht sich auf den grundsätzlichen Anspruch auf Rentenleistungen. In der betrieblichen Altersversorgung (bAV) verjährt das sogenannte Rentenstammrecht nach § 18a BetrAVG in 30 Jahren. Dies umfasst den Anspruch auf die Versorgung an sich und Ansprüche, die das Stammrecht unmittelbar beeinflussen.
Die Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Zeitpunkt, zu dem der Versorgungsberechtigte seinen Anspruch auf Leistungen aus der bAV erstmals geltend machen könnte. Wenn der Anspruch auf die Rente nicht innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht wird, kann dies den Verlust der Möglichkeit zur zivilrechtlichen Durchsetzung des Anspruchs zur Folge haben.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Verjährung des Stammrechts nicht bedeutet, dass alle Rentenansprüche verjährt sind. Wiederkehrende Leistungen, wie die einzelnen Rentenzahlungen, unterliegen einer separaten Verjährungsfrist. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für vergangene Rentenzahlungen drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsberechtigte Kenntnis von den Ansprüchen und dem Schuldner erlangt hat.
In einigen Fällen, wie bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, kann das Stammrecht auch den Anspruch auf Befreiung von der Beitragszahlung umfassen. Wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird, kann der Anspruch verjähren.
Es ist daher ratsam, sich frühzeitig über mögliche Rentenansprüche zu informieren und diese rechtzeitig geltend zu machen, um die Verjährung des Stammrechts und damit den Verlust von Rentenansprüchen zu vermeiden.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: I-20 W 35/14 – Beschluss vom 26.11.2014
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 27.08.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 5.000,00 Euro.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung auf Zahlung in Anspruch, die als Zusatzversicherung zu einer Kapitallebensversicherung im Versicherungsschein vom 07.05.2003 policiert wurde. Die Beklagte hatte insofern für den Fall der bedingungsgemäßen Erwerbsunfähigkeit Beitragsbefreiung zur Hauptversicherung sowie die Zahlung einer Jahresrente von 10.000,00 Euro in vierteljährlichen Raten zugesagt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein nebst AVB (Anlage B 4) verwiesen. Hintergrund war, dass die Klägerin am 06.11.2002 zunächst eine Berufsunfähigkeitsversicherung beantragt hatte, die die Beklagte nach Einholung eines ärztlichen Zeugnisses ihres Hausarztes Dr. M (Anlage B 2) indes nicht zusagen wollte.
Nachdem die Klägerin mit ihren Prämien Ende 2004 in Rückstand geraten war, forderte die Beklagte sie nach Eingang einer Prämienzahlung mit Schreiben vom 16.03.2005 auf, weitere Gesundheitsfragen zu beantworten, damit der Vertrag wieder in Kraft gesetzt werden könne. Im entsprechend übersandten „Kundenauftrag“ vom 18.03.2005 verwies die Klägerin auf das bei Antragstellung eingeholte ärztliche Zeugnis und erklärte außerdem: „Außer den Krankheiten, die bei Antragstellung bestanden, ist nichts mehr dazu gekommen. Ich war lange nicht mehr beim Arzt, denn ich fühle mich gesund.“ Die Beklagte setzte daraufhin den Versicherungsvertrag mit Nachtrag vom 03.06.2005 (Anlage B 7) wieder in Kraft. Mit weiterem Nachtrag vom 01.04.2007 wurde die Jahresrente wegen Zahlungsschwierigkeiten der Klägerin auf 7.777,41 Euro herabgesetzt (Anlage B 8).
Mit Schreiben vom 15.12.2008 beantragte die Klägerin, die mittlerweile zu 60 % schwerbehindert war, die Zahlung von Erwerbsunfähigkeitsrenten ab dem 20.06.2007. Die Beklagte lehnte ihre Leistungspflicht darauf im Schreiben vom 18.09.2009 mit Verweis auf die im sozialgerichtlichen Verfahren vom Sozialgericht Detmold eingeholten Gutachten sowie weitere Arztberichte ab. Es liege einerseits keine bedingungsgemäße Erwerbsunfähigkeit vor, weil die Klägerin trotz ihrer diversen Erkrankungen noch in der Lage sei, vollschichtig einen Beruf auszuüben. Außerdem habe die Klägerin ihre Erkrankungen bei Antragstellung bzw. bei Beantwortung des „Kundenauftrags“ vom 18.03.2005 nicht vollständig angegeben. Die Beklagte erklärte deshalb die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 18.09.2009 (Bl. 7 ff GA) verwiesen.
Die Klägerin hat dazu unter Beweisantritt behauptet, sie sei wegen diverser körperlicher Beschwerden nicht mehr imstande, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Sie habe dem Vertreter der Beklagten bei Antragstellung in ihrem Haus vor den von ihr benannten Zeugen einen Ordner mit sämtlichen Arztberichten und Gesundheitsunterlagen zur Verfügung gestellt, aus dem sich ihre komplette Krankengeschichte ergeben hätte. Der Versicherungsvertreter habe den Versicherungsantrag nach Prüfung der Unterlagen (vgl. Bl. 57, Bl. 29) ausgefüllt und der Klägerin zur Unterschrift vorgelegt. Der Versicherungsvertrag sei deshalb nicht aufgrund einer Täuschung zustande gekommen und habe auch bei Vorlage des „Kundenauftrags“ vom 18.03.2005 wirksam und auch ungekündigt fortbestanden.
Das Landgericht hat der Klägerin mit Beschluss vom 09.01.2014 Prozesskostenhilfe gewährt für den mit Schriftsatz vom 07.10.2013 gestellten Antrag, die Leistungspflicht der Beklagten festzustellen.
Nach Klageerwiderung der Beklagten hat die Klägerin sodann mit Schriftsatz vom 29.04.2014 Prozesskostenhilfe beantragt für den weiteren Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 40.831,35 Euro nebst Zinsen für vierteljährliche Rentenzahlungen iHv jeweils 1.944,35 seit dem 01.01.2009 zu verurteilen.
Die Beklagte hat zum Feststellungsantrag Klageabweisung beantragt. Sie hat eine bedingungsgemäße Erwerbsunfähigkeit bestritten und behauptet, Hintergrund des „Kundenauftrags“ vom 18.03.2005 bzw. der Wiederinkraftsetzung des Vertrages sei eine zum 31.12.2004 erklärte Kündigung gewesen, die sie wegen Zahlungsverzugs der Klägerin ausgesprochen habe. Die Klägerin habe sowohl bei der Antragstellung bzw. im ärztlichen Zeugnis vom 17.01.2003 als auch bei Wiederinkraftsetzung des Vertrages diverse Erkrankungen verschwiegen, die sie u. a. im sozialgerichtlichen Verfahren zur Rechtfertigung ihres dort ebenfalls gestellten Rentenbegehrens angeführt habe. Deshalb sei sowohl der Vertragsschluss als auch die Wiederinkraftsetzung des Vertrages von der Beklagten wirksam angefochten, weshalb die Klägerin keine Leistungen verlangen könne.
Außerdem hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat den zweiten Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 27.08.2014 abgewiesen, weil Ansprüche aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung verjährt seien. Nach Art. 3 Abs. 1 und 3 EGVVG greife für die zum 01.01.2008 noch nicht verjährten Ansprüche der Klägerin die dreijährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB, weil diese kürzer sei als die für Lebensversicherungen geltende fünfjährige Frist aus § 12 Abs. 1 VVG aF. Beginn der Verjährungsfrist sei gem. § 199 Abs. 1 der Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlange. Maßgeblich sei damit die Fälligkeit des Anspruchs, die sich gem. § 11 Abs. 1 VVG aF nach dem Abschluss der Erhebungen des Versicherers bzw. dessen Leistungsablehnung richte. Nach Leistungsablehnung der Beklagten vom 18.09.2009 habe die Verjährung daher am 31.12.2009 begonnen und am 31.12.2012 geendet. Die Verjährung betreffe dabei nicht nur die monatlichen Rentenansprüche, sondern das Gesamt- bzw. Stammrecht aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Soweit die Kammer dies bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Feststellungsantrag anders bewertet habe, sei sie dadurch bei Bescheidung des zweiten Antrags nicht gebunden.
Gegen diesen am 27.08.2014 zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin im Wege ihrer am 25.09.2014 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Die Verjährung betreffe im Gegenseitigkeitsverhältnis nicht das Stammrecht auf Zahlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente, weil dieses aus dem Versicherungsvertrag fortbestehe und etwa auch bei Eintreten eines weiteren Versicherungsfalls geltend gemacht werden müsse.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg.
Der Klägerin kann gem. § 114 ZPO keine Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung gewährt werden, weil sie die mit Schriftsatz vom 29.04.2014 geltend gemachten Rentenansprüche wegen Verjährung nicht durchsetzen kann.
Die Ansprüche aus der streitgegenständlichen Erwerbsunfähigkeitsversicherung waren schon bei Einreichung des ersten Prozesskostenhilfeantrags vom 07.10.2013 und damit erst recht bei Eingang der Klageerweiterung vom 29.04.2014 verjährt.
Maßgeblich für die Bestimmung der Verjährungsfrist ist § 195 BGB. Dies ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 3 Abs. 1 EGVVG bzw. daraus, dass die streitgegenständlichen Rentenansprüche der Klägerin erst mit der Leistungsablehnung der Beklagten vom 18.09.2009 und damit unter Geltung des neuen VVG fällig wurden. Fälligkeit tritt nach § 14 Abs. 1 VVG mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Leistungsumfangs notwendigen Erhebungen des Versicherers ein. Die Leistung wird so auch dann fällig, wenn dem Versicherungsnehmer eine Leistungsablehnung des Versicherers zugeht (Prölls/Martin/Prölls, VVG 28. Aufl. 2010, § 14, Rn. 2).
Mit Zugang der Leistungsablehnung vom 18.09.2009 sind die streitgegenständlichen Rentenansprüche damit fällig geworden.
Gemäß § 199 Abs. 1 BGB unterlagen sie so ab dem 31.12.2009 der Verjährung, die gem. § 195 BGB am 31.12.2012 beendet war. Denn mit der Leistungsablehnung der Beklagten war der Anspruch nicht nur fällig und damit „entstanden“ iSd § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (Palandt/, BGB 73. Aufl. 2014, § 199, Rn. 3), sondern die Klägerin hatte auch Kenntnis von sämtlichen den Anspruch begründenden Umständen sowie von der Person des Schuldners.
Die Verjährung betrifft nicht nur die bis zur Leistungsablehnung fällig gewordenen Rentenansprüche, sondern sämtliche streitgegenständlichen Rentenansprüche aus dem geltend gemachten Versicherungsfall.
Denn das Recht, von der Beklagten Rentenzahlungen aus der Erwerbsunfähigkeitsversicherung zu verlangen, ist insgesamt mit dem von der Klägerin behaupteten Versicherungsfall im Jahr 2007 entstanden und unterliegt als solches gem. § 194 BGB der Verjährung. Ob man dieses Recht als „Stammrecht“ oder „Gesamtanspruch“ bezeichnen will (vgl. dazu BGH, VersR 1955, 97 f mit Verweis auf RGZ 81, 427, 429 f; OLG Stuttgart, VersR 2014, 1115, Juris-Rn. 47 f), ist dabei unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass bereits mit Eintritt der bedingungsgemäßen Erwerbsunfähigkeit und damit mit Eintritt des Versicherungsfalls im Jahr 2007 die Berechtigung zur Forderung von Rentenzahlungen entstand. Weitere Umstände waren für die Anspruchsentstehung nicht erforderlich, allein die Fälligkeit der einzelnen Rentenansprüche hing vom bloßen Zeitablauf ab. Demgemäß genügt es auch für die Erhebung von Rentenansprüchen aus einem Versicherungsvertrag, wenn Versicherungsschutz im Hinblick auf einen bestimmten Versicherungsfall begehrt wird – weiterer Aufforderungen im Hinblick auf später fällig werdende Renten bedarf es nicht (BGH, VersR 2006, 102; VersR 1978, 313, Juris-Rn. 15). Ebenso kann der Versicherungsnehmer klageweise seine Rentenansprüche geltend machen, sobald sein Rentenanspruch (erstmals) fällig ist. Diese grundsätzliche Berechtigung, Rentenzahlungen zu verlangen, stellt einen Anspruch iSd § 194 BGB dar, der als solcher der Verjährung unterliegt. Ist dieser Anspruch verjährt, so sind damit auch alle später fällig werdenden Rentenansprüche nicht durchsetzbar. Denn diese folgen allein aus dem entstandenen „Stammrecht“ und setzen im Übrigen nichts weiter voraus als den Zeitablauf. Damit ist ihr Schicksal vom Schicksal des „Stammrechts“ abhängig (OLG Stuttgart aaO; BGH, VersR 1955, 97 f; RGZ 81, 427, 433). Dieser Argumentation lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Versicherungsnehmer bei Verjährung des Stammrechts weiter zur Prämienzahlung verpflichtet bleibt. Die Verjährung des „Stammrechts“ nimmt dem Versicherungsnehmer schließlich nicht insgesamt seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag, sondern nur im Hinblick auf den jeweils (zu spät) geltend gemachten Versicherungsfall. Der Versicherungsvertrag bleibt vollumfänglich wirksam und lässt ein neues „Stammrecht“ auf Rentenzahlungen entstehen, sobald ein weiterer Versicherungsfall eintritt.
III.
Eine Kostenentscheidung war nach § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
IV.
Der Beschwerdewert entspricht dem Gebühreninteresse der Klägerin in erster Instanz.