Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Bindungswirkung des Stichentscheids: Bedeutung für die Rechtsschutzversicherung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was ist ein Stichentscheid und wie funktioniert er bei Rechtsschutzversicherungen?
- Welche Voraussetzungen muss ein Stichentscheid erfüllen, um für die Versicherung bindend zu sein?
- Wie können Versicherte vorgehen, wenn die Rechtsschutzversicherung trotz Stichentscheid die Deckung verweigert?
- Welche Fristen müssen Versicherte bei der Einholung eines Stichentscheids beachten?
- Welche Kosten entstehen für den Versicherten bei der Einholung eines Stichentscheids?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Rechtsschutzversicherung war verpflichtet, für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund des Dieselskandals zu decken.
- Der Fall betrifft einen Kauf eines von der Abgasaffäre betroffenen Fahrzeugs.
- Die Versicherung hatte die Deckung mit dem Hinweis auf fehlende Erfolgsaussichten sowie Verjährung der Ansprüche verweigert.
- Das Gericht stellte klar, dass die Versicherung für die entstandenen materiellen Schäden aufgrund der versagten Deckungszusage verantwortlich ist.
- Die Entscheidung beruht auf der Feststellung, dass die Erfolgsaussichten nicht so negativ waren, wie die Versicherung behauptete.
- Der Beklagte muss die Klägerin von den Kosten des Rechtsstreits freistellen.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, was bedeutet, dass die Klägerin ihre Ansprüche kurzfristig durchsetzen kann.
- Die Entscheidung könnte die Vorgehensweise von Rechtsschutzversicherungen in ähnlichen Fällen beeinflussen.
- Betroffene sollten ihre Ansprüche sorgfältig prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Beistand suchen.
- Die Fristen zur Beantragung von Deckungszusagen müssen beachtet werden, um Ansprüche nicht zu verlieren.
Bindungswirkung des Stichentscheids: Bedeutung für die Rechtsschutzversicherung
Die Rechtsschutzversicherung spielt eine entscheidende Rolle bei der Absicherung von rechtlichen Auseinandersetzungen und der Durchsetzung von Ansprüchen. Insbesondere die Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung ist ein zentraler Aspekt für Versicherungsnehmer, die sich im Streitfall auf ihre Rechte berufen möchten. Ein oft diskutiertes Konzept in diesem Zusammenhang ist die Bindungswirkung eines Stichentscheids. Dieser bewirkt, dass die Entscheidung eines Schlichters oder einer Schlichtungsstelle für die Parteien verbindlich ist und somit eine grundlegende Orientierung für die Deckungspflicht der Versicherung gibt.
Die Kriterien, die für die Rechtsschutzdeckung entscheidend sind, variieren je nach Vertrag, weshalb es wichtig ist, die Bedingungen der jeweiligen Rechtsschutzversicherung gründlich zu verstehen. Bei der Beurteilung von Rechtsstreitigkeiten müssen Versicherte auch die Möglichkeiten eines Widerspruchs gegen einen Stichentscheid in Betracht ziehen, da dieser in vielen Fällen entscheidend für die Wahrung ihrer Rechte ist. Um die komplexe Materie besser zu verstehen, ist es hilfreich, sich auf konkrete Streitfälle zu beziehen, die eine anschauliche Darstellung der Bindungswirkung im Recht und deren Bedeutung für die Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung bieten.
Der Fall vor Gericht
Rechtsschutzversicherung muss Deckung im Dieselskandal gewähren

Das Landgericht Heilbronn hat in einem Urteil vom 30. Juni 2023 entschieden, dass eine Rechtsschutzversicherung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal Deckungsschutz gewähren muss.
Hintergrund des Falls
Eine Klägerin hatte 2015 einen gebrauchten Audi Q5 mit einem vom Dieselskandal betroffenen Motor EA 189 gekauft. Als sie ihre Rechtsschutzversicherung um Deckungszusage für einen Schadensersatzprozess gegen Audi bat, lehnte diese ab. Die Versicherung begründete dies mit mangelnden Erfolgsaussichten und Verjährung der Ansprüche.
Stichentscheid des Anwalts bindet Versicherung
Daraufhin ließ die Klägerin von ihrem Anwalt einen sogenannten Stichentscheid anfertigen. Darin legte dieser dar, warum die Klage durchaus Erfolgsaussichten habe. Das Gericht urteilte nun, dass dieser Stichentscheid für die Versicherung bindend sei. Die Einschätzung des Anwalts weiche nicht offensichtlich von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage ab.
Versicherung muss Deckung und Schadensersatz leisten
Das Gericht stellte fest, dass die Versicherung verpflichtet ist, Deckungsschutz für die außergerichtliche und erstinstanzliche Rechtsverfolgung zu gewähren. Zudem muss sie der Klägerin sämtliche materiellen Schäden ersetzen, die aus der Verweigerung der Deckungszusage entstanden sind. Dazu gehören etwa Kosten für einen Prozessfinanzierer, den die Klägerin aufgrund der Deckungsablehnung eingeschaltet hatte.
Bedeutung des Urteils für Dieselkläger
Das Urteil stärkt die Position von Dieselklägern gegenüber ihren Rechtsschutzversicherungen. Es zeigt, dass Versicherungen Deckungsanfragen im Dieselskandal nicht pauschal ablehnen können. Vielmehr müssen sie sich mit den Erfolgsaussichten im Einzelfall auseinandersetzen. Lehnen sie die Deckung ab, können Versicherte durch einen Stichentscheid ihres Anwalts die Versicherung zur Leistung verpflichten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Versicherungsnehmern im Dieselskandal erheblich. Es verdeutlicht, dass Rechtsschutzversicherungen Deckungsanfragen nicht pauschal ablehnen dürfen, sondern die Erfolgsaussichten im Einzelfall prüfen müssen. Der Stichentscheid eines Anwalts kann für die Versicherung bindend sein, sofern er nicht offensichtlich von der Sach- und Rechtslage abweicht. Dies erweitert den Rechtsschutz für Betroffene und verpflichtet Versicherungen zu einer sorgfältigeren Prüfung von Deckungsanfragen im Dieselskandal.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als vom Dieselskandal Betroffener stärkt dieses Urteil Ihre Position gegenüber Ihrer Rechtsschutzversicherung erheblich. Wenn Ihre Versicherung die Deckung für einen Schadensersatzprozess gegen den Autohersteller ablehnt, haben Sie nun bessere Chancen, diese durchzusetzen. Sie können einen Anwalt beauftragen, einen Stichentscheid zu erstellen, der die Erfolgsaussichten Ihres Falls darlegt. Ist dieser Stichentscheid fundiert und nicht offensichtlich falsch, muss die Versicherung ihn akzeptieren und Deckungsschutz gewähren. Wichtig für Sie: Die Kosten für den Stichentscheid trägt die Versicherung. Zudem muss die Versicherung Ihnen etwaige Schäden ersetzen, die durch eine unberechtigte Deckungsablehnung entstanden sind, etwa wenn Sie deshalb einen Prozessfinanzierer einschalten mussten.
FAQ – Häufige Fragen
In dieser FAQ-Rubrik erhalten Sie wertvolle Informationen rund um wichtige rechtliche Themen, die für Ihre Entscheidungen von Bedeutung sein können. Besonders im Hinblick auf die Bindungswirkung des Stichentscheids in der Rechtsschutzversicherung gibt es viele Aspekte zu beachten. Wir beantworten häufige Fragen, um Ihnen ein besseres Verständnis zu ermöglichen und rechtliche Unsicherheiten zu klären.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was ist ein Stichentscheid und wie funktioniert er bei Rechtsschutzversicherungen?
- Welche Voraussetzungen muss ein Stichentscheid erfüllen, um für die Versicherung bindend zu sein?
- Wie können Versicherte vorgehen, wenn die Rechtsschutzversicherung trotz Stichentscheid die Deckung verweigert?
- Welche Fristen müssen Versicherte bei der Einholung eines Stichentscheids beachten?
- Welche Kosten entstehen für den Versicherten bei der Einholung eines Stichentscheids?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Was ist ein Stichentscheid und wie funktioniert er bei Rechtsschutzversicherungen?
Ein Stichentscheid ist ein wichtiges Instrument in Rechtsschutzversicherungen, das Ihnen als Versicherungsnehmer die Möglichkeit gibt, eine ablehnende Entscheidung Ihres Versicherers überprüfen zu lassen.
Grundlagen des Stichentscheids
Der Stichentscheid kommt zum Einsatz, wenn Ihre Rechtsschutzversicherung die Kostenübernahme für einen Rechtsstreit ablehnt. Dies geschieht in der Regel aus zwei Gründen:
- Der Versicherer sieht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg für Ihr rechtliches Anliegen.
- Die Kosten des Verfahrens stehen in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg.
In solchen Fällen haben Sie das Recht, einen Stichentscheid einzuholen.
Ablauf des Stichentscheidverfahrens
Beim Stichentscheid beauftragt Ihr eigener Rechtsanwalt eine unabhängige Bewertung Ihres Falles. Er prüft, ob tatsächlich geringe Erfolgsaussichten oder Mutwilligkeit vorliegen. Diese Bewertung ist in der Regel für beide Seiten bindend – sowohl für Sie als auch für den Versicherer.
Bedeutung für Sie als Versicherungsnehmer
Der Stichentscheid stärkt Ihre Position gegenüber dem Versicherer erheblich. Wenn Ihr Anwalt zu dem Schluss kommt, dass Ihr Anliegen Aussicht auf Erfolg hat, muss die Versicherung die Kosten übernehmen – selbst wenn sie ursprünglich anderer Meinung war.
Kosten und Risiken
Ein großer Vorteil für Sie: Die Kosten für den Stichentscheid trägt in der Regel Ihre Rechtsschutzversicherung, unabhängig vom Ausgang. Dies macht das Verfahren für Sie risikoarm und attraktiv.
Grenzen der Bindungswirkung
Es gibt allerdings Ausnahmen von der Bindungswirkung. Der Versicherer kann sich dem Stichentscheid widersetzen, wenn die Bewertung Ihres Anwalts offensichtlich und erheblich von der tatsächlichen Sach- und Rechtslage abweicht. Dies ist jedoch nur in extremen Fällen möglich, etwa bei einer groben Verkennung der Rechtslage.
Alternativen zum Stichentscheid
Neben dem Stichentscheid gibt es auch das Schiedsgutachterverfahren. Hierbei beauftragt die Rechtsanwaltskammer einen unabhängigen Anwalt mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieses Verfahren ist für den Versicherer immer bindend, kann für Sie als Versicherungsnehmer aber mit Kosten verbunden sein.
Der Stichentscheid ist ein mächtiges Instrument, das Ihre Interessen als Versicherungsnehmer schützt. Er ermöglicht eine faire Überprüfung von Ablehnungsentscheidungen und kann Ihnen den Weg zu Ihrem Recht ebnen, selbst wenn Ihre Versicherung zunächst anderer Meinung war.
Welche Voraussetzungen muss ein Stichentscheid erfüllen, um für die Versicherung bindend zu sein?
Ein Stichentscheid muss mehrere wichtige Voraussetzungen erfüllen, um für die Versicherung bindend zu sein:
Formelle Anforderungen
Der Stichentscheid muss schriftlich erfolgen und von einem unabhängigen Rechtsanwalt oder Notar erstellt werden. Dieser Experte sollte nachweislich über Erfahrung im relevanten Rechtsgebiet verfügen.
Inhaltliche Anforderungen
Eine ausführliche Begründung ist unerlässlich. Der Stichentscheid muss die rechtliche Situation umfassend analysieren und die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits detailliert darlegen. Dabei sind alle relevanten Tatsachen und Rechtsfragen zu berücksichtigen.
Beurteilung der Erfolgsaussichten
Der Stichentscheid muss eine klare Einschätzung der Erfolgsaussichten enthalten. Diese Beurteilung sollte auf einer sorgfältigen Abwägung aller Umstände basieren und nachvollziehbar begründet sein. Wenn Sie einen Stichentscheid erhalten, achten Sie darauf, dass die Erfolgsaussichten konkret beziffert werden, etwa als Prozentsatz oder mit Begriffen wie „überwiegend aussichtsreich“ oder „wenig erfolgversprechend“.
Unparteilichkeit und Objektivität
Der Verfasser des Stichentscheids muss neutral und unvoreingenommen sein. Er darf weder mit Ihnen noch mit der Versicherung in einer Weise verbunden sein, die seine Objektivität beeinträchtigen könnte.
Aktualität und Vollständigkeit
Der Stichentscheid muss auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung basieren und alle zum Zeitpunkt der Erstellung verfügbaren relevanten Informationen berücksichtigen. Wenn sich nach Erstellung des Stichentscheids wesentliche Umstände ändern, kann dies seine Bindungswirkung beeinflussen.
Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen
Die Versicherungsbedingungen Ihrer Rechtsschutzversicherung können spezifische Anforderungen an den Stichentscheid festlegen. Diese müssen ebenfalls erfüllt sein, damit der Stichentscheid bindend ist. Prüfen Sie daher Ihren Versicherungsvertrag auf etwaige Sonderregelungen.
Wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Stichentscheid in der Regel für die Versicherung bindend. Dies bedeutet, dass die Versicherung verpflichtet ist, Deckungsschutz zu gewähren, wenn der Stichentscheid zu dem Ergebnis kommt, dass Ihre Erfolgsaussichten hinreichend gut sind. Umgekehrt können Sie die Versicherung nicht zur Deckung zwingen, wenn der Stichentscheid zu einem negativen Ergebnis kommt.
Wie können Versicherte vorgehen, wenn die Rechtsschutzversicherung trotz Stichentscheid die Deckung verweigert?
Wenn Ihre Rechtsschutzversicherung trotz eines positiven Stichentscheids die Deckung verweigert, stehen Ihnen mehrere Handlungsoptionen zur Verfügung:
Schriftliche Aufforderung zur Leistungserbringung
Zunächst sollten Sie Ihre Versicherung schriftlich zur Einhaltung der Deckungszusage auffordern. Beziehen Sie sich dabei auf den Stichentscheid und setzen Sie eine angemessene Frist, etwa zwei Wochen. Erklären Sie, dass Sie bei weiterer Verweigerung rechtliche Schritte einleiten werden.
Beschwerde bei der Versicherungsaufsicht
Bleibt Ihre Aufforderung erfolglos, können Sie sich an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wenden. Die BaFin kann zwar keine Entscheidungen treffen, übt aber Druck auf Versicherungen aus, sich rechtskonform zu verhalten.
Ombudsmannverfahren
Eine weitere Option ist das kostenlose Schlichtungsverfahren beim Versicherungsombudsmann. Dieser kann bei Streitigkeiten bis zu einem Wert von 100.000 Euro verbindliche Entscheidungen treffen. Das Verfahren ist für Sie als Versicherungsnehmer unverbindlich – Sie können also im Anschluss immer noch vor Gericht gehen.
Deckungsklage
Als letztes Mittel bleibt Ihnen die Deckungsklage vor dem zuständigen Zivilgericht. Hierbei fordern Sie gerichtlich die Einhaltung des Versicherungsvertrags ein. Beachten Sie:
- Die Deckungsklage richtet sich gegen die Versicherung, nicht gegen den Gegner im Ausgangsverfahren.
- Es handelt sich um eine Feststellungsklage zur Klärung des Versicherungsschutzes.
- Die Kosten für die Deckungsklage trägt im Erfolgsfall die Versicherung.
Wichtig: Der Stichentscheid hat grundsätzlich bindende Wirkung für die Versicherung. Eine Abweichung ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa bei offensichtlicher Fehlerhaftigkeit des Stichentscheids. Die Beweislast hierfür liegt bei der Versicherung.
Bedenken Sie: Jeder Fall ist individuell. Die genannten Schritte können Sie einzeln oder kombiniert nutzen, um Ihre Ansprüche durchzusetzen. Eine sorgfältige Dokumentation aller Kommunikation mit der Versicherung ist dabei stets ratsam.
Welche Fristen müssen Versicherte bei der Einholung eines Stichentscheids beachten?
Bei der Einholung eines Stichentscheids müssen Versicherte in der Regel eine Frist von vier Wochen beachten. Diese Frist beginnt mit dem Zugang der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung. Es ist wichtig, dass Sie als Versicherter diese Frist im Blick behalten, um Ihre Rechte zu wahren.
Bedeutung der Frist
Die Einhaltung dieser Frist ist entscheidend für die Wahrung Ihrer Rechte. Wenn Sie innerhalb dieser vier Wochen keinen Stichentscheid beantragen, kann dies dazu führen, dass Sie die Möglichkeit verlieren, die Entscheidung Ihrer Versicherung überprüfen zu lassen.
Ausnahmen und Besonderheiten
Es gibt jedoch Situationen, in denen die Frist nicht bindend ist:
- Fehlender Hinweis: Die Frist gilt nur, wenn die Versicherung in ihrem Ablehnungsschreiben ausdrücklich auf die Folgen einer Fristversäumnis hingewiesen hat. Fehlt dieser Hinweis, können Sie auch nach Ablauf der vier Wochen noch einen Stichentscheid beantragen.
- Fristsetzung durch die Versicherung: In manchen Fällen kann die Versicherung Ihnen eine Frist von mindestens einem Monat setzen, um alle wesentlichen Informationen zum Rechtsschutzfall beizubringen. Auch hier muss die Versicherung auf die möglichen Konsequenzen einer Fristversäumnis hinweisen.
Vorgehen bei Fristablauf
Sollten Sie die Frist versäumt haben, prüfen Sie zunächst, ob das Ablehnungsschreiben Ihrer Versicherung den erforderlichen Hinweis auf die Fristfolgen enthielt. Falls nicht, können Sie möglicherweise noch einen Stichentscheid beantragen. In jedem Fall ist es ratsam, so schnell wie möglich zu handeln, wenn Sie mit der Entscheidung Ihrer Versicherung nicht einverstanden sind.
Bedenken Sie: Ein rechtzeitig beantragter Stichentscheid kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen und eine unabhängige Überprüfung der Deckungsablehnung zu erhalten. Achten Sie daher besonders auf die Einhaltung dieser wichtigen Frist.
Welche Kosten entstehen für den Versicherten bei der Einholung eines Stichentscheids?
Für Sie als Versicherten entstehen bei der Einholung eines Stichentscheids in der Regel keine Kosten. Die Rechtsschutzversicherung ist verpflichtet, die Kosten für den Stichentscheid zu übernehmen, unabhängig davon, wie dieser ausfällt.
Kostenübernahme durch die Versicherung
Die Versicherung trägt die Kosten für den Stichentscheid vollständig. Dies umfasst die Vergütung des Rechtsanwalts, der den Stichentscheid durchführt. Typischerweise berechnet sich diese Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und basiert auf einer Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG.
Keine Vorschusszahlungen erforderlich
Sie müssen als Versicherter keine Vorschusszahlungen leisten. Die Versicherung übernimmt die Kosten direkt, ohne dass Sie in Vorleistung gehen müssen.
Kostensituation bei unterschiedlichen Ausgängen
Unabhängig davon, ob der Stichentscheid zu Ihren Gunsten oder zu Ihren Ungunsten ausfällt, bleiben Sie von den Kosten befreit. Die Versicherung ist verpflichtet, die Kosten in jedem Fall zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn der Stichentscheid die ursprüngliche Ablehnung der Deckungszusage durch die Versicherung bestätigt.
Besonderheiten bei einigen Versicherungsverträgen
In seltenen Fällen können Versicherungsverträge abweichende Regelungen enthalten. Wenn Sie unsicher sind, empfiehlt es sich, einen Blick in Ihre individuellen Versicherungsbedingungen zu werfen. Dort finden Sie detaillierte Informationen zur Kostenübernahme bei Stichentscheiden.
Durch diese kostenfreie Möglichkeit der Überprüfung wird Ihr Recht als Versicherter gestärkt, ohne dass Sie ein finanzielles Risiko eingehen müssen. Sie können somit ohne Bedenken einen Stichentscheid einfordern, wenn Sie mit der Entscheidung Ihrer Rechtsschutzversicherung nicht einverstanden sind.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Stichentscheid: Ein Stichentscheid ist eine rechtliche Bewertung durch einen Anwalt, der im Streitfall zwischen einem Versicherungsnehmer und seiner Rechtsschutzversicherung eingesetzt wird. Der Anwalt prüft und beurteilt die Erfolgsaussichten einer Klage oder eines rechtlichen Vorhabens im Rahmen der Versicherung. Wenn die Versicherung die Deckung ablehnt, kann der Stichentscheid des Anwalts dazu dienen, diese Ablehnung zu überprüfen und eine bindende Entscheidung herbeizuführen. Das heißt, die Versicherung muss sich an die Beurteilung halten, wenn sie nicht offensichtlich falsch ist.
- Deckungsschutz: Der Begriff Deckungsschutz bezieht sich auf die Verpflichtung der Rechtsschutzversicherung, die Kosten für Rechtsstreitigkeiten des Versicherungsnehmers zu übernehmen. Dies umfasst auch die Anwaltskosten, Gerichtskosten und andere nötige Ausgaben, die zur Durchsetzung oder Verteidigung von rechtlichen Ansprüchen anfallen. Im Kontext des Dieselskandals bedeutet Deckungsschutz, dass die Versicherung die Kosten für Schadensersatzklagen gegen den Autohersteller übernehmen muss, wenn die Erfolgsaussichten durch einen Stichentscheid bestätigt werden.
- Bindungswirkung: Bindungswirkung bedeutet, dass eine getroffene Entscheidung für alle beteiligten Parteien verbindlich ist. Im Zusammenhang mit dem Stichentscheid der Rechtsschutzversicherung bedeutet dies, dass die Versicherung an die positive Einschätzung der Erfolgsaussichten durch den Anwalt gebunden ist und die Deckung gewähren muss, sofern die Bewertung des Anwalts nicht offensichtlich unzutreffend ist. Dies verhindert, dass die Versicherung pauschal Deckungsanfragen ablehnen kann.
- Erfolgsaussichten: Erfolgsaussichten beziehen sich auf die Wahrscheinlichkeit, dass eine Klage oder ein rechtliches Vorhaben vor Gericht erfolgreich sein wird. Rechtsschutzversicherungen beurteilen oft die Erfolgsaussichten eines Falls, bevor sie entscheiden, ob sie Deckung gewähren. Wenn ein Anwalt in einem Stichentscheid die Erfolgsaussichten als positiv bewertet, muss die Versicherung diese Einschätzung in der Regel akzeptieren, es sei denn, sie erscheint völlig unbegründet.
- Verjährung: Verjährung ist ein rechtlicher Begriff, der den Zeitraum bezeichnet, innerhalb dessen ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden kann. Nach Ablauf dieser Frist kann der Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden. Im Dieselskandal argumentierte die Versicherung unter anderem mit der Verjährung der Ansprüche, um die Deckung abzulehnen. Es ist wichtig zu wissen, dass Verjährungsfristen je nach Art des Anspruchs und den Umständen des Einzelfalls variieren können.
- Prozessfinanzierer: Ein Prozessfinanzierer ist ein Unternehmen, das die Kosten eines Rechtsstreits für den Kläger übernimmt. Im Gegenzug erhält der Finanzierer einen Anteil am gewonnenen Betrag. Dies ist besonders nützlich, wenn die rechtlichen Kosten hoch sind und der Kläger sie nicht selbst tragen kann. Im beschriebenen Fall wurde ein Prozessfinanzierer eingeschaltet, weil die Rechtsschutzversicherung die Deckung verweigerte. Wenn die Deckungsverweigerung unberechtigt war, muss die Versicherung auch die Kosten für den Prozessfinanzierer ersetzen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 179 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung. Demnach ist die Rechtsschutzversicherung verpflichtet, die Kosten für die Rechtsverfolgung zu tragen, wenn die versicherte Person einen Rechtsanspruch geltend machen möchte.
- § 177 VVG: Dieser Paragraph legt die Voraussetzungen für die Deckungspflicht fest. Im Fall des Dieselskandals kommt es darauf an, ob die Rechtsschutzversicherung die versicherte Person im Fall des Dieselskandals auch tatsächlich für einen Schadensersatzprozess gegen den Fahrzeughersteller deckt.
- § 3a ARB (Allgemeine Rechtsschutzbedingungen): § 3a ARB regelt die Pflicht des Versicherten, die Rechtsschutzversicherung vor Beauftragung eines Rechtsanwalts über den Sachverhalt zu informieren und eine Stellungnahme des Anwalts zur Erfolgsaussicht für die Rechtsschutzversicherung zu erwirken.
- § 307 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Verjährung von Ansprüchen. Im Fall des Dieselskandals kann es relevant sein, ob die Ansprüche der Klägerin gegen den Fahrzeughersteller bereits verjährt sind.
- § 823 BGB: Dieser Paragraph regelt die Haftung für schuldhaftes Handeln. Im Fall des Dieselskandals kann die Klägerin den Fahrzeughersteller auf Schadensersatz verklagen, wenn dieser durch das betrügerische Verhalten beim Abgas-Software-Update einen Schaden verursacht hat.
Das vorliegende Urteil
LG Heilbronn – Az.: II 4 O 49/23 – Urteil vom 30.06.2023
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