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Deckungsklage gegen Kaskoversicherung bei Fahrzeugdiebstahl – Zweifeln an Redlichkeit

LG Berlin – Az.: 44 O 316/10 – Urteil vom 17.10.2011

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger war Halter des von ihm geleasten Pkw VW T5 mit dem amtlichen Kennzeichen B-.. .., für welchen bei der Beklagten eine Teilkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 150,00 € bestand.

Der Kläger hatte zur Finanzierung des Pkw VW T5 mit der Volkswagenbank einen Darlehensvertrag mit einer monatlichen Zahlungsverpflichtung in Höhe von 350,00 € geschlossen. Der Saldo des Darlehens betrug zum 12. November 2010  9.981,01 €.

Am 06. April 2010 zeigte der Kläger bei der polnischen Polizei in Danzig an, dass der Pkw VW T5 entwendet worden sei, wobei er die Laufleistung mit ca. 80.000 km und das Baujahr des Fahrzeugs mit 2007 angab.

In der schriftlichen Schadensanzeige vom 12. April 2010 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass der Pkw VW T5 am 06. April 2010 gegen 6:00 Uhr in Polen (in Gdynia) entwendet worden sei. Ferner gab er als Laufleistung 70.000 km und als Zeugen für das Abstellen und Nichtwiederauffindens des Fahrzeugs J. S. an. Darüber hinaus gab der Kläger in dem Fragebogen der Berliner Polizei vom 20. April 2010 einen Kilometerstand seines Fahrzeugs von 75.000 km und auf die Frage, wo das Fahrzeug letztmalig betankt wurde, in Polen, sowie als Zeugen bei der Abstellung des Fahrzeuges wiederum J. S. an. Ferner verneinte er die Frage nach Zeugen bei der Diebstahlsfeststellung.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2010 verlangte die Beklagte von dem Kläger einen Nachweis über die Durchführung der Hauptuntersuchung sowie der ASU und der genauen Abstellzeit. Diese Fragen beantwortete der Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 2010 sowie durch Übersendung der Werkstattbescheinigungen der VW-Fachwerkstatt Pusch. Die Werkstattrechnung der Fa. P. GmbH vom 03. November 2009 wies hierbei eine Laufleistung des Pkw des Klägers von 71.861 km auf.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 übermittelte die Beklagte an den Kläger ein von ihr in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten der DEKRA, welches einen Wiederbeschaffungswert von 25.800,00 € auswies. Mit Schreiben vom 09. August 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er falsche Angaben zur Gesamtfahrleistung gemacht habe und deswegen eine Kürzung auf 50 % der Entschädigung angemessen sei. Hiernach regulierte sie den Schaden des Klägers wie folgt:

Wiederbeschaffungswert Kfz: 25.550,00 €

abzüglich Vorsteuerabzug (19 %): 4.079,41 €

abzüglich Kürzung (50 % von 21.470,59 €): 10.735,30 €

abzüglich Selbstbeteiligung:   150,00 €

Summe: 10.585,29 €.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. September 2010 widersprach der Kläger der Abrechnung der Beklagten und bat um eine abändernde Entscheidung.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 16. September 2010 eine weitere außergerichtliche Regulierung ab.

Mit der bei Gericht am 20. Dezember 2010 eingegangenen und der Beklagten am 12. Januar 2011 zugestellten Klage verlangt der Kläger den noch offenen Schadensbetrag in Höhe von 10.735,30 €.

Er behauptet, dass er seinen Pkw VW T5 am 05. April 2010 gegen 20:00 Uhr in verschlossenem und geschlossenem Zustand in Polen mit geschärfter Wegfahrsperre abgestellt habe. Hierbei habe er gemeinsam mit seiner Familie das Fahrzeug, welches er vor der Garage seines Schwagers J. S. abgestellt hatte, verlassen, wobei das Abstellen des Fahrzeuges auch im Beisein der Familie S. erfolgt sei. Er sei dann am 06. April 2010 um 06:00 Uhr morgens aufgestanden und habe dabei aus der Wohnung seines Schwagers und seiner Schwägerin durch ein Fenster auf den Abstellplatz vor der Garage geschaut. Hierbei habe er festgestellt, dass sein dort abgestellter Pkw sich dort nicht mehr befand. Er habe sofort seinen Schwager und seine

Ehefrau gerufen. Auch diese hätten unmittelbar danach durch das Fenster geschaut und festgestellt, dass der Pkw nicht mehr an dem Abstellort war.

Er habe in der schriftlichen Schadensanzeige an die Beklagte lediglich seinen Schwager als Zeugen angegeben, weil er der Auffassung gewesen sei, dass seine eigene Familie nicht als Zeugen hätten benannt werden können. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Vertreter der Beklagten, unter dessen Mitwirkung die Schadensmeldung ausgefüllt worden sei, ihn hierauf hätte hinweisen müssen.

Die in der Anzeige bei der polnischen Polizei fehlerhaft angegebene Laufleistung seines Fahrzeuges sei der enormen Aufregung und Aufgeregtheit geschuldet gewesen. Die in der schriftlichen Schadensanzeige der Beklagten angegebene Gesamtlaufleistung von 70.000 km habe darauf beruht, dass er der Annahme gewesen sei, die Laufleistung seines Fahrzeuges habe beim Abstellen tatsächlich nur 70.000 km betragen. In diesem Zusammenhang behauptet der Kläger, dass er infolge seiner Erkrankung in den Wintermonaten Oktober 2009 bis Januar 2010 Messen in Frankfurt, Stuttgart und München nicht habe besuchen können und dass er sein Fahrzeug in diesem Zeitraum nicht bzw. nur sehr wenig benutzt habe.

Darüber hinaus behauptet der Kläger, dass er sein Fahrzeug bis zum Schadensereignis bis zum 06. April 2010 mit 500 l Dieselkraftstoff betankt habe, womit durchschnittlich 4.000 km gefahren werden können. Demgemäß habe das Fahrzeug am Schadensereignistag einen Kilometerstand von ca. 75.861 km gehabt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte zu Unrecht eine Kürzung der Entschädigung vorgenommen habe, weil er die fehlerhaften Angaben nicht bewusst wahrheitswidrig und somit grob fahrlässig getätigt habe. Überdies habe die Beklagte eine Nachfrageobliegenheit im Hinblick auf die Widersprüche zu seinen Angaben bei der Polizei in Danzig und in der schriftlichen Schadensanzeige gehabt.

Die höhere Laufleistung, als zunächst von ihm im Rahmen der Antragstellung prognostiziert, habe etwas damit zu tun, dass er vermehrt und zusätzlich beruflich mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen sei als er annahm. Hinzu komme weiterhin, dass der Mitarbeiter, mit welchem er zusammen gearbeitet habe, seinen Führerschein verloren hatte und demgemäß nicht mehr Fahrzeugtouren habe übernehmen können. Aus diesem Grunde habe er – der Kläger – mit seinem Fahrzeug vermehrt fahren müssen, woraus auch eine höhere Laufleistung resultiere.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.735,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09. August 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

2. notfalls Vollstreckungsschutz nachzulassen.

Sie bestreitet das Vorliegen des Versicherungsfalles „Diebstahl”, zumal die Entwendung des Fahrzeuges auch im Hinblick auf die „Ballonfinanzierung” einen persönlichen Vorteil für den Kläger gehabt hätte. Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass der Kläger weder glaubwürdig noch redlich sei, weil er bereits bei der Antragstellung nach der jährlichen Fahrleistung des Pkw VW T5 vorsätzlich falsche Angaben gemacht und sich somit einen Laufleistungsrabatt erschlichen hatte. Überdies habe der Kläger hinsichtlich der Laufleistung, der Betankung sowie hinsichtlich der Frage nach Zeugen beim Abstellen und Nichtwiederauffinden des Fahrzeuges wechselnde bzw. falsche Angaben gemacht.

Die Beklagte behauptet ferner, dass der Kläger noch vor Ablauf der Monatsfrist des § 13 Abs. 7 S. 1 AKB ein teures Ersatzfahrzeug offensichtlich in dem Wissen bestellt habe, dass der Pkw VW T5 nicht wieder auftauchen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12. September 2011 (Bl. 174 – 177 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von weiteren Versicherungsleistungen gemäß § 1 S. 1 VVG in Verbindung mit §§ 12 (1.) I B, 13 (1a) AKB auf Zahlung in Höhe von 17.735,30 € zu. Denn er hat den ihn obliegenden Beweis für die Entwendung des Fahrzeugs und damit für das Vorliegen eines Versicherungsfalles nicht erbracht.

Zwar sind an dem Nachweis der Entwendung eines Kraftfahrzeugs nach ständiger Rechtsprechung keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Der Versicherungsnehmer genügt seiner Beweislast in den häufigen Fällen fehlender Tataufklärung grundsätzlich mit dem Nachweis eines äußeren Sachverhaltes, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss zulässt, dass das Fahrzeug in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet worden ist. In der Regel reicht also die Feststellung von Beweisanzeichen, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden kann, aus (so BGH, VersR 1984, 29; 1987, 801; BGHZ 79,54,59).

Dafür genügt es regelmäßig, dass der Versicherungsnehmer nachweist, wer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden hat. Gelingt der beweisbelasteten Partei diese erleichterte Beweisführung, so kann der Versicherer den Gegenbeweis ebenfalls in erleichterter Weise führen. Er muss Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung ergibt (BGH, a.a.O). Dabei sind konkrete Tatsachen, die eine Vortäuschung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nahe legen, auch Indiztatsachen (vgl. BGH, VersR 1989 ,587). Solche Indizien begründen dann die erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung eines Diebstahls, wenn es für jede einzelne Tatsache eine plausible Erklärung gibt, die sie als unverdächtig erscheinen lässt, aber derartige Tatsachen in einer Fülle vorliegen, dass sie zusammentreffend vernünftiger Weise nicht mehr als bloßer Zufall angesehen werden können.

Vorliegend hat der Kläger das äußere Bild eines versicherten Diebstahls, nämlich Tatsachen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Entwendung zulassen, zwar schlüssig dargelegt, indem er vorgetragen hat, er habe das Fahrzeug am 05.04.2010 gegen 20:00 Uhr vor der Garage seines Schwagers in Polen abgestellt und gegen 06:00 Uhr morgens des Folgetages nicht wieder am Abstellort vorgefunden.

Der Kläger kann jedenfalls für das Nichtwiederauffinden des Pkw selbst einen Zeugen nicht benennen kann. Vielmehr will er als Erster um 6.00 Uhr morgens des 06. April 2010 aufgestanden sein und bei einem Blick durch das Zimmerfester in der Wohnung seines Schwagers festgestellt haben, dass sich sein Fahrzeug nicht mehr vor Ort befand. Im übrigen bezieht er sich auf das Zeugnis seiner Ehefrau und seines Schwagers, hinsichtlich derer er allerdings behauptet, dass er diese erst zeitlich nach dem eigenen Feststellen des Diebstahls geweckt und über die Entwendung des Fahrzeuges informiert habe.

In diesem Zusammenhang kann letztlich dahin gestellt bleiben, welche konkrete Zeitspanne tatsächlich vergangen sein soll, als die von Ihm insoweit benannten Zeugen J. S. und M. T. ihrerseits den Diebstahl  des Fahrzeugs festgestellt haben wollen. Jedenfalls erfolgte dies bereits nach den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen seiner Parteianhörung nicht zeitgleich mit der von ihm selbst bemerkten Entwendung des Wagens.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang behauptet, dass er seinerseits auch nicht die Möglichkeit gehabt habe, die Wohnung seines Schwagers zu einem früheren Zeitpunkt zu verlassen, weil die Türen und das Haus selbst abgeschlossen gewesen sein, ist dies – mangels genauerer Angaben darüber, über welchen Zeitraum ein Verlassen der Wohnung für ihn aus diesen Gründen nicht möglich gewesen sein soll – ebensowenig hinreichend substantiiert wie sein weiteres Vorbringen, wonach er auch nicht in der Nacht aufgestanden sei, um sein Fahrzeug beiseite zu schaffen, weshalb es insoweit auch keiner Beweisaufnahme durch Einvernahme der von ihm benannten Zeugen bedurfte.

Demgemäß hätte der Kläger den Beweis für das äußere Bild eines Diebstahls ohnehin nur dadurch führen können, dass das Gericht seinen Angaben bei seiner Anhörung im Termin am 12. September 2011 glaubt. Dies setzt indessen voraus, dass der Versicherungsnehmer im vollen Umfang glaubwürdig ist. Vom Regelfall eines redlichen Versicherungsnehmers kann jedoch dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers wecken (BGH VersR 1996, 575; KG, Urteil vom 03. Juni 2003 – 6 U 7/02 -). Ist die Redlichkeitsvermutung erschüttert, kann der Versicherungsnehmer den erforderlichen Beweis für das äußere Bild eines Versichertendiebstahls allein durch seine Angaben nicht erbringen (siehe auch OLG Hamm, RuS 2007, 528).

Ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdigkeit und Redlichkeit des Klägers ergeben sich bereits daraus, dass der Kläger unterschiedliche Angaben der Kilometerlaufleistung seines Fahrzeuges gemacht hat.

Deckungsklage gegen Kaskoversicherung bei Fahrzeugdiebstahl - Zweifeln an Redlichkeit
Symbolfoto: Von Daniel Jedzura /Shutterstock.com

Während er in der Schadensanzeige gegenüber der Polizei in Danzig den Kilometerstand seines Fahrzeuges mit 80.000 km angegeben hat (Bl.32 d.A.), hat er in der schriftlichen Schadensanzeige gegenüber der Beklagten als Kilometerlaufleistung lediglich 70.000 km eingetragen (Bl. 33 d.A.). Soweit der Kläger die erhebliche Abweichung damit begründet hat, dass die Anzeige gegenüber der Polizei in Polen noch sehr früh gewesen und er bereits zuvor eine Stunde lang von einer Frau vernommen worden sei, vermag dies ebenso wenig zu überzeugen wie seine weitere Darstellung, wonach er gegenüber den Unfall aufnehmenden polnischen Polizeibeamten auch eine Laufleistung von 70.000 bis 80.000 km angegeben haben könne. Denn wie er im Rahmen seiner Parteianhörung eingeräumt hat, hat er das polizeiliche Unfallprotokoll in Polen mit der dort aufgenommenen Laufleistung von 80.000 km selbst unterzeichnet, ohne dies entsprechend zu korrigieren.

Abgesehen davon erklärt sich hiernach nicht, weshalb der Kläger dann in der schriftlichen Schadensanzeige gegenüber der Beklagten eine deutlich geringere Kilometerlaufleistung seines Fahrzeuges angegeben und es auch für möglich gehalten hat, dass im Zeitpunkt der Beantwortung des Fragebogens der Beklagten die Kilometerlaufleistung seines Fahrzeugs durchaus auch 79.000 km betragen haben könne. Dass der von ihm insoweit angegebene Kilometerstand von 70.000 km nicht zutreffend gewesen sein konnte, ergibt sich schon daraus, dass das in Rede stehende Fahrzeug ausweislich der als Anlage K9 (Bl. 44 d.A.) eingereichten  Reparaturrechnung vom 03. November 2009 bereits einen Kilometerstand von 71.861 km aufwies. Wenn dann der Kläger nach seinen weiteren Angaben in der persönlichen Anhörung im Januar 2010 und in den weiteren Folgemonaten 2010 bis zu dem behaupteten Diebstahl seines Fahrzeuges mit diesem noch drei Messen in Bremen, Hamburg und Köln besucht haben und darüber hinaus noch nach Zürich in den Skiurlaub gefahren sein will, hätte sich bei der Beantwortung der Frage nach der Kilometerlaufleistung in dem Schadensanzeigeformular der Beklagten, welches er überdies selbst ausgefüllt haben will, nahezu aufdrängen müssen, dass der dort von ihm angegebene Kilometerstand nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach. Soweit der Kläger die in dem Schadensanzeigeformular der Beklagten eingetragene Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges von ca. 70.000 km damit zu begründen versucht hat, sich diese Zahl nur damit erklären zu können, dass er vor Augen die „7” gehabt habe, erscheint dies angesichts der angeführten Gesamtumstände wenig überzeugend und nachvollziehbar.

Des Weiteren spricht gegen die Redlichkeit des Klägers, dass er unterschiedliche Angaben über das Vorhandensein von Zeugen bezüglich des Abstellens und Nichtwiederauffindens des Fahrzeuges gemacht hat.

Während der Kläger noch in der Diebstandsanzeige gegenüber der Berliner Polizei auf die Frage nach Zeugen bei der Abstellung des Fahrzeuges seinen Schwager J. S. angegeben und die Frage nach Zeugen bei der Diebstahlsfeststellung verneint hat (Bl. 140 d.A.), hat er dem gegenüber in der schriftlichen Schadensanzeige der Beklagten auf die Frage nach Zeugen und des Nichtwiederauffindens des Fahrzeuges wiederum seinen Schwager angegeben.

Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2011 (Bl. 101 f d.A.) hat der Kläger nunmehr für das Abstellen und Nichtauffindens des Fahrzeuges nicht nur seine eigene Familie, sondern auch diejenige seines Schwagers benannt. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat er wiederum seine diesbezüglichen Angaben dahingehend klargestellt, dass tatsächlich er selbst den Diebstahl des Fahrzeuges entdeckt und erst zeitlich danach seine Ehefrau und seinen Schwager hiervon in Kenntnis gesetzt habe.

Eine plausible Erklärung dieser Abweichungen vermochte der Kläger weder nach seinem eigenen Vorbringen noch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung anzugeben.

Auch die Tatsache, dass der Pkw bis zum Zeitpunkt der behaupteten Entwendung zu einem reduzierten Betrag versichert war, weil aufgrund der Angaben des Klägers bei Vertragsschluss eine Beitragsbemessung unter anderem auch anhand des Wenigfahrertarifs erfolgt war, lässt begründete Zweifel hinsichtlich der Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Klägers aufkommen.

Dabei kann noch zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass dieser bei Abschluss des Versicherungsvertrages im Februar 2008 tatsächlich keine falschen Angaben gemacht hat, weil er zu dieser Zeit noch davon ausging, dass die von ihm angegebene Jahreslaufleistung von bis zu 20.000 km zukünftig nicht überschritten werde. Der Kläger hat jedoch im Zeitpunkt des Vertragsbeginns am 23. November 2007 einen Kilometerstand seines Fahrzeuges von 5.000 km angegeben. Bereits die Reparaturrechnung der Fa. P. betreffend den Pkw VW T5 wies – wie bereits angeführt – eine Kilometerlaufleistung von 71.861 km auf. Damit hatte er in der Zeit von Vertragsbeginn bis November 2007 mit dem Wagen im Jahresdurchschnitt deutlich mehr als 13.000 km zurückgelegt.

Von einem redlichen und zuverlässigen Versicherungsnehmer wäre aber zu erwarten gewesen, dass er seinem Vertragspartner – dies entspricht ohnehin seinen vertraglichen Nebenpflichten – derartige Abweichungen zeitnah mitteilt, zumal es sich hier um Änderungen handelt, die dem Vertragspartner erkennbar wichtig sind, weil sie das versicherte Risiko beeinflussen und deshalb bestimmend sind für die Bemessung der Beitragshöhe (vgl. auch KG, Beschluss vom 15.12.2009 – 6 U 96/09 -). In Bezug auf die jährliche Fahrleistung des Pkw entlastet der Hinweis des Klägers, dass er bei Vertragsschluss lediglich eine Prognose abgegeben habe, schon deshalb nicht, weil die Unredlichkeit nicht an die Falschprognose anknüpft, sondern daran, dass nach späterer Feststellung, dass die angegebene Leistung von bis zu 20.000 km nicht wird eingehalten werden können, keine Benachrichtigung der Beklagten erfolgte. Unredlich handelte der Kläger deshalb, weil er an den Wenigfahrerrabatt aus eigenen wirtschaftlichen Interessen festhielt, obwohl er – dies ergibt die Gesamtlaufleistung in den ersten zwei Jahren eindeutig – bereits im ersten Versicherungsjahr festgestellt haben muss, dass die anfänglich abgegebene Prognose hinsichtlich der Jahreslaufleistung nicht zu halten sein wird (vgl. auch KG a.a.O.).

Hierfür spricht auch das eigene Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 24.02.2011, wonach eine Korrektur der Laufleistung gegenüber der Versicherung gerade nicht vorgesehen war.

Soweit der Kläger – auch nach Vorhalt der im Versicherungsschein (Anlage K3 = Bl. 12 d.A.) enthaltenen Bestimmungen – noch darauf verweist, dass ihm damals nicht bewusst gewesen sei, dass er eine höhere Laufleistung des Fahrzeuges als bei Abschluss des Versicherungsvertrages der Versicherung gegenüber hätte angeben müssen, erscheint dies auch im Hinblick darauf, dass der Kläger als Geschäftsmann am wirtschaftlichen Rechtsverkehr regelmäßig teilnimmt, wenig glaubhaft und nachvollziehbar.

Scheidet ein Anspruch des Klägers nach alledem bereits aufgrund der Beweisfälligkeit in Bezug auf das äußere Bild des Diebstahls aus, kommt es auf die weiter im Raum stehende Rechtsfrage, ob im Hinblick auf den für den Pkw VW T5 bestehenden Darlehensvertrag und der hieraus folgenden finanziellen Mehrbelastung des Klägers wegen Überschreitung der damals vereinbarten Kilometerlaufleistung und wegen des noch offenen Restbetrages schon genügend Indizien vorhanden sind, aus denen mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf eine Diebstahlsvortäuschung geschlossen werden könnte, ebenso wenig an, wie auf die Frage, ob die Falschbeantwortung des Klägers in der Schadensanzeige der Beklagten zur Betankung seines Fahrzeuges und auch zu der Frage der Gesamtfahrleistung des Wagens als arglistig zu bewerten war und damit gemäß § 28 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 VVG n.F. zur Leistungsfreiheit der Beklagten geführt hätte.

Demgemäß konnte auch offen bleiben, ob der seitens der Beklagten im Rahmen ihrer Schadensabrechnung vom 09. August 2010 zugrunde gelegte Wiederbeschaffungswert des in Rede stehenden Fahrzeugs in Höhe von 25.550,00 € aufgrund der Angaben des Klägers im Termin tatsächlich nur mit 15.000,00 € anzusetzen gewesen wäre.

Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.

 

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