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Eintrittspflicht private Krankenversicherung bei stationärer Krankenhausbehandlung

OLG Stuttgart – Az.: 7 U 62/16 – Urteil vom 22.03.2018

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.03.2016, Az. 16 O 166/15, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.433,29 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.05.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.502,53 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in weiten Teilen begründet.

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung der Behandlungskosten gemäß § 192 Abs. 1 VVG, § 4 Abs.1 MB/KK 2009 i.V.m. dem Krankenversicherungsvertrag besteht dem Grunde nach nur für die Rechnungen vom 19.04.2013 und 13.06.2013 und den diesen zugrundeliegenden Behandlungen im Zeitraum 09.01.2013 bis 20.03.2013.

1.

Eintrittspflicht private Krankenversicherung bei stationärer Krankenhausbehandlung
(Symbolfoto: Thaiview/Shutterstock.com)

Dagegen ist ein weiterer Kostenerstattungsanspruch für die mit den Rechnungen vom 22.01.2013 und 01.02.2013 geltend gemachten Behandlungen im Zeitraum 17.10.2012 bis 28.12.2012 zu verneinen. Die Beklagte hat für diesen Zeitraum nur die Kosten der allgemeinen Krankenhausleistungen zu erstatten, was bereits geschehen und hier nicht streitgegenständlich ist.

a)

Für den abgerechneten Zeitraum 17.10.2012 bis 28.12.2012 haben die Parteien keine wirksame Wahlleistungsvereinbarung geschlossen, aus der sich der Anspruch auf eine gesonderte Berechnung der zugrundeliegenden Behandlungen ergibt.

Die Wirksamkeit einer Wahlleistungsvereinbarung setzt gemäß § 17 Abs. 2 KHEntG u.a. voraus, dass der Patient vor Abschluss der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen schriftlich informiert wird.

Eine Wahlleistungsvereinbarung, die entgegen § 17 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KHEntG ohne hinreichende vorherige Unterrichtung des Patienten abgeschlossen worden ist, ist unwirksam (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 19.02.1998 – III ZR 169/97, juris; BGH, Urteil vom 27.11.2003 – III ZR 37/03, juris: zum Zeitpunkt dieser BGH-Rechtsprechung war das Erfordernis der Schriftlichkeit noch nicht gesetzlich festgeschrieben, daher hielt es der BGH nur für „zweckmäßig“, die Unterrichtung schriftlich vorzunehmen; vgl. Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, Kommentar, 3. Auflage, § 17 KHEntG Rn 26 und 31).

Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung am 17.10.2012 eine derartige schriftliche Information erhielt. Eine von der Klägerin unterschriebene Information liegt nur für den zweiten Behandlungszeitraum datierend vom 09.01.2013 vor.

Ihre persönliche Anhörung im Termin vom 01.03.2018 hat nicht zur Überzeugung des Senats geführt, dass die Klägerin auch am 17.10.2012 vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung eine schriftliche Information über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen erhielt.

Grundsätzlich ist es dem Tatrichter im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO erlaubt, allein aufgrund des Vortrags der Parteien und ohne Beweiserhebung festzustellen, was für wahr und was für nicht wahr zu erachten ist (BGH, Urteil vom 06.10.1981 – X ZR 57/80, juris; BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 – 2 BvR 3068/14, juris). Er kann dabei im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben einer Partei unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht – auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt – beweisen kann (BGH, Urteil vom 07.02.2006 – VI ZR 20/05, juris; BGH, Urteil vom 24.04.1991 – IV ZR 172/90, juris).

Die Klägerin hat in ihrer persönlichen Anhörung zur Frage, ob sie eine schriftliche Patienteninformation in Zusammenhang mit der Wahlleistungsvereinbarung vom 17.10.2012 erhalten habe, lediglich angegeben, dass sie denke, eine solche am 17.10.2012 unterschrieben zu haben. Sie gehe davon aus, dass diese identisch mit derjenigen vom 09.01.2013 gewesen sei. In ihren Unterlagen habe sie diese nicht mehr gefunden. Nähere Angaben zum Ablauf der Vereinbarung und zum Erhalt der Information im Rahmen ihrer stationären Aufnahme konnte sie nicht machen.

Dies reicht aber nicht aus, um mit der erforderlichen Gewissheit feststellen zu können (§ 286 ZPO), dass die Klägerin auch am 17.10.2012 vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung schriftlich informiert wurde und nicht nur am 09.01.2013. Dass die Klägerin denkt, sie habe eine solche Information unterschrieben, bedeutet gerade nicht, dass sie sich tatsächlich daran erinnert, vor der Wahlleistungsvereinbarung am 17.10.2012 schriftlich umfassend informiert worden zu sein. Der Angabe ist vielmehr zu entnehmen, dass die Klägerin vermutet, eine solche Information erhalten zu haben, weil sie auch am 09.01.2013 eine solche erhielt und unterschrieb. Dabei handelt es sich aber um eine Mutmaßung und keine tatsächliche Erinnerung. Der Senat übersieht nicht, dass es für die Klägerin aufgrund des Zeitablaufs schwierig gewesen sein dürfte, sich an die Umstände um den Beginn ihres stationären Aufenthalts zu erinnern. Da die Klägerin aber die von der Beklagten bestrittene vorherige schriftliche Information als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung voll beweisen muss (§ 286 ZPO) und eine von ihr für diesen Zeitraum unterschriebene Patienteninformation auch über die Klinik nicht zu erhalten war, reicht die bloße Vermutung der Klägerin, eine solche schriftliche Information erhalten zu haben, nicht aus, um diesen Beweis zu erbringen.

b)

Die gemäß § 17 Abs. 2 KHEntG erforderliche Information der Klägerin ist auch nicht in der Wahlleistungsvereinbarung selbst enthalten.

Die nach der Rechtsprechung des BGH verlangte kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen, wobei zum Ausdruck kommt, dass hierdurch ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Ärzte sichergestellt werden soll, verbunden mit dem Hinweis, dass der Patient auch ohne Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält, ist in der Wahlleistungsvereinbarung vom 17.10.2012 nicht enthalten (vgl. zu den erforderlichen Kriterien einer hinreichenden Information: BGH, Urteil vom 27.11.2003 – III ZR 37/03, juris; BGH, Urteil vom 04.11.2004 – III ZR 201/04, juris). Auch die Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen ist nicht ausreichend. Zwar ist auf die Gebührenordnung für Ärzte hingewiesen, es ist aber nicht hinreichend vermerkt, dass sich der Gebührensatz je Schwierigkeit und Zeitaufwand erhöhen kann (BGH, a.a.O.). Letztlich ist auch kein ausreichender Hinweis auf die Möglichkeit der erheblichen finanziellen Mehrbelastung als Folge der Wahlleistungsvereinbarung enthalten (vgl. BGH, a.a.O.). Allein der Hinweis darauf, dass kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz für Wahlleistungen besteht und der Patient als Selbstzahler zur Entrichtung des Entgelts verpflichtet ist, reicht hierfür nicht aus.

c)

Auch der Einwand der Klägerin, sie habe in jedem Fall eine Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaus treffen wollen, unabhängig von einer vorherigen Unterrichtung über deren Folgen, was sich schließlich auch darin zeige, dass sie nur wenige Wochen später erneut eine solche unterschrieb, führt zu keiner anderen Bewertung.

Die am 09.01.2013 unterschriebene Vereinbarung über Wahlleistungen bezog sich nur auf die unmittelbar bevorstehende Behandlung ab diesem Zeitpunkt. Dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt eine Wahlleistungsvereinbarung abschloss, bedeutet nicht zwingend, dass sie eine solche auch bereits für die Behandlung ab Oktober 2012 vereinbart hätte. Der Schutzcharakter des § 17 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KHEntG würde unterlaufen, wenn die Möglichkeit bestünde, eine ohne vorherige schriftliche Information abgeschlossene und damit unwirksame Wahlleistungsvereinbarung rückwirkend durch eine Genehmigung zu heilen. Der Patient soll durch die vor Abschluss der Vereinbarung erfolgte Information vor übereilten Entscheidungen und den durch die Wahlleistungsvereinbarung regelmäßig nicht vorhersehbaren Kostenrisiken geschützt werden (vgl. Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, Kommentar, 3. Auflage, § 17 KHEntG Rn 21; BGH, Urteil vom 19.02.1998 – III ZR 169/97, juris). Möglicherweise könnte sich der Patient nach Beginn der Behandlung dazu verpflichtet fühlen, die Wahlleistungsvereinbarung einzig deshalb zu genehmigen, um das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht zu belasten. Im Hinblick auf die Unterlegenheit des Patienten im Wissen um die Kostenfolgen einer Wahlleistungsvereinbarung kommt eine Ausnahme von der Nichtigkeitsfolge nur dann in Betracht, wenn es unter Berücksichtigung der Beziehungen der Parteien der Wahlleistungsvereinbarung schlechthin untragbar scheint, dass sich der Patient auf die Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung beruft (Uleer/Mietbach/Patt, a.a.O., § 17 KHEntG Rn 24). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.

Die Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung hat zur Folge, dass die erbrachten Leistungen nur als allgemeine Krankenhausleistungen im Rahmen des Behandlungsvertrags mit dem F. abgerechnet werden dürfen. Auch dem Chefarzt selbst steht wegen § 139 BGB kein eigener Vergütungsanspruch zu. Somit besteht auch kein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Krankheitskostenversicherungsvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2002 – III ZR 58/02, juris; OLG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 07.04.2011 – 4 O 11065/06, juris).

Daraus folgt, dass die mit den beiden Rechnungen vom 22.01.2013 und 01.02.2013 geltend gemachten Behandlungskosten in Höhe von 3.043,39 € und 1.499,61 €, insgesamt in Höhe von 4.543,00 €, der Klägerin nicht zuzusprechen sind.

2.

a)

Im Hinblick auf die mit den Rechnungen vom 19.04.2013 und 13.06.2013 geltend gemachten Kosten für Leistungen im Zeitraum 09.01.2013 bis 20.03.2013 hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 1 Abs. 1 und 2 MB/KK 2009 i.V.m. § 4 Abs. 2 MB/KK 2009 und den Tarifbestimmungen PS2, dort unter Ziffer II. 1a) dem Grunde nach für die jeweils abgerechneten und von Prof. Dr. E. oder seinem ständigen ärztlichen Vertreter, Dr. M., persönlich erbrachten Leistungen, abgerechnet mit den GOÄ Ziffern 45 (Visite), 801 (eingehende psychiatrische Untersuchung), 804 (psychiatrische Behandlung, eingehendes therapeutisches Gespräch), 861 (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, mindestens 50 Minuten) und 865 (Behandlungsbesprechung mit nichtärztlichen Psychotherapeuten).

aa)

Für diesen Zeitraum bestand eine gültige Wahlleistungsvereinbarung, die die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 KHEntG erfüllte. Insbesondere unterzeichnete die Klägerin am 09.01.2013 eine gesonderte Patienteninformation, die den Anforderungen an eine patientengerechte Unterrichtung gerecht wurde.

bb)

Die Leistungen nach den Ziffern 45, 801, 804, 861 und 865 GOÄ wurden vom Chefarzt Prof. Dr. E. entweder selbst oder von seinem Stellvertreter durchgeführt.

Das Landgericht hat es für erwiesen angesehen, dass Prof. Dr. E. im oben genannten Zeitraum die Klägerin beinahe jeden Tag sah und einmal in der Woche mit ihr ein 50-minütiges Gespräch durchführte. Darüber hinaus suchte er regelmäßig das Gespräch mit den ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern und erörterte in diesem Zusammenhang die konkrete Behandlung der Klägerin. Auch hat sich das Landgericht davon überzeugt, dass im Rahmen der beinahe täglich durchgeführten Visite gleichzeitig eine eingehende Untersuchung der Klägerin und ein psychiatrisches Gespräch durch Herrn Prof. Dr. E. oder seinen Stellvertreter stattfanden.

Die Ausführungen des Zeugen E. hielt das Landgericht für glaubhaft und nachvollziehbar.

An diese Feststellungen ist das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden. Konkrete Zweifel an der Richtigkeit sind nicht begründet. Die Angaben des Zeugen im Hinblick auf die Frequenz der Visite und 50-minütigen Sitzungen können zumindest teilweise anhand der vorgelegten Dokumentation nachvollzogen werden. Dass die Dokumentation insgesamt Lücken aufweist und allein Kreuze in den Erhebungsbögen ohne nähere Beschreibung der Leistung nicht die Anforderungen an eine ärztliche Dokumentation erfüllen können, liegt nahe, kann aber vorliegend dahin gestellt bleiben. Der Anspruch des Arztes auf Erstattung seiner Kosten hängt nicht von der Vornahme oder „Wirksamkeit“ der Dokumentation ab, sondern setzt das Stattfinden der Behandlung voraus. Eine gebührenrechtliche Sanktion für eine unzureichende Dokumentation ist weder in §§ 630a ff. BGB noch in der GOÄ vorgesehen. Die Dokumentation erleichtert den Nachweis der Vornahme der jeweiligen Leistung. Diesen Nachweis kann die Klägerin vorliegend nicht alleine anhand der vorgelegten Dokumentation führen, da sie hierfür nicht ausreichend ist. Anhand der Dokumentation können aber die Angaben des Zeugen nachvollzogen werden, auch wenn im Hinblick auf einzelne Ziffern (Ziffer 860 GOÄ) für den streitgegenständlichen Zeitraum eine Divergenz zwischen den Angaben des Zeugen und der Dokumentation festzustellen ist. Diese Divergenz alleine begründet aber noch keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts, dass Prof. Dr. E. die Klägerin beinahe jeden Tag selbst aufsuchte, dabei über die bloße Visite hinaus Untersuchungen und psychiatrische Gespräche mit der Klägerin durchführte, einmal die Woche eine 50-minütige Einzeltherapiesitzung abhielt, regelmäßig Gespräche mit den ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern führte und mit diesen die Behandlung der Klägerin erörterte.

cc)

Diese Leistungen stellten eine über die allgemeine Krankenhausleistung hinausgehende persönliche Behandlung der Klägerin dar, die sie sich mit der Wahlleistungsvereinbarung „hinzugekauft“ hatte.

Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch aufgrund einer Wahlleistungsvereinbarung ist grundsätzlich die persönliche Leistungserbringung, wie sie in §§ 630a, 611, 613 BGB vorgesehen ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2002 – 5 U 123702, juris; Bach/Moser/Göbel, Private Krankenversicherung, 5. Aufl. 2015, nach § 1 MB/KK Rn 285).

Der Patient schließt den Wahlleistungsvertrag im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz des Chefarztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will (BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07; BGH, Urteil vom 19.02.1998 – III ZR 169/97; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.1995 – 8 U 33/94, jeweils zitiert nach juris). Die grundsätzliche Pflicht des Wahlarztes zur persönlichen Behandlung hat ihre gebührenrechtliche Entsprechung in § 4 Abs. 2 GOÄ. Danach kann der Arzt Gebühren nur für selbstständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht worden sind; allerdings darf er einfache ärztliche und sonstige medizinische Verrichtungen delegieren. Demzufolge muss der Wahlarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen (BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07, juris). Zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Wahlarztvertrag ist es erforderlich, dass der gewählte Arzt durch sein eigenes Tätigwerden der wahlärztlichen Behandlung sein persönliches Gepräge gibt, d.h., er muss sich zu Beginn, während und zum Abschluss der Behandlung mit dem Patienten befassen; Hauptleistungen hat er stets persönlich zu erbringen (BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07; OLG Oldenburg, Urteil vom 14.12.2011 – 5 U 183/11; OLG Köln, Urteil vom 25.08.20085 – 5 U 243/07, jeweils zitiert nach juris; Bach/Moser/Göbel, Private Krankenversicherung, 5. A. 2015, nach § 1 MB/KK Rn. 283 m.w.N.).

Der Chefarzt Prof. Dr. E. erbrachte die Kernleistung im Rahmen der Behandlung der mittelgradig depressiven Störung der Klägerin persönlich.

Die Sachverständigen haben in ihrem schriftlichen Gutachten vom 15.08.2017 ausgeführt, dass bei der Behandlung der mittelgradig depressiven Störung der Klägerin die einmal wöchentlich durchgeführte Einzeltherapiesitzung in Form eines 50-minütigen Gesprächs durch den Chefarzt Prof. Dr. E. die wesentliche Kernleistung der Behandlung dargestellt habe. Die zusätzlich durch ihn oder seinen Stellvertreter drei- bis fünfmalig pro Woche durchgeführten Visiten und Gespräche und fast wöchentlichen Besprechungen mit nichtärztlichen Therapeuten führten aus gutachterlicher Sicht eindeutig zu der Feststellung, dass der Chefarzt durch sein Tätigwerden zu Beginn, während und zum Abschluss der Behandlung der Patientin sein persönliches Gepräge gegeben habe.

Der Sachverständige Prof. Dr. N. hat das im Rahmen der mündlichen Anhörung im Termin am 01.03.2018 noch einmal bestätigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe dem auch nicht entgegen, dass die 50minütigen Einzeltherapiesitzungen nur einmal die Woche durchgeführt wurden. Diese Art von Einzeltherapiesitzungen werde nicht täglich durchgeführt, es sei vielmehr sinnvoll, zwischen den Sitzungen einen zeitlich ausreichenden Abstand einzuhalten.

Der Senat ist von der Richtigkeit dieser Ausführungen der Sachverständigen überzeugt. Als ärztliche Direktorin (Prof. Dr. Dr. D.) und geschäftsführender Oberarzt (Prof. Dr. N.) der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik F. sind diese zweifellos fachkundig. Sie haben ihre gutachterlichen Einschätzungen überzeugend, nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei dargestellt. Es ist nicht erkennbar, dass hierbei maßgebliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen oder falsch bewertet worden sind. Ihre Ausführungen zur Rechtsprechung des OLG Celle (Urteil vom 15.06.2015, – 1 U 98/14, juris) sollten lediglich dazu dienen, eine exemplarische Rechnung anzuführen, die sie für sachgerecht hielten.

Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass die wöchentlichen 50minütigen Einzeltherapiesitzungen, die von Prof. Dr. E. jeweils selbst durchgeführt wurden, die Gesamtbehandlung der Klägerin mitprägten. Zusätzlich zum beinahe täglichen Kontakt, den der Chefarzt mit der Klägerin bei den Visiten hatte, bildeten daneben dessen Koordination und Steuerung der Behandlung in Form unterschiedlicher Therapien die Kernleistungen der Behandlung der Klägerin.

b)

Bei den am 05.03.2013, 14.03.2013 und 18.03.2013 vom Stationsarzt Dr. E. durchgeführten psychotherapeutischen Behandlungen, abgerechnet mit der Ziffer 849 GOÄ, handelte es sich ebenfalls um Leistungen, die als wahlärztliche Leistungen im Sinne der Wahlleistungsvereinbarung i.V.m § 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntG und § 4 Abs. 2 GOÄ berechnet werden können.

Therapeutische Leistungen, die nicht vom Chefarzt persönlich erbracht werden, dürfen ausweislich der Wahlleistungsvereinbarung und gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 KHEntG dann als wahlärztliche Leistungen abgerechnet werden, wenn die allgemeinen Krankenhausleistungen durch die Wahlleistungen nicht beeinträchtigt werden, die gesonderte Berechnung mit dem Krankenhaus vereinbart ist und die Leistungen von einem Arzt oder einer Psychologischen Psychotherapeuten oder einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erbracht werden.

Die psychotherapeutischen Behandlungen durch Dr. E. waren Bestandteil des von Prof. Dr. E. gesteuerten und beaufsichtigten Behandlungsplans und nicht schon von den allgemeinen Krankenhausleistungen abgedeckt.

Die Sachverständigen haben hierzu ausgeführt, dass die therapeutischen Maßnahmen von Dr. E. Teil des Therapieprogramms von Prof. Dr. E. gewesen seien, um die bei der Klägerin diagnostizierte rezidivierende mittelgradig depressive Störung zu behandeln. Aus der vorliegenden Dokumentation gehe eindeutig hervor, dass Prof. Dr. E. während des gesamten Behandlungsverlaufs die bei der Klägerin durchgeführten Behandlungsmaßnahmen gesteuert, konkret beeinflusst und diesen damit sein persönliches Gepräge gegeben habe. Das entspreche auch den S3-Leitlinien zur Behandlung einer Depression, in denen niedergelegt sei, dass die stationäre Behandlung einer Depression nicht nur in der Durchführung einer Einzeltherapie, sondern aus einem komplexen multiprofessionellen Behandlungsplan bestehe, an dem viele Personen wie Chefarzt, Oberarzt, weitere Ärzte, Fachtherapeuten und Pflege beteiligt seien.Die vom Chefarzt geplanten und gesteuerten psychotherapeutischen Behandlungen gingen auch über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinaus.

Aufgrund dieser plausiblen und einleuchtenden Ausführungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die psychotherapeutischen Behandlungen durch Dr. E. an den einzelnen oben aufgeführten Tagen zum umfassenden Therapieprogramm gehörten, welches vom Chefarzt Prof. Dr. E. zusammengestellt, koordiniert und beaufsichtigt wurde und darüber hinaus nicht bereits mit den allgemeinen Krankenhausleistungen abgedeckt waren. Damit durften sie als wahlärztliche Leistungen gesondert berechnet werden.

Der gemäß § 5 Abs. 5 GOÄ bei Leistungen nachgeordneter Ärzte lediglich erlaubte 2,3- fache Steigerungssatz wurde in der Abrechnung eingehalten.

c)

Dagegen können die vom Stationsarzt Dr. E. im o.g. Zeitraum durchgeführten Gruppenpsychotherapiesitzungen, abgerechnet mit Ziffer 862 GOÄ, nicht abgerechnet werden. Sie waren zwar auch Teil des von Prof. Dr. E. zusammengestellten Therapieprogramms.

Allerdings sieht die Gebührenziffer 862 GOÄ für eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bei einer Gruppenbehandlung eine Mindestdauer von 100 Minuten voraus. Vorliegend dauerten die Sitzungen lediglich 50 Minuten, was sich zum einen aus den Erhebungsbögen ergibt, zum anderen aber auch aus den Rechnungen selbst, in denen die Minderung des Gebührensatzes bei der jeweils geltend gemachten Ziffer 862 vom Faktor 2,3 auf 1,2 mit der kürzeren Dauer der Sitzungen begründet wurde.

Die GOÄ, insbesondere im einschlägigen Abschnitt G (Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie), setzt bei einigen Gebührenziffern eine Mindestdauer voraus, bei anderen schreibt sie diese nicht vor. Dass die Mindestdauer einen wesentlichen Faktor darstellt, der die Gebühr erst entstehen lässt, ergibt sich bereits aus § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ, wonach als Voraussetzung für die Fälligkeit einer Rechnung verlangt wird, dass bei solchen Gebührenziffern die Mindestdauer im Leistungstext mit angegeben wird.

Wird die in der Ziffer vorgeschriebene Mindestdauer nicht eingehalten, erfüllt die Leistung nicht die Anforderungen an den abrechenbaren Leistungsinhalt.

Der Sachverständige Prof. Dr. N. hat hierzu im Termin vom 01.03.2018 ausgeführt, dass eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie in Form der Gruppenbehandlung erfordere, dass sie von längerer, also mindestens 100-minütiger Dauer sei, um dem Sinn einer solchen Therapie gerecht zu werden und Erfolg zu versprechen. Eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie könne auch nicht mit einer Verhaltenstherapie verglichen werden.

Ausgehend von diesen nachvollziehbaren und für den Senat überzeugenden Ausführungen und ausgehend von den Regelungen der GOÄ, die eben nur bei bestimmten Therapien eine Mindestdauer voraussetzen, kommt eine Berechnung der 50minütigen psychotherapeutischen Gruppentherapie durch Dr. E. nach der Ziffer 862 GOÄ daher nicht in Betracht.

Die Unterschreitung der Mindestdauer um die Hälfte kann auch nicht durch die Minderung des Gebührensatzes dieser Ziffer ausgeglichen werden. Sinn und Zweck dieser Regelung sowie der Gebührenordnung insgesamt würden unterlaufen, wenn die einzelnen Leistungen bei einer wesentlichen Abweichung vom Leistungstext der Ziffer durch die Erhöhung oder Senkung des Gebührensatzes unter eine nicht einschlägige Gebührenziffer subsumiert werden könnten.

Im Vergleich zu den Ziffern 804 und 806 der Gebührenordnung, wonach eine höhere Gebühr verlangt werden kann, wenn das eingehende therapeutische Gespräch mindestens 20 Minuten dauert (dann Ziffer 806, ansonsten Ziffer 804), sieht die Gebührenordnung für eine kürzer als 100 Minuten dauernde tiefenpsychologisch fundierte Gruppentherapie gar keine Berechnung vor. Eine analoge Anwendung gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ kommt vorliegend auch nicht in Betracht, da die kürzeren Gruppenbehandlungen nach Art, Kosten- und Zeitaufwand keinen anderen im Gebührenverzeichnis festgesetzten gleichwertigen Leistungen entsprechen.

d)

Im Hinblick auf die in den Rechnungen geltend gemachte Gebührenziffer 806 (psychiatrische Behandlung 20 Minuten) hat die Klägerin nicht vorgetragen, von wem und wann diese Leistungen erbracht wurden. Auch aus den Erhebungsbögen geht die Durchführung dieser Behandlung nicht hervor, sondern lediglich die nach der Gebührenziffer 804 berechneten zeitlich nicht festgelegten psychiatrischen Behandlungen. Darüber hat die Klägerin auch vorgetragen.

Daher kann sie für diese Behandlungen nur die Gebührenziffer 804 geltend machen, die als Minus zur Ziffer 806 erstattungsfähig ist.

e)

Mit Ausnahme der Frequenz der abgerechneten Ziffern 801 (eingehende Untersuchung) und 860 (eingehende Anamnese) waren die oben aufgeführten erstattungsfähigen Behandlungen und Untersuchungen im streitgegenständlichen Behandlungszeitraum medizinisch notwendig im Sinne des § 192 VVG und § 1 Abs. 2 MB/KK 2009 i.V.m. Ziffer II der Tarifbestimmung PS2.

Der Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung knüpft nicht an den Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem behandelnden Arzt und die nach diesem Vertrag geschuldete medizinische Heilbehandlung an. Vielmehr wird damit ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Diese objektive Anknüpfung bedeutet zugleich, dass es für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein auf die seines behandelnden Arztes ankommen kann. Gegenstand der Beurteilung können nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß liegt eine medizinisch notwendige Heilbehandlung dann vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.10.2013 – IV ZR 307/12, juris).

aa)

Die medizinische Notwendigkeit der tiefenpsychologischen Einzeltherapiesitzungen (Ziffer 861 GOÄ), der Visiten (Ziffer 45 GOÄ), psychiatrischen Behandlungen (Ziffer 804 GOÄ) und psychotherapeutischen Behandlungen (Ziffer 849 GOÄ) ergibt sich unschwer aus dem umfassenden Behandlungs- und Therapieplan im Hinblick auf die bei der Klägerin diagnostizierte Depression, zu dem die Sachverständigen überzeugend ausgeführt haben, dass dieser den S3-Leitlinien entsprach und medizinisch indiziert war.

bb)

Die mit Ziffer 865 GOÄ abgerechneten wöchentlichen Behandlungsbesprechungen des Chefarztes mit nichtärztlichen Psychotherapeuten waren entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls medizinisch notwendig.

Die Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D. und Prof.Dr. N. haben hierzu ausgeführt, dass die stationäre Behandlung einer wie bei der Klägerin diagnostizierten Depression einem komplexen multiprofessionellen Behandlungsplan unter Einbeziehung mehrerer Ärzte, Therapeuten und Pfleger unterliege, welcher gesteuert und koordiniert werden müsse. Die wöchentliche Beratung des Chefarztes mit den Therapeuten über den individuellen Behandlungsverlauf der Klägerin sei deshalb wichtig und medizinisch indiziert gewesen. Der Sachverständige Prof.Dr. N. hat dies im Termin vom 01.03.2018 noch einmal bestätigt und trotz der Einwände der Beklagten daran festgehalten. Insbesondere hat er betont, dass es im Rahmen des multimodalen Behandlungsansatzes maßgeblich auf die Koordination der gesamten Therapie und damit auf die regelmäßigen Besprechungen mit sämtlichen in die Behandlung einbezogenen Therapeuten ankomme.

Diese Ausführungen sind überzeugend und plausibel. Es liegt nahe, dass die Koordination und der weitere Ablauf einer so vielschichtigen Behandlung eine regelmäßige Rücksprache mit den an der Behandlung beteiligten Personen erfordern. Der Senat hält daher eine wöchentliche Behandlungsbesprechung mit den nichtärztlichen Psychotherapeuten für medizinisch notwendig und erstattungsfähig.

cc)

Im Hinblick auf die Gebührenziffer 860 (Anamnese) ergibt sich schon aus deren Wortlaut, dass diese Gebühr im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig ist.

Die Anamnese wird zu Beginn eines Behandlungszeitraums durchgeführt, erfordert aber keine weitere Erhebung dieser Art im Laufe der Behandlung. Für den Zeitraum ab 09.01.2013 kann die Klägerin diese Gebührenziffer daher mangels medizinischer Notwendigkeit nicht von der Beklagten erstattet bekommen.

dd)

Auch die Frequenz der eingehenden psychiatrischen Untersuchung (Ziffer 801 GOÄ) war in diesem Umfang nicht medizinisch notwendig.

Im Hinblick auf die eingehende psychiatrische Untersuchung der Klägerin haben die Sachverständigen bereits im schriftlichen Gutachten vom 15.08.2017 ausgeführt, dass eine solche Untersuchung zwar nicht nur bei Behandlungsbeginn, sondern auch im Krankheitsverlauf und zur Therapieplanung wiederholt erforderlich sein könne. Bei einem mehrmonatigen, kombiniert psychotherapeutischen und pharmakologischen Behandlungsverlauf einer Depression wie vorliegend bei der Klägerin sei eine tägliche Durchführung dieser ausführlichen Untersuchung ohne jeden Anlass aber nicht indiziert. Vielmehr sei vorliegend eine 1 bis 2mal wöchentliche Erhebung des psychopathologischen Befundes medizinisch erforderlich, aber auch ausreichend.

Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. N. im Rahmen der mündlichen Anhörung im Termin vom 01.03.2018 noch einmal bestätigt. Ergänzend hierzu hat er ausgeführt, dass anhand der Behandlungsdokumentation festgestellt werden könne, dass sich ab Mitte Januar 2013 bis zum 21.02.2013 eine andere Symptomatik gezeigt habe. Zu diesem Zeitpunkt seien sowohl die Medikation als auch der Therapieverlauf geändert worden. Aufgrund der Behandlungsumstellung halte er für diesen Zeitraum eine eingehende Untersuchung nach Ziffer 801 GOÄ zwei- bis dreimal die Woche für medizinisch notwendig.

Diese Ausführungen sind in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Sie erläutern den Sinn und Zweck der psychiatrischen Untersuchung, die über die bloße Visite hinausgeht und daher eine eingehendere Befassung mit der Patientin verlangt. Dass die eingehende Untersuchung aber nicht täglich stattfinden muss bei einem über mehrere Wochen andauerndem stationären Aufenthalt, ist nachvollziehbar. Der Senat ist daher überzeugt, dass die eingehende Untersuchung zwar regelmäßig, aber nicht täglich im Laufe der stationären Behandlung der Klägerin medizinisch notwendig war, dass sie außerdem bei der Therapie- und Medikamentenumstellung Mitte Januar bis zum 21.02.2013 häufiger indiziert war, um den weiteren Krankheitsverlauf zu kontrollieren.

Ausgehend hiervon ist die Beklagte verpflichtet, die Kosten für die Gebührenziffer 801 im Zeitraum 09.01.2013 bis 20.03.2013, einem Zeitraum von insgesamt 10 Wochen, insgesamt 20mal zu erstatten. Dabei ist berücksichtigt, dass im Zeitraum ab Mitte Januar bis zum 21.02.2013 eine zwei- bis dreimalige Untersuchung und im restlichen Zeitraum eine ein- bis zweimalige Untersuchung pro Woche medizinisch notwendig war.

f)

Auf die Erstattung der für die Gebührenziffern 887 GOÄ (psychiatrische Behandlung in Gruppen bei Kindern/Jugendlichen, mindestens 60 Minuten) und 847 GOÄ (übende Verfahren, Gruppenbehandlung, mindestens 20 Minuten) erhobenen Kosten hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte.

Diese Leistungen wurden von nichtärztlichen Therapeuten durchgeführt.

Eine Vereinbarung, wonach das F.-Krankenhaus Leistungen nichtärztlicher Therapeuten im Rahmen der Behandlung der Klägerin als wahlärztliche Leistungen gesondert abrechnen darf, wurde zwischen den Parteien nicht getroffen.

aa)

Streitgegenständlich ist vorliegend die am 09.01.2013 von den Parteien geschlossene Wahlleistungsvereinbarung, vorgelegt mit Anlage K5. Da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass darüber hinaus eine Individualabrede zwischen den Parteien über den Inhalt der Wahlleistungen getroffen wurde, kommt es auf diese formularmäßig getroffene Vereinbarung an.

Darin sind als gesondert berechenbare Wahlleistungen die ärztlichen Leistungen des Chefarztes vereinbart, einschließlich der von ihm veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Im direkt an diese Vereinbarung nachfolgenden Hinweis ist ausdrücklich festgeschrieben, dass die wahlärztlichen Leistungen vom Chefarzt persönlich oder unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung von einem nachgeordneten Arzt der Abteilung bzw. der ärztlich geleiteten Einrichtung erbracht werden.

Der Wortlaut dieser Vereinbarung ist eindeutig und erfasst Leistungen, die von einem nichtärztlichen Therapeuten erbracht werden, nicht.

Auch eine Auslegung der Vereinbarung aus der objektiven Sicht eines verständigen Patienten führt nicht zu der Annahme, dass Leistungen, die nicht von einem nachgeordneten Arzt erbracht werden, ebenfalls als wahlärztliche Leistungen zählen, die gesondert zu vergüten sind. Entgegen der klägerischen Auffassung wird dadurch weder der Sinn der Vereinbarung in Frage gestellt noch ins Gegenteil verkehrt. Sofern die Klägerin vorträgt, dass zwischen den Parteien eine psychotherapeutische Komplexbehandlung vereinbart gewesen sei und allein aus diesem Grund die gesonderte Berechnung auch nichtärztlicher Leistungen möglich sein müsse, ist dem entgegenzuhalten, dass aus der Vereinbarung über die Art und Weise der Behandlung nicht geschlossen werden kann, wie diese Behandlung berechnet werden darf. Die Wahlleistungsvereinbarung bezieht sich nicht auf die Art der Behandlung, sondern auf die Leistungen, die gesondert berechnet werden können.

Im Vergleich zu § 17 Abs.1 Satz 2 KHEntG enthält die Vereinbarung der Parteien noch nicht einmal eine Bestimmung darüber, dass auch nichtärztliche Leistungen von psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendpsychotherapeuten als wahlärztliche Leistungen erbracht werden. Eine gewollte und für den verständigen Patienten erkennbare Erweiterung der Regelung, wonach andere Leistungen, die nicht von einem nachgeordneten Arzt erbrachten werden, als wahlärztliche Leistungen abgerechnet werden können, ist der Wahlleistungsvereinbarung vom 09.01.2013 daher unter keinem Gesichtspunkt zu entnehmen.

Aus der Auslegung der Vereinbarung ergibt sich auch nicht, dass die bloße chefärztliche Anordnung, diese nichtärztliche Maßnahmen dem Patienten zuteilwerden zu lassen, die angeordnete Leistung selbst zur gesondert berechenbaren ärztlichen Leistung macht. Auch eine im Rahmen der Auslegung vorgenommene Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien führt zu keinem anderen Ergebnis. Es besteht kein Grund, entgegen dem klaren Wortlaut der Vereinbarung eindeutige nichtärztliche Leistungen in die Vergütungspflicht zugunsten des Wahlarztes einzubeziehen. Die Klägerin wollte sich durch die Wahlleistungsvereinbarung die persönliche Zuwendung und Behandlung eines besonders qualifizierten und erfahrenen Krankenhausarztes hinzukaufen (BGH, Urteil vom 19.02.1998 – III ZR 169/97, juris). Daran fehlt es, wenn bei der Behandlungsmaßnahme nicht einmal ein Arzt anwesend ist (OLG Köln Urteil vom 25.08.2008 – 5 U 243/07, juris; OLG Oldenburg, a.a.O).

Bei der Abwägung der Interessen muss gerade berücksichtigt werden, dass der Patient zum Zeitpunkt der Vereinbarung über die Wahlleistungen meist noch gar nicht abschätzen kann, welche Kosten auf ihn zukommen. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof die erforderlichen Kriterien für eine umfassende Patienteninformation aufgestellt, um zu einem gerechten Interessenausgleich zwischen Patient und Krankenhaus bzw. Wahlarzt zu gelangen. Ein gerechter Interessenausgleich kann aber nur dann stattfinden, wenn für den Patienten eindeutig und ohne Zweifel aufgrund der mit dem Krankenhaus getroffenen Vereinbarung festgestellt werden kann, welche Leistungen er gesondert zu bezahlen hat. Dass die Klägerin vorliegend nichtärztliche Leistungen gesondert zu bezahlen hat, ergibt sich weder aus der Vereinbarung selbst noch aus der schriftlichen Patienteninformation.

Auch die weiteren Ausführungen der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 12.03.2018 nach der mündlichen Verhandlung führen zu keinem anderen Ergebnis.

bb)

Da sich die fehlende Berechenbarkeit bereits aus der zwischen den Parteien getroffenen Wahlleistungsvereinbarung ergibt, kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, dass eine Vereinbarung, die Leistungen von nichtärztlichen Therapeuten in eine Wahlarztvereinbarung mit einbezieht, auch wenn diese nicht von psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erbracht werden, im Übrigen auch gegen § 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntG verstoßen würde. Diese Vorschrift regelt eindeutig, dass diagnostische und therapeutische Leistungen als Wahlleistungen nur dann gesondert berechnet werden dürfen, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 dieser Vorschrift erfüllt sind und die Leistungen zusätzlich von einem Arzt oder psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendpsychotherapeuten erbracht werden.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Satz 2 des § 17 Abs. 1 KHEntG auf wahlärztliche Leistungen anzuwenden und nicht nur auf medizinische Wahlleistungen. Etwas anderes kann auch nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des BGH vom 16.10.2004 (III ZR 85/14, juris) entnommen werden, da es in dieser Entscheidung nur darum ging, dass die auf konkrete Personen einer ärztlichen Wahlleistungsvereinbarung abstellende Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntG nicht durch die Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntG erweitert werden sollte.

cc)

Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ. Auch nach dieser Regelung sind nur selbstständige ärztliche Leistungen berechenbar, die der Arzt selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht werden. Dazu reicht es nicht aus, dass der Arzt lediglich die „Hilfsperson“, derer er sich für die Leistungserbringung bedient, sorgfältig auswählt. Das bloße Anordnen einer Leistung entspricht ebenfalls nicht den Anforderungen (vgl. Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Auflage 2006, § 4 GOÄ RdNr. 39; VG Stuttgart, Urteil vom 07.07.2008, 12 K 4319/07, juris).

Auch die Leistungstexte der hier streitgegenständlichen Gebührenziffern 847 und 887 GOÄ stellen nicht auf die ärztliche Anordnung der dann von nichtärztlichen Therapeuten durchgeführten Behandlungen ab. Vielmehr geht aus ihrem Wortlaut eindeutig hervor, dass die Durchführung der Gruppenbehandlung die nach diesen Ziffern zu berechnenden Gebühren auslöst.

Für die regelmäßig mit den nichtärztlichen Therapeuten erforderlichen Besprechungen über die Koordination der unterschiedlichen Therapiemaßnahmen und weitere Behandlungsplanung darf der Chefarzt die Gebührenziffer 865 GOÄ abrechnen. Dass er aber darüber hinaus sämtliche der Klägerin zuteil gewordenen diagnostischen und therapeutischen Leistungen, unabhängig davon, von wem sie erbracht worden sind, als eigene liquidieren darf, ergibt sich aber gerade nicht aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung.

g)

Die Klägerin kann folglich

aa)

für den Zeitraum 09.01.2013 bis 28.02.2013 folgende Kosten erstattet verlangen (bezogen auf die Rechnung vom 19.04.2013, aber ausgehend von den klägerischen Angaben im Schriftsatz vom 30.11.2016 (Bl. 295 ff):

35 x Ziffer 45 (9,38 €): 328,30 €

16 x Ziffer 801 (33,52€): 536,32 €

27 x Ziffer 804 (20,11 €): 542,97 €

6 x Ziffer 861 (92,50 €): 555,00 €

8 x Ziffer 865 (46,25 €): 370,00 €

Insgesamt: 2.332,59 €

Abzüglich 25% Minderung lt. § 6a GOÄ:

Ergebnis: 1.749,44 €

bb)

für den Zeitraum 01.03.2013 bis 20.03.2013 (Rechnung vom 13.06.2013 nach den Angaben der Klägerin im Schriftsatz vom 30.11.2016 (295ff.):

  • 10 x Ziffer 45 (9,38 €): 93,80 €
  • 4 x Ziffer 801 (33,52 €): 134,08 €
  • 9 x Ziffer 804 (20,11 €): 180,99 €
  • 3 x Ziffer 861 (92,50 €): 277,50 €
  • 3 x Ziffer 865 (46,25 €): 138,75 €
  • 3 x Ziffer 849 (30,83 €): 92,49 €

Insgesamt: 917,61 €

Abzüglich 25% entspr. § 6aGOÄ:

Ergebnis: 688,21 €

Insgesamt besteht damit ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 2.437,65 €.

Hiervon abzuziehen ist der Betrag der rückständigen Beiträge, den die Klägerin mit 1.004,36 € beziffert hat.

Nach Abzug dieses Betrags verbleibt eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 1.433,29 €.

3.

Ein Anspruch auf Zinsen steht der Klägerin erst ab Rechtshängigkeit gemäß § 291 BGB zu.

Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB kann sie dagegen nicht verlangen, da die Beklagte vor Rechtshängigkeit mit der Erstattung der streitgegenständlichen Behandlungskosten nicht in Verzug war.

Bei der Frage der Fälligkeit des Kostenerstattungsanspruchs kommt es auf das Verhältnis der Klägerin als Versicherungsnehmerin zur Beklagten als deren Versicherer an. Dabei kommt es in erster Linie nicht auf die Fälligkeit des Vergütungsanspruches des behandelnden Arztes nach § 12 GOÄ an, wobei der Kostenerstattungsanspruch gegen den Versicherer natürlich die Fälligkeit des ärztlichen Vergütungsanspruchs voraussetzt.

Der Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte als Versicherer ist vielmehr gemäß § 14 VVG erst fällig, wenn die notwendigen Erhebungen zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistung beendet sind. Der Versicherungsfall setzt die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung voraus, § 1 Abs. 2 MB/KK 2009.

Vorliegend hatte die Beklagte die allgemeinen Krankenhausleistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von insgesamt 30.292,07 € bezahlt.

Bei der Erstattung der Kosten für die wahlärztlichen Leistungen wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 05.06.2013 (Anlage K7, GA I, Bl. 33) darauf hin, dass zur Überprüfung der Erstattungspflicht um weitere Informationen gebeten werde, insbesondere um Auskunft darüber, welche Leistungen vom Chefarzt selbst und welche von dessen Stellvertreter erbracht wurden und wer die übrigen Leistungen durchführte.

Die Beklagte hatte ein berechtigtes Interesse an dieser Auskunft, um überprüfen zu können, inwieweit zum einen eine medizinische Notwendigkeit der einzelnen Maßnahmen zu bejahen war. Zum andern aber auch, welche Leistungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntG, § 4 Abs. 2 GOÄ berechtigterweise als wahlärztliche Leistungen abgerechnet werden durften. Im Hinblick auf die Feststellung der medizinischen Notwendigkeit traf die Klägerin gemäß § 9 MB/KK 2009 sogar eine Obliegenheit, bei Verlangen des Versicherers die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Diese notwendigen Auskünfte im Hinblick auf die Personen, die die abgerechneten Leistungen im Einzelfall erbrachten, hat die Klägerin erst im laufenden Verfahren nach Rechtshängigkeit erteilt.

Davor war der Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht fällig.Mangels Fälligkeit konnte die Beklagte auch nicht in Verzug geraten.

Dies hat zur Folge, dass die Beklagte weder Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB leisten noch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin als Verzugsschaden gemäß §§ 280, 286, 288 BGB erstatten muss. Auch kann die Klägerin nicht die Freistellung von den ärztlichen Anwaltskosten als weiteren Verzugsschaden gemäß §§ 280, 286, 288 BGB verlangen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zwar hat das OLG Celle (Urteil vom 15.06.2015, – 1 U 98/14, juris) die gesonderte Abrechenbarkeit nichtärztlicher Leistungen als wahlärztliche Leistungen bejaht. Die vorliegende Entscheidung basiert aber auf der zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits getroffenen Wahlleistungsvereinbarung und nicht entscheidungserheblich auf einer abweichenden Gesetzesanwendung.

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