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Einbruchdiebstahl: Beweislast für das äußere Bild – keine Zahlung ohne Spuren?

Nach einem vermuteten Einbruchdiebstahl forderte der Betreiber eines Lebensmittelladens in Hamm 74.000 Euro von seiner Geschäftsinhaltsversicherung. Die Versicherung zahlte keinen Cent, da fehlende Spuren und widersprüchliche Aussagen massive Zweifel am tatsächlichen Schadenfall aufwarfen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 U 29/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Hamm
  • Datum: 11.04.2024
  • Aktenzeichen: 6 U 29/22
  • Verfahren: Berufung
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Eine Ladenbesitzerin verlangte von ihrer Versicherung eine Zahlung wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls und Vandalismus. Die Versicherung weigerte sich, da sie Zweifel am Hergang des Einbruchs hatte.
  • Die Rechtsfrage: Muss eine Geschäftsinhaltsversicherung leisten, wenn der Versicherungsnehmer den behaupteten Einbruch nicht durch eindeutige Spuren oder widerspruchsfreie Zeugenaussagen belegen kann?
  • Die Antwort: Nein. Der Versicherungsnehmer muss das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls lückenlos nachweisen. Das Gericht sah keine geeigneten Einbruchspuren für ein gewaltsames Eindringen. Die Angaben des Geschäftsführers waren nicht plausibel und widersprachen den Zeugenaussagen und Polizeiberichten.
  • Die Bedeutung: Versicherungsnehmer tragen die volle Beweislast für das versicherte Ereignis. Fehlen die erforderlichen Einbruchspuren oder sind die Schilderungen widersprüchlich, geht dies zu Lasten des Versicherten.

Keine Spuren, kein Geld? Warum die Beweislast für das „äußere Bild“ eines Einbruchdiebstahls entscheidend ist

Ein verwüsteter Lebensmittelladen, eine zerstörte Kühlanlage und ein Schaden von über 74.000 Euro – für den Inhaber ein Desaster. Für seine Geschäftsinhaltsversicherung schien der Fall klar: Ein Einbruchdiebstahl, der zu ersetzen ist.

Sachverständiger dokumentiert die Schadensstelle: Es fehlen Spuren für das "äußere Bild" des Einbruchdiebstahls.
Beweislast beim Einbruch: Das OLG Hamm prüft das äußere Schadensbild bei Sachversicherungen. | Symbolbild: KI

Doch die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Ihr Argument: Es fehlte an überzeugenden Spuren, die einen Einbruch beweisen. Dieser Streit landete schließlich vor dem Oberlandesgericht Hamm, das am 11. April 2024 unter dem Aktenzeichen 6 U 29/22 eine Entscheidung traf, die für jeden Unternehmer mit einer Sachversicherung von fundamentaler Bedeutung ist. Sie beleuchtet eine der kritischsten Hürden im Versicherungsrecht: die Pflicht des Versicherten, das „äußere Bild“ eines Einbruchs lückenlos nachzuweisen.

Was war genau passiert?

Ein Unternehmer eröffnete 2019 einen Lebensmittelladen in Hamm und schloss dafür ab dem 1. Mai 2019 eine Geschäftsinhaltsversicherung ab. Diese deckte unter anderem Schäden durch Einbruchdiebstahl und Vandalismus ab. Nur wenige Monate später, am 10. November 2019, meldete er der Polizei einen verheerenden Einbruch.

Seiner Darstellung nach waren unbekannte Täter in das Geschäft eingedrungen, vermutlich durch ein kleines Fenster im hinteren Lagerraum. Sie hätten die Stromzufuhr der Kühlbereiche gekappt, die Überwachungstechnik gestohlen und die zentrale Kälteverbundanlage vorsätzlich zerstört. Der entstandene Schaden belief sich laut dem Ladeninhaber auf mindestens 74.091,41 Euro. Bereits wenige Tage nach der Meldung ließ er die Kühlanlage für über 12.000 Euro reparieren und forderte die gesamte Summe von seiner Versicherung.

Die Versicherung schickte einen Gutachter und prüfte den Fall, verweigerte am Ende aber die Leistung. Sie bestritt, dass überhaupt ein versicherter Einbruch stattgefunden habe. Es gäbe keine eindeutigen Einbruchspuren, die ein gewaltsames Eindringen belegen würden. Stattdessen deutete die Versicherung an, dass sie die Möglichkeit einer Vortäuschung des Schadens in Betracht ziehe, nicht zuletzt wegen des kurzen Zeitraums zwischen Vertragsbeginn und dem gemeldeten Vorfall. Zudem warf sie dem Geschäftsführer vor, durch das Berühren von Spuren am Tatort eine mögliche Beweisvereitelung begangen zu haben.

Der Ladeninhaber zog vor Gericht. Das Landgericht Dortmund wies seine Klage jedoch ab. Die Begründung war dieselbe wie die der Versicherung: Der Kläger habe nicht ausreichend beweisen können, dass die äußeren Umstände auf einen Einbruchdiebstahl hindeuten. Dagegen legte der Unternehmer Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein.

Welche rechtlichen Prinzipien standen im Mittelpunkt?

Im Zentrum dieses Falles steht nicht die Frage, ob der Schaden tatsächlich existiert, sondern ob seine Ursache den Bedingungen der Versicherungspolice entspricht. Die entscheidenden Spielregeln finden sich in den Versicherungsbedingungen und der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).

Gemäß den Versicherungsbedingungen (hier: VFS 2016, § 5) liegt ein Einbruchdiebstahl nur dann vor, wenn ein Täter auf eine bestimmte Art und Weise in das Gebäude eindringt – zum Beispiel durch Aufbrechen, Einsteigen oder die Verwendung eines falschen Schlüssels. Für einen Vandalismusschaden nach einem Einbruch gilt dieselbe Voraussetzung: Der Täter muss sich zunächst unrechtmäßig Zutritt verschafft haben.

Hier kommt der entscheidende juristische Begriff ins Spiel: die Beweislast für das „äußere Bild“ eines Einbruchdiebstahls. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (u.a. Urteil vom 08.04.2015 – IV ZR 171/13) muss der Versicherungsnehmer, also der Ladeninhaber, nicht den Einbruch selbst lückenlos beweisen – das ist oft unmöglich, da es selten direkte Zeugen gibt. Er muss aber Tatsachen darlegen und beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Einbruch schließen lassen. Zu diesem „äußeren Bild“ gehören typischerweise zwei Elemente:

  1. Das Fehlen von versicherten Sachen: Es muss nachweisbar sein, dass Gegenstände, die zuvor da waren, nun unauffindbar sind.
  2. Das Vorhandensein von Einbruchspuren: Es müssen Spuren existieren, die auf ein gewaltsames Eindringen hindeuten.

Der Versicherungsnehmer muss diese Mindesttatsachen voll beweisen. Gelingt ihm das nicht und bleiben Zweifel, gehen diese Zweifel vollständig zu seinen Lasten. Die Versicherung ist dann Leistungsfrei.

Warum wies das Oberlandesgericht die Berufung zurück?

Das Oberlandesgericht Hamm schloss sich der Argumentation des Landgerichts vollständig an und erklärte die Berufung für aussichtslos. Es stützte seine Entscheidung auf die strikte Anwendung der Beweislastregeln und eine sorgfältige Analyse der vorliegenden Fakten. Das Gericht ist laut Zivilprozessordnung (§ 529 Abs. 1 ZPO) grundsätzlich an die Tatsachenfeststellung der Vorinstanz gebunden, solange der Berufungskläger keine konkreten Anhaltspunkte für Fehler in der Beweiswürdigung liefert. Solche Fehler sah das OLG hier nicht.

Das unbewiesene „äußere Bild“ als zentraler Knackpunkt

Der Kern der Ablehnung war, dass der Ladeninhaber die Mindestanforderungen an den Beweis des „äußeren Bildes“ nicht erfüllte. Die vorgelegten Beweismittel und Zeugenaussagen zeichneten kein klares Bild eines Einbruchs, sondern waren von Widersprüchen und Ungereimtheiten geprägt. Da die Beweislast allein bei ihm lag, scheiterte sein Anspruch an den verbleibenden Zweifeln.

Die schwache Spurenlage: Was die Polizei tatsächlich fand (und was nicht)

Die Ermittlungsakte der Polizei war eines der wichtigsten Beweismittel. Der Kriminalhauptkommissar, der die Spurensicherung durchführte, sagte als Zeuge aus, er habe keine geeigneten Einbruchspuren finden können, die auf einen klaren Einstiegsweg der Täter hindeuteten. Die straßenseitigen Türen waren ordnungsgemäß verschlossen. Das Übergabeprotokoll der Polizei, auf das sich der Kläger berief, stützte seine Version ebenfalls nicht. Zwar war dort von „Stemmarbeiten“ an einer Seitentür die Rede, doch diese war unstreitig durchgehend verschlossen, was einen Eintritt hierüber unplausibel machte. Für den Bereich der Warenanlieferung, wo der Geschäftsführer einen weiteren möglichen Zugang vermutete, hielt das Protokoll explizit fest: „keine konkreten Spuren“.

Widersprüchliche Aussagen: Warum die Zeugen nicht überzeugten

Besonders schwer wogen die Widersprüche in den Aussagen. Der Geschäftsführer des Ladens hatte behauptet, ein Glasbaustein-Fensterelement im hinteren Lager sei aus der Verankerung gehangen, und er habe es vor Eintreffen der Polizei wieder eingehängt. Außerdem sei die Außentür eines Lastenaufzugs offen gewesen.

Doch die anderen Zeugen konnten diese entscheidenden Details nicht bestätigen. Ihre Aussagen waren entweder unergiebig oder widersprachen der Darstellung des Geschäftsführers. Diese Inkonsistenzen untergruben die Glaubwürdigkeit der gesamten Schilderung und machten es dem Gericht unmöglich, von einem bewiesenen Einbruchsgeschehen auszugehen.

Das Argument der Klägerin: „Fehlende Spurensicherung ist nicht unser Problem“

Der Ladeninhaber argumentierte in seiner Berufung, es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn die Polizei keine Spuren finde oder sichere. Diesem Einwand erteilte das Gericht eine klare Absage. Die Beweislast liegt beim Versicherungsnehmer. Er muss die Tatsachen vortragen, die den Versicherungsfall belegen. Wenn die polizeilichen Ermittlungen, Fotos und Zeugenaussagen konsistent keine tauglichen Spuren ergeben, entlastet ihn das nicht – im Gegenteil, es untermauert die Zweifel an seiner Darstellung. Die bloße Benennung von Zeugen, deren Aussagen sich als widersprüchlich erweisen, reicht nicht aus, um die dokumentierte Spurenarmut zu entkräften.

Nebenschauplätze: Warum die Vorwürfe der Vortäuschung nicht entscheidend waren

Die Versicherung hatte zusätzlich Indizien für eine Vortäuschung und eine mögliche Beweisvereitelung ins Spiel gebracht. Das Gericht stellte klar, dass es auf diese Punkte für die Entscheidung gar nicht mehr ankam. Bereits das Scheitern am Beweis des „äußeren Bildes“ genügte, um die Klage abzuweisen. Die zusätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers bestärkten das Ergebnis jedoch.

Was bedeutet dieses Urteil für Sie als Unternehmer?

Der Fall zeigt eindrücklich, dass eine Versicherungspolice allein keine Garantie für eine Entschädigung ist. Im Schadensfall beginnt für Sie die entscheidende Phase der Beweisführung. Gelingt diese nicht, kann auch der größte und realste Schaden unversichert bleiben. Das Urteil des OLG Hamm unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und strategischen Vorgehensweise direkt nach einem Einbruch.

Checkliste: So sichern Sie Ihren Anspruch nach einem Einbruch

  • 1. Tatort nicht verändern: Der wichtigste Grundsatz lautet: Rufen Sie sofort die Polizei (110) und fassen Sie bis zu deren Eintreffen nichts an. Jede Veränderung kann Spuren vernichten und später gegen Sie verwendet werden, wie der Vorwurf der Beweisvereitelung in diesem Fall zeigt.
  • 2. Umfassend dokumentieren: Machen Sie nach der Freigabe des Tatorts durch die Polizei sofort detaillierte Fotos und Videos. Dokumentieren Sie den Gesamtzustand, alle Beschädigungen und insbesondere die Spuren des Eindringens (aufgebrochene Türen, eingeschlagene Fenster) aus verschiedenen Perspektiven und bei gutem Licht.
  • 3. Die Polizei aktiv unterstützen: Weisen Sie die Beamten vor Ort auf alle Auffälligkeiten hin. Zeigen Sie ihnen den vermuteten Einstiegsweg der Täter und bitten Sie um eine genaue Protokollierung aller Spuren – auch solcher, die auf den ersten Blick geringfügig erscheinen.
  • 4. Umgehend die Versicherung informieren: Melden Sie den Schaden unverzüglich Ihrer Versicherung. Halten Sie Ihre Vertragsnummer bereit und schildern Sie den Vorfall präzise. Fragen Sie nach den nächsten Schritten und ob ein Gutachter beauftragt wird.
  • 5. Detaillierte Schadensliste erstellen: Erstellen Sie eine lückenlose Liste aller gestohlenen oder beschädigten Gegenstände (Stehlgutliste). Fügen Sie nach Möglichkeit Kaufbelege, Fotos und Seriennummern bei, um den Wert nachzuweisen.
  • 6. Reparaturen nur nach Freigabe: Führen Sie keine Reparaturen oder Aufräumarbeiten durch, bevor die Versicherung oder deren Gutachter den Schaden besichtigt und die Freigabe erteilt hat. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Maßnahmen zwingend notwendig sind, um weitere Schäden zu verhindern (sogenannte Schadenminderungspflicht). Dokumentieren Sie auch in diesem Fall den ursprünglichen Zustand genau.
  • 7. Bei Zweifeln rechtzeitig handeln: Wenn Sie bemerken, dass die Versicherung die Regulierung verzögert oder Zweifel anmeldet, ziehen Sie frühzeitig einen auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt hinzu. Ein Experte kann Sie dabei unterstützen, Ihre Beweise korrekt aufzubereiten und Ihre Ansprüche konsequent durchzusetzen.

Die Urteilslogik

Im Versicherungsrecht trägt der Versicherungsnehmer das volle Risiko, den versicherten Schaden lückenlos zu beweisen und das Gericht von seinem Anspruch zu überzeugen.

  • Beweislast trägt der Versicherte: Der Versicherungsnehmer muss die Tatsachen, die den Einbruchdiebstahl begründen, vollumfänglich beweisen; begründete Zweifel am Hergang des versicherten Ereignisses gehen immer zu seinen Lasten.
  • Das äußere Bild definieren die Spuren: Für den Nachweis eines Einbruchdiebstahls ist das äußere Bild maßgeblich, das der Versicherte durch konkrete Spuren gewaltsamen Eindringens oder den eindeutigen Beweis des Abhandenkommens versicherter Sachen lückenlos belegen muss.
  • Widersprüche verhindern den Anspruch: Widersprüchliche Angaben und unergiebige Zeugenaussagen untergraben die Glaubwürdigkeit der Schilderung des Versicherungsnehmers und verhindern den erfolgreichen Nachweis des Versicherungsfalls.

Der tatsächliche Schaden allein begründet keinen Zahlungsanspruch, wenn der Versicherungsnehmer es versäumt, die äußeren Merkmale des versicherten Risikos sorgfältig und widerspruchsfrei zu dokumentieren.


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Experten Kommentar

Viele Unternehmer denken, wenn der Schaden im Laden sichtbar ist und die Polizei ermittelt, zahlt die Geschäftsinhaltsversicherung automatisch. Dieses Urteil ist eine klare Ansage: Es zählt nicht der angerichtete Schaden selbst, sondern nur der lückenlose Nachweis des gewaltsamen Eindringens – das sogenannte „äußere Bild“ des Einbruchdiebstahls. Wer dieses äußere Bild durch widersprüchliche Angaben oder das Verändern des Tatorts verwischt, trägt das volle Risiko, selbst wenn die Verluste real sind. Die strategische Konsequenz ist knallhart: Die Beweissicherung gegen die Versicherung beginnt bereits in der ersten Minute am Ort des Geschehens, nicht erst bei der Schadensmeldung.


FAQ Versicherungsrecht: Waage, Geld und Versicherungspolice unter Schirm mit Fragezeichen-Schild illustrieren häufige Rechtsfragen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet das „äußere Bild“ und wie muss ich es für meine Versicherung nachweisen?

Das „äußere Bild“ ist der zentrale Beweis, den Sie als Versicherungsnehmer erbringen müssen, damit Ihre Versicherung den Schaden als Einbruchdiebstahl anerkennt. Es handelt sich um Tatsachen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf einen gewaltsamen Eintritt der Täter schließen lassen. Fehlt dieser Nachweis, ist die Versicherung von der Leistungspflicht befreit.

Der Bundesgerichtshof (BGH) verlangt diesen doppelten Beweis, um vorgetäuschte Schäden auszuschließen. Sie müssen demnach zwei Kernelemente lückenlos nachweisen: Erstens müssen versicherte Sachen eindeutig fehlen, was Sie idealerweise durch eine detaillierte Stehlgutliste belegen. Zweitens müssen Sie Einbruchspuren vorlegen, die ein gewaltsames Eindringen beweisen, etwa durch das Aufbrechen einer Tür oder eines Fensters. Die Beweislast für diese Mindestanforderungen liegt vollumfänglich bei Ihnen.

Gelingt es Ihnen nicht, diese zwei Elemente konsistent nachzuweisen, verbleibt das Beweislastrisiko vollständig bei Ihnen. Konkret: Ein großer Sachschaden, wie eine zerstörte Kühlanlage oder massiver Vandalismus im Inneren, reicht allein nicht aus. Gerichte prüfen penibel, ob der Weg des tatsächlichen Zutritts nachweisbar gewaltsam war. Wenn das polizeiliche Protokoll keine Spuren am vermuteten Einstiegsort dokumentiert, wird der Anspruch meist abgelehnt, da die Art des Zutritts unbewiesen bleibt.

Suchen Sie umgehend die Vertragsbedingungen (VFS) Ihrer Geschäftsinhaltsversicherung heraus, um die exakte Definition des versicherten Einbruchdiebstahls in Ihrer Police zu prüfen.


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Wann darf meine Versicherung die Zahlung verweigern, wenn keine eindeutigen Einbruchspuren vorliegen?

Ihre Versicherung darf die Leistung verweigern, sobald die Ermittlungsakten oder Sachverständigengutachten keine tauglichen, gewaltsamen Eintrittspuren belegen. Der Mangel an Spuren führt dazu, dass das Gericht davon ausgeht, dass das notwendige „äußere Bild“ eines Einbruchdiebstahls nicht nachweisbar ist. Da die Beweislast für den versicherten Vorgang immer vollständig bei Ihnen liegt, geht das Risiko der Spurenarmut zulasten des Versicherten.

Entscheidend ist die juristische Definition des Einbruchdiebstahls, die Spuren des gewaltsamen Eindringens fordert (z. B. ein aufgebrochenes Fenster oder eine aufgehebelte Tür). Meldet das polizeiliche Protokoll konsistent, dass „keine konkreten Spuren“ gefunden wurden, untermauert das die Zweifel der Versicherung. Das Oberlandesgericht Hamm stellte klar, dass eine schwache Spurenlage, selbst wenn diese auf eine unzureichende Arbeit der Polizei zurückzuführen ist, den Versicherten nicht entlastet.

Die Ablehnung wird zusätzlich zementiert, wenn Ihre Schilderungen des Einstiegswegs im Widerspruch zu den objektiven Befunden der Ermittler stehen. Wenn Sie etwa behaupten, ein Fenster sei ausgehängt worden, die Polizei aber keine Hebelspuren oder andere Defekte dokumentiert, gilt das äußere Bild als unbewiesen. Die Widersprüche in der Darstellung schwächen die Glaubwürdigkeit und machen es der Versicherung leicht, die Zahlung wegen fehlender Beweise abzulehnen.

Wenn der Fall noch frisch ist, überprüfen Sie das Übergabeprotokoll der Polizei akribisch auf die genauen Formulierungen zur Spurenlage, denn „keine konkreten Spuren“ ist ein Alarmzeichen.


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Wie muss ich den Tatort nach einem Einbruch sichern, um meine Beweislast nicht zu gefährden?

Die oberste Priorität nach Entdeckung eines Einbruchs ist die sofortige Stilllegung des Tatorts. Rufen Sie unverzüglich die Polizei (110) und Ihre Versicherung an, bevor Sie irgendetwas berühren oder verändern. Der Schutz aller Spuren ist essentiell, denn jede unbedachte Handlung, die Beweise vernichtet, kann später als Beweisvereitelung ausgelegt werden. Dies untergräbt Ihre Glaubwürdigkeit und erschwert den Nachweis des Versicherungsfalls erheblich.

Sie als Versicherungsnehmer tragen die Beweislast für das sogenannte „äußere Bild“ des Einbruchdiebstahls – also den Nachweis gewaltsamen Eindringens. Beschädigen oder beseitigen Sie Spuren des Einbruchs, gefährden Sie diesen Nachweis. Ein Beispiel: Der Geschäftsführer im OLG-Fall behauptete, er habe ein herausgehängtes Fensterelement vor dem Eintreffen der Beamten wieder eingesetzt. Solche Handlungen werden von Versicherern genutzt, um Zweifel an der Schadenschilderung und der tatsächlichen Spurenlage zu begründen.

Nach der polizeilichen Freigabe des Tatorts müssen Sie selbst umfassende Fotos und Videos aller Zugangsstellen anfertigen, um die Beweislage unabhängig zu dokumentieren. Achten Sie auf den strikten Reparaturstopp: Führen Sie niemals Aufräumarbeiten oder Reparaturen durch, bevor die Versicherung oder ihr Gutachter den Schaden explizit besichtigt und freigegeben hat. Nur zwingend notwendige Maßnahmen zur Schadenminderung dürfen ergriffen werden.

Protokollieren Sie sofort alle Mitarbeiter- und Zeugenaussagen, die den Zustand des Tatorts vor jeglicher Veränderung gesehen haben.


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Meine Versicherung lehnt den Einbruch ab: Welche Schritte muss ich jetzt unternehmen?

Die Ablehnung einer Leistung durch die Versicherung ist frustrierend, doch sie bedeutet nicht das Ende Ihres Anspruchs. Jetzt ist schnelles und strategisches Handeln gefragt, um die wichtigen Fristen zu wahren und Ihre juristische Position zu stärken. Analysieren Sie zunächst präzise das Ablehnungsschreiben und konzentrieren Sie sich auf die zentrale Begründung. Oft bemängelt der Versicherer den fehlenden Beweis des äußeren Bildes des Einbruchs.

Bewerten Sie genau, welche Mindesttatsachen laut der Ablehnung nicht belegt wurden. Dazu gehören etwa Spuren gewaltsamen Eindringens oder der lückenlose Nachweis des fehlenden Gutes. Sie müssen versuchen, diese Beweislücken mit eigenen, widerspruchsfreien Unterlagen zu schließen. Stellen Sie alle privaten Beweise zusammen, beispielsweise Fotos des Tatorts, detaillierte Stehlgutlisten, Inventarlisten und Kaufbelege. Wichtig ist, dass Sie in der weiteren Korrespondenz mit der Versicherung keine widersprüchlichen oder nachträglich geänderten Angaben machen; dies würde Ihre Glaubwürdigkeit massiv schwächen.

Da die juristischen Grundsätze zur Beweislast kompliziert sind und die Versicherung juristische Experten einsetzt, benötigen Sie ebenfalls spezialisierte Hilfe. Schalten Sie unverzüglich einen Fachanwalt für Versicherungsrecht ein. Ein Experte bereitet Ihre gesammelten Belege zivilprozessrechtlich sauber auf. Er kann auch gezielt nach Zeugen suchen, deren Aussagen Ihre Darstellung stützen und somit die Zweifel der Versicherung entkräften.

Sammeln Sie alle relevanten Dokumente (Police, Schadensmeldung, Ablehnungsschreiben) und erstellen Sie eine chronologische Zusammenfassung des gesamten Geschehens, bevor Sie die juristische Beratung wahrnehmen.


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Reicht das polizeiliche Protokoll als Beweis aus oder brauche ich zusätzliche Unterlagen?

Das polizeiliche Protokoll dient als wichtiger Anhaltspunkt, reicht jedoch niemals als alleiniger Beweis für einen Einbruchdiebstahl aus. Versicherungsnehmer müssen die Beweislast selbst tragen, indem sie den Versicherungsfall nachweisen. Die polizeiliche Dokumentation hält lediglich die festgestellten Tatsachen fest – oder eben deren Fehlen.

Die Polizei erstellt das Protokoll primär für die strafrechtliche Ermittlung und dokumentiert neutral die vorgefundene Spurenlage. Finden die Beamten keine klaren oder gewaltsamen Eintrittsspuren, wird dies im Protokoll festgehalten, was für den Versicherer ein starkes Argument gegen die Leistungspflicht darstellt. Die Dokumentation ersetzt nicht die Pflicht, das äußere Bild des Einbruchs zu beweisen, sondern kann die Schwäche der Beweislage objektiv belegen.

Sie müssen die objektive Spurenarmut durch eigene, detaillierte Unterlagen ergänzen. Die private Dokumentation muss umfassende Fotos aller Zugangsstellen und lückenlose Stehlgutlisten mit zugehörigen Seriennummern und Wertnachweisen umfassen. Wenn das Protokoll Ihre Behauptung zu bestimmten Spuren widerlegt oder der Kriminalhauptkommissar aussagt, keine geeigneten Einbruchspuren gefunden zu haben, wird das Protokoll zu einem Beweisstück gegen Sie.

Erstellen Sie unmittelbar nach der Feststellung des Einbruchs eine vollständige Schadensliste mit Kaufbelegen, da diese detaillierten Angaben im polizeilichen Protokoll in der Regel fehlen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Illustration zum Glossar Versicherungsrecht: Waage, aufgeschlagenes Buch und Siegelrolle.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beweislast für das „äußere Bild“

Die Beweislast für das „äußere Bild“ eines Einbruchdiebstahls verpflichtet den Versicherungsnehmer, Tatsachen nachzuweisen, die nach der Lebenserfahrung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf ein gewaltsames Eindringen der Täter schließen lassen. Das Gesetz verlangt diesen detaillierten Beweis, um zu verhindern, dass Versicherte lediglich interne Schäden oder verlorene Gegenstände melden, ohne dass tatsächlich ein versichertes Ereignis, wie das Aufbrechen von Türen, stattgefunden hat. Die Gerichte nutzen dieses Prinzip als kritische Hürde, um vorgetäuschte Schäden auszuschließen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall scheiterte der Ladeninhaber, weil er das äußere Bild durch widersprüchliche Zeugenaussagen und eine schwache Spurenlage am vermuteten Einstiegsfenster nicht lückenlos beweisen konnte.

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Beweislastrisiko

Das Beweislastrisiko beschreibt die Konsequenz im Zivilprozess, wenn ein Kläger eine für ihn günstige Tatsache nicht beweisen kann oder das Gericht am Ende Zweifel an seiner Darstellung behält. Wenn das Gericht nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht feststellen kann, ob eine streitige Tatsache – hier der gewaltsame Einbruch – vorliegt oder nicht, geht dieser Zweifel vollständig zulasten der Partei, die die Beweislast trägt.

Beispiel: Weil die Beweislast für das äußere Bild beim Ladeninhaber lag und das Oberlandesgericht Zweifel an der Darstellung hegte, trug er das Beweislastrisiko vollständig und verlor den Anspruch auf die Versicherungsleistung.

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Beweisvereitelung

Beweisvereitelung liegt vor, wenn eine Partei vorsätzlich oder fahrlässig vorhandene Beweismittel wie Spuren oder Dokumente vernichtet, verändert oder deren Sicherung dadurch unmöglich macht. Juristen werten die Beweisvereitelung negativ, da sie die gerichtliche Wahrheitsfindung behindert; dies kann die Glaubwürdigkeit der vereitelnden Partei massiv untergraben.

Beispiel: Die Versicherung warf dem Geschäftsführer eine mögliche Beweisvereitelung vor, da er nach eigener Aussage ein herausgehängtes Fensterelement vor dem Eintreffen der Polizei wieder eingesetzt hatte und dadurch Spuren verloren gingen.

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Geschäftsinhaltsversicherung

Eine Geschäftsinhaltsversicherung ist eine wichtige Sachversicherung für Unternehmen, die bewegliche Betriebseinrichtung (wie Möbel, Maschinen, Kühlanlagen) und Warenvorräte gegen Schäden durch bestimmte Gefahren, insbesondere Einbruchdiebstahl und Vandalismus, absichert. Unternehmer schließen diese Police ab, um ihre finanzielle Existenz zu sichern, falls essenzielle Gegenstände durch versicherte Gefahren zerstört oder gestohlen werden.

Beispiel: Die Geschäftsinhaltsversicherung des Lebensmittelunternehmers in Hamm sollte den massiven Schaden von über 74.000 Euro, der durch die vorsätzliche Zerstörung der zentralen Kälteverbundanlage entstanden war, abdecken.

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Leistungsfrei

Ein Versicherer wird leistungsfrei, wenn die gesetzlichen oder vertraglichen Voraussetzungen für die Auszahlung einer Entschädigung nicht erfüllt sind oder wenn der Versicherte gegen eine vertragliche Obliegenheit verstoßen hat. Die Leistungsfreiheit tritt also ein, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nicht beweisen kann, wie es oft beim fehlenden Nachweis des äußeren Bildes geschieht.

Beispiel: Da das Oberlandesgericht Hamm das äußere Bild des Einbruchs als unbewiesen ansah, war die beklagte Versicherung leistungsfrei und musste den Schaden an dem verwüsteten Lebensmittelladen nicht begleichen.

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Schadenminderungspflicht

Die Schadenminderungspflicht schreibt dem Versicherungsnehmer vor, nach dem Eintritt eines versicherten Schadens alles Zumutbare zu unternehmen, um den Schaden gering zu halten oder zu verhindern, dass er sich weiter ausbreitet. Diese gesetzliche Pflicht soll unnötige Kosten vermeiden und den Versicherten dazu anhalten, verantwortungsvoll zu handeln; eine Verletzung dieser Pflicht kann zur Kürzung der Versicherungsleistung führen.

Beispiel: Im Falle des Einbruchs darf der Versicherungsnehmer aufgrund der Schadenminderungspflicht beschädigte Fenster provisorisch abdichten, muss aber den Tatort für die Beweissicherung bis zur Freigabe durch die Polizei und den Gutachter im Originalzustand belassen.

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Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Hamm – Az.: 6 U 29/22 – Beschluss vom 11.04.2024


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