Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Unbegrenzte Physiotherapie: Wann Krankenkasse die Kosten übernimmt
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Wie kann ich eine langfristige Kostenübernahme für physiotherapeutische Behandlungen bei meiner Krankenkasse beantragen?
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit meine Krankenkasse die Kosten für Physiotherapie übernimmt?
- Kann ich eine unbefristete Leistungszusage für physiotherapeutische Behandlungen bekommen?
- Was kann ich tun, wenn meine Krankenkasse die Kostenübernahme für notwendige Behandlungen ablehnt?
- Gibt es Unterschiede bei der Kostenübernahme zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht entschied, dass es keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage für eine unbefristete Leistungszusage für bestimmte physiotherapeutische Maßnahmen durch die private Krankenversicherung gibt.
- Der Antrag der Klägerin auf eine dauerhafte Leistungszusage ist unzulässig, da er nicht auf konkrete, bevorstehende Behandlungen gerichtet ist.
- Die Klage wurde als Feststellungsklage ausgelegt, die sich auf eine unbestimmte Anzahl zukünftiger Behandlungen bezog und daher abgewiesen.
- Der Klägerin wurde nicht das Recht zugesprochen, von der Beklagten eine uneingeschränkte Leistungszusage zu verlangen.
- Die Entscheidung basiert darauf, dass der Versicherungsvertrag nur den Ersatz bereits entstandener Aufwendungen vorsieht.
- Eine Verpflichtung zur Erstattung künftiger Aufwendungen vor der Behandlung ist im Vertrag nicht vorgesehen.
- Die Beklagte hat das Recht, regelmäßig die medizinische Notwendigkeit der Behandlungen zu überprüfen.
- Das Urteil des Landgerichts Saarbrücken wurde bestätigt, die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Unbegrenzte Physiotherapie: Wann Krankenkasse die Kosten übernimmt
Wer hat Anspruch auf physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen? Diese Frage stellt sich immer wieder, besonders wenn es um langfristige Behandlungen geht. In der Regel sind diese Maßnahmen, die dazu dienen, die Beweglichkeit zu verbessern oder Schmerzen zu lindern, zeitlich begrenzt. Doch was passiert, wenn die Beschwerden anhalten oder eine dauerhafte Behandlung notwendig ist?
In solchen Fällen kann die Frage nach einer unbefristeten Leistungszusage im Vordergrund stehen. Hierbei geht es darum, dass die Krankenkasse die Kosten für die physiotherapeutischen und physikalischen Maßnahmen unbegrenzt übernimmt. Doch wann ist dies möglich und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Um diese Frage zu beantworten, müssen die rechtlichen Grundlagen und die Kriterien für die Erteilung einer unbefristeten Leistungszusage genauer betrachtet werden. Im Folgenden wollen wir uns mit einem konkreten Fall befassen, der die komplexen rechtlichen Aspekte dieser Thematik verdeutlicht.
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Der Fall vor Gericht
Unbefristete Leistungszusage für Physiotherapie abgelehnt
Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in einem Urteil vom 19. Juli 2023 (Az. 5 U 91/22) entschieden, dass eine Versicherte keinen Anspruch auf eine unbefristete Leistungszusage für regelmäßige physiotherapeutische Behandlungen durch ihre private Krankenversicherung hat.
Hintergrund des Rechtsstreits
Die Klägerin, eine 1950 geborene Frau, leidet seit ihrer Kindheit an den Folgen einer Polio-Erkrankung mit Lähmungen und einem Post-Polio-Syndrom. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes benötigt sie regelmäßig physiotherapeutische und physikalische Behandlungen wie Krankengymnastik, Massage, Fango und manuelle Lymphdrainage.
Die Klägerin forderte von ihrer privaten Krankenversicherung eine unbefristete Leistungszusage für diese Behandlungen. Sie argumentierte, dass sich ihr Gesundheitszustand nicht mehr verbessern werde und die Behandlungen dauerhaft notwendig seien. Die wiederholten Überprüfungen durch die Versicherung empfand sie als belastend.
Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht wies die Klage ab und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz. Die Richter sahen weder im Versicherungsvertrag noch im Gesetz eine Grundlage für den geforderten Anspruch auf eine unbefristete Leistungszusage.
Das Gericht stellte klar, dass es sich bei der privaten Krankenversicherung um eine Schadensversicherung handelt. Der Versicherer sei nur zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet, die dem Versicherten tatsächlich entstanden sind. Eine vorweggenommene dauerhafte Zusage widerspreche diesem Prinzip.
Auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben leitete das Gericht keinen Anspruch ab. Die Kosten für die Behandlungen seien überschaubar und eine Vorleistung sei der Klägerin zumutbar. Allein die Befürchtung erneuter Überprüfungen rechtfertige keine vorweggenommene Kostenzusage.
Keine Ausnahme trotz chronischer Erkrankung
Das Gericht erkannte an, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin voraussichtlich nicht mehr verbessern werde. Dennoch sah es darin keinen Grund für eine Ausnahme. Die medizinische Notwendigkeit der jeweiligen Behandlung müsse in jedem Einzelfall neu geprüft werden können. Dies gelte auch bei chronischen Erkrankungen.
Zudem verwies das Gericht darauf, dass die geforderten Behandlungen als „Heilmittel“ nach den Versicherungsbedingungen einer jeweils aktuellen ärztlichen Verordnung bedürfen. Auch dies spreche gegen eine unbefristete Zusage.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bekräftigt den Grundsatz, dass private Krankenversicherungen als Schadensversicherungen konzipiert sind und keine vorsorglichen Leistungszusagen erteilen müssen. Selbst bei chronischen Erkrankungen besteht kein Anspruch auf unbefristete Kostenübernahmen. Die medizinische Notwendigkeit muss stets im Einzelfall geprüft werden können, was dem Versicherungsprinzip und dem Erfordernis aktueller ärztlicher Verordnungen entspricht. Diese Entscheidung stärkt die Position der Versicherer und betont die Grenzen vertraglicher Leistungspflichten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie regelmäßig physiotherapeutische oder physikalische Behandlungen benötigen, müssen Sie auch künftig für jede einzelne Behandlung eine ärztliche Verordnung einholen und diese bei Ihrer privaten Krankenversicherung einreichen. Eine dauerhafte, unbefristete Leistungszusage für wiederkehrende Behandlungen ist rechtlich nicht möglich – selbst bei chronischen Erkrankungen. Ihre Versicherung darf die medizinische Notwendigkeit jeder Behandlung individuell prüfen. Um Behandlungskosten erstattet zu bekommen, müssen Sie zunächst in Vorleistung treten. Planen Sie dies finanziell ein und bewahren Sie alle Rechnungen sorgfältig auf. Bei teuren Behandlungen können Sie vorab eine Kostenzusage beantragen. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt die Notwendigkeit der Therapie gut begründen, um Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung zu untermauern.
FAQ – Häufige Fragen
Sie benötigen Physiotherapie und fragen sich, ob Sie Anspruch auf eine unbefristete Leistungszusage haben? Der Anspruch auf unbefristete Leistungszusage für Physiotherapie ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. In dieser FAQ-Rubrik finden Sie verständliche Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um dieses Thema.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Wie kann ich eine langfristige Kostenübernahme für physiotherapeutische Behandlungen bei meiner Krankenkasse beantragen?
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit meine Krankenkasse die Kosten für Physiotherapie übernimmt?
- Kann ich eine unbefristete Leistungszusage für physiotherapeutische Behandlungen bekommen?
- Was kann ich tun, wenn meine Krankenkasse die Kostenübernahme für notwendige Behandlungen ablehnt?
- Gibt es Unterschiede bei der Kostenübernahme zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung?
Wie kann ich eine langfristige Kostenübernahme für physiotherapeutische Behandlungen bei meiner Krankenkasse beantragen?
Für die langfristige Kostenübernahme physiotherapeutischer Behandlungen durch die Krankenkasse ist ein spezielles Antragsverfahren vorgesehen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, einen sogenannten langfristigen Heilmittelbedarf geltend zu machen. Dies kommt in Betracht, wenn aufgrund einer schweren und dauerhaften funktionellen oder strukturellen Schädigung ein Therapiebedarf von mindestens einem Jahr besteht.
Der erste Schritt ist die Feststellung des langfristigen Heilmittelbedarfs durch den behandelnden Arzt. Dieser prüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und stellt gegebenenfalls eine entsprechende Verordnung aus. Dabei orientiert er sich an der Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf, die in der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses festgelegt ist.
Mit dieser ärztlichen Verordnung können Sie als Versicherter einen Antrag auf Genehmigung des langfristigen Heilmittelbedarfs bei Ihrer Krankenkasse stellen. Dem Antrag sollten Sie eine Kopie der ärztlichen Verordnung beifügen, die eine ausführliche Begründung des Arztes enthält. Das Original der Verordnung benötigen Sie für die Durchführung der Therapie beim Physiotherapeuten.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Heilmittelbehandlung unmittelbar nach Ausstellung der ärztlichen Verordnung begonnen oder fortgesetzt werden kann. Die Krankenkasse muss innerhalb von vier Wochen über den Antrag entscheiden. Sollte diese Frist überschritten werden, gilt der Antrag automatisch als genehmigt.
Bei einer Genehmigung übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die verordneten Heilmittel für mindestens ein Jahr. In dieser Zeit können Ärzte die erforderlichen Heilmittel im Rahmen des genehmigten Heilmittelbedarfs verordnen, ohne dass diese Verordnungen in Wirtschaftlichkeitsprüfungen einbezogen werden.
Seit dem 1. Januar 2021 sind einige Änderungen in Kraft getreten, die das Verfahren vereinfachen. So entfallen Verordnungen außerhalb des Regelfalls und das damit verbundene Genehmigungsverfahren. Wenn die orientierende Behandlungsmenge nicht ausreicht, kann die Heilmittelbehandlung ohne gesonderte Genehmigung der Krankenkasse fortgesetzt werden.
Es ist ratsam, den Antrag sorgfältig und vollständig einzureichen, um Verzögerungen zu vermeiden. Bei Ablehnung des Antrags haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. In diesem Fall sollten Sie die Begründung der Krankenkasse genau prüfen und gegebenenfalls weitere ärztliche Stellungnahmen oder Gutachten einholen, um Ihren Bedarf zu untermauern.
Die Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs erleichtert nicht nur den Zugang zur notwendigen Therapie, sondern entlastet auch die verordnenden Ärzte und gewährleistet eine kontinuierliche Behandlung. Dies ist besonders bei chronischen Erkrankungen oder langfristigen Rehabilitationsmaßnahmen von Bedeutung.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit meine Krankenkasse die Kosten für Physiotherapie übernimmt?
Die Kostenübernahme für Physiotherapie durch die Krankenkasse ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Grundsätzlich muss eine ärztliche Verordnung vorliegen. Diese Verordnung, auch Heilmittelverordnung genannt, kann nur von einem Vertragsarzt ausgestellt werden. Der verordnende Arzt muss dabei die medizinische Notwendigkeit der Behandlung feststellen und dokumentieren.
Die Physiotherapie muss im Rahmen des Heilmittelkatalogs verordnet werden. Dieser Katalog legt fest, welche Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Nicht alle physiotherapeutischen Maßnahmen sind erstattungsfähig. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel nur Kosten für Therapien, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen ist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einhaltung bestimmter Fristen. Die Behandlung muss innerhalb von 28 Tagen nach Ausstellung der Verordnung beginnen. In dringenden Fällen kann der Arzt diese Frist auf 14 Tage verkürzen. Wird die Frist nicht eingehalten, verliert die Verordnung ihre Gültigkeit.
Die Anzahl der verordneten Behandlungen ist ebenfalls relevant. Der Arzt legt auf der Verordnung fest, wie viele Behandlungen notwendig sind. Die Krankenkasse prüft diese Angaben und genehmigt die Kostenübernahme entsprechend. In einigen Fällen, besonders bei chronischen Erkrankungen, können auch langfristige Therapien genehmigt werden.
Für die Durchführung der Physiotherapie muss ein zugelassener Leistungserbringer gewählt werden. Die Behandlung muss von einem qualifizierten Physiotherapeuten in einer zugelassenen Praxis erfolgen. Die Zulassung stellt sicher, dass bestimmte Qualitätsstandards eingehalten werden.
Es ist zu beachten, dass Patienten in der Regel einen Eigenanteil zu leisten haben. Dieser beträgt 10% der Kosten plus 10 Euro je Verordnung. Es gibt jedoch Ausnahmen und Befreiungsmöglichkeiten, beispielsweise für chronisch Kranke oder bei Erreichen der Belastungsgrenze.
In besonderen Fällen, etwa bei schweren chronischen Erkrankungen, kann eine unbefristete Leistungszusage erteilt werden. Dies erleichtert den Zugang zur notwendigen Therapie, da nicht für jede Behandlungseinheit eine neue Verordnung eingeholt werden muss.
Die Krankenkassen haben das Recht, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der verordneten Leistungen zu überprüfen. In Zweifelsfällen kann der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet werden, um die medizinische Notwendigkeit zu beurteilen.
Kann ich eine unbefristete Leistungszusage für physiotherapeutische Behandlungen bekommen?
Eine unbefristete Leistungszusage für physiotherapeutische Behandlungen ist in der Regel nicht möglich. Private Krankenversicherungen sind grundsätzlich nicht verpflichtet, eine zeitlich unbegrenzte Zusage für bestimmte Leistungen zu erteilen. Dies gilt auch für regelmäßig benötigte Behandlungen wie Krankengymnastik, Massagen oder manuelle Lymphdrainagen.
Der Grund dafür liegt in der Natur der privaten Krankenversicherung als Schadensversicherung. Der Versicherer ist nur zum Ersatz tatsächlich entstandener Aufwendungen verpflichtet. Eine Vorab-Zusage für zukünftige, noch nicht erbrachte Leistungen widerspricht diesem Prinzip. Die Versicherung muss die Möglichkeit haben, den Gesundheitszustand des Versicherten regelmäßig zu überprüfen und die medizinische Notwendigkeit der Behandlungen nach aktuellem wissenschaftlichen Stand zu beurteilen.
Versicherte müssen daher in der Regel für jede Behandlungsphase eine neue Verordnung vorlegen und die Kostenübernahme beantragen. Dies ermöglicht es der Versicherung, die Angemessenheit und Notwendigkeit der Therapie fortlaufend zu prüfen. Auch bei chronischen Erkrankungen oder dauerhaften Beeinträchtigungen besteht kein Anspruch auf eine unbefristete Leistungszusage.
Allerdings gibt es Möglichkeiten, den Prozess für Versicherte mit langfristigem Behandlungsbedarf zu vereinfachen. So können Krankenkassen bei bestimmten schweren und dauerhaften Erkrankungen einen sogenannten langfristigen Heilmittelbedarf anerkennen. Dies entbindet zwar nicht von der Notwendigkeit regelmäßiger Verordnungen, erleichtert aber die Genehmigung und reduziert den bürokratischen Aufwand.
Versicherte mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen sollten mit ihrer Versicherung über individuelle Lösungen sprechen. Möglicherweise können längerfristige Genehmigungszeiträume oder vereinfachte Verfahren vereinbart werden, die den Aufwand für alle Beteiligten reduzieren. Eine rechtliche Verpflichtung zur Erteilung unbefristeter Leistungszusagen besteht jedoch nicht.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Regelungen dem Schutz aller Versicherten dienen. Sie sollen sicherstellen, dass Leistungen bedarfsgerecht erbracht und Beiträge wirtschaftlich verwendet werden. Gleichzeitig bemühen sich viele Versicherungen, für Patienten mit dauerhaftem Behandlungsbedarf praktikable Lösungen zu finden, die sowohl die medizinische Versorgung als auch die Wirtschaftlichkeit berücksichtigen.
Was kann ich tun, wenn meine Krankenkasse die Kostenübernahme für notwendige Behandlungen ablehnt?
Bei einer Ablehnung der Kostenübernahme für notwendige Behandlungen durch die Krankenkasse stehen Versicherten verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung. Das wichtigste Instrument ist der Widerspruch. Dieser muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Ablehnungsbescheids schriftlich bei der Krankenkasse eingereicht werden. Es empfiehlt sich, den Widerspruch per Einschreiben zu versenden, um den fristgerechten Eingang nachweisen zu können.
Im Widerspruchsschreiben sollten die Gründe für die Notwendigkeit der Behandlung detailliert dargelegt werden. Hierbei sind ärztliche Atteste und Gutachten von großer Bedeutung. Diese sollten die medizinische Notwendigkeit der Behandlung eindeutig belegen und mögliche Folgen bei Nichtdurchführung aufzeigen. Je ausführlicher und fachlich fundierter die Begründung, desto höher die Chancen auf eine Überprüfung der ursprünglichen Entscheidung.
Oft stützen Krankenkassen ihre Ablehnungen auf Gutachten des Medizinischen Dienstes. Versicherte haben das Recht, diese Gutachten einzusehen und zu hinterfragen. Es kann sinnvoll sein, ein Gegengutachten einzuholen oder die Einschätzung eines weiteren Facharztes einzuholen, um die eigene Position zu stärken.
Während des Widerspruchsverfahrens prüft die Krankenkasse den Fall erneut. Sollte sie bei ihrer Ablehnung bleiben, wird der Fall an den Widerspruchsausschuss weitergeleitet. Dieser setzt sich aus Vertretern der Versicherten und der Krankenkasse zusammen und entscheidet unabhängig über den Widerspruch.
Es ist wichtig zu wissen, dass Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind, innerhalb bestimmter Fristen über Anträge zu entscheiden. Bei Hilfsmitteln zur Sicherung des Behandlungserfolgs beträgt diese Frist beispielsweise drei Wochen, bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes fünf Wochen. Werden diese Fristen ohne ausreichende Begründung überschritten, gilt der Antrag als genehmigt.
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, parallel zum Widerspruchsverfahren weitere Schritte einzuleiten. Dazu gehört die Kontaktaufnahme mit dem behandelnden Arzt, um zusätzliche Unterlagen oder eine detailliertere Begründung der Behandlungsnotwendigkeit zu erhalten. Auch die Einbeziehung von Patientenorganisationen oder Selbsthilfegruppen kann wertvolle Unterstützung bieten.
Sollte auch der Widerspruch abgelehnt werden, bleibt als letztes Mittel der Klageweg vor dem Sozialgericht. Hierfür gilt ebenfalls eine Frist von einem Monat nach Erhalt des Widerspruchsbescheids. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist für Versicherte in der Regel kostenfrei, sofern sie keinen Anwalt beauftragen.
Es ist zu beachten, dass in dringenden Fällen, bei denen eine Verzögerung der Behandlung gesundheitliche Nachteile mit sich bringen würde, auch die Möglichkeit eines Eilantrags beim Sozialgericht besteht. Damit kann eine vorläufige Entscheidung erwirkt werden, bis über den eigentlichen Widerspruch oder die Klage entschieden ist.
Für chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen gibt es zudem die Option, eine unbefristete Leistungszusage für bestimmte wiederkehrende Behandlungen zu beantragen. Dies kann den Aufwand für regelmäßige Neubeantragungen reduzieren und eine kontinuierliche Versorgung sicherstellen.
Bei der Durchsetzung ihrer Rechte sollten Versicherte stets sachlich und beharrlich vorgehen. Eine gute Dokumentation aller Schritte, Gespräche und eingereichten Unterlagen ist dabei unerlässlich. Mit fundierten Argumenten und der nötigen Ausdauer lassen sich oft auch zunächst abgelehnte Leistungen durchsetzen.
Gibt es Unterschiede bei der Kostenübernahme zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung?
Die Kostenübernahme unterscheidet sich zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung in mehreren wesentlichen Punkten.
In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt das Sachleistungsprinzip. Dies bedeutet, dass Versicherte bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen in der Regel nicht in Vorleistung treten müssen. Ärzte, Krankenhäuser und andere Leistungserbringer rechnen direkt mit der Krankenkasse ab. Der Leistungsumfang ist dabei gesetzlich festgelegt und für alle GKV-Versicherten weitgehend einheitlich.
Die private Krankenversicherung (PKV) arbeitet hingegen nach dem Kostenerstattungsprinzip. Privatversicherte erhalten von Ärzten und anderen Leistungserbringern eine Rechnung, die sie zunächst selbst bezahlen und anschließend bei ihrer Versicherung zur Erstattung einreichen. Der Leistungsumfang in der PKV ist individuell im gewählten Tarif festgelegt und kann deutlich vom GKV-Leistungskatalog abweichen.
Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Flexibilität der Leistungen. Während in der GKV der Leistungsumfang weitgehend standardisiert ist, können PKV-Versicherte ihren Versicherungsschutz durch die Wahl verschiedener Tarife und Zusatzleistungen individuell gestalten. Dies kann sowohl Vor- als auch Nachteile haben, je nach persönlichen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten.
In der PKV besteht zudem die Möglichkeit, Leistungen in Anspruch zu nehmen, die über den Standardumfang der GKV hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise die Behandlung durch Privatärzte, Chefarztbehandlung im Krankenhaus oder die Unterbringung im Einzelzimmer. Diese Leistungen sind in der Regel mit höheren Kosten verbunden, die sich in den Versicherungsbeiträgen widerspiegeln.
Ein weiterer Aspekt ist die Kostenbeteiligung der Versicherten. In der GKV gibt es gesetzlich festgelegte Zuzahlungen, etwa für Medikamente oder Krankenhausaufenthalte. In der PKV können je nach Tarif Selbstbeteiligungen oder Selbstbehalte vereinbart werden, die die Versicherten zu tragen haben.
Die Erstattungshöhe in der PKV richtet sich nach den vereinbarten Tarifen und kann bis zu 100% der Kosten betragen. In der GKV werden die Kosten für Leistungen, die im Leistungskatalog enthalten sind, in der Regel vollständig übernommen, abzüglich eventueller Zuzahlungen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die PKV bei der Aufnahme eine Gesundheitsprüfung durchführt und Risikozuschläge oder Leistungsausschlüsse für bestehende Erkrankungen festlegen kann. In der GKV gibt es keine solche Prüfung, alle Versicherten haben unabhängig von ihrem Gesundheitszustand Anspruch auf die vollen Leistungen.
Für chronisch Kranke gelten in beiden Systemen besondere Regelungen. In der GKV gibt es Erleichterungen bei Zuzahlungen, während in der PKV spezielle Tarife für chronisch Kranke angeboten werden können.
Die Wahl zwischen GKV und PKV hat also weitreichende Auswirkungen auf die Art und den Umfang der Kostenübernahme im Krankheitsfall. Jedes System hat seine spezifischen Vor- und Nachteile, die je nach individueller Situation unterschiedlich zu bewerten sind.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Schadensversicherung: Eine Versicherung, die für Schäden aufkommt, die durch ein bestimmtes Ereignis verursacht wurden. Im Fall einer privaten Krankenversicherung bedeutet dies, dass der Versicherer nur für tatsächliche, bereits entstandene Kosten aufkommt und keine zukünftigen, potenziellen Kosten zusagt.
- Leistungszusage: Eine Erklärung des Versicherers, bestimmte Kosten zu übernehmen. Eine unbefristete Leistungszusage bedeutet, dass der Versicherer sich verpflichtet, die Kosten für eine bestimmte Behandlung auf unbestimmte Zeit zu tragen. Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass solche Zusagen nicht ohne eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage gegeben werden können.
- Treu und Glauben: Ein rechtlicher Grundsatz, der besagt, dass Verträge so ausgelegt und erfüllt werden müssen, wie es den redlichen Erwartungen beider Parteien entspricht. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob der Grundsatz von Treu und Glauben die Versicherung zur unbefristeten Leistungszusage verpflichtet.
- medizinische Notwendigkeit: Ein Kriterium, das bestimmt, ob eine Behandlung medizinisch erforderlich ist. Jede Behandlung muss individuell geprüft werden, um festzustellen, ob sie notwendig ist. Dies verhindert pauschale Leistungszusagen.
- Heilmittel: Medizinische Behandlungen wie Physiotherapie, die dazu dienen, Krankheiten zu behandeln oder Symptome zu lindern. Nach den Versicherungsbedingungen müssen solche Behandlungen ärztlich verordnet werden, um von der Versicherung erstattet zu werden.
- Feststellungsklage: Eine Klage, die darauf abzielt, ein Gerichtsurteil zu erhalten, das ein bestehendes Rechtsverhältnis bestätigt. Im vorliegenden Fall wurde die Klage der Klägerin als Feststellungsklage ausgelegt, um die dauerhafte Erstattung von Behandlungskosten festzustellen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 192 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Der Versicherungsnehmer hat im Versicherungsfall einen Anspruch auf die vereinbarte Leistung. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine unbefristete Leistungszusage für physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen hat. Das Gericht prüft, ob eine solche Zusage vertraglich vereinbart oder gesetzlich vorgesehen ist.
- § 1 Abs. 1 Satz 1 VVG: Der Versicherungsvertrag ist ein Vertrag zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, durch den der Versicherer verpflichtet wird, ein bestimmtes Risiko des Versicherungsnehmers oder eines Dritten durch eine Leistung abzusichern. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Beklagte (Versicherer) verpflichtet ist, die Kosten für die physiotherapeutischen und physikalischen Maßnahmen der Klägerin (Versicherungsnehmer) unbefristet zu übernehmen.
- § 2 Abs. 1 Nr. 5 VVG: Die Krankheitskostenversicherung ist eine Form der Schadenversicherung, bei der der Versicherer verpflichtet ist, die durch Krankheit verursachten Kosten zu ersetzen. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Kosten für die physiotherapeutischen und physikalischen Maßnahmen als durch Krankheit verursachte Kosten anzusehen sind und ob die Beklagte diese Kosten unbefristet erstatten muss.
- § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Im vorliegenden Fall prüft das Gericht, ob die Beklagte aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben verpflichtet ist, der Klägerin eine unbefristete Leistungszusage zu erteilen, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Versicherungsvertrag vereinbart ist.
- § 12 Sozialgesetzbuch V (SGB V): Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die physiotherapeutischen und physikalischen Maßnahmen als notwendige Krankenbehandlung anzusehen sind und ob die Klägerin einen Anspruch auf eine unbefristete Leistungszusage hat, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Versicherungsvertrag vereinbart ist.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 91/22 – Urteil vom 19.07.2023
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Leitsatz
1. Für das Begehren eines Versicherten auf Erteilung einer zeitlich unbefristeten Leistungszusage für bestimmte physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen – Krankengymnastik, Massage und Fango, manuelle Lymphdrainage – durch seinen privaten Krankenversicherer existiert keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage.
2. Da ein solches Begehren nicht auf eine bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlung gerichtet ist, kann es auch dann nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten voraussichtlich dauerhaft nicht bessern wird.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. November 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 237/21 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die am 5. Januar 1950 geborene Klägerin begehrt von der Beklagten, ihrem privaten Krankenversicherer, eine dauerhafte Leistungszusage für die Erstattung künftiger, regelmäßig beabsichtigter physiotherapeutischer und physikalischer Maßnahmen. Sie unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung (Versicherungsschein Nr. …) auf der Grundlage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (AVB), bestehend aus Teil I – Rahmenbedingungen (RB/KK 2009) und Teil II – Tarifbedingungen (TB/KK 2009), sowie der Bedingungen des Tarifs CV3H; die vereinbarten Leistungen im Versicherungsfall beinhalten u.a. den Aufwendungsersatz für Heil- und Hilfsmittel im Umfang von 100 Prozent, wenn die Heilbehandlung durch einen Primärarzt erfolgt oder verordnet wird oder wenn sie durch einen nicht als Primärarzt geltenden Facharzt erfolgt oder verordnet wird und zuvor ein Primärarzt diese Behandlung veranlasst hat, in allen übrigen Fällen im Umfang von 80 Prozent (Ziff. 2.1 Tarif CV3H). Die Klägerin erlitt im ersten Lebensjahr eine Polioinfektion mit kompletter Lähmung des Körpers; als Folge daraus verbleiben ihr bis heute u.a. Lähmungen im Bereich des linken Beines und des rechten Armes sowie der rechten Hand, mit zunehmendem Alter entwickelte sie ein sog. Post-Polio-Syndrom, d.h. ein Krankheitsbild, bei dem es regelmäßig zu einer Zunahme bereits vorhandener Lähmungen kommt, die jederzeit auftreten können, nicht umkehrbar sind und nur im Rahmen der jeweiligen akuten Behandlung mit Hilfe physiotherapeutischer und physikalischer Maßnahmen behandelt werden können, zudem kam es infolge der Lähmungen zu ausgeprägten degenerativen Veränderungen, insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule, ferner besteht eine die Lunge beeinträchtigende linkskonvexe Thorakal-Lumbal-Skoliose.
Die Parteien stritten in der Vergangenheit wiederholt außergerichtlich und gerichtlich über den Umfang der Eintrittspflicht der Beklagten und die Frage, welche Behandlungen die Klägerin aufgrund ihres Gesundheitszustandes tatsächlich regelmäßig benötigt. Im Rahmen eines vor dem Amtsgericht Saarbrücken geführten Rechtsstreits – 122 C 219/16 (14) – erstattete der Sachverständige Prof. Dr. S., Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie, am 25. März 2017 ein orthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten zu der Behauptung der Klägerin, dass bei ihr aufgrund immer wiederkehrender massiver Schmerzattacken eine regelmäßige akute physiotherapeutisch überwachte Wärmebehandlung zur Entspannung der Muskulatur medizinisch notwendig sei (Anlage K3), in einem weiteren Rechtsstreit – 121 C 248/15 (13) – legte die Oberärztin Dr. B. der Klinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums des Saarlandes am 18. Februar 2016 ein Sachverständigengutachten auf angiologischem Fachgebiet vor zu der Frage, wie häufig eine Lymphdrainage zur Behandlung des im Rahmen des Post-Polio-Syndroms vorliegenden Lymphödems notwendig sei, insbesondere, ob Lymphdrainagen einmal pro Woche bzw. bei einer Außentemperatur von über 20 Grad Celsius zweimal pro Woche notwendig seien oder ob eine Lymphdrainagebehandlung alle 14 Tage ausreichend sei (Anlage K4). Die ihnen gestellten Beweisfragen wurden seinerzeit von den beiden Sachverständigen in ihrem jeweiligen Gutachten bejaht. Ein im Auftrag der Rechtsvorgängerin der Beklagten eingeholtes Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. J., Köln, vom 27. Oktober 2019 zur Frage, ob und ggf. in welcher Frequenz die weitere Heilmittelversorgung anerkannt werden könne und ob diese medizinisch notwendig sei, empfahl u.a. die Genehmigung von zweimal pro Woche einer krankengymnastischen Übungsbehandlung auf neurophysiologischer Basis, einer angemessenen schmerzlindernden oder schmerztherapeutischen Behandlung sowie, bis zur weitergehenden medizinischen Klärung der Ursache des Lymphödems, eine manuelle Lymphdrainage pro Woche, mindestens 30 Minuten; die Durchführung regelmäßiger und dauerhafter Wärme- und Massagebehandlung wurde dagegen als nicht nachvollziehbar und medizinisch nicht notwendig erachtet (Anlage K5).
Die Klägerin hat zur Begründung ihrer auf Erteilung einer zeitlich unbefristeten Leistungszusage für wöchentlich wiederkehrende physiotherapeutische und physikalische Behandlungen – Krankengymnastik, Massage und Fango, manuelle Lymphdrainage – sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage behauptet, eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes dergestalt, dass die dargestellten physiotherapeutischen und physikalischen Behandlungen nicht mehr notwendig seien, sei medizinisch ausgeschlossen; allenfalls werde sich durch eine Verschlechterung die Notwendigkeit weiterer Behandlungen ergeben, entsprechendes folge auch aus den bislang eingeholten Sachverständigengutachten. Die Beklagte sei demnach gehalten, die bereits von mehreren Gutachtern als medizinisch notwendig anerkannten Maßnahmen regelmäßig zu erstatten, ohne dass sie selbst immer wieder Angst haben müsse, dass es zu neuen Verwerfungen komme. Dass die Beklagte ihr unter diesen Umständen nur zeitlich begrenzte Leistungszusagen erteile, immer wieder Unterlagen anfordere und Gutachten erstellen lasse, ohne den Gutachtern bereits vorhandene Gutachten vorzulegen, sei auf Dauer unerträglich. Die Beklagte hat ihre Verpflichtung zur Abgabe einer unbegrenzten Leistungszusage in Abrede gestellt; ein solcher Anspruch folge weder aus dem Vertrag, noch aus dem Gesetz. Die Beklagte könne nicht auf unbestimmte Zeit, möglicherweise für Jahrzehnte, ohne die Möglichkeit einer erneuten Überprüfung sowohl des Gesundheitszustandes der Klägerin als auch der medizinischen Notwendigkeit der Behandlungen nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft, gebunden werden. Auch soweit bereits vorhandene Gutachten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft in den Jahren 2016 bzw. 2017 erstattet worden seien und die medizinische Notwendigkeit einzelner Maßnahmen bejaht hätten, könne es der Beklagten nicht verwehrt werden, in gewissen Abständen die medizinische Notwendigkeit der in Rede stehenden Maßnahmen zu überprüfen.
Das Landgericht hat die Akten des Amtsgerichts Saarbrücken – 121 C 248/15 – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 64 ff. GA), auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Es hat den Klageantrag auf Abgabe einer unbefristeten Leistungszusage als Feststellungsklage ausgelegt, die darauf gerichtet sei, dass die Beklagte die aufgeführten Maßnahmen dauerhaft zu erstatten habe. Diese sei jedoch unzulässig, nachdem die Klage nicht auf konkrete, bevorstehende Maßnahmen, sondern auf eine unbestimmte Anzahl zukünftiger möglicher Behandlungen und damit nicht auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren auf Erteilung einer uneingeschränkten Leistungszusage unter Wiederholung ihres früheren Vorbringens weiter. Sie bekräftigt ihre Einschätzung, wonach angesichts ihrer gesundheitlichen Verfassung bereits verbindlich feststehe, welche Behandlungen zumindest in Zukunft anfallen, wofür sie eine „klare Leistungszusage“ erwarte, um nicht regelmäßig erst in Vorlage treten zu müssen. Dadurch sei auch ein Zustand erreicht, der so verbindlich sei, dass dieses Rechtsverhältnis auch einem Feststellungsbegehren zugänglich sei.
Die Klägerin beantragt (Bl. 95 GA), unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken, Az. 14 O 237/21, verkündet am 4. November 2022, wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin ohne zeitliche Befristung auf Dauer eine Leistungszusage in der Form zu erteilen, dass sie folgende physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen im Rahmen des Vertrages … erstattet:
Einmal pro Woche Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage, einmal pro Woche Massage und Fango, zweimal pro Woche manuelle Lymphdrainage (Große Behandlung, 30 Minuten) sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt (Bl. 87 GA), die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 28. September 2022 (Bl. 55 f. GA) sowie des Senats vom 12. Juli 2023 (Bl. 116 ff. GA) verwiesen. Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts Saarbrücken – 121 C 248/15 – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
II.
Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, der Klägerin günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Die Klägerin, die auch mit ihrer Berufung von der Beklagten vorrangig die Erteilung einer zeitlich unbefristeten dauerhaften Leistungszusage für bestimmte physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen verlangt, hat auf die Abgabe einer solchen Erklärung keinen Anspruch. Als – vom Landgericht diesem Begehren im Wege der Auslegung entnommener, mit der Berufung wohl zumindest hilfsweise weiterverfolgter – Antrag auf Feststellung, dass die aufgeführten Maßnahmen dauerhaft zu erstatten seien, ist die Klage, den zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil entsprechend, bereits unzulässig.
1.
Als – fraglos zulässige – Leistungsklage, gerichtet auf Abgabe einer auch mit dem Berufungsantrag weiterhin hinreichend konkret bezeichneten Willensklärung mit dem Inhalt einer dauerhaften Leistungszusage für bestimmte Behandlungen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; vgl. Greger, in: Zöller, ZPO 34. Aufl., § 253 Rn. 13c), bleibt das Begehren der Klägerin in der Sache erfolglos. Weder der Vertrag, noch das Gesetz, auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, rechtfertigen es, die Beklagte vorliegend zur Erteilung einer dauerhaften Leistungszusage zu verpflichten:
a)
Der von den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag sieht – im Einklang mit dem Gesetz, vgl. § 192 Abs. 1 VVG – keine Verpflichtung der Beklagten vor, vor Durchführung einer Behandlung durch den Versicherungsnehmer ihre Bereitschaft zur Erstattung künftiger Aufwendungen zu erklären. Die Beklagte verspricht darin zwar Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Erkrankungen, u.a. durch den Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen (§ 1 Abs. 1 RB/KK). Wie das Landgericht, freilich in anderem Kontext, zutreffend ausführt, handelt es sich bei der vorliegenden Krankheitskostenversicherung um eine Schadensversicherung in Gestalt der Passivenversicherung, die den Versicherer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet, die dem Versicherungsnehmer anlässlich eines Versicherungsfalles in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind (BGH, Urteil vom 12. März 2003 – IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154; Senat, Urteil vom 8. April 2022 – 5 U 47/21, NJW-RR 2022, 970; OLG Karlsruhe, VersR 2008, 339; Voit in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl., § 192 Rn. 121). Dementsprechend sehen die Bedingungen u.a. vor, dass der Versicherer nur zur Leistung verpflichtet ist, wenn die von ihm geforderten Nachweise – insbes. bezahlte oder unbezahlte Rechnungen – erbracht sind (§ 6 Abs. 1 RB/KK; § 7 Abs. 1 TB/KK). All dem liegt der dem Wesen der privaten Krankenversicherung immanente Gedanke zugrunde, dass der Versicherer nur für bereits entstandene, rechtlich begründete Aufwendungen eintrittspflichtig ist, er also grundsätzlich erst dann leisten muss, wenn eine fällige (Arzt-)Rechnung vorliegt (OLG Karlsruhe, VersR 2008, 339; OLG Koblenz, VersR 2008, 1638; OLG Hamm, VersR 2006, 826; Brömmelmeyer, in: Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, Praxiskommentar zum VVG 4. Aufl, § 192 Rn. 52; Rogler, in: Hk-VVG 4. Aufl., § 1 MB/KK 2009 Rn. 29; Wendt, in: Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess 4. Aufl., § 11 Rn. 13; Fricke, VersR 2013, 538, 539).
b)
Auch aus dem Gesetz folgt für den Streitfall keine Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe der begehrten Leistungszusage.
aa)
Eine Auskunftspflicht des Krankenversicherers über den Umfang des Versicherungsschutzes, aus der ggf. auch eine Verpflichtung zur Kostenübernahme – jedenfalls dem Grunde nach – folgen kann (vgl. Senat, Urteil vom 28. August 2019 – 5 U 25/19, juris; Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 192 Rn. 77g), besteht nach § 192 Abs. 8 VVG (in der seit 1. Mai 2013 geltenden Fassung) nur für den Fall, dass der Versicherungsnehmer vor Beginn einer Heilbehandlung, deren Kosten voraussichtlich 2.000,- Euro überschreiten werden, Auskunft über den Umfang des Versicherungsschutzes für die beabsichtigte Heilbehandlung verlangt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Klägerin geht es nicht um eine Heilbehandlung, sondern um sog. „Heilmittel“ (§ 4 Abs. 3 RB/KK; Ziff. 2.1 Tarif CV3H; vgl. Rogler, in: HK-VVG a.a.O., § 4 MB/KK 2009 Rn. 8), nämlich physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen, deren Kosten erfahrungsgemäß überschaubar sind und hier von der Klägerin in der Klageschrift überschlägig pro Jahr (nicht: pro Behandlung) mit ca. 2.000,- Euro beziffert wurden.
bb)
Ebenso wenig folgt ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Kostenzusage im beantragten Umfange nach den vorliegenden Umständen aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar kann ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf eine vorab vorzunehmende Überprüfung der Kostenübernahme und Erteilung einer Kostenübernahmeerklärung nach Treu und Glauben in Betracht kommen, wenn in Ausnahmefällen ein schutzwürdiges Interesse des Versicherungsnehmers hieran besteht (OLG Hamm, VersR 2012, 611; VersR 2006, 826; OLG Oldenburg, VersR 2010, 471; OLG Köln, RuS 1998, 125; Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 92 Rn. 77b, 81 f.; vgl. – unter dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit – auch Senat, Urteil vom 20. April 2016 – 5 U 7/16, RuS 2016, 570). Ein solcher Ausnahmefall kann nach der Rechtsprechung vorliegen, wenn der Versicherungsnehmer die mit einer beabsichtigten Behandlung verbundenen – besonders gravierenden – Kosten weder von seinem Einkommen noch seinem Vermögen abdecken kann und die angefragten Dienstleister ihre Tätigkeit von dem Vorliegen einer Kostenzusage abhängig gemacht haben (OLG Hamm, VersR 2012, 611), wenn er einen von ihm geforderten Vorschuss nicht leisten kann (vgl. OLG Köln, RuS 1998, 125, 126) oder wenn er von der beabsichtigten Behandlungsmaßnahme Abstand nehmen müsste, weil er das Risiko, die Kosten selbst tragen zu müssen, nicht eingehen kann (OLG Oldenburg, VersR 2010, 471; OLG Koblenz, VersR 2008, 1638; OLG Hamm, VersR 2006, 826; OLG Stuttgart, OLGR 1998, 23; Brömmelmeyer, in: Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, a.a.O., § 192 Rn. 52; Brand/Schubach, in: Bruck/Möller, VVG 9. Aufl., § 192 Rn. 21). Ein solcher Ausnahmesachverhalt, bei dem die vorherige Durchführung und Bezahlung der Maßnahmen dem Versicherten nicht zugemutet werden könnte, ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Die Klägerin beabsichtigt – erkennbar – nicht, auf die von ihr als notwendig erachtete regemäßige Inanspruchnahme der begehrten Heil- und Hilfsmittel zu verzichten. Angesichts damit verbundener überschaubarer Kosten liegt auch kein Fall vor, in dem ihr eine Vorleistung nicht zugemutet werden könnte. Allein ihre Befürchtung, die Beklagte werde die Notwendigkeit dieser Maßnahmen auch künftig erneut überprüfen wollen, gibt ihr nach Treu und Glauben kein Recht auf Erteilung einer entsprechenden vorweggenommenen Kostenzusage.
c)
Hinzu kommt: Selbst wenn man das Begehren auf Erteilung einer Leistungszugsage im Grundsatz für berechtigt erachten wollte, würde es vorliegend an den weiteren Voraussetzungen der Eintrittspflicht der Beklagten fehlen, auch ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin die begehrten Maßnahmen – Krankengymnastik, Massage und Fango sowie manuelle Lymphdrainage – für medizinisch notwendig erachtet und dafür Sachverständigenbeweis angeboten hat. Denn das Begehren der Klägerin ist – wie bereits ausgeführt – nicht auf Zusage einer ärztlichen Behandlung gerichtet, sondern auf wiederkehrende physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen, die als „Heilmittel“ vereinbarungsgemäß dem zusätzlichen Erfordernis einer ärztlichen Anordnung durch den jeweiligen Behandler unterliegen (§ 4 Abs. 3 RB/KK; Ziff. 2.1 Tarif CV3H). Infolge dieser Risikobegrenzung (Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 4 MB/KK Rn. 26) hängt die Erstattungspflicht der Beklagten für solche Maßnahmen nicht allein davon ab, dass die zugrunde liegende Behandlung medizinisch notwendig ist, sondern von einer weiteren – formalen – Voraussetzung, die nicht das Vorliegen medizinischer Notwendigkeit impliziert (Boetius, Private Krankenversicherung – Kommentar 1. Aufl., § 192 Rn. 71) und die entsprechend den Erörterungen im Senatstermin hier ebenfalls nicht erfüllt wäre.
2.
Soweit das Landgericht die (wörtlich) auf Erteilung einer Leistungszusage gerichtete Klage als Feststellungsantrag ausgelegt hat, lässt die Berufung das unter Aufrechterhaltung ihres vorrangigen Begehrens erkennbar hilfsweise gelten (Bl. 99 GA). Auch dieser Antrag bleibt jedoch erfolglos; er ist bereits unzulässig, wäre aber – nach dem oben Gesagten – auch in der Sache nicht begründet.
a)
Das Landgericht hat die Grundsätze, unter denen ein privater Krankenversicherer auf Feststellung seiner Eintrittspflicht für künftige Behandlungen in Anspruch genommen werden kann, in dem angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegeben. Ausgangspunkt ist die gesetzliche Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO; danach kann u.a. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Auch im Bereich der Krankheitskostenversicherung ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn die Feststellung ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis in dem Sinne betrifft, dass die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden. Das ist der Fall, wenn das Begehren nicht nur auf künftige, mögliche, sondern auf bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlungen gerichtet ist (BGH, Urteil vom 8. Februar 2006 – IV ZR 131/05, VersR 2006, 535; vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 – IV ZR 213/91, VersR 1992, 950; Urteil vom 23. September 1987 – IVa ZR 59/86, VersR 1987, 1107, 1108; Senat, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 U 372/11-51). Außerdem muss ein Feststellungsinteresse dahingehend bestehen, dass durch ein Feststellungsurteil eine sachgemäße und erschöpfende Lösung des Streits über die Erstattungspflichten zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 8. Februar 2006 – IV ZR 131/05, VersR 2006, 535; Senat, a.a.O.; Urteil vom 2. Oktober 2019 – 5 U 106/18, VersR 2020, 216; Brand/Schubach, in: Bruck/Möller, a.a.O., § 192 Rn. 169).
b)
Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich eine auf Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagte gerichtete Klage, wie sie das Landgericht dem Klageantrag entnommen hat, den zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil entsprechend, schon als unzulässig.
aa)
Das den Gegenstand der Klage bildende, auf wiederkehrende Gewährung von Leistungen gerichtete Begehren der Klägerin stellt mangels näherer Konkretisierung auf bestimmte, im Rahmen einer bevorstehenden ärztlichen Behandlung verordnete Maßnahmen kein der Feststellung zugängliches gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar. Der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag schafft zwar eine Rechtsgrundlage, aus der sich im Versicherungsfall Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Versicherungsleistungen ergeben können. Die darin bloß angelegte Möglichkeit auch eines – zudem noch unter weiteren (formalen und materiellen) Voraussetzungen entstehenden – Anspruchs auf Erstattung der Kosten für die hier in Rede stehenden Maßnahmen begründet aber noch kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 – IV ZR 213/91, VersR 1992, 950). Dieses entsteht erst bei bereits aktualisierten, ärztlich für notwendig erachteten, bevorstehenden Behandlungen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2006 – IV ZR 131/05, VersR 2006, 535) und liegt nicht schon deshalb vor, weil sich der medizinische Zustand der Klägerin voraussichtlich nicht mehr zum Besseren wenden wird. Denn der Versicherungsfall in der privaten Krankheitskostenversicherung ist nicht der Eintritt eines unter den Krankheitsbegriff fallenden Zustandes oder ein Unfall allein, sondern erst die wegen dieses Zustandes oder Ereignisses vorgenommene medizinisch notwendige Heilbehandlung (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 – IV ZR 133/95, BGHZ 133, 208; Senat, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 U 372/11-51; Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 192 Rn. 78), in deren Rahmen eine ärztliche Verordnung der begehrten Maßnahmen (= Heilmittel) – situationsbezogen – erfolgen müsste. Der notwendige konkrete Bezug zu einer aktualisierten, bevorstehenden Behandlung fehlt dagegen, wenn Leistungen – wie hier – unabhängig vom jeweiligen aktuellen Zustand des Versicherten und den weiteren vertraglichen Voraussetzungen der Eintrittspflicht des Versicherers auf unbestimmte Dauer, d.h. unabhängig von einem konkreten Versicherungsfall begehrt werden (Fricke, VersR 2013, 538, 540; vgl. auch OLG Nürnberg, NJOZ 2021, 80 = RuS 2021, 304 Ls); dies ungeachtet der von der Erstrichterin angesprochenen Frage, ob dazu außer der Benennung der begehrten Maßnahmen nach Art, Dauer und Rhythmus auch noch die Vorlage eines Heil- und Kostenplanes erforderlich wäre (in diesem Sinne etwa OLG Koblenz, RuS 2015, 613; Wendt, in: Veith/Gräfe/Gebert, a.a.O., § 11 Rn. 14; a.A. OLG Nürnberg, NJOZ 2021, 80), oder gar derjenigen einer ärztlichen Verordnung, die – erst – die Begründetheit der Klage betrifft. Schon weil es an dem erforderlichen nahen Zusammenhang mit einem Versicherungsfall fehlt, welcher das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien insoweit zu einem gegenwärtigen machte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 – IV ZR 213/91, VersR 1992, 950), läuft nämlich ein solcher Klageantrag auf die schlichte Feststellung der Übernahme medizinisch notwendiger Behandlungskosten und damit auf die Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage hinaus, was, wie der Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat, unstatthaft ist (Senat, Urteil vom 18. Dezember 2013 – 5 U 487/11-66; Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 U 372/11-51; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 1986 – IVa ZR 275/85, VersR 1987, 280).
bb)
Zudem fehlt es dem Begehren der Klägerin unter diesen Umständen auch an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse. Nachdem die Klage hier keine konkrete, ärztlich für notwendig erachtete und bevorstehende Behandlung betrifft, sondern auf dauerhafte Gewährung im Rahmen künftiger (möglicher) Behandlungen anzuordnender Maßnahmen gerichtet ist, deren Berechtigung die Beklagte nicht unbesehen anerkennen möchte, ist nicht anzunehmen, dass ein derart weitreichendes, auf ein dauerhaftes „Bezugsrecht“ (Fricke, VersR 2013, 538, 540) gerichtetes Feststellungsurteil eine sachgemäße und erschöpfende Lösung des Streits über die Erstattungspflichten der Beklagten erwarten ließe (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. September 1987 – IVa ZR 59/86, VersR 1987, 1107). Wie das Landgericht richtig ausführt, gehen die berechtigten Interessen des Krankenversicherers dahin, bei einer Passivenversicherung grundsätzlich nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet zu sein, die dem Versicherungsnehmer in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind, während auf der anderen Seite die Versicherungsnehmer Schutz davor benötigen, ein für sie nicht abzuschätzendes Kostenrisiko eingehen zu müssen, obwohl eine medizinische Behandlung angesichts des Beschwerdebildes ärztlicherseits aktuell, unter spezifizierter Darstellung der geplanten Vorgehensweise für geboten erachtet und deswegen angeraten wird (BGH, Urteil vom 8. Februar 2006 – IV ZR 131/05, VersR 2006, 535). Ein unbegrenzter Feststellungsausspruch, mit dem – wie hier – eine „Regulierungsautomatik“ (Fricke, VersR 2013, 538, 540) begründet werden soll, liefe diesen wechselseitigen Belangen zuwider, weil er den beklagten Versicherer noch vor Eintritt eines konkreten Versicherungsfalles, ungeachtet künftiger Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen, auf Dauer bände und ihn unter Umständen der Möglichkeit enthöbe, die Leistung aus anderen Gründen als den im Rechtsstreit streitigen zu versagen (OLG Koblenz, VersR 2010, 1358; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. Februar 2006 – IV ZR 131/05, VersR 2006, 535). Eine abschließende Erledigung des Streits der Parteien ist auf dieser Grundlage nicht zu erwarten.
c)
Ergänzend ist anzumerken, dass die vorliegende unzulässige Feststellungsklage auch in der Sache unbegründet wäre – worüber der Senat freilich nicht rechtsverbindlich entscheiden kann, vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1966 – V ZR 30/64, BGHZ 46, 281, 284; Urteil vom 19. Juni 2000 – II ZR 319/98, NJW 2000, 3718 –, weil die Klägerin aus den schon weiter oben näher ausgeführten Gründen keinen (vertraglichen) Anspruch auf die begehrte Kostenübernahme „auf Dauer“ hätte (vgl. OLG Schleswig, VersR 2002, 428). Für ein derart weitreichendes Begehren existiert, ebenso wenig wie für die Erteilung einer dauerhaften Leistungszusage, keine Rechtsgrundlage; dies auch angesichts der Behauptung der Klägerin, ihr körperlicher Zustand werde sich voraussichtlich nicht mehr verändern und bestenfalls noch verschlechtern, so dass die medizinische Notwendigkeit dieser Maßnahmen bereits jetzt anzunehmen sei. Da der Versicherungsfall nicht die Erkrankung ist, sondern deren Heilbehandlung und der Versicherungsnehmer nicht nur die Erkrankung, sondern auch die medizinische Notwendigkeit der jeweiligen Heilbehandlung beweisen muss (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 – IV ZR 133/95, BGHZ 133, 208; Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 192 Rn. 78), muss der Versicherer konsequenterweise auch berechtigt sein, die Voraussetzungen der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung – einschließlich der aus diesem Anlass verordneten Heil- und Hilfsmittel – in jedem einzelnen Erstattungsfall von neuem zu prüfen (Senat, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 U 372/11-51; vgl. OLG Köln RuS 1998, 477; Wiemer, in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung 6. Aufl., § 1 MB/KK Rn. 109). Das darüber hinausgehende Begehren der Klägerin nach dauerhafter Kostenübernahme bestimmter Maßnahmen erscheint angesichts ihrer gesundheitlichen Situation und des Wunsches nach „Rechtssicherheit“ zwar nachvollziehbar, es widerspricht jedoch der vom Gesetzgeber in § 192 Abs. 1 VVG anerkannten und ausdrücklich – nur – für den in § 192 Abs. 8 VVG geregelten Sonderfall bewusst abweichend geregelten Vertragslage, deren einseitige Abänderung nicht im Klagewege erreicht werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2012, 5 U 372/11-51). Schließlich kommt auch insoweit hinzu, dass die begehrten Maßnahmen als „Heilmittel“ gemäß § 4 Abs. 3 RB/KK und Ziff. 2.1 Tarif CV3H dem formalen Erfordernis einer ärztlichen Anordnung durch den jeweiligen Behandler unterliegen, das die geschilderte Vertragslage konsequent wiederspiegelt und an dem es hier ebenfalls fehlt.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Senat geht mit Blick auf die begehrte dauerhafte Zusage und die von der Klägerin angegebene Höhe voraussichtlicher jährlicher Behandlungskosten mit dem Landgericht von einem Betrag von 6.000,- Euro aus.