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Elementarschadenversicherung – Wasserschaden durch die Bodenplatte drückendes Grundwasser

KG Berlin – Az.: 6 U 52/19 – Beschluss vom 18.06.2019

Gründe

I.

Der Kläger wird gemäß §522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 29. März 2019 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Denn der Senat ist nach Vorberatung einstimmig der Auffassung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern; auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

1. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Grund einer auf der Grundlage der hiermit in Bezug genommenen VGB 2008 sowie der “Besondere(n) Bedingungen für die Versicherung weiterer Elementarschäden (BWE 2008)” bestehenden Wohngebäudeversicherung auf Erstattung der durch einen Wasserschaden im Keller seines versicherten Einfamilienhauses entstandenen Kosten in Höhe von – nach seiner Behauptung – insgesamt 7.089,- EUR zzgl. Zinsen und Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen, nachdem auf Grund starker Regenfälle das Grundwasser angestiegen war und sich durch die unterhalb des Geländeniveaus liegende Bodenplatte des Hauses gedrückt hatte.

Durch hiermit in Bezug genommenes Urteil vom 29. März 2019 (Bl. 102-107 d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner hiermit ebenfalls in Bezug genommenen Berufung vom 10.Juni 2019, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.

2. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage auf Erstattung der nach der Behauptung des Klägers durch den Wasserschaden entstandenen Kosten zu Recht abgewiesen.

Dies gilt von vornherein hinsichtlich eines Betrages von 708,90 EUR (10 % des behaupteten Schadens von 7.089,- EUR). Denn die Parteien haben unter § 12 BWE 2008 im Rahmen der Versicherung weiterer Elementarschäden eine Selbstbeteiligung in Höhe von 10 % des Schadens (höchstens jedoch 5.000,- EUR) vereinbart, die – wie von der Beklagten bereits erstinstanzlich unwidersprochen ausgeführt – auf jeden Fall abzuziehen ist.

Aber auch im Übrigen – also in Höhe verbleibender 6.380,10 EUR – hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Berufung kann gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass kein Überschwemmungsschaden im Sinne von § 3 Nr. 1 BWE 2008 vorliegt. Denn es fehlt – wie das Landgericht auf Seite 4 und 5 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat – an der Voraussetzung, dass die außerhalb des versicherten Gebäudes liegende Oberfläche des Versicherungsgrundstücks durch eine der in § 3 Nr. 1 a) – c) BWE 2008 genannten Varianten überflutet worden ist.

Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor, die für das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen durch das Ausgangsgericht begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten.

Elementarschadenversicherung - Wasserschaden durch die Bodenplatte drückendes Grundwasser
(Symbolfoto: Sompetch Khanakornpratip/Shutterstock.com)

Im vorliegenden Fall lässt sich anhand des Vortrags des Klägers eine bedingungsgemäße Überschwemmung nicht feststellen. Allein die “Überflutung” des Kellerbereichs erfüllt die Anforderungen an eine bedingungsgemäße Überflutung im Sinne von § 3 Nr. 1 BWE 2008 – und damit einer versicherten Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen – nicht, weil der Keller Teil des Gebäudes ist (vgl. Senat, Beschluss vom 4.8.2015 – 6 U 69/15 -; OLG Köln VersR 2013, 1174). Dass sich Wasser zuvor in erheblichen Mengen auf der das Gebäude umgebenden Geländeoberfläche des Versicherungsgrundstücks angestaut habe, behauptet der Kläger nicht. Er verweist allein darauf, dass “das Grundwasser niederschlagsbedingt derart angestiegen ist, dass es durch die Bodenplatte des Hauses drückte”. Dies begründet jedoch aus der maßgeblichen Sicht eines um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht den Begriff der “Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks”. Denn die Klausel unterscheidet sprachlich die unbebaute Geländeoberfläche des Grundstücks (Grund und Boden des Versicherungsgrundstücks) von dem darauf befindlichen Gebäude. Da die Bodenplatte zum Gebäude gehört und nicht zu dem das Gebäude umgebenden Gelände, erfüllt dessen “Überflutung” ebensowenig den Überschwemmungsbegriff wie die Überflutung eines Balkons, einer Terrasse, eines Flachdachs oder eines Lichtschachts (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2012, 231, 232; OLG Hamm ZfSch 2006, 103; OLG Oldenburg VersR 2012, 437; OLG Köln a.a.O.; Senat a.a.O.; vgl. auch Wussow, Versicherung gegen die Folgen von Naturereignissen in der erweiterten Elementarschadensversicherung, VersR 2008, 1292, 1294).

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung vorträgt, dass die Auslegung des Landgerichts, die Überschwemmung des Kellers eines versicherten Gebäudes stelle keine Überflutung des Grundstücks dar, rechtsfehlerhaft sei, weil das Wohngebäude, wie sich aus § 94 BGB ergebe, einen Bestandteil des Grundstücks darstelle, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist es zutreffend, dass nach der Legaldefinition des § 94 Abs. 1 BGB Gebäude zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören. Darauf kommt es allerdings für die vorliegend streitentscheidende Frage, welche Gefahren und Schäden im Rahmen der “Versicherung weiterer Elementarschäden” versichert sind, nicht entscheidend an.

Auch mag dahinstehen, ob – wie der Kläger meint – ein durchschnittlicher und um die Auslegung der AVB bemühter Versicherungsnehmer das Gebäude als Teil des versicherten Grundstücks ansieht. Denn nach der von dem Kläger abgeschlossenen “Gebäudeversicherung” ist nicht das Grundstück als solches, sondern sind nach § 7 Nr. 1 AVB “die in dem Versicherungsschein bezeichneten Gebäude … auf dem … Versicherungsgrundstück’” versichert, wobei das Versicherungsgrundstück nach § 7 Nr. 2 e) AVB den Versicherungsort definiert.

Soweit der Kläger seine bereits erstinstanzlich dargelegte Auffassung wiederholt, auch ein Austritt von Grundwasser durch die Bodenplatte stelle einen Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche im Sinne der Bedingungen dar, weil als Erdoberfläche allgemein die Grenzfläche zwischen der festen Erdkruste sowie der Atmosphäre verstanden werde, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Erdoberfläche ganz allgemein als Oberfläche der Erdkugel definiert wird. Gleich welche dieser Definitionen man aber zu Grunde legt, erscheint es eher fernliegend, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, der sich bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbar verfolgten Zwecks und Sinnzusammenhangs darum bemüht, das Bedingungswerk zu erfassen (vgl. BGH VersR 2005, 828, 829) zu der Auffassung gelangt, auch die Bodenplatte eines Hauses als “Erdoberfläche” im Sinne der Bedingungen versteht. Denn als unterster Teil des Kellerbodens befindet sich die Bodenplatte an der tiefsten Stelle einer durch Aushub des Erdreichs geschaffenen künstlichen Vertiefung der Erdoberfläche (Keller) unterhalb des sonstigen Geländeniveaus.

Fehlerhaft ist aber vor allem der Ansatz des Klägers, sein Entschädigungsverlangen allein an den “Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche” zu knüpfen und diesen Teil der Klausel durch das Eindringen von Grundwasser durch die Bodenplatte in den Keller als erfüllt anzusehen. Denn versichert sind nach § 2 BWE 2008 – soweit vorliegend entscheidungserheblich – Schäden infolge von Überschwemmung, die in § 3 BWE 2008 definiert ist als “Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit Oberflächenwasser durch … Witterungsniederschläge (oder) Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche” infolge von Ausuferung oberirdischer Gewässer oder Witterungsniederschlägen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine – in den Bedingungen nicht näher definierte – “Überflutung des Grund und Bodens” dann anzunehmen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche (vgl. BGH a.a.O.) – also auf dem versicherten Grundstück, aber außerhalb des Gebäudes (vgl. OLG Oldenburg VersR 2012, 437) – ansammeln. Die Klausel unterscheidet insoweit die unbebaute Geländeoberfläche (Grund und Boden) des Grundstücks von dem versicherten Gebäude selbst. Eine bedingungsgemäße Überschwemmung ist deshalb nicht anzunehmen, wenn – wie hier – nur in den Keller des Gebäudes (auch Grund-) Wasser eingedrungen ist. Vielmehr muss sich das schadenstiftende Wasser infolge der Ausuferung von oberirdischen Gewässern, von Witterungsniederschlägen oder Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche außerhalb des Gebäudes, nämlich auf dem das Gebäude umgebenden “Grund und Boden”, auf dem das Gebäude liegt, angesammelt haben (OLG Köln a.a.O.). Es genügt nicht, dass Wasser ohne eine solche Ansammlung außerhalb des Grundstücks in ein Gebäude hineingeflossen oder – wie hier – hineingedrückt worden ist (OLG Koblenz VersR 2018, 735-741).

Da es bereits an der Voraussetzung einer “Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit Oberflächenwasser” fehlt, bedarf die von dem Kläger aufgeworfene Frage, ob hinsichtlich des Klauselteils “Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche” der Anwendungsbereich des § 305 c Abs. 2 BGB eröffnet ist, keiner Entscheidung (zu den Voraussetzungen, unter denen § 305 c Abs. 2 BGB auf Versicherungsbedingungen Anwendung findet, vgl. BGH VersR 2017, 992-994).

II.

Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, zu den vorstehenden Hinweisen innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen, wobei im Kosteninteresse die Rücknahme der Berufung erwogen werden mag.

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