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D&O-Versicherung – Abwehrkosten umfassen auch die Public-Relations-Kosten

OLG Frankfurt – Az.: 7 U 96/21 – Urteil vom 05.11.2021

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.05.2021 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert.

Der Verfügungsbeklagten wird geboten, dem Verfügungskläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Rechtsstreit Az. … / … vertragsgemäßen Versicherungsschutz unter Berücksichtigung des vereinbarten Sublimits in Form von Public-Relations-Kosten zu gewähren, insbesondere ihn von den durch die Beauftragung der Rechtsanwaltssozietät S ab dem 01.02.2021 entstandenen und entstehenden Rechtsverfolgungskosten sowie von den durch die Beauftragung der PR-Agentur T ab dem 01.03.2021 entstandenen und entstehenden Kosten freizustellen.

Von den Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens erster Instanz haben der Verfügungskläger 1/3 und die Verfügungsbeklagte 2/3 zu tragen, die Kosten der Berufungsinstanz hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.

Gründe

I.

Der Verfügungskläger macht als versicherte Person im Wege einer einstweiligen Verfügung aus einer bei der Verfügungsbeklagten bestehenden D&O-Versicherung Versicherungsschutz in Form der Gewährung sogenannter Public-Relations-Kosten geltend.

Der Verfügungskläger war seit 2002 Mitglied des Vorstandes der X AG und später ihr Vorstandsvorsitzender.

Die X AG unterhielt als Versicherungsnehmerin bei der Verfügungsbeklagten seit 2002 eine D&O-Versicherung für Organmitglieder und leitende Angestellte. Der Versicherung lagen die Bedingungen Z1 2015 (im Weiteren: Z) zugrunde. Unter anderem war danach auch der Ersatz von Public-Relations-Kosten (im Weiteren: PR-Kosten) nach Ziffer 4.12 Z versichert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Versicherungsvertrag sowie die Bedingungen Bezug genommen.

Der Verfügungskläger trat am 19.06.2020 von seiner Position als Vorstandsvorsitzender und Mitglied des Vorstandes im Zusammenhang mit dem sogenannten X-Skandal zurück. Gegen den Verfügungskläger wurde in der Folgezeit ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Stadt2 (Az. …) unter anderem wegen des Verdachts der Bilanzfälschung, Untreue, Marktmanipulation und Verstößen gegen das WpHG in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der X AG eingeleitet. Seit Juni 2020 befindet sich der Verfügungskläger in Untersuchungshaft. Er weist alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als unbegründet zurück.

Ab Juni 2020 wurde in den Medien fortdauernd über den Verfügungskläger als angeblicher Chef einer kriminellen Bande und sein pflichtwidriges Verhalten in diesem Zusammenhang berichtet.

Der Verfügungskläger beauftragte vor diesem Hintergrund die auf Presserecht spezialisierte Anwaltskanzlei S sowie zusätzlich die Presseagentur T. Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Vertragsdokumente (Bl. 79, 274 d. A.) Bezug genommen. Die dafür anfallenden Kosten verlangt er von der Verfügungsbeklagten im Rahmen des zugesagten Versicherungsschutzes ersetzt. Die Verfügungsbeklagte lehnt die Gewährung von Versicherungsschutz in Hinblick auf die PR-Kosten ab.

Dem vorliegenden Verfahren vorausgegangen ist ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-08 O 320/20) sowie in der Berufungsinstanz vor dem Senat (Az. 7 U 19/21), in dem der Verfügungskläger bedingungsgemäßen Versicherungsschutz in Form von Verteidigungskosten für die Abwehr einer Vielzahl gegen ihn gerichteter Haftpflichtansprüche begehrt hat. Durch Urteil vom 07.07.2021, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat der Senat entschieden, dass dem Verfügungskläger dem Grunde nach vorläufige Deckung für Verteidigungskosten zu gewähren und es der Verfügungsbeklagten mit Blick auf die Zusage vorläufiger Abwehrkosten verwehrt ist, sich auf einen Ausschluss wegen Arglist zu berufen.

Der Deckungsklage des Verfügungsklägers im Hauptsacheverfahren (Az. …) hat das Landgericht Frankfurt am Main mittlerweile mit Urteil vom 20.07.2021 ganz überwiegend stattgegeben und sich der rechtlichen Auffassung des Senats angeschlossen. Den mit der Deckungsklage ebenfalls verfolgten Anspruch auf Gewährung von PR-Kosten hat es hingegen abgewiesen. Der Verfügungskläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, die ebenfalls bei dem Senat anhängig ist (Az. …). Die Verfügungsbeklagte hat ihre Verurteilung zur Gewährung vorläufiger Abwehrkosten nicht angefochten.

Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht die begehrte einstweilige Verfügung, die noch einen weiteren Anspruch auf Deckung für Verfahren in Österreich zum Gegenstand hatte, durch Beschluss vom 12.02.2021, berichtigt durch Beschluss vom 17.02.2021, erlassen. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat es mit Urteil vom 21.05.2021, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, den Beschluss aufgehoben und den Antrag des Verfügungsklägers, der noch um den Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Einschaltung der Presseagentur T erweitert worden ist, insgesamt zurückgewiesen.

D&O-Versicherung - Abwehrkosten umfassen auch die Public-Relations-Kosten
(Symbolfoto: Vitalii Vodolazskyi/Shutterstock.com)

Gegen dieses Urteil hat der Verfügungskläger Berufung eingelegt. Er verfolgt lediglich seinen ursprünglichen Antrag hinsichtlich der PR-Kosten weiter. Die Zurückweisung seines Antrags hinsichtlich der Versicherungsleistungen für die in Österreich anhängigen Verfahren nimmt er hin.

Er behauptet, dass es seit Juni 2020 eine umfangreiche, andauernde Medienberichterstattung über die von der Staatsanwaltschaft und den Anlegern gegen ihn erhobenen Anschuldigungen gebe, die seine berufliche Existenz gefährde. Insofern stehe ihm nach Ziffer 4.12 Z ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten PR-Kosten zu, und zwar auch in Zusammenhang mit dem Verfahrensrechtsschutz nach Ziffer 1.1.2 a) Z, da ansonsten der Zweck dieser vertraglichen Regelung, ihn vor karrierebeeinträchtigenden Reputationsschäden zu bewahren, verfehlt werde. Es reiche aus, wenn sich die negative Berichterstattung auf den dem Haftpflichtversicherungsfall zugrundeliegenden Lebenssachverhalt beziehe. Die Verfügungsbeklagte könne sich auch hier nicht auf den Arglistausschluss nach Ziffern 7.3.1 und 7.3.2 Z berufen.

Der Verfügungsgrund ergebe sich im Bereich der Medienberichterstattung bereits aufgrund der erforderlichen schnellen Reaktion auf die Presseberichterstattung. Er verfüge aufgrund der gegen ihn ausgebrachten Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über kein Vermögen mehr. Die Anwaltskosten seien ihm in der Vergangenheit gestundet worden, die Vorschüsse mittlerweile aufgebraucht.

Der Verfügungskläger beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und der Verfügungsbeklagten aufzugeben, ihm bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Rechtsstreit zum Az. … vertragsgemäßen Versicherungsschutz in Form von Public Relations-Kosten zu gewähren, insbesondere, ihn von den durch die Beauftragung der Rechtsanwaltssozietät S ab dem 01.02.2021 entstandenen und entstehenden Rechtsverfolgungskosten freizustellen, wobei ein Stundensatz für Partner in Höhe von 350,- Euro, für angestellte Rechtsanwälte in Höhe von 250,- Euro und für wissenschaftliche Mitarbeiter in Höhe von 150,- Euro, jeweils netto, und mindestens die nach RVG angefallenen und anfallenden Anwaltsgebühren für angemessen gelten,

sowie ihn von dem durch die Beauftragung der PR-Agentur T ab dem 01.03.2021 entstandenen und entstehenden Pauschalhonorar in Höhe von monatlich 12.000,- Euro netto sowie Auslagen freizustellen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Sie ist der Auffassung, es seien nach Ziffer 4.12 Z nicht alle Kosten im Zusammenhang mit einer kritischen Medienberichterstattung ersatzfähig, sondern nur diejenigen, die in Zusammenhang mit einem versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall im Sinne von Ziffer 1.1.1 Z stünden; dies sei vorliegend nicht gegeben.

Es fehle darüber hinaus auch an einem Verfügungsgrund. Weder liege eine existenzbedrohende Notlage in Hinblick auf die Medienberichterstattung vor noch würden dem Verfügungskläger die notwendigen finanziellen Mittel fehlen, um die Kosten selbst zu tragen, nachdem das Landgericht Stadt2 im Juli 2021 die Arretierung von 13,2 Millionen Euro aufgehoben habe. Zudem sei der Anspruch auf PR-Kosten bereits mit Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main im Hauptsacheverfahren (Az. …) abgewiesen worden. Schließlich bestehe kein Anspruch auf Ersatz eines Pauschalhonorars in Höhe von 12.000,- Euro im Monat.

Auf die in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache ganz überwiegend Erfolg. Lediglich hinsichtlich der Kosten für wissenschaftliche Mitarbeiter war die Berufung zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger kann im Wege des einsteiligen Rechtsschutzes nach

§§ 935, 940 ZPO von der Verfügungsbeklagten die Gewährung von bedingungsgemäßem Versicherungsschutz in Form von PR-Kosten aus der D&O-Versicherung verlangen. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Leistungsverfügung sind gegeben. Es besteht sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund.

Ein Verfügungsanspruch liegt vor. Dem Verfügungskläger steht nach Ziffer 4.12 Z ein Anspruch auf Gewährung der PR-Kosten im Zusammenhang mit kritischer Medienberichterstattung in Bezug auf die ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu, die Gegenstand des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und auch der Zivilverfahren sind und aufgrund derer ihm ein karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden droht.

Bei dem Anspruch aus Ziffer 4.12 Z handelt es sich um eine sogenannte Assistance-Leistung als zusätzliche Unterstützungsleistung im Rahmen der vereinbarten erweiterten Leistungspflicht der Verfügungsbeklagten, den der Versicherte nach Eintritt des Versicherungsfalls verlangen kann (Lange, Die D&O-Versicherung in der Insolvenz der Versicherungsnehmerin, r+s 2014, 209; Doralt, Organhaftung und D&O-Versicherung, ZGR 2019, 996; Veith/Gräfe/Gebert/Lange, Der Versicherungsprozess, 4. Auflage 2020, § 21 Rn. 80; Koch, Haftung des Versicherers für fehlerhafte Assistanceleistungen, VersR 2019, 449). Durch die Gewährung von PR-Kosten soll vor allem der Schaden für das Ansehen der versicherten Person in der Öffentlichkeit abgewehrt werden, der durch negative Berichterstattung in den Medien oder in anderen öffentlich zugänglichen Informationsquellen droht (Finkel/Seitz, D&O-Versicherung, 1. Auflage 2016, Ziffer 4 AVB-AVG, Rn. 33).

Ein bedingungsgemäßer Versicherungsfall liegt unstreitig vor. Der Verfügungskläger wird wegen angeblicher Pflichtverletzungen in Ausübung seiner Tätigkeit als versicherte Person für einen Vermögensschaden auf Schadensersatz in Anspruch genommen (Versicherungsfall nach Ziffer 1.1.1 Z). Zudem ist wegen dieser angeblichen Pflichtverletzungen, die einen Vermögensschaden verursachen können, von der Staatsanwaltschaft gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden (Versicherungsfall nach Ziffer 1.1.2 a) Z).

Ihm steht daher nach Ziffer 1.1.1 Satz 5, Ziffer 1.1.2 Satz 2 Z ein Anspruch auf Versicherungsschutz unter anderem in Form der Übernahme der Verteidigungskosten zu.

Die Verteidigungskosten werden unter der Überschrift „Deckungserweiterungen, Zusatzlimite“ nach Ziffer 4.12 Z um PR-Kosten erweitert. In Ziffer 4.12 Z heißt es dazu:

„4.12 Public Relations-Kosten, Privatklageverfahren

Droht einer versicherten Person durch kritische Medienberichterstattung über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall ein karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden, gewährt der Versicherer Versicherungsschutz für Public Relations-Kosten.

Public Relations-Kosten sind zur Abwendung oder Minderung des Reputationsschadens erforderliche oder angemessene Kosten, die der versicherten Person durch eine mit dem Versicherer abgestimmte

a) Beauftragung einer unabhängigen Public Relations-Agentur oder

b) gerichtliche Maßnahme, die auf Unterlassung oder Widerruf der genannten Medienberichterstattung gerichtet ist,

ab dem Eintritt des Haftpflicht-Versicherungsfalles entstehen.

Bei einer gegenüber einer versicherten Person mit Bezug auf einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall erfolgenden Rufschädigung im Sinne von §§ 185, 186 StGB erstreckt sich der Versicherungsschutz auch auf die erforderlichen und angemessenen Kosten einer aktiv durch die versicherte Person gemäß §§ 374 ff. StPO betriebenen Privatklage.“

Die genannten Voraussetzungen für die Gewährung der PR-Kosten sind vorliegend erfüllt.

In den zahlreichen vorgelegten Presseberichten wird der Verfügungskläger unter anderem als Kopf einer global agierenden kriminellen Vereinigung dargestellt, die gutgläubige Anleger systematisch um ihre Einlagen gebracht haben soll. In den Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung über das laufende Ermittlungsverfahren (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 07.12.1999, Az. VI ZR 51/99, zitiert nach Juris) ist dies zwar hinzunehmen. Soweit eine solche Berichterstattung jedoch mit diffamierenden, vorverurteilenden oder wahrheitswidrigen Behauptungen einhergeht, sind die zur Abwendung oder Minderung des Reputationsschadens erforderlichen und angemessenen Kosten nach Ziffer 4.12 Z zu ersetzen.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten scheidet der Anspruch auf Ersatz der PR-Kosten vorliegend nicht deshalb aus, weil die Medienberichterstattung nicht in Bezug auf konkrete Haftpflicht-Versicherungsfälle nach Ziffer 1.1.1 Z – nämlich in Hinblick auf die Zivilverfahren – erfolgt, sondern in Bezug auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stadt2 und die ihm zugrundeliegenden Pflichtverletzungen.

Die Zusage von Versicherungsschutz in Form von PR-Kosten gilt für kritische Medienberichterstattung über die angeblichen Pflichtverletzungen des Verfügungsklägers, und zwar unabhängig davon, ob sie Grundlage eines Haftpflicht-Versicherungsfalls im Sinne von Ziffer 1.1.1 Z oder eines Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfalls nach Ziffer 1.1.2 a) Z sind, wie sich aus der Auslegung der einschlägigen Versicherungsbedingungen ergibt.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind. Liegt – wie hier – eine Versicherung für fremde Rechnung vor, kommt es daneben auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der typische Adressaten- und Versichertenkreis in der D&O-Versicherung geschäftserfahren und mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertraut ist (BGH, Urteil vom 18.11.2020, Az. IV ZR 217/19; zitiert nach Juris).

Nach diesen Maßstäben ergibt die Auslegung von Ziffer 4.12 Z für den durchschnittlichen, geschäftserfahrenen und mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertrauten Versicherten einer D&O-Versicherung, dass der zugesagte Versicherungsschutz in Form von PR-Kosten unabhängig davon gewährt wird, ob die Medienberichterstattung über Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Haftpflicht-Versicherungsfällen nach Ziffer 1.1.1 Z oder mit Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfällen nach Ziffer 1.1.2 a) Z erfolgt.

Ausgehend vom Wortlaut der Klausel „…über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall…“ könnte die Formulierung des Haftpflicht-Versicherungsfalls in Ziffer 4.12 Z zwar als Bezugnahme auf den in Ziffer 1.1.1 Z definierten Haftpflicht-Versicherungsfall in Abgrenzung zum Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfall in Ziffer 1.1.2 a) Z zu verstehen sein. Danach käme die Gewährung von PR-Kosten nur dann in Betracht, wenn die karriereschädliche Medienberichterstattung über Pflichtverletzungen in Zusammenhang mit konkret benannten zivilrechtlichen Haftpflichtfällen erfolgen würde. Eine solche formal am Wortlaut haftende, den Anwendungsbereich der Klausel stark einschränkende Auslegung wird jedoch dem erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel unter Berücksichtigung ihrer systematischen Stellung nicht gerecht.

Der Wortlaut der Klausel ist nicht eindeutig, sondern vielmehr offen. Eine konkrete Bezugnahme auf Ziffer 1.1.1 Z ist der Fassung der Klausel nicht zu entnehmen.

Die in Ziffer 4.12 Z gewählten Formulierungen „…über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall…“ und „… ab dem Eintritt des Haftpflicht-Versicherungsfalles…“ lassen keine direkte Verknüpfung mit Ziffer 1.1.1 Z erkennen. Demgegenüber wurden in anderen Klauseln solche Verweisungen unter Benennung der konkreten Ziffer vorgenommen (z. B. verweist Ziffer 7.1.1 Z konkret auf Ziffer 1.1.1 Z).

Sofern sich in dem Klauselwerk die unter Ziffer 4 Z vereinbarten Erweiterungen des Versicherungsschutzes ausschließlich entweder auf den Versicherungsfall nach Ziffer 1.1.2 a) Z oder nach Ziffer 1.1.1 Z beziehen sollen, wird dies darüber hinaus durch entsprechende Einleitungen kenntlich gemacht:

„4.9.3 USA Foreign Corrupt Practices Act/Civil penalties

In Erweiterung des Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfalls gilt: …“

oder

„4.9.1 Regressansprüche infolge Strafen und Bußen einschließlich Corporate Manslaughter

In Erweiterung des Haftpflicht-Versicherungsfalls gilt: …“.

Von einer solchen ausdrücklichen Einschränkung der in Ziffer 4.12 Z vorgenommenen Erweiterung des Versicherungsschutzes lediglich auf den Haftpflicht-Versicherungsfall im engeren Sinne nach Ziffer 1.1.1 Z wurde vorliegend – entgegen der sonstigen Handhabung – jedoch abgesehen.

Wäre mit der Formulierung „über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall“ der Versicherungsfall im engeren Sinne – nach Ziffer 1.1.1 Z – gemeint, hätte es zudem nahegelegen, die dort gewählte Formulierung „… erstmals schriftlich … in Anspruch genommen werden…“ zu übernehmen. Von der offenen Formulierung in Ziffer 4.12 Z „… ab dem Eintritt des Haftpflicht-Versicherungsfalles…“ wird zwanglos auch der Versicherungsfall nach Ziffer 1.1.2 a) Z erfasst, für dessen Eintritt es auf die erstmalige Einleitung eines Strafverfahrens ankommt.

Die Formulierung „über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall“ ist danach nicht auf ein Verständnis im Sinne einer formalen Bezugnahme auf Ziffer 1.1.1 Z als einzig mögliches Auslegungsergebnis verengt, sondern lässt ebenso ein Verständnis dahingehend zu, dass es ganz allgemein auf die Medienberichterstattung über einen – d. h. einen bedingungsgemäß versicherten – Haftpflicht-Versicherungsfall ankommt.

Von wesentlicher Bedeutung für die Auslegung ist zudem, was ein durchschnittlicher Versicherter billigerweise vom Versicherungsschutz in der Versicherung erwarten kann. Diese Erwartungen werden zwar in erster Linie vom Text des Versicherungsvertrages (also vom Antrag, Versicherungsschein und den Bedingungen) bestimmt; es müssen aber auch die Verkehrsauffassung und die Interessenlage in Betracht gezogen werden (BGH, Urteil vom 04.12.1980, Az. IVa ZR 32/80; zitiert nach Juris). Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Sinn und Zweck – soweit für den Versicherten erkennbar – ist zu berücksichtigen.

Nach diesen Grundsätzen sind auch die Erwartungen des Versicherten zu berücksichtigen, die er nach der Ausgestaltung der Klausel billigerweise hegen durfte.

Für den Versicherten werden naturgemäß eine ihm vorgeworfene strafrechtlich relevante Pflichtverletzung, die regelmäßig auch das zentrale Thema in der medialen Berichterstattung ist, und die daraus für ihn entstehenden nachteiligen Folgen im Mittelpunkt stehen. In erster Linie aufgrund der Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung – hier unter anderem der Bilanzfälschung und der Marktmanipulation – droht eine existentielle Beschädigung des Ansehens des Versicherten. Soweit diese nicht ohnehin im Rahmen zulässiger Verdachtsberichterstattung hinzunehmen ist und durch die Einschaltung einer PR-Agentur oder durch gerichtliche Maßnahmen abgewendet oder gemindert werden kann, wird dem Versicherten in Ziffer 4.12 Z ausdrücklich umfassender Reputationsschutz zugesagt; darauf wird in der seitlichen Überschrift zu Ziffer 4.12 Z nochmals explizit hingewiesen. Dass gerade für den zentralen Bereich der Medienberichterstattung in Bezug auf den Versicherungsfall des Verfahrensrechtsschutzes nach Ziffer 1.1.2 a) Z Deckung zugesagt wird, entspricht erkennbar Sinn und Zweck der Klausel und auch den berechtigten Erwartungen des Versicherten. Er wird die Klausel daher zu Recht dahingehend verstehen, dass ihm bedingungsgemäß – soweit erforderlich und angemessen – umfassender Versicherungsschutz zur Abwendung oder Minderung des Reputationsschadens bei kritischer Berichterstattung über die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung gewährt wird. Jedenfalls wird der Versicherte nicht erwarten, dass es für die Gewährung von Versicherungsschutz auf die Abgrenzung ankommen könnte, ob die Medienberichterstattung über einen Versicherungsfall nach Ziffer 1.1.1 Z oder Ziffer 1.1.2 a) Z erfolgt. Dies gilt umso mehr, als sich eine solche Abgrenzung schwierig gestalten dürfte, da sich die mediale Berichterstattung regelmäßig auf ein konkretes Ermittlungs- oder Strafverfahren konzentriert und konkrete zivilrechtliche Klageverfahren – wenn überhaupt – nur am Rande und in allgemeiner Form Erwähnung finden. Ob ein Anspruch auf Versicherungsschutz besteht, würde danach vom eher zufälligen Inhalt der medialen Berichterstattung abhängen.

Dass dem Schutz der Reputation in Ziffer 4.12 Z gerade im strafrechtlichen Bereich eine weitreichende Bedeutung beigemessen wird, ergibt sich auch aus der weiteren Zusage, bei einer Rufschädigung im Sinne von §§ 185, 186 StGB die Kosten für Privatklageverfahren zu übernehmen. Die Rufschädigung muss dazu lediglich „mit Bezug“ auf einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall erfolgen.

Das von der Beklagten der Klausel zugrunde gelegte Verständnis würde überdies zu erheblichen Deckungslücken führen.

Zu einer solchen Deckungslücke, die ein verständiger Versicherter bei gebotener Aufmerksamkeit und Überlegung nicht erwarten darf, soll es durch die Auslegung jedoch gerade nicht kommen (BGH, Urteil vom 16.10.1991, Az. IV ZR 257/90; zitiert nach Juris). Grundsätzlich sollen Versicherungsbedingungen nicht in der Weise ausgelegt werden, dass der Versicherungsschutz leerläuft (Langheid/Rixecker, VVG, 6. Auflage 2019, § 1 VVG Rn. 56). Letzteres wäre in Bezug auf die PR-Kosten der Fall, wenn sie nur für die völlig untergeordnete und praktisch kaum relevante Berichterstattung über die zivilrechtliche Inanspruchnahme des Versicherten, nicht aber über das im Fokus des öffentlichen Interesses und der medialen Berichterstattung stehende strafrechtliche Ermittlungsverfahren zugesagt wären.

Im Ergebnis genügt danach regelmäßig eine kritische Medienberichterstattung über eine für den Versicherungsfall – unabhängig, ob nach Ziffer 1.1.1 Z oder Ziffer 1.1.2 a) Z – maßgebliche Pflichtverletzung.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten wird durch diese Auslegung der Versicherungsschutz nicht unzulässig erweitert. Anders als in dem zitierten, von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (Urteil vom 25.02.2011, Az. IV ZR 117/09; zitiert nach Juris), in dem der allein gewährte Sachversicherungsschutz durch die Auslegung nachträglich zu einer Haftpflichtversicherung erweitert wurde, bewegt sich die hier vorgenommene Auslegung im Rahmen des zugesagten Versicherungsschutzes.

Das Verständnis der Verfügungsbeklagten zugrunde gelegt würde die Klausel im Übrigen den Erfordernissen des Transparenzgebotes nicht mehr genügen.

Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners (BGH, Urteil vom 26.09.2007; Az. IV ZR 252/06; zitiert nach Juris).

Aus den bereits dargelegten Gründen wäre für den Versicherten bei einem Verständnis der Klausel, wie die Verfügungsbeklagte es vertritt, nicht ohne weiteres ersichtlich, dass der für ihn ganz wesentliche Bereich der kritischen Medienberichterstattung im Zusammenhang mit den dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Pflichtverletzungen vom Versicherungsschutz nach Ziffer 4.12 Z nicht erfasst wäre.

Wie der Senat bereits mit Urteil vom 07.07.2021, Az. 7 U 19/21, entschieden hat, hat der Verfügungskläger einen Anspruch auf die Gewährung vorläufiger Abwehrkosten (Verteidigungskosten) nach Ziffer 7.1.3 Z. Die Verfügungsbeklagte kann sich nicht auf die Ausschlussgründe wegen Arglist nach Ziffern 7.3.1 und 7.3.2 Z berufen.

Die Gewährung von vorläufigen Abwehrkosten nach Ziffer 7.1.3 Z umfasst auch die PR-Kosten nach Ziffer 4.12 Z. Dies ergibt sich bereits aus der systematischen Auslegung des Regelwerks. Bei dem Anspruch aus Ziffer 4.12 Z handelt es sich um eine zusätzliche Unterstützungsleistung nach Eintritt des Versicherungsfalls. Die Zusatzleistung ergänzt den sich aus Ziffer 1.1.1 Z und Ziffer 1.1.2 a) Z ergebenden üblichen Versicherungsschutz in Form der Übernahme unter anderem von Verteidigungskosten. Die Gewährung der vereinbarten PR-Kosten ist somit davon abhängig, dass überhaupt ein bedingungsgemäßer Haftpflicht-Versicherungsfall – sei es nach Ziffer 1.1.1 oder Ziffer 1.1.2 a) Z – eingetreten ist. Liegt ein Versicherungsfall vor, aufgrund dessen ein Anspruch auf bedingungsgemäße Leistungen – hier in Form vorläufiger Abwehrkosten nach Ziffer 7.1.3 Z – besteht, sind auch – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – PR-Kosten zu gewähren.

Allein diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck des Anspruchs aus Ziffer 4.12 Z gerecht. Reputationsschutz kommt vorrangige Bedeutung zu im Zusammenhang mit strafrechtlich relevanten Pflichtverletzungen, die einen Haftpflichtfall nach Ziffer 1.1.1. Z und nach 1.1.2 a) Z auslösen. In der Regel steht damit zugleich der Haftungsausschluss der vorsätzlichen bzw. wissentlichen Pflichtverletzung nach 7.1.1 Z bzw. 7.1.2 Z im Raum. Soweit die Beklagte im Rahmen von Ziffer 7.1.3 Z im Zweifel über das Vorliegen einer wissentlichen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung bis zu deren Feststellung durch Geständnis oder rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, aus der sich die Tatsachen ergeben, die eine vorsätzliche bzw. wissentliche Pflichtverletzung belegen, vorläufige Abwehrkosten zugesagt hat, umfasst dies auch den Bereich der erweiterten PR-Kosten. Letztere sind überhaupt nur von Bedeutung, solange der strafrechtlich relevante Vorwurf, der zugleich eine vorsätzliche bzw. wissentliche Pflichtverletzung beinhaltet, noch nicht rechtskräftig festgestellt worden ist oder sich als haltlos erwiesen hat. Der mit Ziffer 4.12 Z bezweckte Reputationsschutz würde vereitelt, wenn zunächst die Frage der im Raum stehenden vorsätzliche bzw. wissentliche Pflichtverletzung geklärt werden müsste.

Bei einem anderen Verständnis würde die Klausel den Erfordernissen des Transparenzgebotes nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB überdies nicht mehr genügen. Dass der Versicherungsschutz in Form von PR-Kosten, auch wenn vorsätzliche bzw. wissentliche Pflichtverletzungen im Raum stehen, ausgeschlossen werden kann, obwohl die Verfügungsbeklagte grundsätzlich vorläufige Abwehrdeckung trotz Bestehen solcher Zweifel zugesagt hat, lässt sich Ziffer 4.12 Z nicht entnehmen. Der Versicherungsnehmer kann weder aufgrund des Wortlautes noch der Systematik oder des Zwecks der Klausel erkennen, dass der Reputationsschutz nach Ziffer 4.12 Z nicht wie die übrigen Versicherungsleistungen der vorläufigen Abwehrdeckung unterfallen soll.

Darüber hinaus ist auch ein Verfügungsgrund gegeben.

Nach § 940 ZPO kann ein Begehren, das – wie hier – auf eine vollständige Befriedigung der behaupteten Ansprüche abzielt, ausnahmsweise im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden. Der Gläubiger muss auf die sofortige Erfüllung zur Abwendung einer existentiellen Notlage dringend angewiesen sein und im Hauptsacheverfahren mit hoher bis an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit obsiegen. Des Weiteren darf ihm die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren wegen der unvermeidlichen zeitlichen Verzögerung nicht zumutbar sein und ihm müssen aus der Nichtleistung schwerwiegende Nachteile drohen, die nicht außer Verhältnis stehen dürfen zu dem Schaden, den der Schuldner erleiden kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2012, Az. I-4 U 246/11; LG Mannheim, Urteil vom 29.04.2020, Az. 11 O 66/20, zitiert nach Juris, zu Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung).

Von einer existentiellen Notlage ist nach der Rechtsprechung auszugehen, wenn der Antragsteller so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und sonst so erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würde, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist.

Der Verfügungskläger befindet sich in einer existentiellen Notlage. Sofern die Medienberichterstattung über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vorstand der X AG diffamierend, vorverurteilend oder teilweise wahrheitswidrig erfolgen sollte, droht dem Verfügungskläger eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte, der er mangels finanzieller Mittel nicht begegnen kann. Aufgrund des fortbestehenden öffentlichen Interesses an den dem Verfügungskläger gemachten Vorwürfen besteht weiterhin eine greifbare Gefahr derartiger Rechtsverletzungen und deren Folgen für seine berufliche Existenz.

Ein Zuwarten auf den Ausgang des vor dem Senat anhängigen Deckungsprozesses ist ihm nicht zumutbar, da etwaige Rechtsverletzungen kurzfristige Reaktionen erfordern, die keinen zeitlichen Aufschub bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dulden.

Der Verfügungskläger hat glaubhaft gemacht, dass er nach wie vor nicht über finanzielle Mittel verfügt, um sofort gegen rufschädigende Berichterstattung im vorstehenden Sinne vorzugehen.

Aufgrund der gerichtsbekannten strafrechtlichen und zivilrechtlichen Arretierung des Vermögens des Verfügungsklägers, die vorliegend zudem nochmals vorgetragen und eidesstattlich versichert wurde, sowie der weiterhin andauernden Untersuchungshaft und seines fehlenden Einkommens ist glaubhaft gemacht, dass er über keine entsprechenden finanziellen Mittel mehr verfügt.

Soweit sich aus dem Vortrag der Verfügungsbeklagten wie auch aus der vorgelegten Presseberichterstattung in der Zeitung2 vom XX.XX.2021 ergibt, dass das Landgericht Stadt2 Arreste über Kontoguthaben (13,2 Mio. Euro) des Verfügungsklägers bei der Bank5 aufgehoben hat, ändert dies an der Beurteilung nichts. Ausweislich der Aufstellung der Staatsanwaltschaft Stadt2 vom 26.03.2021 bestehen hinsichtlich des Kontos bei der Bank5 weitere Arreste mit Pfändungen in Höhe von über 40 Millionen Euro, die die freigegebene Summe weit übersteigen.

Wie der Senat bereits mit Urteil vom 07.07.2021, Az. 7 U 19/21, entschieden hat, kann der Verfügungskläger nicht auf die Beantragung von Prozesskostenhilfe verwiesen werden. Vorliegend kommt hinzu, dass nicht alle für den Reputationsschutz erforderlichen Tätigkeiten zwingend in gerichtliche Verfahren münden.

Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung wiegen die dem Verfügungskläger aufgrund der Ablehnung der Ansprüche aus Ziffer 4.12 Z drohenden Nachteile schwer und stehen nicht außer Verhältnis zu dem möglichen Schaden, den die Verfügungsbeklagte erleiden könnte.

Die dem Antragsteller aufgrund der Verweigerung der PR-Kosten drohenden Nachteile sind erheblich. Für ihn besteht die Gefahr, dass er einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung nicht zeitnah mit den erforderlichen Maßnahmen entgegentreten kann.

Die Erfolgsaussichten für die Deckungsklage im Hauptsacheverfahren sind zu bejahen. Die Verfügungsbeklagte schuldet im Rahmen der vorläufigen Abwehrkosten auch Ersatz der PR-Kosten. Durch die Leistungsverfügung wird die Verfügungsbeklagte zu einer Leistung verurteilt, die sie aufgrund des zugesagten vorläufigen Versicherungsschutzes schuldet, wie der Senat in seinem Urteil vom 07.07.2021 im Einzelnen ausgeführt hat.

Bestehen danach sowohl Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund, hat der Verfügungskläger nach Ziffer 4.12 Z im Rahmen des vereinbarten Sublimits einen Anspruch auf Ersatz der PR-Kosten, die zur Abwendung oder Minderung des Reputationsschadens erforderlich und angemessen sind. Er kann dazu nach Abstimmung mit dem Versicherer eine unabhängige Public Relations-Agentur beauftragen oder die Kosten für gerichtliche Maßnahmen, die auf Unterlassung oder Widerruf der genannten Medienberichterstattung gerichtet sind, ersetzt verlangen. Da es sich bei den beiden zur Verfügung gestellten Möglichkeiten um zwei völlig unterschiedliche Instrumente handelt, die für den bezweckten effektiven Schutz vor Reputationsschäden sinnvollerweise nebeneinander eingesetzt werden, kann der Verfügungskläger grundsätzlich die Kosten für beide Maßnahmen ersetzt verlangen. Die Konjunktion „oder“ nach Ziffer 4.12 a) Z ist nicht im Sinne eines Alternativverhältnisses zu verstehen.

Eine Abstimmung der Maßnahmen mit der Verfügungsbeklagten war hier von vornherein ausgeschlossen, nachdem sie den Ersatz der Kosten abgelehnt hat.

Der Verfügungskläger kann grundsätzlich die Deckung der erforderlichen und angemessenen Kosten, die ihm durch eine der in Ziffer 4.12 b) Z genannten Maßnahmen und die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei S entstehen, verlangen.

Die von dem Verfügungskläger angesetzten Stundensätze werden von der Verfügungsbeklagten nicht beanstandet. Der Verfügungskläger kann allerdings nicht die Kosten für wissenschaftliche Mitarbeiter ersetzt verlangen. Er hat trotz Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht dargelegt, dass die Tätigkeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter derjenigen der in der Honorarvereinbarung genannten Associates entspricht.

Nach Ziffer 4.12 a) Z kann der Verfügungskläger zusätzlich die Deckung der erforderlichen und angemessenen Kosten, die ihm durch die Beauftragung der PR-Agentur T entstehen, begehren. Die für den Verfügungskläger tätigen Rechtsanwälte U und V haben eidesstattlich versichert, dass aufgrund anhaltender rufschädigender Presseberichterstattung eine zeitnahe Reaktion ohne Einschaltung einer auf die Kommunikation mit Journalisten spezialisierten PR-Agentur nicht möglich sei. Dies erscheint dem Senat insbesondere vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass sich der Verfügungskläger weiterhin in Untersuchungshaft befindet und eine Kontaktaufnahme zu ihm nur eingeschränkt möglich ist. Die PR-Agentur steht ihm deshalb jederzeit als Sprachrohr zur Verfügung. Vor Presseveröffentlichungen sind zudem regelmäßig Stellungnahmen des Betroffenen einzuholen (BGH a.a.O.). Auch diese Aufgabe nimmt die eingeschaltete PR-Agentur wahr.

Der vereinbarte Pauschalbetrag von 12.000,- Euro im Monat zuzüglich Mehrwertsteuer und anfallender Reisekosten dürfte angesichts des ansonsten üblichen Tagessatzes sowie des zeitlichen Umfangs der Beratung angemessen sein. Der Tätigkeitsaufwand wird in der schriftlichen Vereinbarung vom 25.3.2021 zwar mit ca. 50 bis 60 Stunden im Monat angegeben, tatsächlich fallen aber nach Angaben des Beraters monatlich nur 35 bis 40 Stunden an. Nach den Angaben des Beraters ist ein Tagessatz von 3.200,- Euro für seine Tätigkeit üblich; dem ist die Verfügungsbeklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Der im Vergleich zur Einzelabrechnung angesetzte etwas günstigere Pauschalbetrag trägt dem Umstand Rechnung, dass der Berater fortwährend für den Verfügungskläger tätig sein soll. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ist nicht ausgeschlossen, soweit es nicht außer Verhältnis zu den tatsächlich erforderlichen und angemessen PR-Kosten steht. Diesbezügliche Einwendungen werden der Verfügungsbeklagten durch die Vereinbarung eines Pauschalhonorars nicht abgeschnitten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 ZPO. Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.

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