➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 37 C 1/22 (17) | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Versicherung muss Kosten für umstrittene Kiefer-OP nicht übernehmen
- ✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Hanau
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Welche medizinischen Leistungen werden von privaten Krankenversicherungen in der Regel übernommen?
- Was bedeutet „medizinisch anerkannt“ im Kontext der Kostenerstattung durch Krankenkassen?
- Wie kann ich als Patient nachweisen, dass eine bestimmte Behandlung medizinisch notwendig ist?
- Welche Rechte habe ich als Versicherungsnehmer, wenn meine private Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine Behandlung ablehnt?
- Was sind die möglichen Konsequenzen, wenn ich eine medizinische Behandlung durchführen lasse, obwohl sie von meiner Krankenkasse nicht als medizinisch notwendig anerkannt wird?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Hanau
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Im vorliegenden Fall ging es um die Kostenerstattungsansprüche aus einem Ergänzungsversicherungsvertrag zur gesetzlichen Krankenversicherung.
- Der Versicherungsnehmer forderte die Übernahme der Kosten einer operativen Behandlung wegen entzündlicher Knochenerkrankungen im Kiefer.
- Eine zentrale Schwierigkeit bestand darin, ob die geltend gemachte Behandlung unter die Versicherungsleistungen gemäß den Allgemeinen Versicherungsbedingungen fällt.
- Das Gericht entschied zugunsten der Versicherung und wies die Klage des Versicherungsnehmers ab.
- Entscheidungsgrund war, dass die verlangte Behandlung nicht eindeutig durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen gedeckt war.
- Folglich muss der Versicherungsnehmer die Kosten der Behandlung selbst tragen und auch die Kosten des Rechtsstreits übernehmen.
- Diese Entscheidung verdeutlicht, dass Versicherungsbedingungen gründlich geprüft werden sollten, um Missverständnisse über den Leistungsumfang zu vermeiden.
- Betroffene sollten sich im Vorfeld genau über die gedeckten Leistungen ihres Versicherungstarifs informieren, um unangenehme finanzielle Überraschungen zu vermeiden.
Versicherung muss Kosten für umstrittene Kiefer-OP nicht übernehmen
Jeder Mensch möchte ein strahlendes Lächeln und gesunde Zähne haben. Doch nicht immer ist die Erstattung zahnärztlicher Behandlungen durch die Krankenkassen selbstverständlich. Oft müssen Patienten für bestimmte Maßnahmen selbst aufkommen, ohne dass die Kosten übernommen werden. Dies kann zu Irritationen und Unsicherheiten führen.
In solchen Fällen ist es wichtig, die geltenden Regelungen und Gesetze zu kennen. Welche Leistungen von den Krankenkassen erstattet werden und wann Patienten selbst zahlen müssen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diagnosen, Behandlungsmethoden und der individuelle medizinische Bedarf spielen eine entscheidende Rolle.
Um Klarheit in diese komplexen Zusammenhänge zu bringen, wird im Folgenden ein konkreter Gerichtsfall vorgestellt und analysiert. Das Urteil gibt Aufschluss darüber, wann zahnärztliche Behandlungen von den Krankenkassen übernommen werden müssen.
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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Hanau
Klage auf Kostenerstattung für umstrittene Kieferbehandlung abgewiesen
Das Amtsgericht Hanau hat die Klage einer Versicherten gegen ihre private Krankenversicherung auf Erstattung der Kosten für eine zahnärztliche Behandlung abgewiesen. Die Klägerin hatte sich einer Operation am Kiefer aufgrund der Diagnose „Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis“ (NICO) unterzogen und von ihrer Versicherung die Übernahme der Kosten in Höhe von 1.972,52 Euro gefordert.
Kein Anspruch auf Kostenerstattung mangels medizinischer Anerkennung
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten hat, da es sich bei der Diagnose NICO und der durchgeführten operativen Therapie um keine anerkannten Methoden der Zahnmedizin handelt. Somit ist die Behandlung nicht vom Versicherungsumfang der dem Vertrag zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen erfasst.
Nach Auffassung des Gerichts war die Behandlung nicht medizinisch indiziert. Es fehlt an einer wissenschaftlichen Fundierung sowohl des Krankheitsbildes NICO als auch der Behandlungsbedürftigkeit. Die Anerkennung wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, eine Aufnahme in die Klassifikationssysteme der WHO oder ICD-10 liegt nicht vor. Auch existiert keine einheitliche GOÄ-Abrechnungsziffer für die konkrete Behandlung.
Beweislast für medizinische Indikation liegt bei Versicherter
Die Darlegungs- und Beweislast für die medizinische Notwendigkeit des Eingriffs liegt nach Ansicht des Gerichts bei der Klägerin als Versicherungsnehmerin. Diese Voraussetzung für eine Kostenübernahme konnte sie nicht erfüllen.
Ein von der Klägerin vorgelegtes Privatgutachten vermochte das Gericht nicht zu überzeugen. Zwar setzt sich das Gutachten mit Studien auseinander, die für eine Anerkennung des Krankheitsbildes NICO und der Behandlungsmethode sprechen. Entscheidend ist jedoch die vorherrschende Meinung in der medizinischen Fachwelt, die derzeit eine Anerkennung ablehnt. Die uneinheitliche Beurteilung geht somit zu Lasten der Versicherten.
Kostenfolgen und Vollstreckbarkeit
Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wurde auf 1.972,52 Euro festgesetzt.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung stellt klar, dass Versicherer nur für medizinisch anerkannte Behandlungsmethoden aufkommen müssen. Maßgeblich ist die herrschende Meinung in Fachkreisen, nicht einzelne Studien. Versicherte tragen die Beweislast für die Notwendigkeit einer Behandlung. Solange ein Krankheitsbild wissenschaftlich umstritten ist und keine einheitliche Abrechnungsgrundlage existiert, besteht kein Kostenerstattungsanspruch. Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Versicherer und mahnt Versicherte, sich kritisch mit alternativen Behandlungsmethoden auseinanderzusetzen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Erstattungsfähigkeit umstrittener Zahnbehandlung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Welche medizinischen Leistungen werden von privaten Krankenversicherungen in der Regel übernommen?
- Was bedeutet „medizinisch anerkannt“ im Kontext der Kostenerstattung durch Krankenkassen?
- Wie kann ich als Patient nachweisen, dass eine bestimmte Behandlung medizinisch notwendig ist?
- Welche Rechte habe ich als Versicherungsnehmer, wenn meine private Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine Behandlung ablehnt?
- Was sind die möglichen Konsequenzen, wenn ich eine medizinische Behandlung durchführen lasse, obwohl sie von meiner Krankenkasse nicht als medizinisch notwendig anerkannt wird?
Welche medizinischen Leistungen werden von privaten Krankenversicherungen in der Regel übernommen?
Private Krankenversicherungen (PKV) in Deutschland bieten eine Vielzahl von medizinischen Leistungen, die oft über das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hinausgehen. Diese Leistungen umfassen sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen, wobei der genaue Umfang vom gewählten Tarif abhängt.
Ambulante Behandlungen umfassen Arztbesuche, Diagnostik und Therapien. Privatversicherte haben in der Regel die freie Arztwahl und können auch Spezialisten ohne Überweisung aufsuchen. Die PKV erstattet die Kosten für medizinisch notwendige Behandlungen, die im Versicherungsvertrag festgelegt sind. Dazu gehören auch alternative Heilmethoden, sofern sie sich in der Praxis bewährt haben oder keine Alternativen existieren.
Stationäre Behandlungen bieten ebenfalls Vorteile. Privatversicherte können zwischen Ein- oder Zweibettzimmern wählen und haben oft Anspruch auf Chefarztbehandlung. Wahlleistungen wie spezielle diagnostische oder therapeutische Maßnahmen, die über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehen, sind ebenfalls abgedeckt. Allerdings sind Kur- und Sanatoriumsbehandlungen in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, sie sind medizinisch notwendig und wurden vorher genehmigt.
Zahnärztliche Leistungen sind ein weiterer wichtiger Bereich. Die PKV übernimmt in der Regel zwischen 70 und 100 Prozent der Kosten für Zahnersatz, Prophylaxe und kieferorthopädische Behandlungen. Auch innovative Behandlungsmethoden wie Aligner-Schienen können erstattet werden, wenn ihre medizinische Notwendigkeit nachgewiesen wird. Kosmetische Behandlungen wie Bleaching sind jedoch meist ausgeschlossen.
Krankentagegeld ist eine wichtige Leistung für Selbstständige und Arbeitnehmer, die im Krankheitsfall ihr Einkommen sichern müssen. Die Höhe des Krankentagegeldes kann individuell vereinbart werden, darf aber das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate nicht überschreiten.
Leistungsausschlüsse können bei Vorerkrankungen relevant werden. Versicherer können bestimmte Leistungen ausschließen oder Risikozuschläge erheben, wenn eine Vorerkrankung besteht. Dies bedeutet, dass alle zukünftigen Behandlungen im Zusammenhang mit dieser Erkrankung nicht erstattet werden.
Erstattungsfähigkeit zahnärztlicher Behandlungen wie der Diagnose NICO (Neuralgia-Inducing Cavitational Osteonecrosis) hängt von der medizinischen Notwendigkeit und dem gewählten Tarif ab. Da NICO eine umstrittene Diagnose ist, sollten Versicherte vor Behandlungsbeginn eine Kostenübernahme durch die PKV klären, um finanzielle Risiken zu vermeiden.
Insgesamt bietet die PKV einen umfassenden Schutz, der individuell angepasst werden kann. Versicherte sollten jedoch die Bedingungen und möglichen Ausschlüsse genau prüfen, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse abgedeckt sind.
Was bedeutet „medizinisch anerkannt“ im Kontext der Kostenerstattung durch Krankenkassen?
„Medizinisch anerkannt“ im Kontext der Kostenerstattung durch Krankenkassen bedeutet, dass eine Behandlungsmethode den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse erfüllt. Dies schließt Methoden ein, deren Nutzen und Wirksamkeit wissenschaftlich belegt und von der Fachwelt akzeptiert sind.
Für gesetzliche Krankenkassen (GKV) bedeutet dies, dass nur solche Behandlungen erstattet werden, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sind. Neue oder alternative Methoden, die noch nicht ausreichend erprobt oder wissenschaftlich anerkannt sind, werden in der Regel nicht erstattet. Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, die Kosten für experimentelle oder nicht anerkannte Methoden zu übernehmen, selbst wenn diese im Einzelfall erfolgreich sein könnten. Dies dient der Sicherstellung einer gleichmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten.
Die Entscheidung, ob eine Methode medizinisch anerkannt ist, trifft der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Dieser prüft neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, werden die Methoden in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen.
Für Privatversicherte (PKV) gelten ähnliche Grundsätze. Auch hier müssen Behandlungen medizinisch notwendig und anerkannt sein, um erstattet zu werden. Allerdings haben Privatversicherte oft mehr Spielraum, da auch innovative oder alternative Methoden erstattet werden können, sofern sie sich in der Praxis als erfolgversprechend bewährt haben oder keine Alternativen existieren. Dennoch kann die Erstattung auf den Betrag begrenzt werden, der für eine schulmedizinische Behandlung gezahlt worden wäre.
Im Bereich der zahnärztlichen Behandlungen, insbesondere bei der Diagnose Nico (Neuralgie-Inducing Cavitational Osteonecrosis), ist die Erstattungsfähigkeit besonders relevant. Da es sich hierbei um eine umstrittene Diagnose handelt, die nicht allgemein anerkannt ist, übernehmen gesetzliche Krankenkassen in der Regel keine Kosten für entsprechende Behandlungen. Privatversicherte sollten sich vor Behandlungsbeginn mit ihrem Versicherer abstimmen, um Klarheit über die Erstattung zu erhalten.
Wie kann ich als Patient nachweisen, dass eine bestimmte Behandlung medizinisch notwendig ist?
Um als Patient nachzuweisen, dass eine bestimmte Behandlung medizinisch notwendig ist, sind mehrere Schritte und Nachweise erforderlich. Zunächst muss eine objektive medizinische Diagnose vorliegen, die die Notwendigkeit der Behandlung begründet. Diese Diagnose sollte durch einen Facharzt gestellt werden und auf anerkannten medizinischen Befunden basieren.
Ein ärztliches Gutachten spielt eine zentrale Rolle. Dieses Gutachten muss detailliert darlegen, warum die vorgeschlagene Behandlung notwendig ist, um das diagnostizierte Leiden zu behandeln oder zu lindern. Es sollte auch erläutern, warum alternative, konventionelle Behandlungsmethoden nicht ausreichend oder nicht geeignet sind. Das Gutachten muss objektiv und nachvollziehbar sein und sich auf wissenschaftlich anerkannte Methoden und Erkenntnisse stützen.
Die vorherrschende Meinung in der medizinischen Fachwelt ist ebenfalls entscheidend. Eine Behandlung wird als medizinisch notwendig anerkannt, wenn sie von der Fachwelt als erfolgversprechend angesehen wird. Dies bedeutet, dass die Behandlung in medizinischen Leitlinien und Empfehlungen der Fachgesellschaften verankert sein sollte. Diese Leitlinien basieren auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und klinischen Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung belegen.
Falls die Behandlung umstritten oder nicht allgemein anerkannt ist, können klinische Studien und wissenschaftliche Publikationen, die die Wirksamkeit und Notwendigkeit der Behandlung belegen, als Nachweise dienen. Diese Studien müssen den wissenschaftlichen Standards entsprechen und in anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht sein.
In Fällen, in denen die Krankenkasse die Notwendigkeit der Behandlung anzweifelt, kann ein medizinisches Sachverständigengutachten erforderlich sein. Dieses Gutachten wird von einem unabhängigen Experten erstellt und soll die medizinische Notwendigkeit objektiv bewerten. Der Sachverständige muss dabei die vollständigen Krankenunterlagen einsehen und sich auf den Kenntnisstand des behandelnden Arztes zum Zeitpunkt der Behandlung zurückversetzen.
Ein Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt, dass der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass sowohl die Kosten für Hilfsmittel als auch deren Instandhaltung erstattungsfähig sind, wenn sie medizinisch notwendig sind. Dies verdeutlicht, dass die medizinische Notwendigkeit nicht nur für die Behandlung selbst, sondern auch für damit verbundene Maßnahmen anerkannt werden kann.
Es ist ratsam, vor Beginn der Behandlung die Kostenübernahme mit der Krankenkasse zu klären und alle relevanten Nachweise und Gutachten vorzulegen. Dies kann helfen, spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Behandlung als medizinisch notwendig anerkannt wird.
Welche Rechte habe ich als Versicherungsnehmer, wenn meine private Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine Behandlung ablehnt?
Wenn eine private Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine Behandlung ablehnt, haben Versicherungsnehmer mehrere Rechte und Möglichkeiten, um gegen diese Entscheidung vorzugehen.
Zunächst sollte der Versicherungsnehmer die Ablehnung genau prüfen und die Begründung der Versicherung analysieren. Oftmals wird die Kostenübernahme mit der fehlenden medizinischen Notwendigkeit der Behandlung begründet. Dies ist besonders relevant bei zahnärztlichen Behandlungen wie der Diagnose und Behandlung von NICO (Neuralgia-Inducing Cavitational Osteonecrosis), die nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt sind und daher häufig nicht erstattet werden.
Ein erster Schritt ist, sich direkt an die Versicherung zu wenden und eine erneute Überprüfung der Entscheidung zu verlangen. Hierbei kann es hilfreich sein, zusätzliche medizinische Gutachten oder Stellungnahmen von Fachärzten vorzulegen, die die Notwendigkeit der Behandlung bestätigen.
Sollte die Versicherung weiterhin die Kostenübernahme verweigern, kann der Versicherungsnehmer den Ombudsmann der privaten Kranken- und Pflegeversicherung einschalten. Der Ombudsmann bietet eine unabhängige und kostenfreie Schlichtung an, um außergerichtlich eine Lösung zu finden. Die Bearbeitungszeit durch den Ombudsmann beträgt im Durchschnitt etwa 50 Tage und ist damit deutlich kürzer als ein Gerichtsverfahren.
Falls auch die Schlichtung durch den Ombudsmann nicht zum gewünschten Ergebnis führt, bleibt dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit, Klage vor einem Zivilgericht einzureichen. Bei Streitigkeiten über die private Pflegepflichtversicherung ist das Sozialgericht zuständig. Es ist ratsam, sich hierbei von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten und vertreten zu lassen, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die korrekte Rechnungslegung nach den jeweiligen Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) und Zahnärzte (GOZ). Versicherungsnehmer sollten sicherstellen, dass die eingereichten Rechnungen den formalen Anforderungen entsprechen und alle erbrachten Leistungen korrekt aufgeführt sind. Bei Unstimmigkeiten können sich Versicherte an die Bundes- oder Landesärztekammern wenden, die die Fachaufsicht über die Ärzteschaft haben.
Zusammengefasst haben Versicherungsnehmer mehrere Möglichkeiten, gegen die Ablehnung der Kostenübernahme vorzugehen: direkte Kontaktaufnahme mit der Versicherung, Einschaltung des Ombudsmanns und letztlich die Klage vor Gericht. Eine sorgfältige Prüfung der Ablehnungsgründe und die Einholung von medizinischen Gutachten können dabei entscheidend sein.
Was sind die möglichen Konsequenzen, wenn ich eine medizinische Behandlung durchführen lasse, obwohl sie von meiner Krankenkasse nicht als medizinisch notwendig anerkannt wird?
Wenn eine medizinische Behandlung durchgeführt wird, die von der Krankenkasse nicht als medizinisch notwendig anerkannt wird, hat dies mehrere Konsequenzen.
- Finanzielle Folgen: Die Kosten für die Behandlung müssen in der Regel vollständig vom Patienten selbst getragen werden. Dies betrifft sowohl die Diagnoseverfahren als auch die eigentliche Behandlung. Beispielsweise wird die Behandlung einer NICO-Kieferostitis oft nicht von den Krankenkassen übernommen, da sie als wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt gilt. Patienten müssen daher die Kosten für Diagnostik und Therapie selbst tragen, was je nach Umfang der Behandlung erheblich sein kann.
- Rechtliche Konsequenzen: Es besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten durch die Krankenkasse. Auch eine nachträgliche Erstattung ist ausgeschlossen, wenn die Behandlung nicht den Kriterien der medizinischen Notwendigkeit entspricht. Zudem kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, wenn Patienten versuchen, die Kostenübernahme gerichtlich durchzusetzen. Gerichte haben in der Vergangenheit entschieden, dass Behandlungen, die nicht allgemein anerkannt sind, nicht erstattungsfähig sind. Dies gilt auch für experimentelle Verfahren, die nicht den Anforderungen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) entsprechen.
- Praktische Auswirkungen: Patienten müssen sich bewusst sein, dass sie bei der Wahl solcher Behandlungen ein finanzielles Risiko eingehen. Es ist ratsam, vor Beginn der Behandlung einen Heil- und Kostenplan beim Versicherer vorzulegen, um Klarheit über die Kostenübernahme zu erhalten. Ohne diese Absicherung können hohe Kosten entstehen, die aus eigener Tasche bezahlt werden müssen.
Zusammengefasst: Die Durchführung einer medizinischen Behandlung, die von der Krankenkasse nicht als notwendig anerkannt wird, führt zu erheblichen finanziellen Belastungen für den Patienten und schließt eine Erstattung durch die Krankenkasse aus. Rechtliche Auseinandersetzungen sind oft erfolglos, da die Gerichte die Erstattungsfähigkeit solcher Behandlungen verneinen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 192 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Es regelt die Pflichten des Versicherers im Bereich der Krankheitskostenversicherung, einschließlich der Kostenübernahme für medizinisch notwendige Heilbehandlungen. Relevanz: Der Versicherer verweigert hier die Kostenerstattung für eine bestimmte zahnärztliche Behandlung.
- Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB, Stand 1994): Diese Bedingungen, die im Vertrag festgelegt sind, legen die Erstattungsfähigkeit der Leistungen fest. Relevanz: Strittig ist, ob die Operationskosten von der Versicherung gedeckt sind oder nicht.
- § 1 Abs. 2 AVB: Diese Klausel spezifiziert die Voraussetzungen und den Umfang der Versicherungsleistungen. Relevanz: Beide Parteien beziehen sich auf diese Klausel, um ihre Ansprüche bzw. die Ablehnung der Ansprüche zu untermauern.
- § 194 VVG: Er listet die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers und die Folgen bei Obliegenheitsverletzungen auf. Relevanz: K1 hat den Heil- und Kostenplan eingereicht und die notwendigen Dokumente zur Freigabe vorgelegt.
- § 192 Abs. 1 VVG: Dieser Paragraph regelt die allgemein geltenden Anforderungen an die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung. Relevanz: K1 muss nachweisen, dass die Behandlung medizinisch notwendig war, um die Erstattung zu verlangen.
- § 1 GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte): Legt fest, wie zahnärztliche Leistungen abzurechnen sind. Relevanz: K1 behauptet, dass die Rechnung GOZ-konform erstellt wurde, was für die Erstattungsfähigkeit wichtig ist.
- § 12 VVG: Bestimmt das Vorgehen bei Streitigkeiten über die Erstattungsfähigkeit von Leistungen. Relevanz: Nach Ablehnung durch die Versicherung und erfolgloser außergerichtlicher Klärung hat K1 Klage eingereicht.
- Verweisung auf die Rechtsprechung: Das Urteil des AG Hanau. Relevanz: Stellt klar, dass die Klage abgewiesen und die Kosten dem Kläger auferlegt wurden, was auf die Maßgeblichkeit der vertraglichen Bedingungen und der medizinischen Notwendigkeit hinweist.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Hanau
AG Hanau – Az.: 37 C 1/22 (17) – Urteil vom 26.10.2022
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtstreits hat die K1 zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streit wird festgesetzt auf 1.972,52 €.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Kostenerstattungsansprüche aus einem zwischen den Parteien zustande gekommenen Ergänzungsversicherungsvertrag zur gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Tarif Z100 (Versicherungsschein-Nr. …2).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Stand 1994) Anwendung findet. Der weitere Inhalt der Versicherungsleistung ist streitig.
Bei d. K1 wurden durch den BET1 mehrere fettig-degenerative Ostitiden des Kiefers, mithin eine entzündliche Erkrankung der Knochensubstanz mit großen Defekten festgestellt. D. BET1 empfahl eine operative Revision nebst intraoperativer Augmentation und Stabilisierung und erstellte mit Datum vom 19.08.2016 einen Heil- und Kostenplan Nr. 1 /5388/19 über voraussichtliche Kosten in Höhe von 1.131,77€.
D. K1 reichte diesen Heil- und Kostenplan bei d. B1 mit der Bitte um Freigabe und Bestätigung ein. Mit Schreiben vom 23.09.2016 forderte d. B1 (BI. 22 d.A.) forderte d. B1 weitere Unterlagen bei d. K1 an. Mit Schreiben vom 11.11.2016 (BI. 24 d.A.) lehnte d. B1 die Kostenerstattung ab.
Am 24.02.2017 erfolgte der entsprechende Eingriff.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2017 forderte d. K1 d. B1 zur Zahlung des klageweise geltend gemachten Betrages auf.
D. B1 teilte daraufhin mit, die Behandlung sei im Leistungsumfang des Tarifs nicht enthalten und daher nicht erstattungsfähig.
D. K1 behauptet, die von dem betreffenden Heil- und Kostenplan erfassten Maßnahmen seien vollständig medizinisch indiziert gewesen und die Rechnung sei GOZ-konform erstellt.
Er/Sie beantragt, d. B1 zu verurteilen, an ihn/sie 1.972,52 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an d. K1 zu zahlen und ihn/sie von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 291,55 € freizustellen.
Im Übrigen sei die Behandlung medizinisch indiziert, wie ein Privatgutachten vom 28.02.2021 belege.
D. B1 beantragt, die Klage abzuweisen.
Er/Sie ist der Ansicht, er/sie habe die Allgemeinen Versicherungsbedingungen einseitig abgeändert und zwischen den Parteien fänden die aktualisierten Versicherungsbedingungen (Stand 2009) Anwendung.
Er/Sie ist ferner der Ansicht, die knochenaufbauenden Maßnahmen im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Zahnentfernung seien nur dann erstattungsfähig, wenn dadurch ein späterer Knochenaufbau im Zusammenhang mit Implantation vermieden wird. Die Behandlung sei nicht medizinisch indiziert.
Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten vom 31.12.2021 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und daher zurückzuweisen.
D. K1 hat gegen d. B2 keinen Anspruch auf Erstattung der zahnärztlichen Leistungen aus dem Versicherungsvertrag, da der am Kiefer d. K1 durchgeführte Eingriff aufgrund der Diagnose „Nico“ (Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis) keine anerkannte Methode der Zahnmedizin darstellt und demzufolge nicht vom Versicherungsumfang der dem Versicherungsvertrag der/des Beteiligten zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen unterfällt. Dabei kann es dahinstehen, welche Versicherungsbedingungen (1994 oder 2009) konkret auf den Vertrag Anwendung findet, da nach beiden Versionen nur zahnmedizinisch anerkannte Behandlungsmethoden von dem Versicherungsumfang erfasst sind.
Zur Überzeugung des Gerichts war die vorgenommene zahnmedizinische Behandlung nicht medizinisch indiziert, da es sich um keine zahnmedizinisch anerkannte Behandlungsmethode handelt und bereits das vermeintliche Krankheitsbild nicht allgemein anerkannt ist, so dass auch die Behandlungsbedürftigkeit nicht nachgewiesen wurde. Die zahnmedizinische Anerkennung der Diagnose „Nico“ sowie die sich anschließenden Behandlungsansätze werden kontrovers diskutiert. Nach aktuell herrschender Ansicht in der zahnmedizinischen Fachgesellschaft ist eine Diagnose „Nico“ nicht wissenschaftlich fundiert, da die Erkrankung wissenschaftlich nicht nachgewiesen wurde und eine Behandlungsbedürftigkeit nicht als medizinisch notwendig eingestuft wurde. Gleiches gilt für die gewählte Behandlung der Beschwerden d. K1 in Form der operativen Revision, da wissenschaftlich medizinisch fundierte Studienuntersuchungen zu Behandlungsbedürftigkeit und Behandlungserfolg noch nicht vorliegen. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts aus der klaren Feststellung des Sachverständigen B., der/die sein/ihr Gutachten unter Hinzuziehung der konkreten Behandlungsunterlagen erstellt und nachvollziehbar begründet hat, so dass sich das Gericht dessen Feststellungen zu Eigen macht. Gestützt wird diese Auffassung auch dadurch, dass das vermeintliche Erkrankungsbild weder in den Verzeichnissen der WHO noch in der ICD10 gelistet ist und es für die Abrechnung der konkreten Behandlung keine GOÄ-Ziffer gibt.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vorgelegten Privatgutachten vom 28.02.2021. In diesem wird ausführlich auf die Schwierigkeit der Darstellung der Diagnose „Nico“ mit klassischen bildgebenden Verfahren verwiesen. Soweit der/die Privatgutachter/in letztlich zu der Einschätzung gelangt, die Diagnose sei medizinisch indiziert und die Wirksamkeit der Behandlung wissenschaftlich belegt, beruht diese Auffassung auf der Annahme, die Vertreter der Gegenauffassung setzen sich nicht ausreichend mit den für eine Anerkennung der Diagnose streitenden medizinischen Studienuntersuchungen auseinander, so dass diese Studien selbst nicht hinreichend fundiert seien und die für eine Anerkennung streitenden Studien nicht widerlegen könnten, mag dies sein. Maßgeblich für die wissenschaftliche Anerkennung eines Krankheitsbildes und die medizinische Indikation einer Behandlung wäre aber entweder die Aufnahme in die Verzeichnisse der WHO oder ICD10 oder eine mehr oder weniger einheitliche Auffassung in der medizinischen Fachwelt. Beides liegt derzeit nicht vor, wie auch dem Privatgutachten und der dortigen Darstellung der wissenschaftlichen Diskussion zu entnehmen ist.
Die Darlegung und der Beweis einer medizinischen Indikation für den vorgenommenen Eingriff obliegt d. K1, da sie/er ihre/seine Versicherung in Anspruch nimmt und die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen hat. Dies ist ihr/ihm aus vorstehenden Gründen nicht gelungen. Die uneinheitliche Beurteilung der Diagnose „Nico“ geht insofern zu Lasten d. K1.
Auf die Frage, ob die Abrechnung entsprechend der Grundsätze der GOÄ erfolgte, kam es vor dem Hintergrund nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO, die über die Vollstreckbarkeit auf §709 ZPO.