Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Gericht weist Antrag auf Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren um Berufsunfähigkeitsversicherung ab
- Hintergrund des Falls: Streit um Versicherungsanspruch bei Berufsunfähigkeit
- Kern des Urteils: Ablehnung der Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten
- Gründe für die Ablehnung der Prozesskostenhilfe im Detail
- Bedeutung des Urteils für Versicherungsnehmer
- Auswirkungen und Konsequenzen des Beschlusses
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was sind die grundlegenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Prozesskostenhilfe bei Streitigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung?
- Welche medizinischen Nachweise müssen für einen erfolgreichen PKH-Antrag bei Berufsunfähigkeitsstreitigkeiten vorgelegt werden?
- Wie muss eine Berufungsbegründung nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe aufgebaut sein?
- Welche Alternativen gibt es nach einer PKH-Ablehnung zur Weiterverfolgung des Rechtsstreits?
- In welchen Fristen muss nach einer PKH-Ablehnung reagiert werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Hamm
- Datum: 09.11.2023
- Aktenzeichen: I-20 U 206/23
- Verfahrensart: Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Antragsteller, der Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren begehrt; sein Antrag wurde zurückgewiesen, weil die angestrebte Rechtsverfolgung bereits keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und die erforderliche Begründung für die Berufung nicht vorlag.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger beantragte Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren, das sich u.a. gegen die Abweisung einer Stufenklage und zugehöriger Zahlungsanträge richtete. In einem früheren Verfahren hatte das Landgericht diverse Anträge abgewiesen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum zu klären, ob der Kläger trotz unzureichender Erfolgsaussichten und fehlender, den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Begründung einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren hat.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde zurückgewiesen.
- Begründung: Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insbesondere war die Berufung gegen die Abweisung der Stufenklage unzulässig, da eine den Anforderungen des § 520 III ZPO entsprechende Begründung für die Zulässigkeit dieser Berufung fehlte. Zudem begründete das Landgericht bereits, dass bestimmte Ansprüche erloschen oder mangels Bestimmtheit unzulässig seien, ohne dass der Kläger diese Einwände in seinem Entwurf der Berufungsbegründung widerlegte.
- Folgen: Der Kläger muss das Berufungsverfahren ohne Prozesskostenhilfe durchführen. Weitere Rechtsmittel wurden nicht erwähnt, was auf eine endgültige Entscheidung hindeutet.
Der Fall vor Gericht
Gericht weist Antrag auf Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren um Berufsunfähigkeitsversicherung ab

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 09.11.2023 (Az.: I-20 U 206/23) den Antrag eines Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Berufungsverfahren im Zusammenhang mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung zurückgewiesen. Der Beschluss verdeutlicht die Anforderungen an die Begründung einer Berufung und die Notwendigkeit, sich mit den tragenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils auseinanderzusetzen.
Hintergrund des Falls: Streit um Versicherungsanspruch bei Berufsunfähigkeit
Der Kläger hatte gegen ein Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt, das seine Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung abgewiesen hatte. Kern des Streits war die Frage, ob der Kläger tatsächlich berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen ist und somit einen Anspruch auf die vereinbarten Leistungen hat. Dabei spielten vermutlich ärztliche Stellungnahmen, medizinische Gutachten, eventuelle Behandlungsberichte und ein ärztliches Attest eine zentrale Rolle bei der Beurteilung des Gesundheitszustands des Klägers. Denkbar ist, dass die Versicherung die Berufsunfähigkeit aufgrund fehlender oder unzureichender Nachweise bestritten hat.
Kern des Urteils: Ablehnung der Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten
Das OLG Hamm lehnte den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab, da es die beabsichtigte Rechtsverfolgung als nicht hinreichend aussichtsreich einstufte. Dies bedeutet, dass das Gericht der Auffassung war, die Berufung hätte keine Chance auf Erfolg.
Gründe für die Ablehnung der Prozesskostenhilfe im Detail
Das Gericht führte mehrere Gründe für seine Entscheidung an:
- Unzulässigkeit der Berufung bezüglich der Stufenklage: Soweit sich die Berufung gegen die Abweisung der Stufenklage (Auskunfts- und unbezifferter Zahlungsantrag) richtete, wäre diese unzulässig gewesen. Das Gericht argumentierte, dass es sich bei diesen Ansprüchen um einen selbstständigen Teil des Streitstoffs handelt. Für die Zulässigkeit der Berufung in diesem Punkt wäre daher eine gesonderte und den Anforderungen des § 520 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) genügende Begründung erforderlich gewesen. Diese Begründung fehlte jedoch. § 520 Abs. 3 ZPO regelt die Anforderungen an die Begründung einer Berufung und verlangt, dass sich der Berufungskläger mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt.
- Fehlende Auseinandersetzung mit den Gründen des Landgerichts: Das Landgericht hatte den Auskunftsantrag unter anderem mit der Begründung abgewiesen, dass dieser durch Erfüllung erloschen sei. Den unbezifferten Zahlungsantrag wies das Landgericht mangels Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ab. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO schreibt vor, dass ein Klageantrag hinreichend bestimmt sein muss, damit das Gericht über ihn entscheiden kann. Der Kläger hatte sich in seinem Entwurf der Berufungsbegründung jedoch nicht mit diesen tragenden Gründen des Landgerichts auseinandergesetzt.
Bedeutung des Urteils für Versicherungsnehmer
Der Beschluss des OLG Hamm unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Vorbereitung und Begründung einer Berufung. Versicherungsnehmer, die gegen eine Entscheidung ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung vorgehen möchten, sollten folgende Punkte beachten:
- Gründliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil: Die Berufungsbegründung muss sich detailliert mit den Gründen auseinandersetzen, auf denen das Urteil des Landgerichts beruht.
- Beachtung der formellen Anforderungen: Die Berufungsbegründung muss den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügen. Dies bedeutet, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen das Urteil des Landgerichts fehlerhaft ist.
- Nachweis der Berufsunfähigkeit: Um im Streitfall erfolgreich zu sein, muss der Versicherungsnehmer seine Berufsunfähigkeit überzeugend nachweisen. Hierfür sind ärztliche Gutachten, ärztliche Atteste, Behandlungsberichte, ärztliche Stellungnahmen und gegebenenfalls weitere medizinische Dokumentationen unerlässlich. Es sollte eine umfassende Schmerzanalyse, Informationen über den Therapiefortschritt und die Rehabilitation vorgelegt werden.
Auswirkungen und Konsequenzen des Beschlusses
Die Ablehnung der Prozesskostenhilfe bedeutet für den Kläger, dass er die Kosten des Berufungsverfahrens selbst tragen muss, ohne die Gewissheit zu haben, dass seine Berufung Aussicht auf Erfolg hat. Das Gericht signalisierte durch die Ablehnung der PKH, dass es die Argumente des Klägers als nicht ausreichend überzeugend ansieht, um eine Änderung des erstinstanzlichen Urteils zu erwarten. Ob es sich beim Kläger um jemanden mit psychischen Erkrankungen oder chronischen Krankheiten handelt, ist dem Urteil nicht zu entnehmen, kann aber relevant für die Frage der Berufsunfähigkeit sein.
Für Versicherungsnehmer in ähnlichen Situationen zeigt dieser Fall, wie wichtig es ist, sich von Anfang an rechtlich beraten zu lassen und die notwendigen Schritte sorgfältig zu planen, um die eigenen Rechte und Ansprüche geltend zu machen. Ein detailliertes Arztzeugnis des behandelnden Arztes kann hier von großer Bedeutung sein.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil verdeutlicht, dass bei einer Berufung gegen ein Gerichtsurteil alle Begründungen des vorherigen Urteils konkret angegriffen werden müssen. Besonders wichtig ist die Erkenntnis, dass ein behandelnder Arzt nicht als ’sachverständiger Zeuge‘ die Beurteilung eines gerichtlichen Sachverständigen ersetzen kann. Das Gericht stellt zudem klar, dass bei Berufsunfähigkeitsansprüchen der Zeitpunkt des Versicherungsfalls entscheidend ist für die Höhe der Leistungen, insbesondere wenn zwischenzeitlich eine Beitragsfreistellung erfolgte.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung haben und Leistungen beantragen möchten, müssen Sie den genauen Zeitpunkt Ihrer Berufsunfähigkeit nachweisen können – besonders wenn Sie Ihre Versicherung beitragsfrei gestellt haben. Die Beurteilung Ihrer Berufsunfähigkeit erfolgt dabei durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen, nicht durch Ihren behandelnden Arzt. Auch wenn Ihr Arzt Ihre gesundheitlichen Einschränkungen gut kennt, kann seine Einschätzung allein nicht ausreichen, um eine Berufsunfähigkeit im rechtlichen Sinne zu beweisen. Bei einer Berufung gegen ein Urteil müssen Sie zudem alle Ablehnungsgründe des Gerichts ausführlich und einzeln widerlegen.
Benötigen Sie Hilfe?
In Situationen, in denen Unklarheiten hinsichtlich der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung bestehen, können formale Hürden und die Bewertung medizinischer Unterlagen für Zweifel und Uns sorgen.
Unsere Expertise unterstützt Sie dabei, die relevanten Aspekte Ihres Falls präzise zu erfassen und in einem klar strukturierten Überblick darzustellen. So schaffen wir gemeinsam die Basis, um Ihre Rechte sachlich und fundiert zu klären.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die grundlegenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Prozesskostenhilfe bei Streitigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung?
Finanzielle Bedürftigkeit
Die erste zentrale Voraussetzung ist die wirtschaftliche Bedürftigkeit. Sie müssen nachweisen, dass Sie die Prozesskosten nicht, nur teilweise oder nur in Raten aufbringen können. Dabei prüft das Gericht drei wesentliche Aspekte:
- Ihr verfügbares Vermögen
- Ihr monatliches Einkommen
- Bestehende Ansprüche gegen Dritte, wie etwa eine Rechtsschutzversicherung
Erfolgsaussichten
Die zweite wichtige Voraussetzung betrifft die hinreichende Aussicht auf Erfolg Ihrer Klage. Bei Streitigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung bedeutet dies: Die Ablehnung Ihrer Leistungsansprüche durch die Versicherung muss mit sachlichen Argumenten angefochten werden können.
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht dies: Wenn Sie wegen einer Depression berufsunfähig geworden sind, reicht es nicht aus, dass die Versicherung sich auf vorvertragliche psychische Probleme beruft. Vielmehr muss im Einzelfall durch ein Gutachten geklärt werden, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits eine Berufsunfähigkeit vorlag.
Keine Mutwilligkeit
Die Rechtsverfolgung darf nicht mutwillig sein. Dies bedeutet: Auch eine Person, die die Prozesskosten selbst tragen könnte, würde in Ihrer Situation vernünftigerweise Klage erheben.
Formelle Anforderungen
Für einen erfolgreichen Antrag benötigen Sie:
- Eine detaillierte Darstellung des Streitfalls
- Eine vollständige Erklärung über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
- Relevante Belege wie Einkommensnachweise, Kontoauszüge und Nachweise über monatliche Zahlungsverpflichtungen
Der Antrag kann vor oder zusammen mit der Klageerhebung oder auch während des laufenden Verfahrens gestellt werden.
Welche medizinischen Nachweise müssen für einen erfolgreichen PKH-Antrag bei Berufsunfähigkeitsstreitigkeiten vorgelegt werden?
Grundlegende Anforderungen an die medizinische Dokumentation
Für einen erfolgreichen PKH-Antrag müssen Sie detaillierte und aussagekräftige medizinische Unterlagen vorlegen, die Ihre gesundheitlichen Einschränkungen und deren Auswirkungen auf Ihre Berufstätigkeit belegen. Die medizinischen Nachweise sollten dabei lückenlos und chronologisch sein.
Erforderliche medizinische Unterlagen
Die medizinische Dokumentation muss folgende Aspekte umfassen:
- Aktuelle ärztliche Atteste mit konkreten Diagnosen
- Krankenhausberichte und Behandlungsunterlagen
- Therapiepläne und Rehabilitationsberichte
- Fachärztliche Gutachten zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit
Inhaltliche Anforderungen
Die medizinischen Nachweise müssen konkret darlegen, wie sich die gesundheitlichen Einschränkungen auf Ihre berufliche Tätigkeit auswirken. Dabei ist es wichtig, dass die Dokumentation folgende Punkte enthält:
- Den zeitlichen Verlauf der Erkrankung
- Die Art und Intensität der gesundheitlichen Beeinträchtigungen
- Die konkreten Auswirkungen auf Ihre beruflichen Tätigkeiten
Darstellung des Krankheitsverlaufs
Die Unterlagen müssen einen klaren Zusammenhang zwischen Ihrer Erkrankung und der Berufsunfähigkeit herstellen. Wenn Sie bereits vor Vertragsabschluss gesundheitliche Probleme hatten, müssen die Unterlagen deutlich zeigen, dass die Berufsunfähigkeit erst nach Vertragsbeginn eingetreten ist.
Wie muss eine Berufungsbegründung nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe aufgebaut sein?
Formale Voraussetzungen
Eine Berufungsbegründung nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe muss innerhalb der gesetzlichen Fristen eingereicht werden. Wenn Sie innerhalb der Berufungsfrist einen vollständigen PKH-Antrag gestellt haben, können Sie nach der Ablehnung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.
Inhaltliche Anforderungen
Die Berufungsbegründung muss konkrete Angaben enthalten, warum das erstinstanzliche Urteil fehlerhaft ist. Dabei müssen Sie:
- Die Gründe für die Berufung präzise darlegen
- Rechtliche Fehler des Urteils aufzeigen
- Neue Tatsachen vorbringen, sofern diese zulässig sind
Zeitliche Vorgaben
Nach Ablehnung der PKH haben Sie eine zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist. Diese Frist beginnt mit der Zustellung des ablehnenden PKH-Beschlusses. Wichtig: Die Berufungsbegründung muss innerhalb dieser Frist beim zuständigen Gericht eingehen.
Besondere Hinweise
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und die Berufungsbegründung können in einem Schriftsatz verbunden werden. Dies ist sogar empfehlenswert, da das Gericht dann direkt die Erfolgsaussichten der Berufung prüfen kann. Die Berufungsbegründung muss aber eindeutig als unbedingte Prozesshandlung erkennbar sein.
Welche Alternativen gibt es nach einer PKH-Ablehnung zur Weiterverfolgung des Rechtsstreits?
Sofortige Beschwerde einlegen
Nach einer PKH-Ablehnung können Sie innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses eine sofortige Beschwerde beim zuständigen Gericht einreichen. Diese Beschwerde richtet sich nach § 127 Abs. 2 S. 2 in Verbindung mit § 567 ZPO. Für die Einlegung der Beschwerde ist kein Anwalt erforderlich.
Gewerbliche Prozessfinanzierung prüfen
Eine Alternative zur staatlichen PKH bietet die gewerbliche Prozesskostenhilfe. Prozessfinanzierer übernehmen dabei die kompletten Verfahrenskosten. Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Streitwert muss meist mindestens 50.000 bis 100.000 Euro betragen
- Die Erfolgsaussichten müssen über 50 Prozent liegen
- Die Gegenseite muss zahlungsfähig sein
Im Erfolgsfall erhält der Prozessfinanzierer eine Beteiligung zwischen 30 und 50 Prozent des erstrittenen Betrags.
Private Finanzierungsmöglichkeiten nutzen
Bei begrenzten finanziellen Mitteln können auch private Finanzierungswege in Betracht kommen. Dazu gehört die Möglichkeit einer privaten Bürgschaft durch Freunde oder Familienmitglieder. Auch die Aufnahme eines Minikredits zur Finanzierung der Prozesskosten ist möglich.
Unterstützung durch Verbände
Wenn Sie Mitglied einer Gewerkschaft, eines Sozialverbandes oder Mieterverbandes sind, können diese Organisationen möglicherweise die Prozesskosten übernehmen. Diese Option sollten Sie vor der Beantragung einer PKH prüfen, da sie ein Ablehnungsgrund für die staatliche Unterstützung sein kann.
In welchen Fristen muss nach einer PKH-Ablehnung reagiert werden?
Nach einer PKH-Ablehnung haben Sie eine Monatsfrist für die sofortige Beschwerde. Diese Frist beginnt mit der Zustellung oder dem sonstigen Zugang des Ablehnungsbeschlusses.
Bedenkzeit vor weiteren Handlungen
Wenn Sie nach der PKH-Ablehnung überlegen, ob Sie den Prozess auf eigene Kosten führen möchten, steht Ihnen eine zusätzliche Bedenkzeit von drei bis vier Werktagen zu. Diese Bedenkzeit wird Ihnen eingeräumt, damit Sie die finanziellen Konsequenzen abwägen können.
Besonderheiten bei laufenden Verfahren
Wenn Sie während eines laufenden Verfahrens PKH beantragen, sind Sie bis zur Entscheidung über den PKH-Antrag schuldlos verhindert, die normalen Prozessfristen einzuhalten. Das bedeutet, dass während der Prüfung Ihres PKH-Antrags keine Fristen zu Ihren Lasten ablaufen.
Nachreichung von Unterlagen
Sollten bei Ihrem PKH-Antrag Unterlagen fehlen, setzt das Gericht Ihnen eine Frist zur Nachreichung. Diese Frist müssen Sie unbedingt einhalten, da sonst Ihr Antrag abgelehnt werden könnte.
Wenn Sie die PKH im Zusammenhang mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung beantragen, ist besonders wichtig, dass Sie alle medizinischen Unterlagen und die Kommunikation mit der Versicherung sorgfältig dokumentieren. Dies erhöht die Chancen auf eine positive Entscheidung über Ihren PKH-Antrag.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Prozesskostenhilfe (PKH)
Eine staatliche Unterstützung für Personen, die sich einen Rechtsstreit finanziell nicht leisten können. Die PKH übernimmt je nach wirtschaftlicher Situation ganz oder teilweise die Gerichts- und Anwaltskosten. Voraussetzungen sind die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Antragstellers und dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten bietet sowie nicht mutwillig erscheint. Die rechtliche Grundlage findet sich in §§ 114-127a ZPO.
Beispiel: Ein arbeitsloser Versicherungsnehmer möchte gegen die Ablehnung seiner Berufsunfähigkeitsleistung klagen, kann sich den Prozess aber nicht leisten. Durch PKH wird ihm ermöglicht, seine Ansprüche trotzdem gerichtlich durchzusetzen.
Stufenklage
Ein besonderer Klagetypus, bei dem der Kläger zunächst Auskunft oder Rechenschaft verlangt, um dann in einer zweiten Stufe einen konkreten Zahlungsanspruch zu beziffern. Diese Klageform ist in § 254 ZPO geregelt und besonders nützlich, wenn der genaue Anspruchsumfang noch nicht bekannt ist.
Beispiel: Ein Versicherungsnehmer verlangt zunächst Einsicht in seine Versicherungsakte (1. Stufe), um dann basierend auf den gewonnenen Informationen die konkrete Höhe seiner Versicherungsleistung einzuklagen (2. Stufe).
Berufungsbegründung
Eine detaillierte schriftliche Darlegung, warum das erstinstanzliche Urteil fehlerhaft ist und geändert werden soll. Sie muss konkret aufzeigen, welche Rechtsfehler das Gericht gemacht hat oder welche Tatsachen falsch gewürdigt wurden. Die Anforderungen sind in § 520 III ZPO geregelt und sehr streng – eine unzureichende Begründung führt zur Unzulässigkeit der Berufung.
Beispiel: Der Kläger muss präzise darlegen, warum das Landgericht seine Berufsunfähigkeit falsch beurteilt hat, etwa durch Verweis auf übersehene ärztliche Gutachten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 520 III ZPO – Berufungsbegründung: Die Berufungsbegründung muss die Bezeichnung der Gründe der Anfechtung sowie einen konkreten Antrag enthalten und sich mit den tragenden Argumenten des angefochtenen Urteils auseinandersetzen. Die Anforderungen dienen der Konzentration des Berufungsverfahrens. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Berufung wäre unzulässig, da der Kläger sich nicht mit den tragenden Gründen des landgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Stufenklage auseinandersetzt.
- § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO – Bestimmtheit des Klageantrags: Der Klageantrag muss einen bestimmten Gegenstand bezeichnen und so konkret gefasst sein, dass der Umfang der Rechtskraftwirkung klar erkennbar ist. Ein unbestimmter Antrag ist unzulässig. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der unbezifferte Zahlungsantrag des Klägers wurde mangels hinreichender Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen.
- § 414 ZPO – Sachverständiger Zeuge: Ein sachverständiger Zeuge ist eine Person, die zufällig Wahrnehmungen zu einem Sachverhalt gemacht hat, zu deren Würdigung besondere Fachkunde erforderlich ist. Er unterscheidet sich vom Sachverständigen, der erst nachträglich zur Beurteilung einer Frage herangezogen wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die beantragte Vernehmung des behandelnden Arztes als sachverständiger Zeuge wurde abgelehnt, da die Beurteilung der Berufsunfähigkeit einem Sachverständigengutachten vorbehalten ist.
- § 116 ZPO – Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe: Prozesskostenhilfe wird bewilligt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Erfolgsaussicht ist zu verneinen, wenn die Rechtsverfolgung im Wesentlichen aussichtslos erscheint. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Prozesskostenhilfe wurde verweigert, da die beabsichtigte Berufung keine hinreichende Erfolgsaussicht bot.
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: I-20 U 206/23 – Beschluss vom 09.11.2023
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