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Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Verpflichtung zur Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen

Beschluss vom 14.06.2007, Az: 5 U 28/07

In der Rechtssache … weist der Senat daraufhin, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen.

Gründe

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Verpflichtung zur Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen1. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen ( §§ 522 II Nr.1, 513 I ZPO ).

Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der behauptete Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der abgeschlossenen Berufsunfähigkeitzusatzversicherung derzeit jedenfalls noch nicht fällig ist, weil dieser der Beklagten die von ihr gewünschten Angaben über die in den letzten Jahren erzielten Umsätze unter Beifügung von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. betriebswirtschaftlichen Auswertungen nicht erteilt hat. Dazu ist der Kläger nach § 4 Abs. 1 Buchst. d) BB-BUZ verpflichtet. Die Beklagte kann die geltend gemachten Ansprüche des Klägers, der nach seiner Darstellung mitarbeitender Inhaber eines kleinen Handwerksbetriebs war, nur sachgerecht prüfen, wenn sie die geforderten Angaben vom Kläger zur Verfügung gestellt bekommt. Denn nur unter Einbeziehung betriebswirtschaftlicher Unterlagen des Unternehmens kann geklärt werden, ob und ggf. wie dem Kläger eine Umorganisation möglich und wirtschaftlich zumutbar ist und ihm trotz der behaupteten Erkrankung noch ein Betätigungsfeld verbleibt. Es herrscht deshalb in der versicherungsrechtlichen Literatur Einigkeit darüber, dass ein selbständig tätiger Versicherungsnehmer, der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, Unterlagen beizubringen hat, die den Versicherer in die Lage versetzen, zum einen die Größe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes, zum anderen aber auch die Höhe des erzielten Einkommens beurteilen zu können (vgl. etwa Voit, Berufsunfähigkeitsversicherung, Rn. 573; Benkel/Hirschberg, Berufungsunfähigkeits- und Lebensversicherung, § 4 BUZ, Rn. 19; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 45, Rn. 222). Eine entsprechende Obliegenheit folgt entgegen der unzutreffenden Auffassung des Klägers aus § 4 Abs. 1 Buchst. d) BB-BUZ. Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhang verstehen muss (ständige Rechtsprechung des BGH, zuletzt Urt. v. 25. April 2007 – IV ZR 85/05). Wenn § 4 Abs. 1 Buchst. d) BB-BUZ die Vorlage von „Unterlagen über den Beruf“ verlangt, so liegt bei einem mitarbeitenden Betriebsinhaber auf der Hand, dass dies auch Angaben über die wirtschaftliche Leistungskraft des Betriebes beinhaltet, denn ansonsten kann die bisherige berufliche Tätigkeit, die nach § 2 BB-BUZ Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist, nicht vollständig erfasst werden. Bei einem mitarbeitenden Betriebsinhaber besteht die Besonderheit, dass Teil seiner Gesamttätigkeit die Ausübung des Direktionsrechts gegenüber seinen Mitarbeitern ist und er daher grundsätzlich imstande ist, seinen Betrieb anders zu organisieren; wenn ihm dies ohne nennenswerte Einkommenseinbußen zumutbar ist, dann kann dies einer Berufsunfähigkeit entgegen stehen (vgl. nur Voit/Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 2 BUZ, Rn. 20 m.w.N.). Dass die Versicherung zur Prüfung dieser Leistungsvoraussetzungen auf entsprechende betriebswirtschaftliche Unterlagen angewiesen ist, erschließt sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres, wenn er – wie es der Bundesgerichtshof  verlangt – die Versicherungsbedingungen insgesamt aufmerksam durchsieht und sie in ihrem Sinnzusammenhang verständig würdigt. Die vom Kläger in der Berufung vorgetragene, von ihm für richtig gehaltene Auslegung von § 4 Abs. 1 Buchst. d) BB-BUZ orientiert sich demgegenüber am reinen Wortlaut der Bestimmung, ohne den Gesamtzusammenhang, insbesondere die Leistungsvoraussetzungen des § 2 BB-BUZ mit einzubeziehen. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 2006 (VersR 2006, 1669) berufen. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, Angaben über die wirtschaftliche Situation des Betriebes des Klägers – beschränkt auf die Jahre 2000 bis 2004 und damit konkret bezogen auf einen Zeitraum, der für die Beurteilung des in gesunden Tagen ausgeübten Berufs maßgebend ist – zu erhalten, ist (anders als dies bei einer umfassenden , nicht gezielt eingeschränkten Verpflichtung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht der Fall sein mag) ohne weiteres anzuerkennen und verstößt nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Der Kläger hat in der Klageschrift einige – wenngleich recht vage – Angaben über die von ihm in gesunden Tagen erzielten Erlöse gemacht und seine Behauptung unter das Zeugnis seines Steuerberaters gestellt. Er geht daher offenbar selbst davon aus, dass zur Schlüssigkeit der Anspruchserhebung betriebswirtschaftliche Daten offenbart werden müssen. Warum er sie gleichwohl vorprozessual der Beklagten  zur Leistungsprüfung nicht zur Verfügung gestellt hat, sondern sogleich den vorliegenden Rechtsstreit angestrengt hat, erscheint dem Senat wenig verständlich und dürfte kaum im wohlverstandenen Interesse an einer raschen Klärung der Frage, ob ihm bedingungsgemäße Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zustehen, liegen.

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung ( § 522 II Nr. 2,3 ZPO ).

3. Der Kläger … hat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zugang dieser Verfügung.

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