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Berufsunfähigkeitszusatzversicherung – Nachprüfungsverfahren – Einstellung Leistungszahlungen

Ein ehemaliger Vertriebsspezialist aus Landshut hat erfolgreich gegen seine Versicherung geklagt, die ihm die Berufsunfähigkeitsrente aufgrund einer vermeintlichen Verbesserung seines Gesundheitszustandes gestrichen hatte. Das Landgericht Landshut entschied, dass die Al. L. AG dem Mann weiterhin monatlich 2.829,56 Euro zahlen muss, da er aufgrund von Depressionen und einer sozialen Phobie dauerhaft berufsunfähig ist. Ein gerichtlich bestellter Gutachter bestätigte die Schwere der Erkrankung, die den Mann insbesondere im Umgang mit Kunden stark einschränkt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Landshut
  • Datum: 01.06.2023
  • Aktenzeichen: 82 O 2139/20
  • Verfahrensart: Klageverfahren zur Zahlung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ehemaliger selbständiger Vertriebsspezialist, der aufgrund von Depressionen als berufsunfähig eingestuft wurde. Er argumentiert, dass die Gutachten im Nachprüfungsverfahren fehlerhaft sind und seine Berufsunfähigkeit weiterhin besteht. Er fordert die Fortzahlung seiner Berufsunfähigkeitsrente und die Befreiung von den Prämienzahlungen.
  • Beklagte: Versicherungsgesellschaft, die behauptet, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers verbessert hat und keine wesentlichen Einschränkungen mehr vorliegen. Daher hat die Beklagte die Zahlungen eingestellt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger hatte zwei Versicherungsverträge mit der Beklagten, die unter anderem eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beinhalteten. Ab 2016 war der Kläger aufgrund von Depressionen krankgeschrieben und seit August 2017 erhielt er Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Nach einer Begutachtung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens im Jahr 2019 stellte die Beklagte die Zahlungen ein, da sie von einer Gesundheitsverbesserung ausging.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Einstellung der Zahlungen durch die Beklagte aufgrund einer behaupteten Gesundheitsverbesserung rechtmäßig war und ob der Kläger weiterhin Anspruch auf die vereinbarten Leistungen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung hat.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht entschied zugunsten des Klägers. Die Beklagte ist verpflichtet, die Berufsunfähigkeitsrente weiterhin zu zahlen und den Kläger von den Prämienzahlungen für die Versicherungsverträge zu befreien.
  • Begründung: Die Voraussetzungen für die Einstellung der Leistungen lagen nicht vor. Die Gutachten hatten gezeigt, dass die Berufsunfähigkeit aufgrund von Depressionen und sozialer Phobie weiterhin in erheblichem Maße besteht. Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers signifikant verbessert hatte.
  • Folgen: Die Beklagte muss die rückständigen und zukünftigen Rentenzahlungen in Höhe von monatlich 2.829,56 Euro leisten. Der Kläger ist von den Versicherungsprämien befreit. Dieses Urteil verdeutlicht die Anforderungen an die Nachweisführung bei der Einstellung von Leistungen aufgrund behaupteter Gesundheitsverbesserung und stärkt die Rechte von Versicherten im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Herausforderungen und rechtliche Aspekte bei der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung

Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUV) bietet einen wichtigen Schutz für Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Unfall nicht mehr in der Lage sind, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Im Rahmen der Versicherungsbedingungen müssen Versicherungsunternehmen jedoch regelmäßig den Leistungsanspruch ihrer Kunden überprüfen, insbesondere im Nachprüfungsverfahren. Hierbei kann es vorkommen, dass eine Versicherungsgesellschaft die Leistungszahlungen einstellt, wenn Zweifel an der fortdauernden Berufsunfähigkeit bestehen oder wenn ein Nachweis über den aktuellen Krankheitszustand nicht erbracht wird.

Die Überprüfung der Leistungsansprüche kann für Betroffene oft zu Verunsicherung führen, insbesondere wenn sie sich auf die finanziellen Leistungen verlassen müssen. Häufig sind medizinische Gutachten oder die Prüfung der Prämieneinstufung erforderlich, um das Risiko der Berufsunfähigkeit festzustellen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet, der die Herausforderungen und rechtlichen Aspekte rund um die Einstellungen von Leistungszahlungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung anschaulich darstellt.

Der Fall vor Gericht


Versicherungsnehmer gewinnt Streit um Berufsunfähigkeitsleistungen gegen Al. L. AG

Vertriebsmitarbeiter zeigt Stresssymptome während Kundengespräch im Büro
Streit um Berufsunfähigkeitsleistungen und Versicherungsansprüche (Symbolfoto: Flux gen.)

Die Al. L. AG muss einem ehemaligen selbständigen Vertriebsspezialisten weiterhin eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von 2.829,56 Euro zahlen. Das Landgericht Landshut gab der Klage des Versicherungsnehmers in vollem Umfang statt.

Depressionen und soziale Phobie führen zu dauerhafter Berufsunfähigkeit

Der Kläger hatte 2016 bei der Versicherung zwei Verträge mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen. Im selben Jahr erkrankte er an Depressionen und wurde von seiner Ärztin krankgeschrieben. Die Versicherung erkannte 2017 ihre Leistungspflicht an. Bei einer Nachprüfung 2019 stellte ein Gutachter eine Verbesserung des Gesundheitszustands fest, woraufhin die Versicherung die Zahlungen zum 31.07.2020 einstellte.

Gerichtsgutachter widerlegt Verbesserung der Arbeitsfähigkeit

Das Gericht folgte dieser Einschätzung nicht. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. med. K. stellte zwar ebenfalls eine Verbesserung der depressiven Symptomatik fest. Allerdings leide der Kläger zusätzlich unter einer ausgeprägten sozialen Phobie, die sich im Krankheitsverlauf entwickelt habe. Diese führe besonders im Kundenkontakt zu Panikattacken und vegetativen Reaktionen.

Mehrere Faktoren begründen Berufsunfähigkeit von über 50 Prozent

Während die Depression allein nur noch zu einer Beeinträchtigung von 36 Prozent führe, ergebe sich durch die soziale Phobie eine berufliche Einschränkung von 71 Prozent. Diese Symptomatik sei bereits in früheren ärztlichen Berichten dokumentiert worden. Der Sachverständige erklärte, Depression und soziale Phobie würden sich wechselseitig bedingen. Eine Verbesserung des Gesundheitszustands, die eine Einstellung der Versicherungsleistungen rechtfertigen würde, liege damit nicht vor.

Versicherung muss Leistungen bis 2036 erbringen

Das Gericht verurteilte die Al. L. AG zur Weiterzahlung der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente bis längstens zum 31.03.2036. Zusätzlich muss die Versicherung den Kläger von den Prämienzahlungen für beide Versicherungsverträge befreien. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Rechtsstreits.


Die Schlüsselerkenntnisse


Bei der Prüfung einer Leistungseinstellung durch die Versicherung muss der gesamte Gesundheitszustand und nicht nur ein einzelnes Krankheitsbild betrachtet werden. Auch wenn sich ein ursprüngliches Leiden verbessert, können andere damit zusammenhängende Erkrankungen weiterhin zur Berufsunfähigkeit führen. Die Versicherung trägt die volle Beweislast dafür, dass die versicherte Person wieder arbeitsfähig ist. Eine oberflächliche Begutachtung, die wesentliche gesundheitliche Aspekte außer Acht lässt, rechtfertigt keine Einstellung der Leistungen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihre Versicherung die Zahlungen einstellen will, muss sie nachweisen, dass sich Ihr Gesundheitszustand umfassend gebessert hat. Eine Verbesserung bei nur einem Krankheitsbild reicht dafür nicht aus. Lassen Sie sich von einem unabhängigen Arzt begutachten, der auch Folge- oder Begleiterkrankungen untersucht und dokumentiert. Bewahren Sie alle ärztlichen Unterlagen sorgfältig auf, auch wenn diese schon älter sind – sie können wichtige Hinweise auf die Entwicklung Ihrer Erkrankungen enthalten. Legen Sie gegen die Leistungseinstellung Widerspruch ein und lassen Sie sich dabei juristisch beraten.


Benötigen Sie Hilfe?

Eine Leistungseinstellung der Versicherung bedeutet für Sie eine existenzielle Herausforderung, die einer genauen rechtlichen Prüfung bedarf. Unsere Experten verfügen über jahrelange Erfahrung im Umgang mit komplexen medizinischen Gutachten und kennen die Strategien der Versicherungen. Wir analysieren Ihre individuelle Situation und prüfen, ob die Versicherung ihrer umfassenden Beweispflicht tatsächlich nachgekommen ist – damit Ihre Rechte gewahrt bleiben. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung der Leistungseinstellung bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung?

Zeitliche Fristen

Die Anfechtung einer Berufsunfähigkeitsversicherung unterliegt strengen zeitlichen Beschränkungen. Der Versicherer muss die Anfechtung innerhalb einer Jahresfrist ab Kenntnis der arglistigen Täuschung erklären. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer sowohl von der objektiven Täuschung als auch von der subjektiven Arglist Kenntnis erlangt hat. Nach Ablauf von zehn Jahren seit Vertragsschluss ist eine Anfechtung grundsätzlich ausgeschlossen.

Materielle Voraussetzungen

Für eine wirksame Anfechtung muss der Versicherer drei kumulative Voraussetzungen nachweisen:

  • Eine objektive Täuschung
  • Die subjektive Arglist des Versicherungsnehmers
  • Die Kausalität der Täuschung für den Vertragsschluss

Beweislast und Nachweispflichten

Der Versicherer trägt die Beweislast für die Anfechtungsvoraussetzungen. Wenn Sie als Versicherungsnehmer sich auf eine Verfristung der Anfechtung berufen, müssen Sie diese beweisen, da dies einen rechtlichen Vorteil für Sie darstellt.

Rechtsfolgen

Bei erfolgreicher Anfechtung ergeben sich weitreichende Konsequenzen:

  • Der Versicherungsvertrag wird rückwirkend beseitigt
  • Der Versicherungsschutz entfällt vollständig
  • Bereits erhaltene Rentenzahlungen müssen zurückerstattet werden
  • Die gezahlten Versicherungsbeiträge verbleiben beim Versicherer

Besondere Schutzrechte

Bei der Nachprüfung von Leistungen gelten besondere Schutzrechte für Versicherungsnehmer. Die Leistungen enden nicht automatisch, sondern erfordern eine wirksame Einstellungsmitteilung. Bei einer Verweisung auf einen anderen Beruf muss eine feste und unbefristete Anstellung vorliegen oder ein unentschuldigtes Nichtbemühen um eine solche nachgewiesen werden.


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Welche medizinischen Unterlagen und Gutachten sind im Streitfall mit der Versicherung erforderlich?

Grundlegende medizinische Dokumentation

Der Versicherungsnehmer muss das Vorliegen der Berufsunfähigkeit medizinisch nachweisen. Die gesundheitlichen Einschränkungen müssen ärztlich dokumentiert und die Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit konkret dargelegt werden.

Qualitätsanforderungen an Gutachten

Medizinische Gutachten müssen bestimmte Qualitätsstandards erfüllen:

Der Gutachter muss mindestens Facharzt für die konkrete Fragestellung sein. Bei einem Handgelenksbruch ist beispielsweise ein Unfallchirurg, bei einer Augenverletzung ein Augenarzt zuständig.

Der Gutachter muss nachweislich über vertiefte praktische Erfahrung in der Begutachtung und Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen verfügen. Er darf weder Interessenvertreter des Versicherers noch des Versicherten sein.

Beweisführung im Streitfall

Im Streitfall trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit von mindestens 50%. Bei einer Nachprüfung bereits bewilligter Leistungen kehrt sich die Beweislast um – dann muss die Versicherung eine Besserung des Gesundheitszustands nachweisen.

Ergänzende Gutachten

Wenn das Gutachten der Versicherung zu Ungunsten ausfällt, kann ein Privatgutachten sinnvoll sein. Ein solches Privatgutachten wird in einem gerichtlichen Verfahren berücksichtigt, wenn es substantiiert Fehler oder Widersprüche im Versicherergutachten aufzeigt.

Bei widersprüchlichen Gutachten muss das Gericht diese Widersprüche auflösen, etwa durch eine Gegenüberstellung der Gutachter. Die Gutachten müssen sich dabei auf medizinische Feststellungen beschränken und dürfen nicht juristisch wertend sein.


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Welche Fristen müssen bei der Anfechtung einer Leistungseinstellung beachtet werden?

Bei der Anfechtung einer Berufsunfähigkeitsversicherung gelten zwei zentrale Fristen, die zwingend beachtet werden müssen:

Einjährige Anfechtungsfrist

Der Versicherer muss die Anfechtung innerhalb eines Jahres erklären, nachdem er von der arglistigen Täuschung Kenntnis erlangt hat. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer sowohl von der objektiven Täuschung als auch von der subjektiven Arglist Kenntnis hat.

Zehnjährige Ausschlussfrist

Eine absolute Grenze bildet die zehnjährige Ausschlussfrist nach § 124 Abs. 3 BGB. Wenn zwischen der Abgabe der Vertragserklärung und der Anfechtung mehr als zehn Jahre liegen, ist eine Anfechtung grundsätzlich nicht mehr möglich.

Beweislast bei Fristversäumnis

Wenn Sie sich als Versicherungsnehmer darauf berufen, dass die Anfechtung zu spät erfolgt ist, müssen Sie dies auch beweisen. Dies gilt, weil das Erlöschen des Anfechtungsrechts einen rechtlichen Vorteil für Sie darstellt.

Verjährung bei Leistungseinstellung

Bei einer Leistungseinstellung im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens haben Sie als Versicherungsnehmer drei Jahre Zeit, um Ihre Ansprüche geltend zu machen. Diese dreijährige Verjährungsfrist gilt auch dann, wenn Sie die negative Nachprüfungsentscheidung zunächst akzeptiert haben.

Die Fristen des § 21 VVG haben keinen Einfluss auf die zehnjährige Ausschlussfrist des § 124 Abs. 3 BGB. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung klargestellt.


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Wie läuft ein Nachprüfungsverfahren bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ab?

Einleitung des Verfahrens

Die Versicherungsgesellschaft leitet das Nachprüfungsverfahren mit einem schriftlichen Fragebogen ein, den Sie als Versicherter ausfüllen und zurücksenden müssen. Die Nachprüfung findet in der Regel alle zwei Jahre statt, kann aber je nach Erkrankungsart und Besserungsaussichten in unterschiedlichen Zeitabständen erfolgen.

Erforderliche Unterlagen

Sie müssen aktuelle Informationen zu Ihrem Gesundheitszustand und Ihrer beruflichen Situation bereitstellen. Es ist vorteilhaft, wenn Sie die angeforderten medizinischen Unterlagen selbst bei Ihren Ärzten einholen, anstatt dies der Versicherung oder einem Dienstleister zu überlassen.

Ärztliche Untersuchungen

Die Versicherung darf einmal jährlich umfassende ärztliche Untersuchungen anordnen. Die Kosten für diese Untersuchungen trägt die Versicherungsgesellschaft. Aufgrund der hohen Kosten werden solche Untersuchungen in der Praxis jedoch nicht jährlich durchgeführt.

Prüfungsumfang

Im Nachprüfungsverfahren wird untersucht, ob:

  • sich Ihr Gesundheitszustand verbessert hat
  • Sie eine neue berufliche Tätigkeit ausüben
  • bei Selbstständigen neue Umorganisationsmöglichkeiten bestehen

Beweislast und Mitwirkungspflichten

Die Beweislast liegt im Nachprüfungsverfahren bei der Versicherung. Sie muss nachweisen, dass die Berufsunfähigkeit nicht mehr besteht. Als Versicherter sind Sie jedoch zur Mitwirkung verpflichtet. Dies bedeutet, Sie müssen:

  • zumutbare Untersuchungen über sich ergehen lassen
  • an Therapien teilnehmen
  • Auskünfte wahrheitsgemäß erteilen

Die Versicherung darf dabei nicht eine möglicherweise von Anfang an fehlerhafte Entscheidung korrigieren, wenn sich Ihr Gesundheitszustand seit der Erstentscheidung nicht verändert hat.


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Welche Rechte haben Versicherungsnehmer während des laufenden Nachprüfungsverfahrens?

Im Nachprüfungsverfahren genießen Sie als Versicherungsnehmer eine deutlich stärkere Position als bei der Erstprüfung, da die vollständige Beweislast beim Versicherer liegt. Dies bedeutet, dass der Versicherer nachweisen muss, dass sich Ihre gesundheitliche Situation verbessert hat.

Grundlegende Rechte während der Nachprüfung

Die BU-Rente wird während des laufenden Nachprüfungsverfahrens weiter ausgezahlt. Eine Einstellung der Leistungen ist frühestens nach Abschluss der Prüfung und mit einer Dreimonatsfrist nach Zugang der Einstellungsmitteilung möglich.

Schutz vor unberechtigten Nachprüfungen

Sie haben das Recht, dass nur tatsächliche Veränderungen der Verhältnisse als Grundlage für eine Leistungseinstellung herangezogen werden können. Eine bloß unterschiedliche Bewertung Ihres unveränderten Gesundheitszustands durch einen anderen Gutachter reicht nicht aus, um die Leistungen einzustellen.

Rechte bei ärztlichen Untersuchungen

Bei ärztlichen Untersuchungen im Rahmen der Nachprüfung haben Sie folgende Rechte:

  • Die Kosten der Untersuchung trägt der Versicherer
  • Eine umfassende ärztliche Untersuchung darf maximal einmal pro Jahr verlangt werden
  • Sie können den Ort der Untersuchung mitbestimmen, sofern dieser zumutbar ist

Schutz vor fehlerhafter Neubewertung

Der Versicherer darf im Nachprüfungsverfahren keine Korrektur einer von Anfang an falschen Leistungsentscheidung vornehmen. Der bei der Erstprüfung festgestellte Gesundheitszustand gilt als verbindlicher Ausgangspunkt für die Vergleichsbetrachtung.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUV)

Eine Versicherung, die finanzielle Leistungen erbringt, wenn der Versicherte seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Sie wird meist als Zusatz zu einer Lebensversicherung abgeschlossen. Die Versicherung zahlt eine vereinbarte monatliche Rente, wenn der Versicherte zu mindestens 50% berufsunfähig ist. Geregelt wird dies in §172 VVG. Beispiel: Ein Chirurg kann wegen eines Nervenleidens nicht mehr operieren und erhält eine monatliche BU-Rente. Die Versicherung prüft regelmäßig, ob die Berufsunfähigkeit weiter besteht.


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Nachprüfungsverfahren

Ein gesetzlich geregeltes Verfahren nach §174 VVG, bei dem die Versicherung überprüft, ob die Voraussetzungen für die weitere Zahlung von Berufsunfähigkeitsleistungen noch vorliegen. Dabei kann die Versicherung neue ärztliche Untersuchungen oder Nachweise verlangen. Stellt sich heraus, dass sich der Gesundheitszustand wesentlich verbessert hat, können die Leistungen eingestellt werden. Der Versicherte muss dabei aktiv mitwirken und die geforderten Nachweise erbringen.


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Leistungspflicht

Die rechtliche Verpflichtung der Versicherung, die vertraglich vereinbarten Zahlungen zu erbringen, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Bei der BUV entsteht die Leistungspflicht, wenn der Versicherte berufsunfähig wird und dies nachweist. Geregelt in §14 VVG. Die Versicherung muss dann die vereinbarte Rente zahlen und oft auch von der Prämienzahlung befreien. Beispiel: Nach Anerkennung einer 60%-igen Berufsunfähigkeit muss die Versicherung die vereinbarte monatliche Rente zahlen.


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Prämienbefreiung

Eine Vertragsklausel in Versicherungsverträgen, die den Versicherungsnehmer von der Pflicht zur Zahlung der Versicherungsbeiträge (Prämien) befreit, wenn bestimmte Bedingungen eintreten. Bei der BUV erfolgt die Prämienbefreiung meist zusammen mit der Rentenzahlung bei anerkannter Berufsunfähigkeit. Basis ist §193 VVG. Dadurch wird verhindert, dass der Versicherte trotz Berufsunfähigkeit weiter Beiträge zahlen muss.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 172 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für den Eintritt der Berufsunfähigkeit und den daraus resultierenden Leistungsanspruch. Die Bestimmungen sehen vor, dass der Versicherte bei eingetretener Berufsunfähigkeit Anspruch auf die vereinbarten Leistungen hat. Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die tatsächliche Berufsunfähigkeit des Klägers, die die Grundlage für seine Ansprüche bildet.
  • § 6 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Dieser Paragraph befasst sich mit der Obliegenheit des Versicherungsnehmers, der Versicherung alle relevanten Informationen zur Einschätzung des Risiko zu übermitteln. Im Fall des Klägers könnte die Beklagte argumentieren, dass der Kläger möglicherweise nicht hinreichend über seinen Gesundheitszustand informiert hat, um die Entscheidung über die Berufsunfähigkeit zu stützen.
  • § 313 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Regelung behandelt die Störung der Geschäftsgrundlage und ermöglicht eine Anpassung des Vertrages unter bestimmten Umständen. Der Kläger könnte sich darauf berufen, dass sich seine gesundheitliche Situation nicht so verbessert hat, wie von der Beklagten angenommen, und dass eine weitere Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente auf Basis eines gestörten Verhältnisses notwendig ist.
  • § 226 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph definiert die Rechte von geschäftsunfähigen Personen. Zwar ist der Kläger nicht geschäftsunfähig, jedoch könnte er geltend machen, dass seine gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen ihn derart beeinträchtigen, dass er nicht in der Lage ist, seinen beruflichen Verpflichtungen nachzukommen, was seinem Anspruch auf Leistungen zugrunde liegt.
  • Nachprüfungsverfahren nach VVG: Diese Bestimmung beschreibt das Verfahren, das Versicherer zur Überprüfung der Berufsunfähigkeit einleiten können. Die Beklagte hat im Fall des Klägers ein solches Verfahren angestoßen, was zu der strittigen Entscheidung geführt hat. Der Kläger ist jedoch der Ansicht, dass die angeordnete Begutachtung und die daraus resultierende Entscheidung seiner Berufsunfähigkeit nicht gerechtfertigt sind.

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Das vorliegende Urteil

LG Landshut – Az.: 82 O 2139/20 – Endurteil vom 01.06.2023


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