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Berufsunfähigkeitszusatzversicherung – Bevollmächtigung als Versicherungsagent

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 766/98 – Urteil vom 02.05.2001

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.7.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (14 O 76/96) wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das am 14.7.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (14 O 76/96) abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

a)  Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 140.000 DM zuzüglich 4 % Zinsen aus jeweils 2.000 DM seit dem Ersten eines jeden Monats in dem Zeitraum von Januar 1996 bis März 2001 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger, beginnend mit dem 1.4.2001 und längstens bis zum 1.5.2016, eine monatliche Rente aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Höhe von 2.000 DM zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen der bis einschließlich März 2001 fällig gewordenen Beträge sowie wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 166.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Wegen der ab April 2001 fällig werdenden weiteren Beträge darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 2.000 DM für jeden Monat, in dem weitere Rentenbeträge fällig werden, abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Der Wert der Beschwer der Beklagten aufgrund dieses Urteils wird auf 140.000 DM festgesetzt.

6. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 140.000 DM festgesetzt, der Streitwert des Verfahrens erster Instanz – unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 24.8.1998 – auf 102.000 DM.

Tatbestand

Der Kläger, von Beruf Polizeibeamter, hat bei der Beklagten eine Risikolebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen. Die Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen hat die Beklagte in einem am 18.5.1992 (Bl. 23 ff. d.A.) ausgefertigten Versicherungsschein dokumentiert. Vertragsbestandteil wurden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Risikolebensversicherung (Bl. 26 f d.A.) und deren Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Bl. 28 f d.A.). Zustande gekommen ist der Vertrag aufgrund eines Versicherungsantrages vom 26.3.1992 (Bl. 33, 33 R d.A.). Nachdem der Kläger Ende Juli 1992 beanstandet hatte, dass sich aus dem Versicherungsschein nicht ergebe, dass eine Berufsunfähigkeitsrente bei Polizeidienstunfähigkeit zu zahlen sei, ließ die Beklagte dem Kläger über ihre Geschäftsstelle in S das „Merkblatt für die Versicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bei Beamten im Polizeidienst“ (Bl. 55 d.A.) zukommen.

Mit Wirkung zum Ablauf des 31.5.1995 wurde der Kläger, der seit September 1990 in der Funkzentrale des Landeskriminalamtes … gearbeitet hatte, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Grundlage dieser Entscheidung war ein am 24.11.1994 von dem Polizeiarzt Dr. … erstelltes fach- und polizeiärztliches Gutachten (Bl. 175 ff., 186 ff. d.A.). Darin heißt es, dass es bei dem Kläger aufgrund einer chronisch rezidivierenden Mittelohrentzündung zu einer erheblichen Schwerhörigkeit auf dem linken Ohr gekommen sei; dadurch sei die Polizeidienstfähigkeit des Klägers erheblich beeinträchtigt. Weiter eingegangen wird in dem Gutachten auf eine Fehlstatik und beginnende degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule des Klägers; dadurch sei, so heißt es in dem Gutachten weiter, die Polizeidienstfähigkeit des Klägers derzeit nur unwesentlich beeinträchtigt. Mit ihrem Schreiben vom 10.7.1995 (Bl. 35 d.A.) erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Rücktritt von dem Versicherungsvertrag. Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Kläger in dem Versicherungsantrag unzutreffende Angaben zu seinen gesundheitlichen Verhältnissen gemacht habe; es hätten bereits damals ein Hörverlust im Bereich des linken Ohrs sowie eine Trommelfellperforation vorgelegen, beides habe der Kläger in dem Versicherungsantragsformular nicht angegeben. Mit einem weiteren Schreiben vom 11.10.1995 (Bl. 30 ff. d.A.) erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger auch die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung. In dem Schreiben verweist die Beklagte weiter darauf, dass der Kläger neben den Hörschäden im Bereich des linken Ohrs auch Beschwerden an der Wirbelsäule sowie eine Operation am Sprunggelenk und eine Unterschenkelfraktur bei Vertragsschluß nicht angegeben habe.

Der Kläger hat geltend gemacht, er habe zunächst vorgehabt, einen Vertrag mit einem anderen Versicherer, der D versicherung, zu schließen. Zu diesem Zweck sei von ihm auch bereits ein Antragsformular der D versicherung (Bl. 34, 34 R d.A.) ausgefüllt gewesen. Er habe sich dann jedoch von einem Versicherungsagenten der Beklagten, Herrn J überreden lassen, statt dessen einen Vertrag bei der Beklagten zu schließen. Das Versicherungsantragsformular der Beklagten sei von dem Versicherungsagenten der Beklagten ausgefüllt worden, und zwar dergestalt, dass dieser die Angaben aus den ihm ausgehändigten und bereits ausgefüllten Versicherungsantragsformular der D versicherung übernommen habe. Er, der Kläger, sei davon ausgegangen, dass die in dem Formular der Beklagten enthaltenen Fragen zu den gesundheitlichen Verhältnissen die selben seien wie diejenigen in dem Formular der D versicherung, also nur nach Krankheiten gefragt werde, unter denen er in den letzten zehn Jahren vor Vertragsschluß gelitten habe. Bevor er das von dem Versicherungsagenten der Beklagten vorbereitete Formular unterzeichnet habe, habe er daher nur noch die Daten zu seiner Person überprüft, die unterschiedliche Fragestellung bei den gesundheitlichen Verhältnissen hingegen nicht bemerkt. Richtig sei, dass es 1981 zu einer Trommelfellperforation nach einer Schießübung bei der Bundeswehr gekommen sei; diese sei aber nach kurzer Zeit wieder ausgeheilt gewesen, eine Hörminderung sei nicht zurückgeblieben, zwischen der Trommelfellperforation, die er damals erlitten habe, und der Erkrankung seines linken Ohrs, die zu seiner Versetzung in den Ruhestand geführt habe, bestehe auch kein Zusammenhang. Wirbelsäulenbeschwerden in den Jahren vor Vertragsschluß hätten lediglich auf leichten Auffahrunfällen beruht, die er bei seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Fahrlehrer erlitten habe; sie seien stets nach einer kurzen Behandlung ausgeheilt gewesen. Auch aufgrund der Operation am Sprunggelenk im Jahre 1981 und aufgrund einer älteren Unterschenkelfraktur, die auch operativ versorgt worden sei, seien Beschwerden nicht zurückgeblieben. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Nr. … vom 18.5.1992 ab dem 1.6.1995 in Höhe von 24.000 DM jährlich, längstens jedoch bis zum 1.5.2016, zu gewähren; hilfsweise hat er beantragt festzustellen, dass der seitens der Beklagten erfolgte Rücktritt – dieser sei auch zu spät erfolgt – und die Anfechtung nichtig seien.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, das Versicherungsantragsformular sei ausschließlich nach den Angaben des Klägers ausgefüllt worden; ein Formular der D versicherung habe Herrn J nicht vorgelegen. Der Kläger habe bei Vertragsschluß nicht nur die Trommelfellperforation am linken Ohr und eine darauf beruhende Hörminderung, sondern auch die Wirbelsäulenbeschwerden, die keineswegs nur belanglos und vorübergehend gewesen seien, und die Schädigung des Sprunggelenks sowie die Unterschenkelfraktur bewußt verschwiegen. Dienstuntauglich sei der Kläger nicht nur wegen der zwischenzeitlichen Taubheit seines linken Ohrs, sondern auch wegen der Wirbelsäulenbeschwerden. Hätte sie, so die Beklagte weiter, die Vorerkrankungen des Klägers gekannt, hätte sie den Vertrag nicht oder allenfalls nach Vereinbarung von Ausschlußklauseln geschlossen.

Mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 304 ff. d.A.), auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht – nach Vernehmung von Zeugen (Bl. 207 ff., 251 f d.A.) und nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens, das von Prof. Dr. D, dem Chefarzt der Klinik für Orthopädie …, erstellt wurde (Bl. 267 ff. d.A.) – der Klage, auf den primär gestellten Antrag hin, stattgegeben.

Das Landgericht hat ausgeführt, dem Kläger stünden die geltend gemachten Rentenansprüche zu. Der Kläger sei im Mai 1995 polizeidienstunfähig geworden. Die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung sei nicht wirksam. Zwar habe der Kläger Fragen nach seinen gesundheitlichen Verhältnissen in dem Versicherungsantragsformular unrichtig beantwortet. Der Kläger hätte, so das Landgericht weiter, sowohl die im Jahre 1981 erlittene Trommelfellperforation als auch die im selben Jahr erfolgte Sprunggelenks- und Unterschenkeloperation angeben müssen; gleiches gelte für die Wirbelsäulenbeschwerden, unter denen er seit 1989 gelitten habe. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger diese Erkrankungen arglistig, also mit dem Ziel, die Beklagte zum Abschluß des Versicherungsvertrages zu den normalen Bedingungen zu veranlassen, verschwiegen habe. Denn all diese Erkrankungen seien, als der Kläger das Versicherungsantragsformular unterzeichnet habe, folgenlos ausgeheilt gewesen. Auch der von der Beklagten erklärte Rücktritt von dem Versicherungsvertrag führe nicht dazu, dass die Beklagte die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht zu erbringen brauche. Die Trommelfellperforation habe der Kläger ohne Verschulden nicht angezeigt, denn er habe davon ausgehen dürfen, dass diese schon elf Jahre zurückliegende Verletzung folgenlos ausgeheilt gewesen sei. Auch habe die Beklagte nicht dargelegt, dass es zu einem Risikoausschluß gekommen wäre, falls der Kläger die Trommelfellperforation angegeben hätte. Die gesundheitlichen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule des Klägers schließlich seien nicht ursächlich dafür geworden, dass der Kläger in den Ruhestand versetzt worden sei.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt, der Kläger hat (unselbständige) Anschlußberufung eingelegt. Die Beklagte vertritt erneut die Auffassung, dass der von ihr erklärte Rücktritt und die Anfechtung wirksam seien. Zudem meint sie, es liege bei dem Kläger Berufsunfähigkeit nicht vor; die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, unter denen der Kläger leide, machten es ihm nicht unmöglich, eine Tätigkeit außerhalb der Funkzentrale der Polizei auszuüben.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird, und die Anschlußberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, und die Beklagte auf die Anschlußberufung hin zusätzlich zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 4 % Zinsen aus jeweils 2.000 DM seit dem 1.1.1996, 1.2.1996, 1.3.1996, 1.4.1996, 1.5.1996, 1.6.1996, 1.7.1996, 1.8.1996, 1.9.1996, 1.10.1996, 1.11.1996, 1.12.1996, 1.1.1997, 1.2.1997, 1.3.1997, 1.4.1997, 1.5.1997, 1.6.1997, 1.7.1997, 1.8.1997, 1.9.1997, 1.10.1997, 1.11.1997, 1.12.1997, 1.1.1998, 1.2.1998, 1.3.1998, 1.4.1998, 1.5.1998, 1.6.1998, 1.7.1998, 1.8.1998, 1.9.1998, 1.10.1998, 1.11.1998, 1.12.1998, 1.1.1999, 1.2.1999, 1.3.1999, 1.4.1999, 1.5.1999, 1.6.1999, 1.7.1999, 1.8.1999, 1.9.1999, 1.10.1999, 1.11.1999, 1.12.1999, 1.1.2000, 1.2.2000, 1.3.2000, 1.4.2000, 1.5.2000, 1.6.2000, 1.7.2000, 1.8.2000, 1.9.2000, 1.10.2000, 1.11.2000, 1.12.2000 zu zahlen.

Der Kläger hält die Entscheidung des Landgerichts für richtig. Das Landgericht habe der Klage zu Recht stattgegeben. Über den zuerkannten Anspruch hinaus stünden ihm auch die geltend gemachten Zinsansprüche zu.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Der Senat hat ein hals-, nasen-, ohrenärztliches Sachverständigengutachten eingeholt; das Gutachten (Bl. 449 ff. d.A.) und die Ergänzung dazu (Bl. 506 ff. d.A.) wurde von Prof. Dr. R dem Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde der … erstellt. Des weiteren hat der Senat ein neues orthopädisches Sachverständigengutachten eingeholt, das von Prof. Dr. H dem Chefarzt der Orthopädischen Klinik … gefertigt wurde (Bl. 532 ff. d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet, dem gegenüber hat die Anschlußberufung des Klägers Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit ab dem 1.6.1995 bis längstens zum 1.5.2016 in Höhe von 2.000 DM monatlich zu. Der Anspruch folgt aus dem zwischen den Parteien geschlossenen und in dem Versicherungsschein vom 18.5.1992 (Bl. 23 ff. d.A.) dokumentierten Versicherungsvertrag über eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Verbindung mit den §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 der vereinbarten Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Bl. 28 f d.A.) sowie in Verbindung mit den ergänzenden Bedingungen dazu in dem Merkblatt der Beklagten für die Versicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bei Beamten im Polizeidienst (Bl. 55 d.A.).

1.

Allerdings ergibt sich weder aus dem schriftlichen Versicherungsantrag vom 26.3.1992 (Bl. 33, 33 R d.A.) noch aus dem Versicherungsschein vom 18.5.1992 (Bl. 23 ff. d.A.), dass nicht lediglich das gewöhnliche Berufsunfähigkeitsrisiko, wie es in § 2 Abs. 1 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beschrieben ist, versichert sein sollte, sondern im Rahmen einer besonderen Klausel darüber hinaus die Unfähigkeit, den Polizeidienst weiter auszuüben. In dem schriftlichen Versicherungsantrag ist zwar als Beruf des Klägers „Polizeibeamter“ vermerkt; es wird dort auch weiter darauf verwiesen, dass der Kläger in der Funkzentrale des Landeskriminalamtes arbeite. Dabei handelt es sich jedoch – nach dem schriftlichen Versicherungsantrag – lediglich um Angaben des Klägers zu seiner Person. Dass – abweichend von den sonst üblichen Vereinbarungen, nach denen es für die Berufsunfähigkeit darauf ankommt, ob der Versicherungsnehmer die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit oder eine andere vergleichbare Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung) noch ausüben kann – gerade der Beruf des Klägers als Polizeibeamter versichert sein sollte, ergibt sich aus dem schriftlichen Versicherungsantrag aber nicht. Auch in dem Versicherungsschein wird lediglich auf eine „Berufsunfähigkeit“ der versicherten Person abgestellt, nicht auf eine besondere Polizeidienstunfähigkeit.

Die in dem Merkblatt der Beklagten für die Versicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bei Beamten im Polizeidienst angeführte besondere Klausel – danach gelten Beamte im öffentlichen Dienst als vollständig berufsunfähig, wenn sie wegen Dienstunfähigkeit infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte in den dauernden Ruhestand versetzt oder entlassen werden – ist jedoch nach § 5 Abs. 3 VVG Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages geworden.

a.

Der von dem Landgericht vernommene Zeuge J hat den Versicherungsantrag als Versicherungsagent der Beklagten im Sinne von § 43 VVG aufgenommen. Denn er war bevollmächtigt, den Versicherungsantrag für die Beklagte entgegen zu nehmen (§ 43 Nr. 1 VVG). Zwar war der Zeuge J wie er bei seiner Vernehmung durch das Landgericht in erster Instanz (Bl. 208 ff. d.A.) dargelegt hat, nicht bei der Beklagten angestellt, sondern bei einem anderen Versicherer, der A Das ist aber nicht entscheidend. Es kommt vielmehr für die Anwendung von § 43 Nr. 1 VVG ausschließlich darauf an, ob der Vermittler von dem Versicherer zur Entgegennahme von Erklärungen des Versicherungsnehmers bevollmächtigt oder zumindest von ihm damit betraut gewesen ist; dann ist er Vermittlungsagent des Versicherers (BGHZ 102, 194, 197, und BGH, NJW-RR 2000, 316), auch wenn die Vermittlung des Vertrages nur bei Gelegenheit erfolgt (dazu Langheid, in: Römer/Langheid, VVG, 1997, Rdn. 6 f zu § 43 VVG, und Kollhosser, in: Prölls/Martin, VVG, 26. Aufl.. 1998, Rdn. 10 zu § 43 VVG, jeweils m.w.N.).

Der Zeuge J hatte Kontakt zu der Beklagten, weil er, wie er das bei seiner Vernehmung in erster Instanz formuliert hat, Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen der Sach-, Haftpflicht- und Unfallversicherung „betreut“ hatte. Er erstellte ein für den Kläger bestimmtes Angebot (Bl. 400 d.A.) auf einem Formular der Beklagten. Den schriftlichen Versicherungsantrag, der ebenfalls auf einem Formular der Beklagten aufgenommen wurde, übergab er, wie sich aus seiner Aussage weiter ergibt, einer Mitarbeiterin der Beklagten zur weiteren Bearbeitung. Dieser Sachverhalt allein würde allerdings noch nicht zwingend bedeuten, dass der Zeuge J als Versicherungsagent der Beklagten tätig geworden ist, denn auch ein Versicherungsmakler kann, ebenso wie ein Versicherungsagent, über Formulare eines Versicherers verfügen (BGH, NJW-RR 2000, 316). Ob ein Handeln als Versicherungsmakler oder als Vermittlungsagent vorliegt, ist daher stets eine Frage der Umstände des Einzelfalls (auch dazu Langheid, aaO, und Kollhosser, aaO). Der Zeuge J war – und darin unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt von demjenigen, über den der Bundesgerichtshof (NJW-RR 2000, 316) zu befinden hatte (dort betrieb der Vermittler mit einem Partner ein selbständiges Maklerbüro) – nicht als Versicherungsmakler tätig. Demgemäß hat der Kläger – er hat zudem darauf verwiesen, er habe nicht einmal gewußt, dass der Zeuge Jungbluth nicht bei der Beklagten angestellt gewesen ist – den Zeugen J im Berufungsverfahren auch stets als Vertreter der Beklagten bezeichnet. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten, auch nicht nach dem Hinweis des Senats dazu (Bl. 566 R d.A.). Sie hat vielmehr in der Folge in ihrem Schriftsatz vom 12.3.2001 (Seite 4, Bl. 594 d.A.) den Zeugen J als (ihren) Versicherungsagenten angesehen, indem sie ausgeführt hat, dass sie sich nach der „Auge- und Ohr-Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofes das Wissen des Versicherungsagenten zurechnen lassen müsse. Der Zeuge J hat danach den Versicherungsvertrag mit dem Kläger als Versicherungsagent der Beklagten abgeschlossen.

b.

Der Kläger hatte stets geltend gemacht, er habe dem Versicherungsagenten der Beklagten bei Vertragsschluß ausdrücklich verdeutlicht, dass er gegen Polizeidienstunfähigkeit versichert werden wolle. Das hat der Zeuge J bei seiner Vernehmung durch das Landgericht bestätigt. Der Zeuge J hat erklärt, der Kläger habe gesagt, es gebe ein Zusatzmerkblatt für den Polizeidienst, vorher (vor einer Überlassung dieses Merkblatts durch den Zeugen J) werde er nicht unterschreiben. Er habe dann, so der Zeuge J weiter, dieses Merkblatt besorgt und dem Kläger übergeben. Ob das Merkblatt auch dem schriftlichen Versicherungsantrag, der in der Folge bei der Beklagten von ihm eingereicht wurde, beigefügt gewesen ist, konnte der Zeuge J nicht mehr sicher sagen. Er hat dazu weiter erklärt, es habe in dem (schriftlichen) Versicherungsantrag nicht auf das Polizeidienstmerkblatt hingewiesen werden müssen, denn auf dem Versicherungsantrag habe ja gestanden, dass der Kläger Polizist sei und es sei – davon scheint der Zeuge irrtümlich ausgegangen zu sein – ein Fragebogen extra für den Polizeidienst gewesen.

Der Senat hat keinen Anlaß, daran zu zweifeln, dass der Zeuge die Wahrheit gesagt hat. Er hat den Sachverhalt, wie sich aus seiner protokollierten Aussage ergibt, eingehend geschildert und auch die Motivation für seine Einschätzung plausibel dargelegt. Die Darstellung des Zeugen wird zudem bestätigt durch den Inhalt des Versicherungsantrages, den der Kläger zwei Tage zuvor, nämlich unter dem Datum des 24.3.1992, bei einem anderen Versicherer, der D versicherung, ausgefüllt hatte (Bl. 34, 34 R d.A.); dieser Versicherungsantrag lag dem Zeugen J wie er bei seiner Vernehmung weiter erklärt hat, bei Aufnahme des Versicherungsantrages zugunsten der Beklagten vor. Auch nach diesem Versicherungsantrag bei der D versicherung sollte ausdrücklich auch „Dienstunfähigkeit“ versichert sein. Dass das auch für den Vertrag des Klägers mit der Beklagten so sein sollte, war demnach dem Zeugen J bei der Aufnahme des Versicherungsantrages ohne weiteres klar, der Kläger hatte auf diesen Umfang der Versicherung sogar ausdrücklich bestanden. Die Beklagte hat die Richtigkeit der Aussage des Zeugen J vor dem Landgericht in der Folge nicht bezweifelt, sie hat vielmehr dessen Aussage in ihrer Stellungnahme zu der Beweisaufnahme in dem Schriftsatz vom 3.7.1997 (Bl. 215 ff. d.A.) als glaubwürdig bezeichnet. Der Senat hat daher auch keinen Anlaß gesehen, den Zeugen J im Berufungsverfahren erneut zu vernehmen.

Gibt der Versicherungsnehmer bei Aufnahme des schriftlichen Versicherungsantrages gegenüber dem Versicherungsagenten mündliche Erklärungen zu dem von ihm gewünschten Umfang des Versicherungsschutzes ab, so werden auch diese mündlichen Erklärungen des Versicherungsnehmers Inhalt seines Versicherungsantrages, auch wenn sie in dem schriftlichen Versicherungsantrag nicht aufgeführt sind, und zwar auch dann, wenn der Versicherungsagent die den schriftlichen Versicherungsantrag ergänzende mündliche Erklärung des Versicherungsnehmers nicht an den Versicherer übermittelt, denn die ergänzende mündliche Erklärung geht dem Versicherer wegen der Empfangsvollmacht des Versicherungsagenten schon dann zu, wenn sie zur Kenntnis des Versicherungsagenten gelangt (Römer, in: Römer/Langheid, aaO, Rdn. 8 zu § 5 VVG, und Prölls, in: Prölls/Martin, aaO, Rdn. 15 zu § 5 VVG, jeweils m.w.N.; dazu auch bereits die Entscheidung des Senats vom 4.4.2001 in dem Verfahren 5 U 670/00-57-).

c.

Der Inhalt des von der Beklagten ausgestellten Versicherungsscheins vom 18.5.1992 wich damit von dem Inhalt des Versicherungsantrages ab (§ 5 Abs. 1 VVG). Auf diese Abweichung hat die Beklagte in dem Versicherungsschein nicht aufmerksam gemacht (§ 5 Abs. 2 VVG). Der Vertrag kam deshalb nach § 5 Abs. 3 VVG mit dem Inhalt des Versicherungsantrages zustande (auch dazu Römer, aaO, und Prölls, aaO, sowie die Entscheidung des Senats, aaO). Auch die in dem Merkblatt der Beklagten für die Versicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bei Beamten im Polizeidienst enthaltene besondere Klausel wurde daher Vertragsbestandteil.

2.

Nach dieser Klausel ist der Kläger vollständig berufsunfähig, wenn er wegen Dienstunfähigkeit krankheitsbedingt in den dauernden Ruhestand versetzt wurde. Das ist hier geschehen, der Kläger wurde mit Wirkung zum Ablauf des 31.5.1995 krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt. Damit ist der Versicherungsfall eingetreten. Zwar wird die Klausel in dem erwähnten Merkblatt dahin erläutert, dass die Versetzung in den Ruhestand zur Polizeidienstunfähigkeit führe, es sei denn, dass die Übernahme in eine andere Beamtenlaufbahn möglich ist und diese dem Versicherungsnehmer angeboten wird. Daraus kann die Beklagte zu ihren Gunsten aber nichts herleiten. Sie hat gegen Ende des Berufungsverfahrens geltend gemacht, Berufsunfähigkeit liege bei dem Kläger nicht vor, weil die eingeholten ärztlichen Gutachten keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergäben, die es dem Kläger unmöglich machen würden, eine Tätigkeit außerhalb der Funkzentrale der Polizei auszuüben. Letzteres mag sein, darauf allein kommt es aber nicht an. Denn nach dem erwähnten Inhalt der Erläuterung der Beklagten zu der Klausel in dem Merkblatt ist die Polizeidienstunfähigkeit nicht schon dann ausgeschlossen, wenn dem Versicherten die Übernahme in eine andere Beamtenlaufbahn möglich ist. Es muss vielmehr hinzukommen („und“), dass dem Versicherten eine solche Übernahme auch angeboten wird. Dass das geschehen sei, hat die Beklagte aber nicht behauptet. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 10.2.1999 auch ausdrücklich erklärt, eine anderweitige Verwendung sei ihm von seinem Dienstherrn nicht angeboten worden (Bl. 404 d.A.). Eine solche anderweitige Verwendung war von dem Polizeiarzt Dr. M in seinem Gutachten vom 24.11.1994 zwar angeregt worden (Bl. 181 d.A.). Das Ministerium des Innern …, der Dienstherr des Klägers, hat aber den Kläger in dem Schreiben vom 4.1.1995 (Bl. 121 d.A.) dahin beschieden, dass seine Weiterverwendung im Sinne der polizeiärztlichen Empfehlung im Bereich der s Polizei nicht möglich sei.

3.

Der daraus folgende Anspruch des Klägers auf Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente scheitert nicht an dem von der Beklagten erklärten Rücktritt von dem Versicherungsvertrag.

a.

Zum einen hat die Beklagte den Rücktritt von dem Versicherungsvertrag nicht wirksam erklärt, denn die Rücktrittsfrist, die die Parteien – abweichend von § 163 Satz 1 VVG – vereinbart haben, ist nicht gewahrt. Nach § 9 Abs. 10 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Verbindung mit § 6 Abs. 3 Satz 1 der ebenfalls Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Risikolebensversicherung kann die Beklagte binnen drei Jahren seit Vertragsabschluß vom Vertrag zurücktreten, bei Eintritt des Versicherungsfalls während der ersten drei Jahre auch noch nach Ablauf dieser Frist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

aa.

Die Beklagte ist nicht binnen drei Jahren seit Vertragsschluß von dem Vertrag zurückgetreten. Den Rücktritt hat die Beklagte (erstmals) mit ihrem Schreiben vom 10.7.1995 (Bl. 35 d.A.) erklärt. Unter „Vertragsabschluß“ im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Risikolebensversicherung ist der formelle Vertragsschluß zu verstehen, also das Zustandekommen des Versicherungsvertrages (Römer, aaO, zu § 163 VVG und Rdn. 2 zu § 2 VVG). Zustande kam der Versicherungsvertrag mit dem Zugang des am 18.5.1992 ausgefertigten Versicherungsscheins bei dem Kläger (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Beklagte hat – auf den Hinweis des Senats vom 8.2.1999 (Bl. 402 R. d.A.) – in ihrem Schriftsatz vom 9.2.1999 (Bl. 405 d.A.) erklärt, der Versicherungsschein sei am 18.5.1992 an den Kläger abgesandt worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.2.1999 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, sie gingen davon aus, dass der Versicherungsschein vom 18.5.1992 dem Kläger in den darauf folgenden Tagen zugegangen sei (Bl. 404 d.A.). Danach kann ausgeschlossen werden, dass der Kläger den Versicherungsschein nach dem 10.7.1992 erhalten hat. Die Beklagte ist daher nicht innerhalb von drei Jahren seit Vertragsschluß von dem Vertrag zurückgetreten.

bb.

Nach Ablauf dieser Frist konnte die Beklagte nach der erwähnten Klausel nur noch zurücktreten, wenn der Versicherungsfall während der ersten drei Jahre (seit Vertragsabschluß) eingetreten wäre. Dass das der Fall ist, hat der Versicherer zu beweisen (OLG Düsseldorf, VersR 1995, 35, 36, und Kollhosser, aaO, Rdn. 9 a E zu § 6 ALB 86). Dass der Versicherungsfall innerhalb von drei Jahren seit Vertragsabschluß eingetreten ist, hat die Beklagte schon nicht schlüssig dargelegt. Nach der eingangs erwähnten besonderen Klausel zur Polizeidienstunfähigkeit, die Vertragsbestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages geworden ist, tritt der Versicherungsfall – und das verkennt die Beklagte – ein, wenn der Versicherte krankheitsbedingt in den Ruhestand versetzt wird. Das ist erst mit Wirkung zum Ablauf des 31.5.1995 geschehen. Mit diesem Zeitpunkt ist daher der Versicherungsfall eingetreten. Der Rücktritt wäre daher nur dann rechtzeitig erfolgt, wenn der Vertrag nach dem 31.5.1992 zustande gekommen wäre. Das hat die Beklagte nicht dargelegt. Wie bereits erwähnt, wurde der Versicherungsschein vom 18.5.1992 nach dem Vortrag der Beklagten bereits am selben Tag, dem 18.5.1992, an den Kläger abgesandt. Die Parteien gehen, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.2.1999 übereinstimmend erklärt haben, davon aus, dass der Versicherungsschein in den darauffolgenden Tagen dem Kläger auch zugegangen ist. Bei den üblichen Postlaufzeiten muß demnach von einem Zugang jedenfalls noch im Mai 1992 ausgegangen werden. Für einen späteren Zugang des Versicherungsscheins bei dem Kläger, den – wie ebenfalls bereits erwähnt – die Beklagte darzulegen und nachzuweisen hätte, spricht danach nichts.

cc.

Aus § 6 Abs. 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Risikolebensversicherung folgt nichts anderes. Danach gilt § 6 Abs. 3 dieser Versicherungsbedingungen auch im Falle einer Änderung des Vertrages. Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde der Ende Mai 1992 zustande gekommene Versicherungsvertrag nicht nachträglich dadurch geändert, dass die Beklagte dem Kläger mit ihrem Schreiben vom 25.8.1992 (Bl. 117 d.A.) über die Geschäftsstelle der Beklagten in S das Merkblatt für die Versicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bei Beamten im Polizeidienst übersandt hat. Zuvor hatte der Kläger bei der Geschäftsstelle der Beklagten in S beanstandet, dass sich aus dem ihm übersandten Versicherungsschein nicht ergebe, dass eine Rente bereits bei Polizeidienstunfähigkeit gewährt werde. Dieses Anliegen des Klägers hat die Geschäftsstelle der Beklagten in S mit ihrem Laufzettel vom 30.7.1992 (Bl. 54 d.A.) an die Hauptverwaltung der Beklagten in W weitergeleitet. Dieses Anliegen konnte von der Beklagten nicht als Antrag auf Änderung des geschlossenen Vertrages betrachtet werden. Der Kläger ging – wie sich aus den Ausführungen des Senats zu Beginn der Entscheidungsgründe dieses Urteils ergibt, zu Recht – davon aus, dass er gegen Polizeidienstunfähigkeit bereits versichert ist, dies in dem Versicherungsschein aber fälschlicherweise nicht dokumentiert wurde. Demgemäß bat er, wie sich aus dem Laufzettel der Geschäftsstelle der Beklagten in S ergibt, auch lediglich um eine dahingehende „Bestätigung“. Diese Bestätigung erhielt er von der Hauptverwaltung der Beklagten zwar nicht, statt dessen wurde ihm, wiederum über die Geschäftsstelle der Beklagten in S lediglich das Merkblatt ausgehändigt. Einer Bestätigung bedurfte es auch nicht, denn der Versicherungsvertrag war aus den weiter oben bereits dargelegten Gründen bereits Ende Mai 1992 auch mit dem versicherten Risiko „Polizeidienstunfähigkeit“ zustande gekommen.

dd.

Nach § 163 Satz 2 VVG bleibt allerdings das Rücktrittsrecht trotz Ablaufs der Frist bestehen, wenn der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung zur Anzeige von Umständen, die für die Übernahme des versicherten Risikos von Bedeutung sein können, arglistig verletzt. Diese gesetzliche Regelung wird durch § 6 Abs. 3 Satz 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Risikolebensversicherung nicht abbedungen (Kollhosser, aaO, Rdn. 9 zu § 6 ALB 86). Arglist kann dem Kläger aber nicht vorgehalten werden. Darauf wird weiter unten im Zusammenhang mit der von der Beklagten auch erklärten Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung noch näher einzugehen sein.

b.

Unabhängig davon würde der von der Beklagten erklärte Rücktritt, selbst wenn die Rücktrittsfrist gewahrt wäre, wegen § 21 VVG (und wegen des gleichlautenden § 6 Abs. 3 Satz 5 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Risikolebensversicherung) nicht dazu führen, dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente entfällt. Denn der Kläger hat nachgewiesen, dass die Erkrankungen und Beschwerden, deren Verschweigen die Beklagte dem Kläger vorhält, keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistungen der Beklagten hatten.

aa.

Versicherungsfall ist die Versetzung des Klägers in den Ruhestand. Grundlage der Entscheidung des Dienstherrn des Klägers, diesen in den Ruhestand zu versetzen, war das von dem Polizeiarzt Dr. M am 24.11.1994 erstellte fach- und polizeiärztliche Gutachten (Bl. 175 ff., 186 ff. d.A.). Dort wird ausgeführt, dass es bei dem Kläger aufgrund einer chronisch rezidivierenden Mittelohrentzündung zu einer erheblichen Schwerhörigkeit auf dem linken Ohr gekommen sei; der Hörverlust für Sprache betrage hier 100 % (Bl. 179 d.A.). Im Anschluß daran führt der Polizeiarzt im einzelnen aus, weshalb aus diesem Grund die Polizeidienstfähigkeit des Klägers erheblich beeinträchtigt sei. Am Ende des Gutachtens bejaht er deswegen die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers.

Die Beklagte hält dem Kläger vor, dass er in dem Versicherungsantragsformular eine Trommelfellperforation, die er (1977 oder 1981) während seiner Zeit bei der Bundeswehr erlitten hatte, nicht angegeben habe. Der Sachverständige Prof. Dr. R gelangt in seinem Gutachten vom 2.2.2000 (Bl. 449 ff. d.A.) zu dem Ergebnis, dass die Trommelfellperforation, die der Kläger damals erlitten hatte, schon kurze Zeit danach vollständig und folgenlos ausgeheilt gewesen ist. Für die jetzige Schwerhörigkeit des Klägers sei diese Verletzung ohne Relevanz. Als Ursache für die jetzige Schwerhörigkeit müsse vielmehr eine akute eitrige Otitis media (Mittelohrentzündung), die nach August 1992 rezidivierend aufgetreten sei, angesehen werden. Dafür, dass bereits vor August 1992 eine chronische Ohrerkrankung vorgelegen hat, die im Zusammenhang mit den in der Zeit ab August 1992 aufgetretenen akuten Beschwerden stehe, lasse sich den Behandlungsunterlagen kein Anhaltspunkt entnehmen. Das hat der Sachverständige ausführlich und für den Senat überzeugend dargelegt.

Die von der Beklagten gegen das Gutachten vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zwar wurde dem Kläger, als er sich Anfang 1981 wegen der Verletzung in der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Universitätskliniken … vorstellte, dort zu einer Operation geraten; das ergibt sich aus einem von der Klinik am 7.5.1994 für den Dienstherrn des Klägers erstellten Gutachten (Bl. 40, 40 R d.A.). Das hat Prof. Dr. R bei seiner Beurteilung durchaus gesehen und gewürdigt. Er hat die in der Klinik angefallenen Behandlungsunterlagen einschließlich eines dort erstellten Tonaudiogramms und eines Tympanogramms beigezogen (Seite 15 f des Gutachtens, Bl. 463 f d.A.) und eigenständig ausgewertet. Er hat daraus ersehen, dass damals in der Klinik die Verdachtsdiagnose einer Unterbrechung der Hörknöchelchenkette gestellt wurde. Diese Diagnose könne, so Prof. Dr. R in seinem Gutachten weiter, aber angesichts der damals erhobenen Untersuchungsbefunde schon nicht nachvollzogen werden. Der Annahme, dass eine Unterbrechung der Hörknöchelchenkette vorgelegen habe, widerspreche auch, dass es in der Folge trotz der nicht durchgeführten Operation zu einer vollständigen Ausheilung gekommen sei. Letzteres belegt der Sachverständige anhand der in den Jahren 1984, 1987 und 1990 erstellten Audiogramme. Diese Einschätzung hat der Sachverständige in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme vom 25.5.2000 (Bl. 506 ff. d.A.), die im Anschluß an die von der Beklagten gegen das Gutachten vorgebrachten Einwände erfolgt ist, nochmals dargestellt und untermauert. Ergänzend hat er dabei darauf hingewiesen, dass kleine Trommelfellperforationen in der Mehrzahl der Fälle spontan zuheilen, auch die durch akute Lärmeinwirkung bedingte Innenohrstörung habe eine hohe Tendenz zur spontanen Ausheilung. Soweit die Beklagte auf das regelwidrige Ergebnis eines Audiogramms aus dem Jahre 1988 verweist, macht der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme nochmals – darauf war er bereits in seinem Gutachten eingegangen – darauf aufmerksam, dass dieses Audiogramm – durch das Audiogramm war eine beidseitig gleiche Hörminderung dokumentiert worden – während eines vorübergehenden Infekts erstellt worden war. Entsprechendes gelte für die von dem damals behandelnden Arzt festgestellte Behinderung der Nasenatmung; auch diese sei erkältungsbedingt und daher vorübergehend gewesen. Auch diese ergänzenden Ausführungen haben den Senat überzeugt, ebenso wie die bereits in dem Gutachten enthaltene Feststellung des Sachverständigen, dass die Nasenscheidewandoperationen, denen sich der Kläger wiederholt unterzogen hat, lediglich der Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit des Klägers dienten.

Die Bedenken, die die Beklagte gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. R vorgebracht hat, teilt der Senat nicht. Aus § 407 a Abs. 2 Satz 2 ZPO ergibt sich, dass der Sachverständige sich bei der Erstellung eines Gutachtens der Mitarbeit einer anderen Person bedienen darf. Das (und nicht mehr) hat der Sachverständige getan. Ein Mitarbeiter des Sachverständigen, Herr Dr. N hat – das hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.5.2000 (Bl. 506 ff. d.A.) im einzelnen dargelegt – die Anamnese erhoben und die Untersuchung des Klägers vorgenommen. Alles weitere erfolgte durch den Sachverständigen und seinen Mitarbeiter gemeinsam, nämlich die Auswertung der Gerichtsakten, die kritische Stellungnahme zu den bisherigen Gutachten und Arztberichten sowie schließlich die Abfassung des Gutachtens. Demgemäß hat der Sachverständige am Ende seines Gutachtens auch bestätigt, dass er damit aufgrund eigener Kenntnis der Untersuchungsbefunde und eigener Urteilsbildung einverstanden sei; dadurch hat er, wie er in seiner ergänzenden Stellungnahme nochmals betont hat, die eigene uneingeschränkte Verantwortung für das Gutachten übernommen. Diese Verfahrensweise – eine derartige Heranziehung von Mitarbeiters zur Vorbereitung eines Sachverständigengutachtens ist allgemein üblich und in der Praxis Voraussetzung dafür, dass Chefärzte einer Klinik oder andere fachlich besonders kompetente Sachverständige für die Erstellung eines Gutachtens überhaupt gewonnen werden können – hält sich im Rahmen der Vorschrift des § 407 a Abs. 2 Satz 2 ZPO (dazu auch OLG Zweibrücken, VersR 2000, 605).

bb.

Der Polizeiarzt hat in seinem Gutachten auch erwähnt, dass bei dem Kläger im Bereich der Wirbelsäule eine Fehlstatik und beginnende degenerative Veränderungen vorlägen. Er verweist jedoch weiter darauf, dass dadurch die allgemeine Leistungsfähigkeit des Klägers noch nicht so weit eingeengt sei, dass sie den Polizeiexekutivdienst wesentlich behindern würde. Demgemäß gelangt er zu dem Schluß, dass dadurch die Polizeidienstfähigkeit des Klägers derzeit, also zur Zeit der Erstellung des Gutachtens, nur unwesentlich beeinträchtigt sei. Dafür, dass sich an dieser Einschätzung in der Zeit bis zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand etwas geändert haben könnte, gibt es keinen Hinweis. Diese Ausführungen des Polizeiarztes können nur dahin verstanden werden, dass allein die (von dem Polizeiarzt angenommenen) Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule nicht zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand geführt hätten. Zum anderen ergibt sich aus dem Gutachten, dass der Kläger – ungeachtet des Zustandes seiner Wirbelsäule – demgegenüber allein schon aufgrund der Taubheit seines linken Ohrs in den Ruhestand versetzt worden wäre. Die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule des Klägers waren danach für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht im Sinne von § 21 VVG ursächlich (dazu BGH, NJW 1988, 2880 mwN). Für den Umfang der von der Beklagten aufgrund des Versicherungsfalls zu erbringenden Leistungen können sie ohnehin nicht von Bedeutung sein.

cc.

Eine leichte Verplumpung des linken oberen Sprunggelenks des Klägers wird in dem Gutachten des Polizeiarztes (Seite 10, Bl. 178 d.A.) zwar erwähnt, ihr wird in der Folge für die Polizeidienstfähigkeit des Klägers aber keinerlei Bedeutung beigemessen, ebenso wenig wie der bereits älteren und ebenfalls operativ versorgten Unterschenkelfraktur.

4.

Durch die von der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 11.10.1995 (Bl. 30 ff. d.A.) erklärte Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung wurde die vertragliche Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente nicht rückwirkend beseitigt, denn die Anfechtung ist nicht wirksam, ein Anfechtungsgrund besteht nicht. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger die von der Beklagten angeführten Erkrankungen und Beschwerden in dem Versicherungsantragsformular hätte angeben müssen und ob es ihm zum Verschulden gereicht, dass er das nicht getan hat. Denn jedenfalls hat der Kläger diese Erkrankungen und Beschwerden nicht arglistig verschwiegen (§§ 22 VVG, 123 BGB). Arglistig im Sinne der genannten Vorschriften handelt ein Versicherungsnehmer nicht schon dann, wenn er (wissentlich) falsche Angaben zu seinen gesundheitlichen Verhältnissen macht; Arglist setzt vielmehr darüber hinaus voraus, dass der Versicherungsnehmer durch falsche oder unvollständige Angaben zu seinen gesundheitlichen Verhältnissen auf den Entschluß des Versicherers, den Versicherungsantrag überhaupt oder zu den normalen Bedingungen anzunehmen, Einfluß nehmen will (dazu etwa Prölls, aaO, Rdn. 4 zu § 22 VVG mit umfangreichen w.N.). Dieser Nachweis kann – für die Arglist kommt es auf einen inneren Vorgang, nämlich die Motivation des Versicherungsnehmers, an – nur durch Indizien geführt werden; solche Indizien lassen sich in erster Linie aus der Art und der Schwere der Erkrankung oder der Beschwerden, die verschwiegen werden, herleiten, denn nur wenn die Erkrankung oder die Beschwerden von einigem Gewicht sind, wird ein Versicherungsnehmer annehmen, dass der Versicherer möglicherweise den Vertrag nicht oder nur zu erschwerten Bedingungen schließt, wenn die Erkrankung oder die Beschwerden offenbart werden (dazu auch Langheid, aaO, Rdn. 6 zu § 22 VVG m.w.N.). Dass solche Indizien den Schluß auf die Arglist des Versicherungsnehmers rechtfertigen, hat der Versicherer zu beweisen (auch dazu Langheid, aaO, Rdn. 6 zu § 22 VVG, und Prölls, aaO, Rdn. 5 zu § 22 VVG, jeweils m.w.N.). Dieser Nachweis ist der Beklagten nicht gelungen. Im Gegenteil, es spricht alles dafür, dass der Kläger nicht arglistig gehandelt hat.

a.

Wie weiter oben bereits im einzelnen dargelegt wurde, war die Trommelfellperforation, die der Kläger erlitten hatte, bereits kurze Zeit nach der Verletzung wieder vollständig und folgenlos ausgeheilt; es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass danach in den Jahren bis zum Vertragsschluß deswegen nochmals Beschwerden aufgetreten sind. Der Kläger hatte deshalb nicht den geringsten Anlaß anzunehmen, dass die mehr als zehn Jahre zurückliegende Trommelfellperforation noch von irgendeiner Bedeutung für das von der Beklagten zu versichernde Risiko sein könnte. Ein arglistiges Verhalten des Klägers scheidet daher aus.

b.

Gleiches gilt für die Beschwerden, unter denen der Kläger in der Zeit vor Vertragsschluß im Bereich der Wirbelsäule gelitten hat. Allerdings steht fest, dass der Kläger in den Jahren vor Vertragsschluß häufig Anlaß hatte, einen Orthopäden aufzusuchen. So hatte er 1987, wie er gegenüber dem von dem Senat beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. H angegeben hat, einen Verkehrsunfall erlitten, der zu einer Prellung der Lendenwirbelsäule führte und der einen stationären Aufenthalt von etwa einer Woche nötig machte. Im Jahre 1988 begab er sich wegen Kreuzschmerzen und Ischiasbeschwerden zu der Orthopädin Dr. S (jetzt U), und schließlich erlitt er in der Folgezeit bis zum Vertragsschluß mehrere Auffahrunfälle, die zu Traumata der Halswirbelsäule führten. Der Senat ist aber nicht davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass der Kläger diese Sachverhalte der Beklagten verschwiegen hat, weil er befürchtete, die Beklagte werde den Vertrag, wenn sie davon erfahre, nicht oder nur zu erschwerten Bedingungen abschließen. Der Kläger hat angegeben, die Prellung der Lendenwirbelsäule aufgrund des Verkehrsunfalls im Jahre 1987 sei folgenlos ausgeheilt gewesen, die einmalige Behandlung bei Frau Dr. S im Jahre 1988 sei wegen kurzfristiger Überlastungsbeschwerden nach extremer Sportausübung nötig geworden und die Auffahrunfälle, die er – im Rahmen seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Fahrlehrer – erlitten habe, hätten lediglich zu Bagatelltraumata geführt, die ebenfalls jeweils folgenlos verheilt seien.

Der Sachverständige Prof. Dr. H hat diese Darstellung des Klägers in seinem Gutachten vom 8.9.2000 (Bl. 532 ff. d.A.) in vollem Umfang bestätigt. Im Bereich der Lendenwirbelsäule des Klägers konnte der Sachverständige keinerlei krankhaften Befund feststellen; soweit degenerative Veränderungen vorlagen, waren diese, wie der Sachverständige dargelegt hat, altersentsprechend. Des weiteren ist der Sachverständige der Auffassung, dass wesentliche Erkrankungen der Wirbelsäule auch in der Vergangenheit nicht vorgelegen haben, insbesondere nicht 1988 und 1992. Ältere Schäden an der Wirbelsäule ließen sich nicht nachweisen. Die kurzfristigen lumbalen Beschwerden – deswegen hatte sich der Kläger in Behandlung von Frau Dr. S begeben – müßten als geringfügig, vorübergehend und ohne dauernden Krankheitswert angesehen werden. Bei den Auffahrunfällen mit Halswirbelsäulendistorsionen habe es sich um Bagatellereignisse gehandelt, deren Folgen nach wenigen Wochen abgeklungen gewesen seien. Insgesamt schildert der Sachverständige Prof. Dr. H den Kläger aufgrund seiner Untersuchung als jemanden, der sich in exzellentem körperlichen Zustand befinde, und zwar auch was die Wirbelsäule angeht. Zur ausgezeichneten körperlichen Verfassung des Klägers verweist der Sachverständige auch darauf, dass der Kläger seit vielen Jahren Hochleistungssport betrieben hat. So habe er zuletzt von Juli 1999 bis September 2000 insgesamt 85 Fallschirmsprünge absolviert; gerade beim freien Fall werde in der Öffnungsphase des Flächenfallschirms die Wirbelsäule kurzfristig extrem beansprucht, und derartige Beanspruchungen könnten nur dann toleriert werden, wenn auch in früheren Jahren keine schweren Schäden im Bereich der Wirbelsäule aufgetreten seien.

Der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H für überzeugend. Dass Frau Dr. S die den Kläger 1988 (und nochmals 1993) behandelt hatte, den Zustand der Wirbelsäule des Klägers in ihrem Befundbericht vom 17.5.1993 (Bl. 226 f d.A) anders bewertet als der Sachverständige Prof. Dr. H ändert daran nichts. Der Sachverständige Prof. Dr. H hat sich mit diesem Befundbericht in seinem Gutachten ausführlich auseinandergesetzt. Einen Teil der von Frau Dr. S getroffenen Feststellungen – etwa die degenerativen Veränderungen im Bereich von Wirbelgelenken und im Zwischenwirbelraum – rechtfertigen nach Auffassung des Sachverständigen schon nicht die Einschätzung, dass ein krankhafter Befund vorliege; es handele sich vielmehr lediglich um altersübliche degenerative Veränderungen. Soweit Frau Dr. S eine Fehlstatik der Wirbelsäule (Skoliose und Hohlrundrücken) beschreibt, konnte der Sachverständige das seinerseits nicht feststellen; es liege vielmehr lediglich eine leicht vermehrte Brustkyphose und eine leicht vertiefte Lendenlordose vor, Haltungsanomalien, wie sie bei vielen Menschen aufträten, die aber keinen krankhaften Befund darstellten. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass auch 1988 bei dem Kläger lediglich kurzfristige Überlastungssymptome vorgelegen hätten. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Sachverständige dies richtig einschätzt. Der Sachverständige Prof. Dr. H ist dem Senat auch aus einer Vielzahl anderer Verfahren als besonders sorgfältig arbeitend und überaus kompetent bekannt. Seine Beurteilung steht überdies völlig im Einklang mit der Einschätzung von Prof. Dr. D den das Landgericht in erster Instanz mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens zu den gleichen Fragen beauftragt hatte (Gutachten vom 8.4.1998, Bl. 267 ff. d.A.). Zu Unrecht verweist dem gegenüber die Beklagte darauf, dass immerhin der Polizeiarzt Dr. M in seinem Gutachten (Seite 9, Bl. 191 d.A.) die Auffassung von Frau Dr. S geteilt habe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Polizeiarzt Dr. M dürfte vielmehr die Angaben von Frau Dr. S in dem Befundbericht vom 17.5.1993 übernommen haben, denn der Wortlaut der Beschreibung von Herrn Dr. M ist, auch in Details, fast völlig identisch mit der Beschreibung von Frau Dr. S Abgesehen davon bestünde auch kein Anlaß, Herrn Dr. M (oder Frau Dr. S) eine höhere Fachkompetenz zuzugestehen als den Sachverständigen Prof. Dr. D und Prof. Dr. H Der Kläger hatte danach bei Vertragsschluß überhaupt keinen Grund zu befürchten, dass es mit der Annahme des Antrages Probleme geben könnte, wenn er die im Jahre 1987 erlittene Prellung der Lendenwirbelsäule und seine lumbalen Beschwerden im Jahre 1988 sowie die deswegen erfolgten ärztlichen Behandlungen angibt. Für einen etwas sehr laxen Umgang mit den von Versicherern in ihren Formularen gestellten Fragen zu gesundheitlichen Verhältnissen spricht es zwar, dass der Kläger weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber der D versicherung in deren zwei Tage zuvor ausgefülltem Formular angegeben hat, dass er nur kurze Zeit vorher mehrere, wenn auch nur leichte Auffahrunfälle mit Halswirbelsäulendistorsionen erlitten hatte. Ein solches Verhalten beim Abschluß von Versicherungsverträgen mag leichtfertig sein, den Schluß auf Arglist rechtfertigt es aber jedenfalls in dem hier zu entscheidenden Fall noch nicht. Der Kläger hat nebenberuflich als Fahrlehrer gearbeitet, das macht plausibel, weshalb er die leichten Auffahrunfälle und deren nur vorübergehende Folgen nicht sehr wichtig genommen hat. Er hielt sich – das wird angesichts der Angaben, die der Kläger anläßlich der Untersuchungen bei Prof. Dr. D und bei Prof. Dr. H gemacht hat, besonders deutlich – körperlich für völlig fit, womit er im übrigen, wie die beiden Sachverständigen im Nachhinein bestätigt haben, letztlich auch recht hatte. Davon ausgehend konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass es dem Kläger mit seinen unvollständigen Angaben darum gegangen sein könnte, die Beklagte zu täuschen, um komplikationslos Versicherungsschutz zu erhalten.

c.

Entsprechendes gilt für die Unterschenkelfraktur, die der Kläger 1974 erlitten hatte sowie für die Außenbandruptur am oberen linken Sprunggelenk, zu der es 1981 gekommen war. Beide Verletzungen waren operativ versorgt und folgenlos ausgeheilt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in der Zeit vor Vertragsschluß deswegen noch irgendwelche Beschwerden hatte, gibt es nicht.

5.

Die Beklagte hat damit dem Kläger die vertraglich vereinbarte Rente zu zahlen. Vereinbart wurde eine monatliche Rente von 2.000 DM. Diese ist zu leisten ab dem 1.6.1995 bis längstens zum 1.5.2016. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1 und 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO war der Wert der Beschwer der Beklagten aufgrund dieses Urteils auf 140.000 DM festzusetzen. Das ist auch der Streitwert des Berufungsverfahrens. Dieser Betrag ist höher als der dreieinhalbfache Jahresbetrag der vereinbarten Rente (§ 9 ZPO), denn zum einen waren die bis zur Einreichung der Klage angefallenen Rückstände gesondert zu berücksichtigen (BGHZ 2, 74, 75 mwN), zum anderen wurde in der Zeit nach Einreichung der Klage bereits eine Rentensumme fällig, die über den dreieinhalbfachen Jahresbetrag hinausgeht. Der Senat hat von der nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Streitwertfestsetzung durch das Gericht erster Instanz abzuändern; das Landgericht hat bei der Festsetzung des Streitwerts erster Instanz nicht berücksichtigt, dass die Rückstände, die vor Einreichung der Klage angefallen waren, hinzuzurechnen sind.

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