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BU-Versicherung – Tätigkeit als Hausfrau – Beschreibung der einzelnen Tätigkeiten

OLG Dresden, Az.: 4 U 1772/16, Urteil vom 27.06.2017

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Leipzig vom 13.12.2016 – Az. 3 O 863/16 – einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 42.226,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

BU-Versicherung - Tätigkeit als Hausfrau - Beschreibung der einzelnen Tätigkeiten
Symbolfoto: evgeny atamanenko / Bigstock

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Rente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung für die Zeit vom 01.01.2013 bis 29.02.2016 i.H.v. 19.000,00 EUR und für die Zukunft i.H.v. monatlich 500,00 EUR sowie die Freistellung von Beiträgen zu ihrem Versicherungsvertrag.

Die am 06.05.1974 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten mit Versicherungsschein vom 13.03.2006 eine Rentenversicherung einschließlich einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (monatliche Rente von 500,00 EUR) ab. Die Geschäftsbedingungen sahen u.a. folgende Regelungen vor:

„ 1 …

 

(3) Der Anspruch auf die versicherte Leistung erlischt,

– wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt, …

§ 2

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate außerstande ist, ihren zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgestaltet war, auszuüben.

Berufsunfähigkeit liegt nicht oder nicht mehr vor, wenn die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht entspricht…

§ 7

(1) Nach der Anerkennung können wir unsere Leistungspflicht nachprüfen. Dabei können wir auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 ausübt…

(3) Liegt der Versicherungsfall nicht vor, stellen wir unsere Leistungen ein…“

Die Klägerin – gelernte Verkäuferin – war und ist Hausfrau. Jedenfalls bis Ende des Jahres 2010 versorgte sie ihre zwei 2001 und 2005 geborenen Kinder und ihre bettlägerige Großmutter sowie ihre schwer pflegebedürftigen Schwiegereltern. Sie führte zwei Haushalte, während ihr Ehemann auf Montage war. Im August 2011 trennte sich die Klägerin von ihrem Ehemann und bezog mit ihren Kindern eine eigene Wohnung. Ca. ein Jahr später zog sie mit ihrer Freundin und deren Kindern in eine Wohngemeinschaft. Sie nahm ihre Schwiegermutter auf, deren körperliche Pflege von der Mitbewohnerin übernommen wurde. Die Klägerin ist im Jahr 2015 mit ihren nunmehr 14 und 10 Jahre alten Kindern in eine eigene Wohnung gezogen. Sie hat ihre Tätigkeit als Hausfrau anhand eines exemplarischen Tagesablaufes vor Eintritt der Beschwerden (Anlage B 1, Anlage K 8) und in den Schriftsätzen vom 08.08.2016 und 10.11.2016 dargestellt.

Die Beklagte zahlte der Klägerin wegen orthopädischer, neurologischer und psychiatrischer Beschwerden für die Zeit vom 01.11.2011 bis 01.07.2012 Berufsunfähigkeitsrente. Die Klägerin unterschrieb in diesem Zusammenhang eine von der Beklagten vorbereitete undatierte Erklärung im Jahr 2014, die u.a. Folgendes enthielt:

Die XXX … zahlt – im Wege der Kulanz, also ohne rechtliche Verpflichtung – die vertraglichen Leistungen für die Zeit vom 01.11.2011 bis zum 31.07.2012. …

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte der Privatgutachter Dr. S… ein Gutachten zur Berufsunfähigkeit der Klägerin. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 29.01.2015 (Anlage K 4) ihre Einstandspflicht mit der Begründung ab, dass ab August 2012 keine Berufsunfähigkeit von mehr als 50 % für die ausgeübte Tätigkeit als Hausfrau vorliege.

Die Klägerin hat behauptet, sie befinde sich weiterhin in ambulanter psychiatrischer Behandlung und leide an einer chronifizierten Depression mit chronischen Schmerzstörungen sowie Schlafstörungen. Ihre Tätigkeiten als Hausfrau könne sie aufgrund von Dauerschmerzen mit intensiven Attacken und plötzlich auftretenden Kraftverlustes sowie Gleichgewichtsstörungen nicht mehr ausüben. Sie sei seit September 2011 und auch weiterhin zu mehr als 50 % berufsunfähig.

Die Beklagte hat behauptet, die Leistungsfähigkeit der Klägerin als Hausfrau sei jedenfalls ab August 2012 zu mehr als 50 % gegeben. Zugleich hat sie die Klägerin vorsorglich auf die von ihr seit August 2012 ausgeübte Tätigkeit als Hausfrau konkret verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.12.2016 abgewiesen und angenommen, dass die Klägerin keine konkrete Arbeitsbeschreibung abgegeben habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegung des Sachverhalts überspannt. Sie habe eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung abgegeben, die von der Beklagten im Übrigen auch nicht bestritten worden sei. Sie behauptet, wegen ihrer körperlichen Beschwerden könne sie schwierige Tätigkeiten wie Fenster putzen, Gardinen aufhängen, Heben und Tragen von schweren Gegenständen sowie Tätigkeiten in Rumpfbeuge- und Hockpositionen nicht mehr ausüben. Sie leide unter Schmerzen im rechten Knie, Schmerzen beim Laufen, Stehen sowie beim Sitzen. Es komme zu Arm- und Beinausfällen rechtsseitig innerhalb von Sekunden. Darüber hinaus leide sie an einem Erschöpfungssyndrom und unter Depressionen. Eine Verweisungstätigkeit komme nicht in Betracht. Ihre Erkrankungen seien nicht behandelbar und irreversibel.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 13.12.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, 3 O 853/16, zugestellt am 14.12.2016, wird wie folgt beantragt:

1.

Die Beklagte zahlt an die Klägerin für den Zeitraum 01.01.2013 bis 29.02.2016 19.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. brutto 1.171,67 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab März 21016 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 500,00 EUR, zahlbar monatlich im Voraus, längstens bis zum Ablauf des 01.03.2034, zu zahlen.

3.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Verpflichtung, Beiträge zu dem Versicherungsvertrag Nr. 1-33.359.820-4 zu zahlen ab 01.01.2013 bis längstens 01.03.2034, freizustellen.

4.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Die Klägerin beantragt hilfsweise die Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Leipzig.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II.

A

Die zulässige Berufung der Klägerin hat insoweit Erfolg, als sie – auf in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat gestellten Hilfsantrag – zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht Leipzig zum Zwecke der erneuten Verhandlung und Entscheidung führt.

1. Das Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler i.S.d. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, der eine aufwändige Beweisaufnahme erfordert.

Das Landgericht hat mit der Annahme, dass die Klägerin ihr Berufsbild nicht ausreichend substantiiert vorgetragen habe, die Anforderungen an die Substantiierungspflicht überspannt. Es hat dadurch zugleich den Kern des Vorbringens verkannt und daher entscheidungserhebliche Fragen verfehlt und in wesentlichen Teilen den Klagevortrag übergangen (vgl. hierzu auch BGH, Teilurteil vom 15.02.2017 – VIII ZR 284/15 -zitiert nach juris, wie im Urteil zitierten Entscheidungen). Dadurch hat das Landgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Die Klägerin hat ihren Arbeitsalltag – jedenfalls bis zu ihrer Trennung von ihrem Ehemann und ihrem Auszug aus dem gemeinsam bewohnten Haus – schlüssig vorgetragen. Die Beklagte hat die Darstellung auch nicht bestritten. Des Weiteren hat die Klägerin zu den von ihr geklagten Beschwerden und deren Auswirkungen auf ihre Haushaltstätigkeit substantiiert vorgetragen und Beweis angeboten. Dazu wurde von der Beklagten bereits ein Privatgutachten eingeholt. Das Landgericht hat diesen Vortrag übergangen und die angebotenen Beweise nicht erhoben.

2. Grundsätzlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beweislast für den bedingungsmäßigen Eintritt der Berufsunfähigkeit gemäß § 2 Abs. 1 AVB-BEZ 05 trägt.

Die Beklagte hat zwar Zahlungen für die Zeit vom 01.11.2011 bis 31.07.2012 geleistet, dem lag jedoch kein Anerkenntnis zugrunde. Denn die Klägerin hat eine undatierte Erklärung (Anlage B 5) unterzeichnet, in der die Beklagte erklärt, dass sie „im Wege der Kulanz, also ohne rechtliche Verpflichtung“ die vertragliche Leistung erbringt. Dem vorausgegangen war ein Schreiben der Beklagten vom 11.04.2014, in dem sie eine Kulanzleistung bis zur abschließenden Prüfung anbot. Diesem Schreiben und der unterzeichneten Erklärung konnte die Klägerin entnehmen, dass die Beklagte den Eintritt ihrer Berufsunfähigkeit noch nicht anerkennen, sondern erst das Ergebnis einer medizinischen Begutachtung abwarten will.

Es ist das Berufsbild der Hausfrau zugrunde zu legen, denn versichert ist grundsätzlich der Beruf, der von der versicherten Person bei Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt ausgeübt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2010, IV ZR 119/09).

Für die Prüfung, ob bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist, ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung maßgebend, so wie sie „in gesunden Tagen“ ausgestaltet war, d.h. solange die Leistungsfähigkeit des Versicherten noch nicht eingeschränkt war (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2016 – IV ZR 527/15). Maßgeblich ist, wie sich die gesundheitliche Beeinträchtigung in der konkreten Berufsausübung auswirke (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2004, ZR 200/03). Dazu muss bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt (BGH, Urteil vom 22.09.2004 – IV ZR 200/03). Insoweit ist es Sache desjenigen, der den Eintritt von Berufsunfähigkeit geltend machen will, hierzu substantiiert vorzutragen und im Falle des Bestreitens Beweis für sein Vorbringen anzutreten. Als Sachvortrag genügt dazu nicht die Angabe des Berufsbildes und der Arbeitszeit, vielmehr muss eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfanges und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden (so BGH, aaO.). Diesen Anforderungen ist die Klägerin für ihre Tätigkeit als Hausfrau vor ihrer Trennung von ihrem Ehemann in den Schriftsätzen vom 08.08.2016 und 10.11.2016 sowie in den vorgelegten Arbeitsbeschreibung (Anlage B 1, Anlage K 8) gerecht geworden. Die Klägerin hat insbesondere in der Anlage B 1 einen typischen Tagesablauf nachvollziehbar geschildert. Auch im Schriftsatz vom 10.11.2016 hat sie unter Zeitangabe detailliert vorgetragen, welche Tätigkeiten sie an einem durchschnittlichen Arbeitstag in welchem Zeitraum verrichtet hat. Das Landgericht hat diesen konkreten Vortrag, der von der Beklagten im Übrigen auch nicht bestritten worden war, übergangen. Soweit das Landgericht unter Hinweis auf das Urteil des Senates vom 31.05.2016 (4 U 980/14) meint, dass die Klägerin diesen Anforderungen nicht gerecht werde, hat es die Besonderheiten des dort entschiedenen Falles nicht berücksichtigt. In dem vom Senat am 31.05.2016 entschiedenen Fall ging es um die Tätigkeit des dortigen Klägers als Einzelunternehmer Organisator von kulturellen Großveranstaltungen, wie Stadtfesten, Open-Air-Veranstaltungen, Festkonzerten, Tourneen im Auftrag von Kommunen, Ministerien und Wirtschaftsunternehmen. Unter Berücksichtigung der sehr wechselhaften, keinem Schematismus unterliegenden Arbeitstätigkeit, die neben Projekttätigkeiten auch Vermittlungstätigkeiten umfasste, waren die Anforderungen an eine konkrete Darstellung der beruflichen Tätigkeit in gesunden Tagen und zu der Frage, aufgrund welcher Erkrankungen welche Einschränkungen die Ausübung welcher konkreten einzelberuflichen Tätigkeit unmöglich macht, hoch. Eine Tätigkeitsbeschreibung mit schlagwortartigen Begriffen wie „Brainstorming“ oder „Bürotätigkeit“, „Kontaktaufnahme und Anbahnung“ hat der Senat daher nicht als konkrete, einem Dritten nachvollziehbare Arbeitsbeschreibung angesehen (so Senat, aaO.). Im vorliegenden Fall jedoch ist die Klägerin Hausfrau. Da jeder Mensch in mehr oder weniger großem Umfang Haushaltstätigkeiten verrichtet, ist eine schlagwortartige Beschreibung wie „Kinder wecken, waschen, Zähne putzen, anziehen und Frühstück für Kinder zubereiten“ oder „Wäsche waschen, Essen kochen, Einkaufen, Kind vom Kindergarten abholen“ ausreichend, damit sich jeder Dritte die ausgeübte Tätigkeit unschwer vorstellen kann. Auch die tabellarische Auflistung der Tätigkeiten in der Anlage K 8 (Bl. 134) ist in plausibler Weise für Dritte nachvollziehbar. Des Weiteren hat die Klägerin im Schriftsatz vom 10.11.2016 dargelegt, welche Tätigkeiten sie aufgrund des Dauerschmerzes mit intensiven Attacken, des plötzlich auftretenden Kraftverlustes sowie der Gleichgewichtsstörungen nicht mehr ausüben kann. Dazu gehören u.a. Fenster putzen, Gardinen aufhängen, Heben und Tragen von schweren Gegenständen, Tätigkeiten in tiefer Rumpfbeuge und Hockposition.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist vorliegend September 2011, denn die Klägerin behauptet den Eintritt der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals klargestellt hat, dass sie sich bereits im August 2011 von ihrem Ehemann getrennt hat und mit ihren beiden Kindern eine eigene Wohnung bezogen hat, wird auf die Haushaltsführung zu diesem Zeitpunkt abzustellen sein. Soweit der Arbeitsalltag von der bisherigen Schilderung abweicht, wird das Landgericht der Klägerin noch Gelegenheit zu geben haben, die Darstellung ihrer konkreten Berufsausübung nachzubessern.

Das Landgericht wird des Weiteren zu beachten haben, dass für die Beurteilung des maßgeblichen Zeitpunktes nicht deshalb auf den 01.08.2012 abzustellen ist, weil die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt Kulanzleistungen erbracht hat. Der Versicherer kann sich nach Treu und Glauben nicht auf eine mit dem Versicherungsnehmer geschlossene Vereinbarung berufen, durch die gegen befristete Leistungen der für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen maßgebliche Zeitpunkt hinausgeschoben wird, wenn es an einer Aufklärung des Versicherungsnehmers über die damit für ihn verbundenen Nachteile fehlt, (so BGH, Urteil vom 28.02.2007 – IV ZR 46/06). Eine solche Aufklärung ist nicht ersichtlich.

Das Landgericht wird Gelegenheit haben, ein orthopädisches Gutachten zu den geltend gemachten Beschwerden der Klägerin wie Schmerzen, intensive Schmerzattacken, plötzlich auftretender Kraftverlust, Gleichgewichtsstörungen, die Unmöglichkeit, in die Hocke zu gehen, Beschwerden bei längerem Sitzen und Schmerzen in der rechten Schulter einzuholen. In diesem Zusammenhang wird auch zu beurteilen sein, ob und in welchem Umfang die Klägerin die von ihr zuletzt ausgeübte Haushaltstätigkeit unter Berücksichtigung der vom Sachverständigen festgestellten Beschwerden noch ausüben kann.

Darüber hinaus wird die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zu der Behauptung der Klägerin, sie leide an einer chronifizierten Depressionen mit chronischen Schmerz- und Schlafstörungen, erforderlich sein. Auch hier wird der Sachverständige zu beurteilen haben, inwieweit festgestellte Erkrankungen die Klägerin an der Ausübung ihrer Haushaltstätigkeit hindern.

Des Weiteren wird vom Landgericht zu klären sein, ob die Beklagte die Klägerin auf den konkret ausgeübten Beruf verweisen kann. § 2 Abs. 1 Satz 2 AVB BUZ 05 enthält eine konkrete Verweisungsmöglichkeit. Berufsunfähigkeit liegt danach nicht oder nicht mehr vor, wenn die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht entspricht. Eine Verweisung kommt in Betracht, wenn nachgewiesen ist, dass der Verweisungsberuf in seiner konkreten Ausprägung für Versicherte mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und mit dem beruflich versicherten, wie er in gesunden Tagen zuletzt ausgeübt worden ist, vergleichbar ist, also den Versicherten weder über- noch unterfordert und außerdem seinen sozialen Status in finanzieller Hinsicht und an Wertschätzung wahrt oder jedenfalls nicht spürbar verringert (vgl. Licke in Prölss/Martin, in Kommentar zum VVG, 29. Aufl., § 172 Rn. 73). Insoweit obliegt die Darlegungslast der Klägerin. Wenn der Versicherte einen tatsächlich von ihm ausgeübten und von seinem Versicherer als Verweisungsberuf in Anspruch genommenen Tätigkeit nicht gelten lassen, so obliegt es ihm von Anfang an vorzutragen – und erforderlichenfalls zu beweisen – dass und warum er dieser Tätigkeit nicht aufgrund seiner bei der Tätigkeitsaufnahme vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen gewachsen war und demnach nicht sachgerecht und anforderungsgemäß ausüben konnte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30.11.1994 – IV ZR 200/93).

3. Auf dem verfahrensfehlerhaften Übergehen des Sachvortrages der Klägerin und der Unterlassung der Einholung der Sachverständigengutachten beruht das angefochtene Urteil. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht bei Durchführung einer Beweisaufnahme zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die notwendigerweise durchzuführende sachverständige Begutachtung ist auch als „umfangreiche“ Beweisaufnahme i.S. von § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anzusehen. Es sind hier aller Voraussicht nach zwei Gutachten einzuholen und nach den Erfahrungen des Senates ist in der Regel eine Ergänzung der Befragung der gerichtlichen Sachverständigen sowie ggf. auch mündliche Erläuterungen der Gutachten erforderlich. Im Rahmen der erforderlichen Ermessensausübung hat der Senat zudem berücksichtigt, dass ein „Heraufziehen“ des Rechtsstreits für beide Parteien den Verlust einer Instanz nach sich zöge.

B

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des Landgerichts vorbehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Festsetzung des Streitwertes folgt § 3 ZPO.

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