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Beweislast Risikoausschluss private Krankenversicherung: Wer zahlt Reha-Kosten?

Eine Hochschulprofessorin zahlte jahrelang einen hohen Beitragszuschlag, um ihre Unterschenkelamputation in den Leistungsumfang der privaten Krankenversicherung aufzunehmen. Die Gesellschaft lehnte die Kostenübernahme dennoch ab und argumentierte, die stationäre Behandlung sei lediglich eine ausgeschlossene Rehabilitation.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 U 447/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht
  • Datum: 13.10.2025
  • Aktenzeichen: 8 U 447/24
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Private Krankenversicherung, Vertragsrecht

  • Das Problem: Eine privat versicherte Frau forderte von ihrer Krankenkasse die Erstattung von Kosten für zwei stationäre Nachbehandlungen nach einer Unterschenkelamputation. Die Versicherung lehnte die Zahlung ab, da sie die Aufenthalte als ausgeschlossene Kur- oder Rehabilitationsmaßnahmen einstufte.
  • Die Rechtsfrage: Muss die private Krankenversicherung die Kosten für notwendige stationäre Aufenthalte zahlen, wenn der Vertrag Reha-Maßnahmen ausschließt, aber die Vorerkrankung (Amputation) im Vertrag gesondert gegen einen Beitragszuschlag versichert wurde?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht bestätigte, dass die Versicherung die Aufenthalte und das Krankenhaustagegeld bezahlen muss. Die Versicherung konnte nicht beweisen, dass die Behandlungen eindeutig unter die eng auszulegenden Ausschlussklauseln fielen.
  • Die Bedeutung: Private Krankenversicherungen müssen die Voraussetzungen für Risikoausschlüsse (wie Kur- oder Reha-Behandlung) vollständig beweisen. Wurde eine spezielle Vorerkrankung gegen Zuschlag versichert, kann der Versicherte darauf vertrauen, dass übliche Nachbehandlungen hiervon umfasst sind.

Muss die Private Krankenversicherung Reha-Kosten trotz Ausschlussklausel zahlen?

Eine Hochschulprofessorin lebt seit ihrer frühen Kindheit mit einer Unterschenkelamputation. Als Beamtin entscheidet sie sich 2011 bewusst für eine private Krankenversicherung. Bei Vertragsabschluss legt sie ihre Krankengeschichte vollständig offen und betont, dass sie auch in Zukunft auf wiederkehrende stationäre Behandlungen angewiesen sein wird. Die Versicherung nimmt sie auf, vermerkt die Amputation unter der Sondervereinbarung „RI / 2“ im Versicherungsschein und erhebt dafür einen dauerhaften Beitragszuschlag. Jahre später, nach zwei medizinisch notwendigen Klinikaufenthalten, folgt das böse Erwachen: Die Versicherung weigert sich zu zahlen. Es handle sich um Rehabilitationsmaßnahmen, die laut den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ausgeschlossen seien.

Eine Patientin mit Prothese führt eine intensive Reha-Übung durch, während das Schild "Reha" sichtbar ist.
PKV-Streit: Individuelle Risikoaufklärung gegen allgemeine Reha-Ausschlussklauseln im Kleingedruckten. | Symbolbild: KI

Dieser Konflikt führte zu einem Rechtsstreit, der vor dem Oberlandesgericht mit Urteil vom 13. Oktober 2025 unter dem Aktenzeichen 8 U 447/24 entschieden wurde. Das Gericht musste eine grundlegende Frage klären: Wiegt eine individuelle Vereinbarung über ein bekanntes Risiko schwerer als eine allgemeine Ausschlussklausel im Kleingedruckten? Und wer muss im Zweifel beweisen, was eine Behandlung tatsächlich ist – eine versicherte Heilbehandlung oder eine ausgeschlossene Reha?

Was genau war passiert?

Die Professorin, Jahrgang 1971, unterzog sich zwei stationären Behandlungen, die direkt im Zusammenhang mit ihrer seit 1972 bestehenden Amputation standen. Der erste Aufenthalt fand vom 12. November bis zum 1. Dezember 2018 in einer „Rehabilitations-Fachklinik“ statt und kostete 3.518,42 €. Der zweite folgte vom 16. Juni bis zum 7. Juli 2021 in einer „Fachklinik für Orthopädie“ und schlug mit 9.686,26 € zu Buche.

Gemäß ihrem Tarif, der eine 50-prozentige Erstattung der Kosten für stationäre Heilbehandlungen vorsieht, reichte die Versicherungsnehmerin die Rechnungen bei ihrer privaten Krankenversicherung ein. Sie forderte die hälftige Erstattung der Behandlungskosten (insgesamt 6.602,34 €) sowie das vertraglich vereinbarte Krankenhaustagegeld von 25 € pro Tag für die insgesamt 43 Tage (1.075,00 €).

Die Versicherung lehnte die Kostenübernahme jedoch vollständig ab. Ihre Begründung stützte sich auf § 5 Abs. 1 lit. d) der Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung (MB/KK 2009). Diese Klausel schließt Leistungen für „Kur- und Sanatoriumsbehandlung sowie für Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger“ aus. Aus Sicht der Versicherung fielen beide Klinikaufenthalte genau unter diesen Leistungsausschluss.

Die Professorin zog vor Gericht. Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab ihrer Klage in erster Instanz vollumfänglich statt. Doch die Versicherung akzeptierte diese Niederlage nicht und legte Berufung ein, sodass der Fall vor dem Oberlandesgericht landete.

Welche rechtlichen Spielregeln entscheiden über Sieg oder Niederlage?

Im Zentrum dieses Falles stehen zwei entscheidende juristische Prinzipien, die das Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer prägen.

Das erste Prinzip betrifft die Auslegung von Risikoausschlussklauseln. Das sind jene Passagen im Kleingedruckten, die definieren, wofür die Versicherung nicht zahlt. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt klargestellt, dass solche Klauseln eng und kundenfreundlich auszulegen sind. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss sie ohne juristische Vorbildung verstehen können. Unklarheiten gehen zulasten des Versicherers, der die Bedingungen formuliert hat.

Das zweite und für diesen Fall entscheidende Prinzip ist die Beweislast. Stellt eine Versicherung eine Leistung in Rechnung, muss der Versicherte zunächst beweisen, dass ein Versicherungsfall vorliegt – also eine medizinisch notwendige Heilbehandlung stattgefunden hat (§ 192 VVG). Das war hier unstrittig. Beruft sich die Versicherung dann aber auf eine Ausschlussklausel, um nicht zahlen zu müssen, kehrt sich die Beweislast um. Nun muss die Versicherung lückenlos darlegen und beweisen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für diesen Ausschluss erfüllt sind. Es genügt nicht, eine Behauptung aufzustellen; sie muss sie mit Fakten untermauern.

Der strittige § 5 Abs. 1 lit. d) MB/KK 2009 schließt explizit „Kur- und Sanatoriumsbehandlung“ sowie „Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger“ aus. Die Versicherung musste also beweisen, dass einer dieser beiden Tatbestände auf die Behandlungen der Professorin zutraf.

Warum das Gericht der Versicherung nicht glaubte: Eine Analyse der Urteilsgründe

Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Versicherung zurück und bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Die Richter folgten in ihrer Begründung einer klaren und für Versicherungsnehmer wegweisenden Logik, die sich in mehrere Schritte gliederte.

Das Kernproblem: Wer muss was beweisen?

Der Senat stellte von Beginn an klar: Die Versicherung trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Risikoausschlusses. Die Professorin hatte nachgewiesen, dass medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen stattgefunden hatten. Nun war es an der Versicherung, zweifelsfrei zu belegen, dass diese Behandlungen unter die Ausschlussklausel des § 5 Abs. 1 lit. d) fielen. Diese Hürde konnte die Versicherung nicht überwinden.

Die Sondervereinbarung: Ein leeres Versprechen?

Besonderes Gewicht legte das Gericht auf die Vorgeschichte des Vertragsabschlusses. Die Professorin hatte ihre Amputation und die Notwendigkeit zukünftiger Behandlungen nicht nur offengelegt, die Versicherung hatte dieses spezielle Risiko mit der Klausel „RI / 2“ explizit in den Vertrag aufgenommen und sich dieses Mehrrisiko durch einen Beitragszuschlag bezahlen lassen.

Dieses Vorgehen schuf aus Sicht der Richter eine besondere Vertrauensgrundlage. Ein Versicherungsnehmer darf in einer solchen Konstellation erwarten, dass der Versicherungsschutz gerade für die typischen Folgen der bekannten Vorerkrankung greift. Ein pauschaler Ausschluss von rehabilitativen Maßnahmen würde diesen Schutz aushöhlen und die Sondervereinbarung praktisch wertlos machen. Das Gericht interpretierte den Vertrag daher besonders restriktiv zugunsten der Versicherungsnehmerin.

Die Beweisaufnahme: Was ist eine „Reha“ im juristischen Sinne?

Um die Art der Behandlungen zu klären, beauftragte das Gericht einen medizinischen Sachverständigen. Dessen Gutachten wurde zum Zünglein an der Waage. Zunächst schien seine schriftliche Einschätzung die Position der Versicherung zu stützen, da er die Maßnahmen als Kur- oder Sanatoriumsbehandlung einordnete.

In der entscheidenden mündlichen Anhörung vor Gericht relativierte der Experte seine Aussage jedoch erheblich. Er erklärte, dass die Behandlungen dem entsprächen, was man in der modernen medizinischen Praxis als „Rehabilitation“ bezeichnet. Eine eindeutige Zuordnung zum klassischen Begriff der „Kur- und Sanatoriumsbehandlung“, die sich oft durch den Einsatz natürlicher Heilmittel oder besonderer klimatischer Bedingungen auszeichnet, sei nicht sicher möglich.

Damit war der von der Versicherung behauptete Ausschlussgrund „Kur-/Sanatoriumsbehandlung“ nicht bewiesen. Aber was war mit der „Rehabilitation“? Hier wurde der genaue Wortlaut der Klausel entscheidend. Ausgeschlossen sind nämlich nur „Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger“. Die Versicherung hätte also beweisen müssen, dass es sich um eine solche spezifische Maßnahme handelte. Auch diesen Beweis blieb sie schuldig. Die bloße Tatsache, dass eine Klinik sich selbst als „Reha-Klinik“ bezeichnet, reichte dem Gericht nicht aus, um den vertraglichen Leistungsanspruch zu kippen.

Das Krankenhaustagegeld: Gilt es auch außerhalb eines „klassischen“ Krankenhauses?

Auch dem Argument der Versicherung, Krankenhaustagegeld sei nur für Aufenthalte in einem Krankenhaus im engsten Sinne zu zahlen, erteilte das Gericht eine Absage. Die Richter argumentierten, dass das Tagegeld pauschal die zusätzlichen Aufwendungen abdecken soll, die durch eine stationäre Heilbehandlung entstehen. Da die Aufenthalte als medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen eingestuft wurden, stand der Professorin auch das vereinbarte Tagegeld für alle 43 Tage zu.

Was bedeutet dieses Urteil für Sie als Versicherungsnehmer?

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts stärkt die Rechte von privat Versicherten erheblich, insbesondere wenn es um Vorerkrankungen geht, die bei Vertragsabschluss offengelegt und mit einem Risikozuschlag belegt wurden. Sie zeigt, dass Versicherer sich nicht einfach auf pauschale Klauseln im Kleingedruckten zurückziehen können, um sich ihrer Leistungspflicht zu entziehen.

Checkliste: Wenn Ihre private Krankenversicherung die Reha-Kosten ablehnt

Sollten Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, können Ihnen die folgenden Schritte helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen:

  1. Analysieren Sie Ihren Vertrag genau: Prüfen Sie Ihren Versicherungsschein und die Antragsunterlagen. Gibt es eine Sondervereinbarung oder einen Risikozuschlag für Ihre Vorerkrankung? Haben Sie bei Antragstellung auf die Notwendigkeit zukünftiger Behandlungen hingewiesen?
  2. Prüfen Sie die Begründung der Ablehnung: Auf welche Klausel beruft sich die Versicherung? Vergleichen Sie den genauen Wortlaut der Klausel mit der durchgeführten Maßnahme. Eine bloße Bezeichnung als „Reha“ reicht oft nicht aus.
  3. Fordern Sie eine ärztliche Stellungnahme an: Bitten Sie Ihre behandelnden Ärzte oder die Klinik um eine detaillierte Bescheinigung. Darin sollte klar dargelegt werden, warum die Maßnahme eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung war und nicht primär der Erholung oder einer Kur diente.
  4. Dokumentieren Sie alles lückenlos: Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen: Antragsformulare, Versicherungsschein, Schriftverkehr mit der Versicherung, ärztliche Verordnungen, Entlassungsberichte und Rechnungen.
  5. Setzen Sie eine Frist und holen Sie rechtlichen Rat ein: Legen Sie schriftlich Widerspruch gegen die Ablehnung ein und setzen Sie der Versicherung eine angemessene Frist zur Zahlung. Wenn die Versicherung weiterhin ablehnt, ist die Konsultation eines auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalts der nächste sinnvolle Schritt. Die Beweislastregeln sind oft entscheidend und für Laien schwer zu durchschauen.

Die Urteilslogik

Der private Krankenversicherer trägt die volle Beweislast und muss lückenlos belegen, dass die exakten Voraussetzungen einer Risikoausschlussklausel erfüllt sind, um die Zahlung zu verweigern.

  • Beweispflicht des Versicherers: Beruft sich die private Krankenversicherung auf eine Ausschlussklausel, muss sie zwingend nachweisen, dass die durchgeführte Behandlung präzise unter die definierte Ausnahme fällt, da der Versicherungsnehmer bereits die medizinische Notwendigkeit bewiesen hat.
  • Vorrang der individuellen Risikoübernahme: Nimmt ein Versicherer bei Vertragsabschluss ein bekanntes Risiko (Vorerkrankung) gegen einen Beitragszuschlag an, kann er die erwarteten, typischen Folgeleistungen dieser Erkrankung nicht nachträglich durch allgemeine Ausschlussklauseln entziehen.
  • Enge Auslegung von Reha-Ausschlüssen: Ein vertraglicher Ausschluss für Rehabilitationsmaßnahmen greift nicht automatisch, nur weil eine Einrichtung sich selbst als „Reha-Klinik“ bezeichnet; die Klausel verlangt die Erfüllung der spezifischen, eng definierten Kriterien, wie etwa die Eigenschaft als Maßnahme der gesetzlichen Rehabilitationsträger.

Die vertragliche Vereinbarung eines Risikozuschlags begründet eine besondere Vertrauensbasis, die allgemeine Ausschlussklauseln im Zweifel übertrumpft.


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Experten Kommentar

Wer bei der privaten Krankenversicherung für ein bekanntes Risiko einen Beitragszuschlag zahlt, schließt im Grunde einen Pakt ab. Das Gericht stellt klar: Akzeptiert die Versicherung das Risiko einer Vorerkrankung explizit und lässt sich dafür extra bezahlen, kann sie sich später nicht einfach auf pauschale Ausschlussklauseln wie „Reha“ im Kleingedruckten zurückziehen. Diese Kombination aus Sondervereinbarung und strenger Beweislastverteilung ist Gold wert. Sie zwingt die PKV, den Ausschluss von Kur oder Reha lückenlos und präzise zu belegen – eine Hürde, die in der Praxis kaum zu nehmen ist, wenn die Behandlung medizinisch notwendig war.


FAQ Versicherungsrecht: Waage, Geld und Versicherungspolice unter Schirm mit Fragezeichen-Schild illustrieren häufige Rechtsfragen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann muss meine Private Krankenversicherung Reha-Kosten trotz Ausschlussklausel zahlen?

Private Krankenversicherungen können Reha-Kosten trotz allgemeiner Ausschlussklauseln nicht verweigern, wenn Sie für das spezifische Risiko zuvor einen Beitragszuschlag gezahlt haben. Eine individuell verhandelte Sondervereinbarung wiegt juristisch deutlich schwerer als das Kleingedruckte in den Standardbedingungen. Das Oberlandesgericht stellte in einem wichtigen Fall klar, dass eine Ablehnung in diesem Kontext die vertragliche Zusage aushöhlt.

Der Grundsatz des Vorrangs des Speziellen entscheidet hier: Hat die PKV eine Vorerkrankung gegen Zahlung eines Aufschlags akzeptiert, kann sie die typischen Folgen dieses Risikos nicht nachträglich durch allgemeine Ausschlussklauseln abwehren. Ein Versicherungsnehmer darf erwarten, dass der Schutz gerade für die Notwendigkeiten greift, für die er jahrelang mehr bezahlt hat. Wenn die Versicherung bereits bei Vertragsabschluss von der Notwendigkeit zukünftiger stationärer Behandlungen wusste, ist der pauschale Reha-Ausschluss wertlos.

Nachdem Sie die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung nachgewiesen haben, kehrt sich die Beweislast um. Die PKV muss nun zweifelsfrei beweisen, dass die Maßnahme exakt unter die ausgeschlossene Kategorie fällt – typischerweise „Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger“. Dabei ist die Selbstbezeichnung der Klinik als „Reha-Klinik“ unerheblich. Diesen strikten Nachweis können Versicherer oft nicht erbringen, wenn die Behandlung primär der medizinischen Wiederherstellung diente.

Suchen Sie sofort in Ihrem Versicherungsschein oder den Beitragsrechnungen nach der Risikoklausel (z.B. ‚RI / 2‘), die mit Ihrer abgelehnten Vorerkrankung in Zusammenhang steht.


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Was bedeutet mein Beitragszuschlag, wenn die PKV die Behandlung meiner Vorerkrankung ablehnt?

Der gezahlte Beitragszuschlag ist juristisch ein extrem wichtiges Beweismittel. Er signalisiert die vertragliche Akzeptanz des spezifischen Krankheitsrisikos durch Ihre Private Krankenversicherung. Eine Ablehnung der Leistung für genau dieses versicherte Risiko ist daher eine unzulässige Aushöhlung der getroffenen Vereinbarung. Das Argument der PKV, es handle sich um eine nicht versicherte Leistung, wird durch den jahrelang kassierten Mehrbeitrag massiv geschwächt.

Die PKV lässt sich das erhöhte Risiko einer Vorerkrankung extra bezahlen, oft dokumentiert durch eine spezielle Sondervereinbarung im Versicherungsschein. Dieser Zuschlag dient als finanzielle Gegenleistung dafür, dass die typischen und vorhersehbaren Folgen der offengelegten Vorerkrankung in den Schutz aufgenommen werden. Damit schafft die Versicherung eine Vertrauensgrundlage: Sie hat Sie in dem Glauben gelassen, dass die zukünftig notwendigen, stationären Behandlungen versichert sind. Diese individuelle Sondervereinbarung wiegt damit schwerer als allgemeine Ausschlussklauseln.

Konkret: Hat die Versicherung einen Risikozuschlag für ein bekanntes Leiden vereinnahmt, darf sie die daraus resultierenden notwendigen Maßnahmen nicht nachträglich als „Reha“ ausschließen. Ein solches Vorgehen würde den Vertrag ins Leere laufen lassen und den Mehrbeitrag sinnlos machen. Gerichte entscheiden oft, dass dieser gezahlte Beitragszuschlag die Anwendung des allgemeinen Reha-Ausschlusses unwirksam macht, wenn er den Kern des versicherten Risikos betrifft.

Fordern Sie Ihre PKV schriftlich auf, detailliert zu erklären, wofür genau der Zuschlag gezahlt wurde, wenn die damit verbundene notwendige Behandlung nun verweigert wird.


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Wie weise ich nach, dass meine stationäre Behandlung keine ausgeschlossene Kur oder Reha war?

Sie müssen nicht selbst primär beweisen, dass die Maßnahme keine ausgeschlossene Kur war. Die Beweislast liegt hier klar beim Versicherer. Zuerst müssen Sie lediglich die Notwendigkeit Ihrer medizinisch notwendigen Heilbehandlung belegen. Sobald dies erfolgt ist, muss die Private Krankenversicherung (PKV) zweifelsfrei nachweisen, dass die Voraussetzungen für einen vertraglichen Leistungsausschluss erfüllt sind.

Diese Beweislastumkehr schützt Versicherungsnehmer davor, komplexe medizinisch-juristische Definitionen selbst klären zu müssen. Die PKV kann sich nicht auf die bloße Selbstbezeichnung einer Einrichtung als „Reha-Klinik“ stützen, da dies unerheblich ist. Der Versicherer muss vielmehr lückenlos darlegen, dass die Behandlung exakt unter die eng formulierten Ausschlussklauseln fällt. Ausgeschlossen sind in den Mustertarifen oft nur Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger.

Sie können aktiv die Position der PKV schwächen, indem Sie die ärztliche Dokumentation steuern. Bitten Sie die behandelnden Ärzte oder die Klinik, die primäre Zielsetzung des Aufenthalts im Entlassungsbericht präzise zu beschreiben. Die Bescheinigung sollte die Maßnahme explizit als stationäre Heilbehandlung zur Wiederherstellung eines körperlichen Zustands klassifizieren. Vermeiden Sie, dass der Fokus auf Erholung oder Sanierung liegt, da dies die Beweislage des Versicherers stärken könnte.

Fordern Sie von der behandelnden Klinik eine detaillierte Bescheinigung an, welche die primäre Zielsetzung der Maßnahme als medizinische Wiederherstellung darlegt.


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Was tun, wenn die PKV meine Ansprüche wegen einer Reha-Ausschlussklausel ablehnt?

Reagieren Sie auf die Ablehnung Ihrer privaten Krankenversicherung sofort und strukturiert. Legen Sie schnellstmöglich schriftlichen Widerspruch gegen die Entscheidung ein und setzen Sie dem Versicherer eine verbindliche Zahlungsfrist von beispielsweise 14 Tagen. Gleichzeitig sichern Sie damit wichtige Fristen und verhindern die vorschnelle Akzeptanz der Entscheidung. Eine umfassende Dokumentenanalyse sollten Sie parallel dazu einleiten, da die Beweislastregeln vor Gericht oft zu Ihren Gunsten ausschlagen.

Für diesen formalen Widerspruch nutzen Sie die juristischen Spielregeln. Berufen Sie sich explizit auf die Beweislastumkehr. Nach § 192 VVG müssen Sie als Versicherungsnehmer lediglich die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung belegen. Die PKV muss anschließend lückenlos beweisen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für den Risikoausschluss der Reha erfüllt sind. Dieser Nachweis fällt Versicherern häufig schwer, da Ausschlussklauseln eng auszulegen sind.

Vermeiden Sie es, informelle Telefonate oder E-Mails mit der PKV zu führen; jeder Schritt muss nachweisbar und dokumentiert sein. Wegen der Komplexität der Darlegungs- und Beweislastregeln ist es ratsam, zeitnah einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu konsultieren. Der Experte kann die genaue Formulierung der Ausschlussklausel prüfen und bewerten, inwiefern diese im Kontext Ihres Vertrages greifen kann.

Schreiben Sie das Ablehnungsschreiben der PKV formal an und widersprechen Sie der Entscheidung unter Hinweis auf die Beweislast des Versicherers für das Vorliegen des Ausschlussgrundes.


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Habe ich Anspruch auf Krankenhaustagegeld, wenn ich nicht im klassischen Krankenhaus behandelt wurde?

Ja, Sie haben auch dann Anspruch auf Krankenhaustagegeld, wenn Sie nicht in einem Akutkrankenhaus, sondern beispielsweise in einer Fach- oder Rehaklinik behandelt wurden. Die Gerichte sehen das Tagegeld als pauschalen Ausgleich für zusätzliche Kosten, die durch jede medizinisch notwendige stationäre Behandlung entstehen. Entscheidend ist der stationäre Charakter, nicht die formale Benennung der Einrichtung.

Die Regel ist, dass der Leistungsanspruch an die Funktion der Maßnahme gebunden ist. Es geht darum, dass Sie stationär untergebracht sind und die Behandlung medizinisch notwendig ist. Wenn Ihr Vertrag eine Leistung für stationäre Heilbehandlungen vorsieht, darf der Versicherer die Zahlung nicht einfach aufgrund des Klinikumfelds verweigern. Das Tagegeld dient dazu, die zusätzlichen Aufwendungen zu decken, die typischerweise bei jedem stationären Aufenthalt entstehen.

Im konkreten Rechtsstreit mit einer privaten Krankenversicherung wurde dieser funktionale Ansatz bestätigt. Die Richter stellten klar, dass der Anspruch auf Tagegeld auch für Aufenthalte in einer Rehabilitations-Fachklinik besteht. Die Versicherung hatte argumentiert, dass die Zahlung nur für ein Krankenhaus im engsten Sinne vorgesehen sei. Das Oberlandesgericht wies dieses Argument zurück und verurteilte die PKV zur Leistung für die gesamte Dauer der nachgewiesenen stationären Heilbehandlung.

Berechnen Sie die exakte Höhe Ihres Anspruchs, indem Sie die Anzahl der Behandlungstage mit Ihrem Tagessatz multiplizieren, und fordern Sie diesen Betrag aktiv bei Ihrem Versicherer ein.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Illustration zum Glossar Versicherungsrecht: Waage, aufgeschlagenes Buch und Siegelrolle.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Auslegung von Risikoausschlussklauseln

Die Auslegung von Risikoausschlussklauseln beschreibt den juristischen Prozess, bei dem Gerichte bestimmen, wie das Kleingedruckte in Versicherungsverträgen im Streitfall verstanden werden muss. Der Bundesgerichtshof schreibt vor, dass diese Klauseln stets eng und kundenfreundlich interpretiert werden müssen, da Unklarheiten immer zulasten des Versicherers gehen, der die Bedingungen erstellt hat.
Beispiel: Im vorliegenden Fall wandte das Oberlandesgericht die enge Auslegung von Risikoausschlussklauseln an und entschied, dass die pauschale Reha-Klausel den individuell vereinbarten Versicherungsschutz nicht aufheben konnte.

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Beitragszuschlag

Ein Beitragszuschlag ist ein dauerhafter Mehrbeitrag, den private Krankenversicherungen erheben, um ein individuell erhöhtes Krankheitsrisiko, beispielsweise durch eine chronische Vorerkrankung, in den Versicherungsschutz aufzunehmen. Durch die Zahlung dieses Zuschlags akzeptiert der Versicherer das spezifische Risiko vertraglich, wodurch der Versicherungsnehmer einen Anspruch darauf erwirbt, dass die typischen und vorhersehbaren Folgen dieser Vorerkrankung versichert sind.
Beispiel: Nachdem die Professorin den dauerhaften Beitragszuschlag für ihre Amputation gezahlt hatte, durfte sie darauf vertrauen, dass die zukünftig notwendigen stationären Behandlungen nicht über eine allgemeine Ausschlussklausel abgelehnt werden würden.

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Beweislastumkehr

Die Beweislastumkehr beschreibt die Situation im Prozess, in der die Pflicht, eine Tatsachenbehauptung zu beweisen, von der normalerweise belasteten Partei auf die Gegenpartei übergeht. Im Versicherungsrecht bedeutet dies, dass, nachdem der Versicherte den Versicherungsfall bewiesen hat (hier: medizinisch notwendige Heilbehandlung), der Versicherer die lückenlose Darlegung des Ausschlussgrundes übernehmen muss, um nicht zahlen zu müssen.
Beispiel: Die Versicherung musste nach der Beweislastumkehr lückenlos darlegen, dass die Behandlungen der Professorin tatsächlich unter die eng definierte Kategorie „Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger“ fielen.

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Krankenhaustagegeld

Krankenhaustagegeld ist eine vertraglich vereinbarte, pauschale Summe, die Versicherte für jeden Tag erhalten, den sie aufgrund einer medizinisch notwendigen stationären Behandlung in einer entsprechenden Einrichtung verbringen. Diese Leistung soll die zusätzlichen Aufwendungen abdecken, die typischerweise bei einem stationären Aufenthalt entstehen, und ist funktional an die Notwendigkeit der stationären Unterbringung gebunden.
Beispiel: Das Oberlandesgericht bestätigte den Anspruch der Klägerin auf Krankenhaustagegeld für die gesamten 43 Behandlungstage, obwohl die Aufenthalte in Rehabilitations-Fachkliniken und nicht in einem klassischen Akutkrankenhaus stattfanden.

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MB/KK 2009

Die MB/KK 2009 sind die Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung, welche der Verband der Privaten Krankenversicherungen e. V. zur Vereinheitlichung der Tarife empfiehlt und die oft als Vertragsbasis für die Allgemeinen Versicherungsbedingungen dienen. Juristen prüfen diese Standardbedingungen intensiv auf ihre Transparenz und darauf, ob einzelne Passagen, wie der Leistungsausschluss in § 5 Abs. 1 lit. d), den Versicherten unangemessen benachteiligen.
Beispiel: Die Private Krankenversicherung stützte ihre vollständige Ablehnung der Kostenübernahme auf den Leistungsausschluss des § 5 Abs. 1 lit. d) der MB/KK 2009.

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Das vorliegende Urteil


OLG Nürnberg – Az.: 8 U 447/24 – Urteil vom 13.10.2025


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