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Erlöschen Pfandrecht an Lebensversicherungspolice durch Lebensversicherungskündigung

Klägerin fordert Schadensersatz von Versicherungsgesellschaft

Die Klägerin verlangt von einer Versicherungsgesellschaft Schadensersatz, da diese ihre betriebliche Altersvorsorge nicht mehr sichert. Die Streit geht um zwei Rückdeckungsversicherungen, von denen eine auf das Leben der Klägerin abgeschlossen wurde. Die Ansprüche aus dieser Versicherung wurden an die Klägerin als unmittelbar versorgungsberechtigte Person verpfändet. Doch die Versicherungsgesellschaft kündigte die Versicherung im Jahr 2014, ohne das Pfandrecht der Klägerin zu beachten. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr hätte ein datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch zugestanden und dass ihr ein Sicherungspfandrecht an der Versicherung zustand. Die Beklagte ist anderer Meinung und weigert sich, Schadensersatz zu leisten. Die Klägerin fordert nun vor Gericht, dass die Beklagte ihr den Gegenwert der beendeten Rückversicherung zu ihren Gunsten hinterlegt oder ihr sämtliche Schäden ersetzt. Die R. H. M. GmbH, bei der die Klägerin vormals tätig war, ist ebenfalls in den Streit involviert. […]

LG Köln – Az.: 26 O 442/19 – Urteil vom 30.09.2022

1. Die die Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Klägerin Sicherheit in Höhe von 123.366,21 € zu leisten durch Hinterlegung von Geld bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Köln, mit der Maßgabe, dass der Hinterlegungsbetrag die Ansprüche der Klägerin bezüglich der nunmehr beendeten Versicherung bei der Beklagten mit der Nr. … im Umfang ihres vormals begründeten Pfandrechts (vgl. Anlage 1 zum Urteil) besichert.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 136.000 € des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien stritten ursprünglich insbesondere über Auskünfte im Hinblick auf zwei (verpfändete) Rückdeckungsversicherungsverträge. Nunmehr begehrt die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten den Gegenwert der beendeten Rückversicherung zu ihren Gunsten zu hinterlegen.

Die Klägerin arbeitete vormals bei der H. M. GmbH (im Folgenden: Streitverkündete). Diese gewährte ihr eine betriebliche Altersvorsorge (vgl. Anl. 1 = Bl. 359 ff. d.A.). Zum Zwecke der Finanzierung behielt sich die Streitverkündete den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung vor; namentlich eine auf das Leben der Klägerin abgeschlossene Lebensversicherung, aus der allein die Arbeitgeberin/Streitverkündete bezugsberechtigt war. Am 01.12.1997 schloss die Streitverkündete einen entsprechenden Versicherungsvertrag mit der Beklagten (Versicherungsnummer: …. Die Ansprüche aus der vorgenannten Versicherung wurden an die Klägerin als unmittelbar versorgungsberechtigte Person verpfändet (vgl. Anl. 7 = Bl. 378 d.A. sowie BLD2 = Bl. 207 f. d.A.). Die Streitverkündete erteilte Herrn H. ihrem Geschäftsführer, zum 02.01.1989 ebenfalls eine Pensionszusage und schloss dahingehend eine Rückdeckungsversicherung mit der Nr.: … ab (vgl. BLD3 und 4 = Bl. 209 ff.; vgl. BLD6 = Bl. 214 d.A.). Ausweislich der Anlage BLD5 erfolgte eine Verpfändung zugunsten von Herrn H. (vgl. Bl. 213 d.A.). Die Ehe zwischen der Klägerin und Herrn J. H. wurde am 10.05.2007 rechtskräftig geschieden. Im Jahr 2009 erfolgte eine erneute Verpfändung der Policen. Unter dem 31.03.2009 (vgl. Anl. 4 = Bl. 333/Bl. 377 sowie Bl. 374 ff. d.A.) verpfändete die Streitverkündete Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung mit der Endziffer -33 an die Klägerin. Die Beklagte bestätigte die Verpfändung zugunsten der Klägerin unter dem 25.06.2009 (vgl. Anl. 9 = Bl. 381 ff. d.A.). Die Versicherung mit der Endziffer -33 wurde sodann unter dem 04.08.2014 von der Versicherungsnehmerin/Streitverkündeten gekündigt (vgl. BLD9 = Bl. 737 d.A.). Unterschrieben ist die Kündigung von Herrn J. H. sowohl als mutmaßlichem Pfandgläubiger als auch Geschäftsführer der Streitverkündeten. Die Beklagte rechnete die Versicherung mit Schreiben vom 30.09.2014 ab und zahlte einen Rückkaufswert i.H.v. 123.366,21 € an die Streitverkündete aus (vgl. BLD10 = Bl. 738 d.A.).

Die Beklagte hat während des Rechtsstreits diverse Auskünfte erteilt (vgl. etwa Schriftsatz vom 30.07.2020, Bl. 415 d.A. und BLD9 und 10).

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr hätten hinsichtlich beider Versicherungen datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche zugestanden. Ihr habe zudem ein Anspruch nach § 810 BGB zugestanden. Im Zeitpunkt der Kündigung der vorgenannten Versicherung im Jahr 2014 habe ihr im Zusammenhang mit dieser Police -33 ein Sicherungspfandrecht zugestanden. Die Streitverkündete habe die Versicherung demnach nur mit Zustimmung der Klägerin kündigen können. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Beklagte die Versicherung nicht hätte abrechnen dürfen. Vor diesem Hintergrund stehe ihr nunmehr dem Grunde nach ein Schadensersatz gegen die Beklagte zu. Die Altersvorsorge, die ihr die Streitverkündete zugesagt hat, sei nunmehr nicht mehr durch die Versicherung mit der Endziffer -33 gesichert.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr über den Umfang ihrer Erklärung vom 21.06.2019 (Anl. 12) hinaus eine vollständige Datenauskunft gemäß Art. 15 DSGVO zu sämtlichen bei der Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten über die Klägerin im Zusammenhang mit den Rückdeckungsversicherungen Nr. … und … zu erteilen, einschließlich eine Kopie des Versicherungsscheins und der Versicherungsbedingungen zur Policen-Nr. …, sowie ihr, der Klägerin, gemäß § 810 BGB Einsicht in die bei der Beklagten vorhandenen Urkunden zu ihrem Pfandrecht an den Rückdeckungsversicherungen Nr. … und … zu gewähren, einschließlich Einsicht in jene Urkunden, die Auskunft darüber geben, ob und in welcher Höhe ihr Pfandrecht an diesen Policen weiterhin werthaltig validiert, ob diese Policen auch mit Rechten Dritter belastet wurden und ob sie unverändert fortbestehen.

Hinsichtlich der ursprünglichen Anträge zu Ziffer 1) und 2) (vgl. Bl. 2 d.A.) haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, zu ihren Gunsten einen Betrag i.H.v. 123.366,21 € amtlich (Amtsgericht Köln) zu hinterlegen, mit der Maßgabe, dass der Hinterlegungsbetrag ihre Ansprüche bezüglich der nunmehr beendeten Versicherung Nr. … bei der Beklagten im Umfang ihres vormals begründeten Pfandrechts besichert.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden in Folge der Beendigung der bei der Beklagten geführten Versicherung Nr. … aufgrund Kündigung durch die R. H. M. GmbH vom 04.08.2014 zu ersetzen.

3. festzustellen, dass die Verpfändung zugunsten der Klägerin an der bei der Beklagten geführten Versicherung Nr. … fortbesteht und sich die Beklagte im Verhältnis zur Klägerin so behandeln lassen muss, als wäre die Kündigung dieser Versicherung durch die R. H.-M. GmbH vom 04.08.2014 nicht erfolgt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass durch die Scheidung der Ehe zwischen der Klägerin und J. H. ein Pfandrecht der Klägerin im Zusammenhang mit der Rückdeckungsversicherung -33 nunmehr ins Leere gehe. Die zu sichernde Forderung sei erloschen. Sie ist zudem der Ansicht, dass die Rückdeckungsversicherung die Versorgungszusage zugunsten des Herrn J. H.; absichern sollte. Das Pfandrecht habe den Anspruch von J. H. auf Altersrente abgesichert. Lediglich eine etwaige Hinterbliebenenrente im Fall des Versterbens während Bestand der Ehe sei zugunsten der Klägerin ebenfalls abgesichert gewesen. Nach Scheidung der Ehe habe die Klägerin jedenfalls keine Rechte mehr aus einem etwaigen Pfandrecht ableiten können. Ein Auskunftsanspruch habe der Klägerin in diesem Zusammenhang zu keinem Zeitpunkt zugestanden.

Die Klägerin hat der R. H. M. GmbH den Streit verkündet. Letztere ist auf Seiten der Beklagten dem Streit beigetreten. In der mündlichen Vorbehandlung vom 21.06.2021 ist die Klägerin informatorisch angehört worden. Auf das Protokoll wird Bezug genommen (Bl. 704 ff. d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten zur Sicherung ihres Pfandrechts an der Versicherung mit der Nr. … die Hinterlegung eines Betrages i.H.v. 123.366,21 € verlangen.

I.

Die Klageerweiterung um den Hinterlegungsantrag war gemäß § 263 ZPO zulässig. Sie war sachdienlich. Der bisherige Streitstoff des Auskunftsverlangens konnte verwertbare Entscheidungsgrundlage bleiben und einen (mutmaßlichen) weiteren Prozess vermeiden. Eine weitere Beweiserhebungen oder ein weiterer Termin waren allein aufgrund der Klageerweiterung nicht erforderlich.

II.

Die Klage ist begründet.

1. Die Klägerin ist Pfandgläubigerin der Lebensversicherung mit der Nr. … geworden. Ursprünglich standen zwei Versorgungszusagen der Streitverkündeten samt jeweils einer Lebensversicherungen zur Absicherung nebeneinander. Der Klägerin wurde seitens der Streitverkündeten unter dem 01.12.1997 (vgl. Anl. 1 = Bl. 359 ff. d.A.) eine Pensionszusage gemacht. Zur Absicherung dieser Forderung schloss die Streitverkündete bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit der Vers.-Nr. … ab. Diese wurde wiederum von der Streitverkündeten zur Sicherung der Pensionszusage an die Klägerin abgetreten. Gleichsam machte die Streitverkündete dem Herrn J. H. – ihrem Geschäftsführer – eine Pensionszusage, die sie durch den Abschluss einer Lebensversicherung mit der Nummer … absicherte. Die Streitverkündete verpfändete etwaige Ansprüche ursprünglich an Herrn H. (vgl. BLD5 = Bl. 213 d.A.). Die Klägerin ist sodann jedoch auch insoweit Pfandgläubigerin geworden, §§ 1274, 1273, 1204 Abs. 2 BGB. Unter dem 31.03.2009 verpfändete die Streitverkündete die Rückdeckungsversicherung mit der Endziffer … nämlich an die Klägerin (vgl. Anl. 6 = Bl. 377). Die Verpfändungserklärung nimmt ausdrücklich darauf Bezug, dass die Rückdeckungsversicherung … bei der „H. Lebensversicherung AG in K.“ – der Beklagten – zur „Sicherung aller Ansprüche des Pfandgläubigers“, aufgrund der am 01.12.1997 erteilten Pensionszusage, an die Klägerin verpfändet werden solle. Das Dokument trägt den Stempel der Streitverkündeten und ist vom vormaligen Pfandgläubiger und der Gläubigerin, der Streitverkündeten, unterzeichnet. Damit haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass sie sich einig sind, dass auch die Lebensversicherung … – ursprünglich zu Sicherung von Ansprüchen des Herrn J. H. abgeschlossen – nunmehr zukünftige Ansprüche aus der Pensionszusage zugunsten der Klägerin absichern solle. Dieser Vorgang steht letztlich auch nicht im Streit. Die Kammer hat in ihrer jetzigen Besetzung in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2022 darauf hingewiesen, dass ein dahingehendes Bestreiten der Streitverkündeten und Beklagten nicht substantiiert worden ist. Sofern die Verpfändungserklärung darauf Bezug nimmt, dass eine „mit Wirkung vom 1.12.90“ abgeschlossene Lebensversicherung zur Sicherheit verpfändet werden soll, ändert dies am vorstehenden Ergebnis nichts. Das Dokument ist der Auslegung zugänglich, §§ 157, 133 BGB. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der Versicherungsvertrag mit der Endziffer …; unter dem 01.12.1990 abgeschlossen worden ist, weshalb man davon ausgehen könnte, dass auf diesen Vertrag Bezug genommen werden sollte. Dies würde jedoch bedeuten, dass die Parteien die Versicherung mit der Endziffer … in zwei unterschiedlichen Erklärungen – gewissermaßen zwei Mal direkt hintereinander – verpfändet hätten (vgl. Bl. 377 und Bl. 378 d.A.). Die Absicherung und Verpfändung im Zusammenhang mit der Versicherung … stand aber zu keinem Zeitpunkt im Streit. Zudem lagen die beiden Abschlussdaten der Versicherungen …; und … im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zueinander. Erstere datiert auf den 01.12.1990 und Letztere auf den 02.01.1989. Vor diesem Hintergrund ist vielmehr von einem Versehen auszugehen; zumal es sich etwa 19 Jahre nach Vertragsschluss durchaus als schwer darstellen kann, das konkrete Datum des ursprünglichen Vertragsabschlusses zu eruieren. Darüber hinaus hat die Beklagte auch dahingehend nicht konkret vorgetragen. Vielmehr ist wohl auch sie der Ansicht, dass Rechte – wenn auch nach Ansicht der Beklagten lediglich Hinterbliebenenrechte – aus der Versicherung mit der Endziffer – … verpfändet werden sollten. Schließlich ist entscheidend, dass die Versicherungsnummer „…“ in der Verpfändungserklärung ausdrücklich benannt ist. Die Verteidigung der Beklagten – sowie auch der Streitverkündeten – beschränkt sich letztlich darauf, dass die Verpfändung vom 31.03.2009 ins Leere gegangen sei. Sie ist dabei vorgeblich der Ansicht, dass lediglich Hinterbliebenenrechte aus der Versicherung verpfändet werden sollten. Diese hätten aufgrund der Ehescheidung im Jahr 2007 jedoch nicht mehr verpfändet werden können. Dies ergibt sich jedoch gerade nicht aus der streitgegenständlichen Verpfändungserklärung (vgl. Anl. 4 = Bl. 333 d.A,). Dort heißt es vielmehr „zur Sicherung aller Ansprüche des Pfandgläubigers und seiner Hinterbliebenen aus der ihm am 01.12.1997 erteilten Pensionszusage verpfändet die Gläubigerin“ [Hervorhebung hinzugefügt, Durchstreichung im Original]. Zudem steht diese mutmaßliche Ansicht der Beklagten im Widerspruch zu ihrer eigenen Bestätigung der Verpfändung zugunsten der Klägerin. Unter dem 25.06.2009 (Anl. 9 = Bl. 381 d.A.) teilt die Beklagte der Streitverkündeten unter Bezugnahme auf die Versicherung … mit, dass ein „Verpfändung zugunsten von Frau I. H.“ vermerkt worden sei. Dass Herr J. H. als versicherte Person angegeben ist, ändert daran nichts. Dies konnte die Verpfändung zugunsten der Klägerin nicht hindern. Weiterer Sachvortrag der Beklagten erfolgte auch nach Hinweis der Kammer vom 23.04.2021 (Bl. 657 d.A.) nicht. Sie stellt sich vielmehr weiterhin auf den Standpunkt, dass es ausschließlich um die Verpfändung von Hinterbliebenenrechten gegangen sei, die nach Ehescheidung nicht mehr in Betracht gekommen seien. Dem stehen, wie ausgeführt, der Sach- und Streitstand und insbesondere die Verpfändungserklärung entgegen. Der Logik der Beklagten folgend, hätte sie also im Jahr 2009 – mithin ca. zwei Jahre nach der Ehescheidung – eine Verpfändung zugunsten der Klägerin bestätigt, die von Anfang ins Leere gegangen sein soll.

2. Das Pfandrecht der Klägerin an dem Versicherungsvertrag … besteht fort. Die Auszahlung des Rückkaufswertes an die Streitverkündete vor Pfandreife konnte das Pfandrecht der Klägerin nicht zum Erlöschen bringen (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2011 – V ZR 239/10). Die Streitverkündete konnte den Versicherungsvertrag zwar kündigen (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2016 – IV ZR 346/15). Für eine befreiende Leistung bei Bestehen eines Pfandrechts ist nach § 1281 BGB jedoch eine gemeinschaftliche Leistung an den Gläubiger und die Pfandgläubigerin erforderlich. Leistet der Schuldner, hier die Beklagte, entgegen seiner Pflicht aus § 1281 S. 1 BGB, lediglich an den Gläubiger und liegt kein Einverständnis der Pfandgläubigerin vor, so muss sich der Schuldner gegenüber der Pfandgläubigerin so behandeln lassen, als hätte er nicht geleistet. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn der Schuldner/die Beklagte keine Kenntnis von der Verpfändung hatte, §§ 1275, 407 BGB (vgl. Damrau, in: MüKo, BGB, 8. Aufl. 2020, § 1281 Rn. 7; Henn, in: BeckOGK, BGB, 01.06.2022, § 1281 Rn. 8). So liegt der Fall hier nicht. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie keine Kenntnis von dem Pfandrecht hatte. Der Beklagte war das Pfandrecht bekannt. Sie bestätigte die Verpfändung unter dem 25.06.2009 (vgl. Anl. 9 = Bl. 381 ff. d.A.). Eine anderweitige Aufhebung des Pfandrechts trägt die Beklagte nicht vor und ist auch nicht ersichtlich.

3. Die Beklagte muss sich mithin so behandeln lassen als hätte sie nicht geleistet. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin als Pfandgläubigerin entsprechend § 1281 S. 2 BGB die Hinterlegung der verpfändeten Forderung verlangen kann (vgl. RG, Urteil vom 03.11.1911 – VII 150/11, RGZ 77, 250, 254; Damrau, in: MüKo, BGB, 8. Aufl. 2020, § 1281 Rn. 5; Wicke, in: Palandt, 80. Aufl. 2021, § 1281 Rn. 2 ff.; Henn, in: BeckOGK, BGB, 01.06.2022, § 1281 Rn. 8 ff.; Seppelt, in: VersR 2003, 292).

Den Parteien ist zuzugeben, dass die Hinterlegung des Gegenwertes des Pfandes wenig praktikabel erscheint. Dies entspricht jedoch der Rechtslage. Die Hinterlegung ist schließlich auch sachgerecht. Das Pfandrecht der Klägerin an der Lebensversicherung … sollte etwaige Rentenansprüche der Klägerin gegenüber der Streitverkündeten absichern. Durch die Kündigung des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages ist eine Forderung auf Auszahlung des Rückkaufswertes entstanden. Diese Forderung hätte die Beklagte gemäß § 1281 BGB nicht an die Streitverkündete auszahlen dürfen. Vor der Pfandreife hätte die Beklagte den Rückkaufswert allenfalls zugunsten der Klägerin und der Streitverkündeten hinterlegen dürfen. Da die Beklagte an die Streitverkündete zahlte, entspricht es dem Gedanken von § 1281 S. 2 BGB, dass die Forderung nunmehr zugunsten der Klägerin zu hinterlegen ist, um die zukünftigen betrieblichen Rentenansprüche der Klägerin gegen die Streitverkündete abzusichern. Dies für den Fall, dass es der Streitverkündeten in der Zukunft nicht möglich ist, die betrieblichen Rentenansprüche der Klägerin zu erfüllen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Forderung auch keine Speziesschuld, deren erneute Leistung unmöglich wäre. Zum einen bestand das Pfandrecht fort. Zum anderen handelt es sich, nach der Kündigung, um eine Geldforderung, die insoweit als Gattungsschuld nicht unmöglich werden kann. Die Ansicht der Beklagten würde schließlich dazu führen, dass die Absicherung einer betrieblichen Rente durch ein Pfandrecht an einer Rückdeckungsversicherung letztlich stets durch den Arbeitgeber unterlaufen werden könnte und letztlich wertlos wäre. Folgte man der Argumentation der Beklagten, könnte der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer stets die Rückdeckungsversicherung kündigen, sich den Rückkaufswert einverleiben und so das Pfandrecht des Arbeitnehmers unterlaufen. Geriete er sodann in finanzielle Kalamitäten, würde der Rentenanspruch des Arbeitnehmers faktisch ins Leere laufen. Eine Sicherheit bestünde nicht (mehr). Die Sicherheit hinge mithin von dem Wohlwollen des Arbeitgebers ab.

Ein Schadensersatzanspruch kommt hingegen aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Ein vertraglicher Anspruch scheidet aus, da zwischen der Klägerin und der Beklagten kein vertragliches Verhältnis zustande gekommen ist. Ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch scheitert jedenfalls an dem Fehlen eines Schadens (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2011 – V ZR 239/10). Das Pfandrecht ist nämlich nicht erloschen (siehe oben und ebenda).

Über die Hilfsanträge war nicht zu entscheiden. Die Klägerin hat mit ihrem Hauptantrag Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und 91a ZPO. Sofern die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu Ziffer 1) und Ziffer 2) für erledigt erklärt haben, waren die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Der Klägerin stand gegenüber der Beklagten ursprünglich ein Auskunfts- und Einsichtsanspruch gemäß § 15 DSGVO zu (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2021 – VI ZR 576/19). Die Klage war insofern ursprünglich bis zum Zeitpunkt der Erledigung zulässig und begründet.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird auf 206.385,93 € festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung erfolgte nach § 3 ZPO. Der Streitwert setzt sich aus dem ursprünglichen Antrag auf Auskunftserteilung und dem Hinterlegungsanspruch zusammen. Der Wert des Auskunftsanspruchs wird dabei auf 30.841,55 € (ursprüngliche Antrag zu Ziffer 1), vgl. Bl. 2 d.A.) festgesetzt. Der Wert des Hinterlegungsanspruch ergibt sich aus der zu hinterlegenden Summe i.H.v. 123.366,21 €. Der Anspruch auf Auskunft bezieht seinen wirtschaftlichen Wert regelmäßig daraus, dass mit ihm die Durchsetzung eines Hauptanspruchs vorbereitet werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 19.04.2018 – IX ZB 62/17). Dieser lag hier in der Sicherung der betrieblichen Altersvorsorge der Klägerin. Diese Sicherheit umfasst einen Wert in Höhe von 123.366,21 €. Aufgrund der engen Verknüpfung zwischen Auskunfts- und Hauptanspruch ist es angemessen, den Wert des Auskunftsanspruchs mit einem Bruchteil des Hauptanspruches festzusetzen. Dieser wird hier mit einem Viertel des verfolgten Hauptanspruches festgesetzt. Dies entspricht einer Summe in Höhe von 30.841,55 €. Hinsichtlich des vormaligen Antrags zu Ziffer 2) (vgl. Bl. 2 d.A.) wird der Streitwert hinsichtlich der Versicherung mit der Endziffer -33 auf 12.336,62 € und hinsichtlich der Versicherung mit der Endziffer -27 auf 9.000 € festgesetzt.

Bis zum 16.12.2021 betrug der Streitwert 83.019,72 €. Sodann betrug der Streitwert 163.220,09 €. Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 16.12.2021 (vgl. Bl. 811 ff. d.A.) entsprechend erweitert.

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