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D&O-Versicherung – Insolvenzausschluss

Insolvenz einer Wohnungsbaugenossenschaft, Schadensersatzforderungen gegen Aufsichtsräte – und plötzlich stellt sich die Frage: Zahlt die Versicherung? Ein Kölner Gericht hat nun entschieden, dass D&O-Versicherungen nicht jede Deckung im Insolvenzfall verweigern dürfen, selbst wenn ein Ausschluss vereinbart wurde. Doch wann genau greift der Schutz wirklich?

Übersicht

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Köln
  • Datum: 22.03.2023
  • Aktenzeichen: 20 O 586/21
  • Verfahrensart: Zivilverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Gesellschaftsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Klägerin: Ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der U. Wohnungsbaugenossenschaft eG (im Amt von Dezember 2012 bis August 2018). Sie begehrt die Feststellung, dass ihr aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung Versicherungsschutz für die Abwehr von Schadensersatzansprüchen zusteht, die gegen sie als ehemaliges Aufsichtsratsmitglied erhoben werden.
    • Beklagte: Führender Versicherer in einem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsgemeinschaft E.. Die Beklagte soll Versicherungsschutz gewähren.
    • U. Wohnungsbaugenossenschaft eG: (vertreten durch ihren Insolvenzverwalter) Sie macht vor dem Landgericht Stuttgart Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin geltend. Versicherungsnehmerin der Versicherung ist die U. Wohnungsbaugenossenschaft eG.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Die U. Wohnungsbaugenossenschaft eG hat ein Darlehen an eine U. AG gewährt, was zur Insolvenz der Genossenschaft geführt haben soll. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe Aufsichtsratsmitglied der Genossenschaft. Die Genossenschaft macht nun Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin geltend. Die Klägerin begehrt Versicherungsschutz aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die Abwehr dieser Ansprüche.
    • Kern des Rechtsstreits: Besteht ein Anspruch der Klägerin auf Versicherungsschutz aus der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die gegen sie erhobenen Schadensersatzansprüche?
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auf Grundlage des bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrags Versicherungsschutz in bedingungsgemäßem Umfang zu gewähren.
  • Folgen: Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.

Der Fall vor Gericht


D&O-Versicherungsschutz im Fokus: Kölner Gericht stärkt Rechte von Aufsichtsräten bei Insolvenzstreitigkeiten

Finanzdokument wird besorgt von besorgten Vorstandsmitgliedern einer deutschen Wohnungsgenossenschaft übergeben.
D&O-Versicherungsschutz trotz Insolvenzausschluss | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landgericht Köln hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 20 O 586/21) entschieden, dass eine D&O-Versicherung auch dann Versicherungsschutz gewähren muss, wenn ein sogenannter Insolvenzausschluss im Versicherungsvertrag vereinbart wurde. Im konkreten Fall ging es um die Klage einer ehemaligen Aufsichtsrätin einer Wohnungsbaugenossenschaft gegen ihren D&O-Versicherer. Sie begehrte die Feststellung, dass die Versicherung für Schadensersatzansprüche aufkommen muss, die im Zusammenhang mit der Insolvenz der Genossenschaft gegen sie erhoben wurden.

Der Hintergrund: Insolvenz der Wohnungsbaugenossenschaft und Schadensersatzforderungen

Die klagende ehemalige Aufsichtsrätin war von Dezember 2012 bis August 2018 Mitglied des Aufsichtsrats der U. Wohnungsbaugenossenschaft eG. Diese Genossenschaft geriet in die Insolvenz, nachdem sie der U. AG im Juli 2016 ein Darlehen gewährt hatte. Der Insolvenzverwalter der Genossenschaft machte daraufhin gegen die ehemalige Aufsichtsrätin Schadensersatzansprüche geltend. Er warf ihr vor, Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe begangen zu haben, die zum finanziellen Niedergang der Genossenschaft beigetragen hätten. Auch strafrechtliche Ermittlungen gegen Vorstandsmitglieder wegen des Sachverhalts wurden eingeleitet und führten zu Verurteilungen.

Der Streitpunkt: Greift der Insolvenzausschluss der D&O-Versicherung?

Die D&O-Versicherung der Wohnungsbaugenossenschaft, bei der die Beklagte der führende Versicherer war, enthielt einen Insolvenzausschluss. Dieser Klausel zufolge sollte der Versicherungsschutz nicht für Versicherungsfälle gelten, die auf der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags oder der Überwachung dieser Pflicht beruhen. Die Versicherung argumentierte, dass die gegen die Klägerin erhobenen Ansprüche unter diesen Insolvenzausschluss fielen und lehnte daher die Deckung ab.

Die Argumentation der ehemaligen Aufsichtsrätin: Mehr als nur Insolvenzverschleppung

Die ehemalige Aufsichtsrätin widersprach der Auffassung der Versicherung vehement. Sie argumentierte, dass die gegen sie erhobenen Schadensersatzansprüche nicht allein auf einer Verletzung der Pflicht zur Insolvenzantragstellung beruhten. Vielmehr würden ihr auch andere Pflichtverletzungen vorgeworfen, wie beispielsweise die Unterlassung der Beitreibung fälliger Einlageverpflichtungen von Genossenschaftsmitgliedern und das Versäumnis, Maßnahmen zur Verhinderung des Darlehensabschlusses zu ergreifen. Sie betonte, dass die Ansprüche somit ein breiteres Spektrum an vermeintlichen Fehlverhalten abdeckten, das über den reinen Insolvenzaspekt hinausging.

Deckungszusage per E-Mail? Vorläufige Anerkennung der Eintrittspflicht

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Argumentation der Klägerin war eine E-Mail der E. GmbH, die für die Beklagte handelte. In dieser E-Mail vom 30. August 2021 wurde eine vorbehaltlose Deckungszusage erteilt. Die Klägerin sah darin eine Anerkennung der Eintrittspflicht durch die Versicherung, insbesondere da die E-Mail in Kenntnis der Klageschrift im Stuttgarter Verfahren versandt wurde. Sie interpretierte die E-Mail als zumindest vorläufige Zusage zur Übernahme der Abwehrkosten.

Transparenzgebot verletzt? Unklare Formulierung des Insolvenzausschlusses

Die Klägerin argumentierte zudem, dass der Insolvenzausschluss gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot verstoße. Sie bemängelte, dass die Formulierung, wonach Versicherungsfälle ausgeschlossen seien, die auf einer „Verletzung der Pflicht zur Überwachung ‚beruhen'“, die Reichweite des Ausschlusses nicht hinreichend klar und verständlich erkennen lasse. Sie argumentierte, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht ohne Weiteres erfassen könne, in welchen Fällen der Ausschluss greift und in welchen nicht.

Das Urteil des Landgerichts Köln: Deckungspflicht der Versicherung bestätigt

Das Landgericht Köln gab der Klage der ehemaligen Aufsichtsrätin vollumfänglich statt. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren. Dies bedeutet, dass die D&O-Versicherung die Kosten für die Rechtsverteidigung der ehemaligen Aufsichtsrätin im Stuttgarter Verfahren übernehmen muss und auch für eventuelle Schadensersatzzahlungen aufkommen muss, sofern diese im Rahmen des Versicherungsschutzes liegen.

Gerichtsentscheidung stärkt Position von Organmitgliedern

Mit diesem Urteil stärkt das Landgericht Köln die Position von Organmitgliedern, wie Aufsichtsräten und Geschäftsführern, im Zusammenhang mit D&O-Versicherungen und Insolvenzstreitigkeiten. Das Gericht betont, dass Insolvenzausschlüsse in D&O-Policen eng auszulegen sind und nicht automatisch jeden Anspruch im Zusammenhang mit einer Insolvenz erfassen. Es kommt entscheidend darauf an, auf welchen konkreten Pflichtverletzungen die Schadensersatzansprüche beruhen.

Bedeutung für Betroffene: Wichtige Orientierung für Organmitglieder und Versicherungsnehmer

Klarstellung zur Reichweite von Insolvenzausschlüssen

Das Urteil des Landgerichts Köln hat erhebliche Bedeutung für Aufsichtsräte, Geschäftsführer und andere Organmitglieder von Unternehmen, die über eine D&O-Versicherung verfügen. Es verdeutlicht, dass ein vereinbarter Insolvenzausschluss nicht in jedem Fall greift, wenn Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Insolvenz erhoben werden. Organmitglieder können sich nicht pauschal darauf verlassen, dass ihre D&O-Versicherung im Insolvenzfall jegliche Deckung verweigert.

Prüfung der konkreten Anspruchsgrundlage entscheidend

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der konkreten Anspruchsgrundlage. Versicherer können sich nicht allein auf den Insolvenzausschluss berufen, wenn die Schadensersatzansprüche auch auf andere Pflichtverletzungen gestützt werden, die nicht unmittelbar mit der Insolvenzantragspflicht zusammenhängen. Organmitglieder sollten im Falle einer Ablehnung der Deckung durch den Versicherer genau prüfen, ob die Begründung des Versicherers stichhaltig ist und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.

Transparenz von Versicherungsbedingungen im Fokus

Das Urteil weist zudem auf die Bedeutung transparenter Versicherungsbedingungen hin. Unklare und missverständliche Formulierungen in Versicherungsverträgen können zu Lasten des Versicherers ausgelegt werden. Versicherungsnehmer sollten ihre D&O-Policen sorgfältig auf intransparente Klauseln prüfen und gegebenenfalls eine Klarstellung vom Versicherer verlangen oder Anpassungen des Vertrages verhandeln.

Stärkung der Rechtsposition von Organmitgliedern in der Krise

Insgesamt stärkt das Urteil die Rechtsposition von Organmitgliedern in Krisensituationen und im Falle einer Insolvenz des Unternehmens. Es zeigt, dass D&O-Versicherungen auch in solchen Fällen eine wichtige Schutzfunktion erfüllen können und nicht durch pauschale Insolvenzausschlüsse ausgehebelt werden dürfen. Für Organmitglieder bedeutet dies eine größere Rechtssicherheit und die Möglichkeit, sich im Falle von Haftungsansprüchen auf ihren Versicherungsschutz zu verlassen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Ausschlussklauseln in D&O-Versicherungsverträgen nur dann wirksam sind, wenn sie eindeutig formulieren, welche konkreten Pflichtverletzungen nicht versichert sind. Im vorliegenden Fall musste die Versicherung trotz eines Insolvenzausschlusses Deckungsschutz gewähren, da die Klägerin nicht ausschließlich wegen Verletzung der Überwachungspflicht zur Insolvenzantragsstellung in Anspruch genommen wurde, sondern auch wegen anderer Pflichtverletzungen. Für Versicherte bedeutet dies, dass sie bei Ablehnung von Versicherungsschutz genau prüfen sollten, ob die ihnen vorgeworfenen Pflichtverletzungen tatsächlich vollständig unter eine Ausschlussklausel fallen.

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Herausforderungen im D&O-Versicherungsschutz verstehen

Die aktuelle Rechtsprechung hebt hervor, dass vertraglich vereinbarte Ausschlüsse nicht zwangsläufig den gesamten Versicherungsschutz ausschließen. Besonders Führungskräfte und Organmitglieder stehen oft vor der Herausforderung, dass unklare Formulierungen in Versicherungsverträgen zu komplexen Rechtssituationen führen. Eine genaue Analyse der Anspruchsgrundlagen ist in solchen Fällen von zentraler Bedeutung, um eventuelle Risiken richtig einzuordnen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Situation eingehend zu prüfen und eine präzise Bewertung der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen vorzunehmen. Mit einer sachlichen und fundierten Herangehensweise bieten wir Ihnen Sicherheit in der Orientierung bei rechtlichen Fragestellungen und stärken Ihre Position in anspruchsvollen Sachverhalten.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau ist eine D&O-Versicherung und wer ist typischerweise versichert?

Eine D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) ist eine spezielle Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Sie schützt Führungskräfte wie Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte vor den finanziellen Folgen von Fehlentscheidungen oder Pflichtverletzungen. Diese Versicherung deckt sowohl Innenhaftung (Ansprüche des eigenen Unternehmens) als auch Außenhaftung (Ansprüche von Dritten) ab.

Typischerweise versicherte Personen sind Mitglieder von Leitungs- und Aufsichtsorganen, also:

  • Vorstände
  • Geschäftsführer
  • Aufsichtsräte
  • Beiräte
  • Organe von Tochterunternehmen.

Diese Versicherung ist nicht nur für große Unternehmen relevant, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie für Stiftungen, Vereine und NGOs. Manager können sich auch persönlich versichern, wenn das Unternehmen keine D&O-Versicherung abschließt oder sie einen höheren Schutz wünschen.

Die D&O-Versicherung schützt das Privatvermögen der Führungskräfte, da sie bei Pflichtverletzungen mit ihrem gesamten Vermögen haften können. Sie übernimmt auch die Kosten für Anwälte und Gerichtsverfahren, um unberechtigte Ansprüche abzuwehren.

Diese Versicherung ist kein Freifahrtschein für Management-Fehler, sondern schützt nur bei nachweisbaren Pflichtverletzungen, die zu einem Vermögensschaden geführt haben.


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Was bedeutet ein Insolvenzausschluss in einer D&O-Versicherung konkret?

Ein Insolvenzausschluss in einer D&O-Versicherung bedeutet, dass die Versicherung keine Deckung für Schäden bietet, die direkt oder indirekt mit einer Insolvenz zusammenhängen. Insbesondere wenn diese Schäden auf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Insolvenzantragstellung beruhen, greift der Versicherungsschutz nicht.

Typische Formulierungen in solchen Ausschlüssen sehen oft so aus, dass der Versicherungsschutz nicht für Schäden gilt, die durch verspätete Insolvenzantragsstellung oder Verletzung der Pflicht zur Überwachung der rechtzeitigen Antragstellung entstehen. Die genaue Formulierung ist entscheidend, da sie bestimmt, ob der Ausschluss greift oder nicht.

Praktische Auswirkungen:

  • Keine Deckung bei Insolvenz: Wenn ein Unternehmen insolvent wird, kann der Versicherungsschutz ausgeschlossen sein, was bedeutet, dass Geschäftsführer persönlich haften könnten.
  • Wichtige Formulierung: Die genaue Formulierung des Insolvenzausschlusses ist entscheidend für die Anwendung in der Praxis.
  • Rechtliche Auseinandersetzungen: Solche Ausschlüsse können zu rechtlichen Streitigkeiten führen, insbesondere wenn es um die Frage geht, ob eine Pflichtverletzung wissentlich war oder nicht.

Für Unternehmen und Geschäftsführer ist es wichtig, solche Klauseln sorgfältig zu prüfen, um sicherzustellen, dass der Versicherungsschutz im Ernstfall greift.


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Unter welchen Umständen kann eine D&O-Versicherung trotz eines Insolvenzausschlusses dennoch leisten?

Eine D&O-Versicherung kann trotz eines Insolvenzausschlusses dennoch leisten, wenn die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht ausschließlich auf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Insolvenz beruhen. Wichtig ist, dass der Versicherungsschutz auch dann bestehen kann, wenn die Inanspruchnahme auf anderen Pflichtverletzungen basiert, die unabhängig von der Insolvenz entstanden sind.

Ein Beispiel: Wenn ein Geschäftsführer wegen einer Verletzung seiner Pflichten in Anspruch genommen wird, die sowohl mit der Insolvenz als auch mit anderen Pflichtverletzungen zusammenhängt, kann der Versicherungsschutz greifen, solange die Ansprüche nicht ausschließlich auf die Insolvenzreife zurückzuführen sind.

Die Beweislast liegt in der Regel bei der Partei, die den Insolvenzausschluss geltend macht. Das bedeutet, dass der Versicherer oder der Insolvenzverwalter nachweisen muss, dass die Pflichtverletzung tatsächlich im Zusammenhang mit der Insolvenzreife steht und der Ausschluss daher greift.

In einem Urteil des Landgerichts Köln wurde entschieden, dass ein Insolvenzausschluss nur dann greift, wenn die Inanspruchnahme allein auf der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzantragsstellung beruht. Wenn die Inanspruchnahme auch auf anderen Pflichtverletzungen basiert, bleibt der Versicherungsschutz bestehen.

Für Geschäftsführer und Organe ist es wichtig, ihre D&O-Versicherungsverträge sorgfältig zu prüfen, um sicherzustellen, dass sie ausreichend abgesichert sind. Eine zusätzliche Personal D&O-Versicherung kann helfen, potenzielle Deckungslücken zu schließen, insbesondere wenn die Unternehmenspolice nicht ausreichend ist oder anfechtbar ist.


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Welche Arten von Pflichtverletzungen sind typisch, die neben der Insolvenzverschleppung zu Schadensersatzansprüchen führen können?

Pflichtverletzungen, die zu Schadensersatzansprüchen führen können, sind vielfältig und hängen oft vom spezifischen Kontext ab. Hier sind einige typische Beispiele:

  • Fehlerhafte Kreditvergabe: Wenn ein Unternehmen Kredite ohne ausreichende Sicherheiten oder Bonitätsprüfungen vergibt, kann dies zu finanziellen Verlusten führen, die den Kreditgeber belasten.
  • Verletzung von Aufsichtspflichten: Wenn beispielsweise ein Manager seine Aufsichtspflichten vernachlässigt und dadurch Schäden entstehen, kann dies zu Haftungsansprüchen führen.
  • Unterlassung der Beitreibung fälliger Forderungen: Wenn ein Unternehmen nicht aktiv genug ist, um offene Forderungen einzutreiben, kann dies zu finanziellen Einbußen führen.
  • Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht: Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, wie unlauterer Wettbewerb oder Kartellabsprachen, können zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen.
  • Falsche Angaben gegenüber Gesellschaftern und Aktionären: Wenn Führungskräfte falsche oder irreführende Informationen bereitstellen, kann dies das Vertrauen der Investoren erschüttern und zu finanziellen Verlusten führen.

Diese Beispiele zeigen, dass Pflichtverletzungen in vielen Bereichen auftreten können und je nach Schwere und Auswirkung zu Schadensersatzansprüchen führen können. Die Relevanz und die rechtlichen Konsequenzen hängen stark vom Einzelfall ab.


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Wie sollte man sich verhalten, wenn man als Organmitglied eines Unternehmens mit einer D&O-Versicherung mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert wird, insbesondere im Zusammenhang mit einer Insolvenz?

Wenn Sie als Organmitglied eines Unternehmens mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert werden, insbesondere in einer Insolvenzsituation, ist es wichtig, einige grundlegende Schritte zu beachten:

1. Unverzügliche Meldung an den Versicherer:

  • Melden Sie den Versicherungsfall sofort dem Versicherer. Dies ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Versicherung greift und Sie den vollen Schutz erhalten.

2. Dokumentation und Beweissicherung:

  • Sichern Sie alle relevanten Dokumente, die mit dem Schadensfall in Verbindung stehen. Dies kann entscheidend sein, um Ihre Position zu stärken und die Rechte aus der Versicherung geltend zu machen.

3. Keine voreiligen Schuldanerkenntnisse:

  • Vermeiden Sie es, Schuldanerkenntnisse abzugeben, bevor Sie die Situation vollständig bewertet haben. Ein solches Anerkenntnis kann Ihre Rechtsposition erheblich schwächen.

4. Sorgfältige Kommunikation:

  • Dokumentieren Sie alle Kommunikationen mit dem Versicherer und anderen Beteiligten sorgfältig. Dies kann später bei Verhandlungen oder im Streitfall hilfreich sein.

5. Verständnis der Versicherungsbedingungen:

  • Verstehen Sie die Bedingungen Ihrer D&O-Versicherung. Dies umfasst auch die zeitlichen Grenzen des Versicherungsschutzes und die Anwendung des Claims-made-Prinzips, das bedeutet, dass der Versicherungsfall erst mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs entsteht.

In einer Insolvenzsituation kann es besonders wichtig sein, die Rechte und Pflichten aus der D&O-Versicherung genau zu kennen, um den bestmöglichen Schutz zu gewährleisten.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

D&O-Versicherung

Eine Directors-and-Officers-Versicherung (D&O-Versicherung) ist eine spezielle Form der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die Organmitglieder wie Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte vor den finanziellen Folgen von Haftungsansprüchen schützt. Sie deckt Vermögensschäden ab, die durch fehlerhafte Entscheidungen oder Pflichtverletzungen dieser Führungspersonen entstehen können. Rechtliche Grundlage ist die persönliche Haftung von Organmitgliedern nach § 93 AktG bzw. § 43 GmbHG.

Beispiel: Ein Aufsichtsratsmitglied stimmt einem riskanten Darlehen zu, das später zum Schaden der Gesellschaft führt. Die D&O-Versicherung würde die Kosten der Rechtsverteidigung und mögliche Schadensersatzforderungen übernehmen.


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Insolvenzausschluss

Ein Insolvenzausschluss ist eine Klausel in Versicherungsverträgen, die den Versicherungsschutz für bestimmte mit einer Insolvenz zusammenhängende Haftungsansprüche ausschließt. Solche Ausschlüsse müssen nach § 307 BGB klar und eindeutig formuliert sein, um wirksam zu sein. Gerichte prüfen streng, ob die Ausschlussklausel die konkret vorgeworfene Pflichtverletzung tatsächlich erfasst.

Beispiel: Ein typischer Insolvenzausschluss könnte besagen, dass keine Deckung für Ansprüche besteht, die auf der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags gemäß § 15a InsO beruhen – nicht jedoch für andere Pflichtverletzungen, die zur Insolvenz beigetragen haben.


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Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung

Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung deckt reine finanzielle Schäden ab, die einem Dritten durch eine berufliche Tätigkeit oder Pflichtverletzung entstehen, ohne dass ein Personen- oder Sachschaden vorliegt. Sie ist besonders für beratende Berufe und Organmitglieder relevant und basiert auf den §§ 100 ff. VVG. Die D&O-Versicherung ist eine spezielle Form dieser Versicherung für Unternehmensleiter.

Beispiel: Ein Aufsichtsrat überwacht nicht ausreichend die Geschäftsführung eines Unternehmens bei einer risikoreichen Investition. Die daraus resultierenden finanziellen Verluste für das Unternehmen wären ein typischer Vermögensschaden, für den eine solche Versicherung einstehen würde.


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Aufsichtsratsmitglied

Ein Aufsichtsratsmitglied ist Teil des Überwachungsorgans einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, das die Geschäftsführung kontrolliert und berät. Nach § 111 AktG bzw. § 38 GenG ist der Aufsichtsrat verpflichtet, die Geschäftsführung zu überwachen. Bei Verletzung dieser Pflichten haften Aufsichtsratsmitglieder persönlich nach § 116 AktG bzw. § 41 GenG.

Beispiel: Im vorliegenden Fall war die Klägerin Aufsichtsratsmitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft und sollte die Vergabe eines Darlehens an eine AG überwachen, was möglicherweise nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geschah und zur Insolvenz der Genossenschaft beitrug.


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Deckungsschutz

Der Deckungsschutz bezeichnet den Umfang der Leistungen, die eine Versicherung im Versicherungsfall erbringt. Er wird durch den Versicherungsvertrag, die Versicherungsbedingungen und gesetzliche Regelungen (insbesondere §§ 1-32 VVG) bestimmt. Der Versicherer muss bei eintreten eines Versicherungsfalls prüfen, ob dieser vom vereinbarten Deckungsschutz umfasst ist.

Beispiel: Im beschriebenen Fall geht es darum, ob die D&O-Versicherung die Kosten für die Abwehr der gegen die Aufsichtsrätin erhobenen Schadensersatzansprüche übernehmen muss, obwohl im Versicherungsvertrag ein Insolvenzausschluss vereinbart wurde.


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Schadensersatzanspruch

Ein Schadensersatzanspruch ist das Recht einer geschädigten Person oder Organisation, vom Schädiger Ausgleich für erlittene Nachteile zu verlangen. Die rechtliche Grundlage findet sich in den §§ 249 ff. BGB, ergänzt durch spezialgesetzliche Regelungen. Im Gesellschaftsrecht können Schadensersatzansprüche gegen Organmitglieder nach § 93 AktG oder § 43 GmbHG geltend gemacht werden.

Beispiel: Die insolvente Wohnungsbaugenossenschaft (vertreten durch ihren Insolvenzverwalter) macht gegen das ehemalige Aufsichtsratsmitglied einen Schadensersatzanspruch geltend, weil dieses einer Darlehensvergabe zugestimmt hat, die letztlich zur Insolvenz führte.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Das Versicherungsvertragsgesetz regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern. Es bestimmt unter anderem, unter welchen Voraussetzungen ein Versicherungsvertrag zustande kommt, welche Pflichten Versicherer und Versicherungsnehmer haben und welche Leistungen der Versicherer im Versicherungsfall erbringen muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das VVG bildet die Grundlage für den hier relevanten D&O-Versicherungsvertrag und bestimmt, ob die Versicherung für den geltend gemachten Anspruch Versicherungsschutz gewähren muss.
  • § 100 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) i.V.m. den AVB des D&O-Vertrages: § 100 VVG regelt den Umfang des Versicherungsschutzes in der Haftpflichtversicherung. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) konkretisieren diesen Rahmen und legen im Detail fest, welche Risiken versichert sind und welche Ausschlüsse gelten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die AVB des D&O-Vertrages, insbesondere der Insolvenzausschluss, sind entscheidend, um zu beurteilen, ob der vorliegende Fall vom Versicherungsschutz umfasst ist oder unter den vereinbarten Ausschluss fällt.
  • § 93 AktG analog für Aufsichtsräte einer Genossenschaft (Pflichten des Aufsichtsrats): Auch wenn das Aktiengesetz primär Aktiengesellschaften betrifft, werden die dort normierten Pflichten von Vorständen und Aufsichtsräten analog auf vergleichbare Organe anderer Rechtsformen, wie hier den Aufsichtsrat einer Genossenschaft, angewendet. Aufsichtsratsmitglieder haben die Pflicht, die Geschäftsführung zu überwachen und bei Pflichtverletzungen haften sie für den entstandenen Schaden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin als ehemaliges Aufsichtsratsmitglied basieren auf der Verletzung ihrer Aufsichtspflichten, insbesondere im Zusammenhang mit der Kreditvergabe und der daraus resultierenden Insolvenz der Genossenschaft.
  • § 15b GenG (Genossenschaftsgesetz) i.V.m. Insolvenzordnung (InsO): § 15b GenG verpflichtet den Vorstand einer Genossenschaft, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Die Insolvenzordnung (InsO) regelt das Verfahren und die Pflichten im Falle einer Insolvenz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der vereinbarte Insolvenzausschluss im D&O-Vertrag bezieht sich auf die Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung, welche hier im Kontext der Genossenschaft und des GenG relevant wird. Die Frage ist, ob die geltend gemachten Ansprüche ausschließlich oder maßgeblich auf dieser Pflichtverletzung beruhen.

Das vorliegende Urteil


LG Köln – Az.: 20 O 586/21 – Urteil vom 22.03.2023


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