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Berufsunfähigkeitsversicherung – Voraussetzungen des Nachprüfungsverfahrens

OLG Karlsruhe, Az.: 12 U 204/14, Urteil vom 30.09.2014

I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen – das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 22.04.2014 – 2 O 224/12 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ) zur Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit, Versicherungsnummer 7…4, Leistungen in Höhe von monatlich 2.000,05 € zuzüglich einer Überschussbeteiligung für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.07.2014, zahlbar monatlich im Voraus, zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

– aus 28.000,70 € seit 08.05.2012,

– aus weiteren 2.000,05 € seit 01.06.2012 und

– aus weiteren 2.000,05 € seit 01.07.2012.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit sowie der eingeschossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ), Versicherungsnummer 7…4, für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.07.2014 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 32 % und die Beklagte 68 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 47 % und die Beklagte zu 53 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die angefochtene Entscheidung ist, soweit sie durch dieses Urteil bestätigt wird, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.

Der Kläger ist selbstständiger Steinmetz. Er hatte einen Angestellten in Vollzeit 39 Stunden pro Woche beschäftigt. Die Ehefrau des Klägers arbeitet halbtags in dessen Büro. Der Kläger arbeitete von Montag bis Freitag von 08.00 Uhr bis 22.00 Uhr, samstags von 09.00 Uhr bis 16.00 Uhr, sonntags vormittags für 2-3 Stunden und sonntags nachmittags für etwa 4 Stunden. Er arbeitete durchschnittlich 83,5 Stunden, abzüglich der Pausen 76 Stunden. Der Kläger musste sich bei der Arbeit konzentrieren. Zudem musste er schwere Gewichte schleppen. Er fühlte sich unter Druck, seine Kunden zufriedenzustellen und ständig abrufbereit zu sein. Zum 01.04.2011 stellte der Kläger einen Mitarbeiter ein. Dieser sollte den Kläger ersetzen. Es gab aber erhebliche Probleme. Das Arbeitsverhältnis wurde daher zum 31.07.2012 beendet. Vom 01.05.2011 bis 31.05.2011 und von Juni bis Ende November 2011 beschäftigte der Kläger eine Aushilfe. Im Jahr 2012 beschäftigte der Kläger drei Aushilfen. Dennoch sanken die Umsätze des Klägers in den Jahren 2011 und 2012.

Zum 01.12.2010 schloss der Kläger bei der Beklagten eine „Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit. Der insoweit enthaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung liegen die Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit erweiterten Leistungen – Golden BUZ (BB-BUZ) zugrunde. Vereinbart wurde eine monatliche BUZ-Rente von 2.000,05 € zuzüglich erzielter Überschussanteile bei einer Versicherungsdauer von 21 Jahren. Eine Wartezeit wurde nicht vereinbart.

Die BB-BUZ enthalten u.a. folgende Regelungen:

§ 1 Was ist versichert?

1. Wird die versicherte Person während der Dauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so gilt Folgendes:

a) Ist keine Wartezeit vereinbart, erbringen wir folgende Versicherungsleistungen:

– volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen;

– Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, wenn diese mitversichert ist. Die Rente zahlen wir monatlich im Voraus.

… …

3. Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht vorbehaltlich des Abs. 4 mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. …

… …

7. Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente erlischt,

– wenn der Grad der Berufsunfähigkeit auf unter 50 Prozent sinkt … …

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

1. a) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nicht mehr ausüben kann bzw. sechs Monate nicht mehr ausüben konnte und auch keine andere Tätigkeit zu mehr als 50 Prozent konkret ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

… …

In § 7 BB-BUZ ist ein Nachprüfungsverfahren vorgesehen. Ein solches leitete die Beklagte außergerichtlich nicht ein.

Im März 2011 ging der Kläger wegen starker Schulter- und Nackenschmerzen zum Orthopäden. Am 11.05.2011 diagnostizierte der Psychiater S. eine Depression, einen Erschöpfungszustand und ein Schulter-Arm-Syndrom. Am 25.05.2011 ging der Kläger zu seinem Hausarzt Dr. S. wegen vermeintlicher psychischer Beschwerden. Am 01.09.2011 diagnostizierte die Diplom-Psychologin Dr. S. eine schwere depressive Episode; der Kläger sei weiterhin arbeitsunfähig. Am 19.03.2012 gelangte der Privatgutachter der Beklagten Dr. W. in dem von ihm erstatteten orthopädischen Gutachten zu dem Ergebnis, die körperlichen Beschwerden des Klägers beeinträchtigten dessen Leistungsfähigkeit nicht. Am 28.03.2012 stellte der Privatgutachter der Beklagten Dr. H. fest, die Testergebnisse des Klägers seien widersprüchlich. Der Privatgutachter der Beklagten Dr. S. gelangte in seinem nervenärztlich-psychiatrischen Gutachten vom 24.04.2012 zu der Beurteilung, der Kläger sei nicht berufsunfähig, eine leichte depressive Episode für Mai 2011 sei aber nachvollziehbar.

Mit Schreiben vom 08.05.2012 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ab.

Am 28.03.2013 erstellte Professor Dr. S. für die A.-V. ein weiteres – psychiatrisches – Gutachten. Dabei gelangte er – unter Berücksichtigung der bei Untersuchungen des Klägers am 14.08.2012 und 25.10.2012 erhobenen Befunde – zu dem Ergebnis, der Kläger sei im Oktober 2012 nicht berufsunfähig gewesen, in der Vergangenheit habe aber Berufsunfähigkeit bestanden. Der Zeitpunkt des Beginns sei nicht genau bestimmbar. Das Ende der Berufsunfähigkeit sei für September 2012 anzunehmen. Der Kläger unterzieht sich einer Verhaltenstherapie. Außerdem nimmt er Medikamente.

Der Kläger hat vorgetragen, er könne seinen Betrieb nicht umorganisieren. Es entstünde ein Jahresfehlbetrag von 85.000,00 €. Er könne kaum noch selbst arbeiten. Er leide spätestens seit 01.03.2011 an einer Depression. Diese habe dazu geführt, dass er sich nicht mehr habe freuen können. Er sei lustlos, ohne Antrieb und ohne Initiative gewesen. Er habe sich erschöpft und müde gefühlt. Auch habe er sehr schnell gereizt und aggressiv reagiert. Darüber hinaus habe er aufgrund der depressiven Episode unter Druck im Brustbereich, starker innerer Anspannung, Konzentrationsstörungen, unkontrolliertem Wasserlassen, einer sexuellen Funktionsstörung, Schwindel, Schlafstörungen, Existenzängsten, Verspannungen im HWS-Bereich – in beide Schultern ausstrahlend -, Kopfschmerzen – teilweise im Stirnbereich, teilweise von der HWS ausgehend -, Magenschmerzen verbunden mit Sodbrennen und häufig Diarrhoe gelitten. Er sei berufsunfähig. Seit 01.03.2011 sei er für mehr als sechs Monate zu über 50 Prozent außer Stande gewesen, seinen Beruf auszuüben. Er könne in seinem zuletzt ausgeübten Beruf auch weiterhin nicht tätig sein.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ) zur Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit, Versicherungsnummer 7…4, Leistungen in Höhe von monatlich € 2.000,05 zuzüglich einer Überschussbeteiligung für den Zeitraum vom 01. März 2011 an bis längstens zum 30. November 2031, zahlbar monatlich im Voraus, zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. März 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. April 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Mai 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juni 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juli 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. August 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. September 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Oktober 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. November 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Dezember 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Januar 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01 Februar 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. März 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. April 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Mai 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juni 2012 sowie

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juli 2012.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit sowie der eingeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ), Versicherungsnummer 7…4, für den Zeitraum vom 01. März 2011 an bis längstens zum 30. November 2031 freizustellen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Ö. R.-AG, D., zur Schaden-Nr. 2…3 außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 4.013,43 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 2.912,20 seit dem 25. Januar 2012, aus weiteren € 518,60 seit dem 09. Februar 2012 sowie aus weiteren € 582,63 seit dem 17. April 2012 zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 152,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03. Juni 2012 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Berufsunfähigkeit des Klägers bestritten. Hilfsweise hat sie sich auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. P. im Ergänzungsgutachten vom 06.12.2013 berufen.

Das Landgericht hat den Kläger persönlich angehört und im Übrigen Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens sowie eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dr. med. P.. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.11.2012, das schriftliche Sachverständigengutachten vom 24.06.2013 sowie auf das Ergänzungsgutachten vom 06.12.2013 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 22.04.2014, auf dessen Feststellungen im Übrigen verwiesen wird, soweit sie zu den vorliegend getroffenen nicht in Widerspruch stehen, hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von monatlich 2.000,05 € zzgl. Überschussanteilen und Zinsen für den Zeitraum vom 01.03.2011 bis längstens 31.07.2014, zur Freistellung von der Beitragszahlungspflicht ebenfalls für diesen Zeitraum sowie zur Zahlung anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Der Kläger sei vom 01.03.2011 bis 31.08.2012 zu mehr als 50 % berufsunfähig gewesen. Für diese Zeit stünden ihm Leistungsansprüche zu und sei er von der Beitragszahlungspflicht befreit. Nach dem Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. P. habe der Kläger von März 2011 bis August 2012 an einer mittelgradigen depressiven Episode gelitten und sei aus diesem Grund in diesem Zeitraum berufsunfähig gewesen. Ab September 2012 habe allenfalls noch eine leichtgradige depressive Episode vorgelegen, die keine Berufsunfähigkeit von über 50 % begründe.

Die Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung seien bis 31.07.2014 zu befristen. Die Beklagte habe die Voraussetzungen des Nachprüfungsverfahrens gem. §§ 7 BB-BUZ, 174 VVG eingehalten. Sie habe mit Schriftsatz vom 12.02.2014 festgestellt, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht entfallen seien, indem sie sich die Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. hilfsweise zu eigen gemacht habe. Diese Ausführungen habe sie mit Schriftsatz vom 26.03.2014 ergänzt. Dieser habe – anders als derjenige vom 12.02.2014 – eine nachvollziehbare Begründung enthalten. Nachdem von einem Zugang des Schriftsatzes vom 26.03.2014 im April 2014 auszugehen sei, habe die Dreimonatsfrist mit Ablauf des Monats Juli 2014 geendet. Zu einer Erklärung zum Leistungsende gegenüber dem Kläger persönlich sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen; vielmehr sei der Klägervertreter – mit der Prozessvollmacht – mit einer ausreichenden Empfangsvollmacht ausgestattet gewesen.

Kosten für die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit seien unter Zugrundelegung einer 1,5-fachen Gebühr zu erstatten. Die Selbstbeteiligung stehe dem Kläger nur anteilig zu, da davon auszugehen sei, dass diese vom Gegenstandswert abhänge.

Hiergegen richten sich die Berufungen der Parteien.

Der Kläger wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde, und verfolgt sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

Das Landgericht sei zu Unrecht vom Vorliegen einer wirksamen Einstellungsmitteilung der Beklagten im Nachprüfungsverfahren ausgegangen. Gemäß § 7 Nr. 1 BB-BUZ sei eine Berechtigung zur Überprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit nur nach Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten vorgesehen. Hieran habe es aber zum Zeitpunkt der hilfsweisen Erklärungen der Beklagten vom 12.02.2014 und 26.03.2014 gefehlt. Überdies sei auch kein Nachprüfungsverfahren durchgeführt worden. In ein solches sei die Beklagte ersichtlich nicht eingetreten, nachdem sie die ursprüngliche Berechtigung des Anspruchs bestreite. Es sei weder eine förmliche Mitteilung über die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens erfolgt noch eine eigenständige Gegenüberstellung eines von der Beklagten angenommenen Ist-Zustandes und eines zur Zeit des zu unterstellenden Anerkenntnisses zugrunde zu legenden Zustandes. Eine Entscheidung im Nachprüfungsverfahren müsse eindeutig sein. Auch deshalb könne eine lediglich hilfsweise Bezugnahme auf sachverständige Feststellungen nicht als Grundlage für eine Einstellungsmitteilung angesehen werden. Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Empfangsvollmacht des Klägervertreters für eine solche Mitteilung ausgegangen.

Die Ausführungen der Beklagten vom 12.02.2014 und 26.03.2014 würden den formalen Anforderungen gem. § 7 Nr. 4 BB-BUZ nicht gerecht. Es fehle an der erforderlichen Nachvollziehbarkeit und an der gebotenen Gegenüberstellung zweier Zustände. Die Mitteilung sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Zeitpunkt, zu dem die Einstandspflicht der Beklagten enden solle, nicht bzw. unzutreffend mitgeteilt worden sei.

Auch materiell habe die Leistungspflicht der Beklagten nicht geendet. Auch über den 31.08.2012 hinaus habe eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % vorgelegen. Die insoweit beweisbelastete Beklagte habe den ihr obliegenden Beweis nicht geführt.

Das Landgericht habe hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten fehlerhaft nur eine 1,5-Geschäftsgebühr in Ansatz gebracht habe und den Beweisantritt des Klägers – Einholung einer Auskunft der zuständigen Rechtsanwaltskammer – übergangen.

Der Kläger beantragt: Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. April 2014 verkündete, dem Kläger am 28. April 2014 zugestellte Urteil des Landgerichts Heidelberg, Az. 2 O 224/12, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ) zur Leibrentenversicherung auf eine Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit, Versicherungsnummer 7…4, Leistungen in Höhe von monatlich € 2.000,05 zuzüglich einer Überschussbeteiligung für den Zeitraum vom 01.03.2011 an bis längstens zum 30. November 2031, zahlbar monatlich im Voraus, zu bezahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. März 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. April 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Mai 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juni 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juli 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. August 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. September 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Oktober 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. November 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Dezember 2011,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Januar 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Februar 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. März 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. April 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Mai 2012,

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juni 2012 sowie

aus weiteren € 2.000,05 zuzüglich Überschussanteilen seit 01. Juli 2012.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit sowie der eingeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ), Versicherungsnummer 7…4, für den Zeitraum vom 01. März 2011 an bis längstens zum 30. November 2031 freizustellen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Ö. R.-AG, D., zur Schaden-Nr. 2…3 außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 4.013,43 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 2.912,20 seit dem 25. Januar 2012, aus weiteren € 518,60 seit dem 09. Februar 2012 sowie aus weiteren € 582,63 seit dem 17. April 2012 zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 152,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03. Juni 2012 zu bezahlen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit die Klage abgewiesen wurde, und beantragt die Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Mit ihrer Berufung greift die Beklagte das landgerichtliche Urteil insoweit an, als sie zur Leistung und Beitragsfreistellung für den Monat März 2011 und für den Zeitraum von September 2012 bis 31.07.2014, hinsichtlich des weiteren Leistungszeitraums zur Zahlung von Zinsen sowie zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und eines Teils der geltend gemachten Selbstbeteiligung verurteilt wurde.

Ansprüche für den Monat März 2011 bestünden schon gemäß § 1 Nr. 3 BB-BUZ nicht.

Soweit das Landgericht Ansprüche auch für den Zeitraum ab September 2012 zuerkannt habe, sei es zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Leistungseinstellung die Durchführung eines förmlichen Nachprüfungsverfahrens voraussetze. Das Erstgericht habe verkannt, dass vorliegend nicht die Beklagte, sondern der gerichtliche Sachverständige den Entfall der Leistungspflicht der Beklagten festgestellt habe. Die Beklagte habe damit keinen Wissensvorsprung gegenüber dem Kläger gehabt. Sinn und Zweck des Nachprüfungsverfahrens gem. § 7 BB-BUZ bzw. § 174 VVG erforderten vorliegend dessen Durchführung gerade nicht. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe der Schriftsatz vom 12.02.2014 eine ausreichende Begründung enthalten. Die Beklagte sei zur Vornahme einer Vergleichsbetrachtung nicht verpflichtet gewesen. Die Veränderungen im Gesundheitszustand ergäben sich mit aller Deutlichkeit aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten, das dem Kläger zum gleichen Zeitpunkt bekannt geworden sei wie der Beklagten. Das Landgericht habe sich fehlerhaft nicht mit der Argumentation der Beklagten zur Entbehrlichkeit eines förmlichen Nachprüfungsverfahrens auseinandergesetzt. Dieses Erfordernis entfalle insbesondere, weil eine vorherige Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten nicht erfolgt sei. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn der Versicherte trotz sachverständig bestätigten Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen ohne materiell-rechtliche Begründung weiter – über knapp 2 Jahre – Leistungen erhalten sollte.

Hinsichtlich der für den Zeitraum vor dem 08.05.2012 zuerkannten Zinsen sei ein Rechtsgrund nicht gegeben, ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.

Ein – auf eine Kostenrechnung vom 31.01.2012 gestützter – Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Insbesondere handle es sich nicht um einen Verzugsschaden, nachdem die Beklagte die Leistungsgewährung erst mit Schreiben vom 08.05.2012 nach entsprechender Leistungsprüfung abgelehnt habe.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Heidelberg, AZ: 2 O 224/12, vom 22.04.2014 wird abgeändert, soweit die Beklagte in dessen Ziffer 1. verurteilt wurde, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ) zur Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit, Versicherungsnummer 7…4, Leistungen in Höhe von € 2.000,05 zuzüglich einer Überschussbeteiligung für März 2011 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. März 2011, und für den Zeitraum September 2012 bis 31.07.2014 nebst anteiligen Zinsen sowie Zinsen

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. April 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Mai 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Juni 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Juli 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. August 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. September 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Oktober 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. November 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Dezember 2011,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Januar 2012,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Februar 2012,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. März 2012,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. April 2012,

aus weiteren € 2.000,05 seit dem 01. Mai 2012

zu bezahlen.

2. Das Urteil wird abgeändert, soweit die Beklagte in Ziffer 2 verurteilt wurde, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Leibrentenversicherung auf ein Leben mit aufgeschobener Rentenzahlung, Rentengarantie und Beitragsrückgewähr mit Beitragsbefreiung und Zahlung einer Rente bei Berufsunfähigkeit sowie der eingeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung mit erweiterten Leistungen (Golden BUZ), Versicherungsnummer 7…4, für März 2011 sowie für den Zeitraum September 2012 bis 31. Juli 2014 freizustellen.

3. Das Urteil wird abgeändert, soweit die Beklagte in Ziffer 3. verurteilt wurde, an die Ö. R.-AG, D., zur Schaden-Nr. 2…3 außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 2.251,48 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2012 zu zahlen.

4. Das Urteil wird abgeändert, soweit die Beklagte in Ziffer 4. verurteilt wurde, an den Kläger weitere € 51,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.06.2012 zu zahlen.

5. Auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit dem Klagebegehren entsprochen wurde, und beantragt die Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen Dr. P.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.09.2014 Bezug genommen.

II.

Die Berufungen sind zulässig. Während das Rechtsmittel des Klägers in der Sache ohne Erfolg bleibt, ist die Berufung der Beklagten teilweise – hinsichtlich des Leistungszeitraums März 2011, der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie eines Teils der vom Landgericht zuerkannten Zinsen – begründet.

A. Berufung des Klägers

1. Dem Kläger stehen Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2031 (Anträge Ziffern 1 und 2 zweiter Instanz) nicht zu.

Der Kläger war zwar ab 01.03.2011 zunächst berufsunfähig i. S. v. §§ 1 Nr. 1, 2 Nr. 1 a BB-BUZ. Die Beklagte hat allerdings zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) bewiesen, dass der Kläger ab Oktober 2012 nicht mehr zu mindestens 50 % berufsunfähig war. Aufgrund der im vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz der Beklagten vom 26.03.2014 erfolgten Veränderungsmitteilung wurde die Beklagte mit Ablauf des 31.07.2014 gemäß §§ 174 Abs. 1 VVG, 7 BB-BUZ leistungsfrei.

a. Das Landgericht ist auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. in seinem schriftlichen Ausgangsgutachten und im Ergänzungsgutachten vom 06.12.2013 zu der Beurteilung gelangt, der Kläger sei im Zeitraum vom 01.03.2011 bis August 2012 aufgrund der für diesen Zeitraum anzunehmenden mittelgradigen depressiven Störung zu mindestens 50 % berufsunfähig gewesen. Die Parteien streiten in der Berufung darum, ob Berufsunfähigkeit bereits vor dem 01.03.2011 und auch über den Monat August 2012 hinaus bestand. Bezogen auf den Zeitraum 01.03.2011 bis 31.08.2012 greifen die Parteien die – im Übrigen auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. zutreffend getroffenen – landgerichtlichen Feststellungen zur Berufsunfähigkeit nicht an, so dass sie der Berufungsentscheidung bereits aus diesem Grund zugrunde zu legen sind.

b. Hat der Versicherungsnehmer den Eintritt bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit bewiesen, obliegt es dem Versicherer, einen im weiteren Verlauf eingetretenen Wegfall der Leistungsvoraussetzungen – vorliegend eine Veränderung des Gesundheitszustandes dahingehend, dass eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % nicht mehr besteht – zu beweisen (BGH, Beschl. v. 20.01.2010 – IV ZR 111/07, juris; Rixecker in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 174, Rn. 2).

Diesen Beweis hat die Beklagte zwar nicht bereits für den Monat September 2012, aber für den Zeitraum ab Oktober 2012 geführt.

Der Nachweis einer nicht mehr fortbestehenden Berufsunfähigkeit bereits im September 2012 ergibt sich dabei – entgegen der Annahme des Landgerichts – nicht aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. in seinem Ergänzungsgutachten vom 06.12.2013. Unter Berücksichtigung der von Prof. S. ausweislich seines Gutachtens vom 28.03.2013 bei der Untersuchung des Klägers am 14.08.2012 erhobenen Befunde ist der Sachverständige Dr. P. vielmehr zu der Beurteilung gelangt, dass für August 2012 von einer – eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % begründenden – mittelgradigen depressiven Episode auszugehen sei. Dass die vom gerichtlichen Sachverständigen insoweit zugrunde gelegten Befunde von Prof. S. erhoben wurden, stellt die Beklagte ebenso wenig in Abrede wie deren Richtigkeit. Dass eine solche mittelgradige depressive Störung bereits im September 2012 nicht mehr bestanden hätte, ist den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. indes nicht zu entnehmen. Soweit der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten zusammenfassend ausführt, der Kläger sei „vom 01.03.2011 bis einschl. August 2012“ zu mehr als 50 % berufsunfähig gewesen, ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige mit der Gutachtenserstattung zur Behauptung des Klägers, er sei seit 01.03.2011 berufsunfähig, beauftragt war. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Sachverständigen dahingehend zu verstehen, dass von nachgewiesener Berufsunfähigkeit aus Sicht des Sachverständigen für den Zeitraum vom 01.03.2011 – 31.08.2012 auszugehen sei. Eine Aussage dahingehend, dass für September 2012 aus Sicht des Sachverständigen demgegenüber nicht mehr von Berufsunfähigkeit auszugehen wäre, ist hiermit gerade nicht verbunden.

Bei seiner Vernehmung durch den Senat hat der Sachverständige Dr. P. detailliert und in jeder Hinsicht nachvollziehbar dargelegt, dass für die gutachterliche Beurteilung die – im Privatgutachten vom 28.03.2013 niedergelegten – psychopathologischen Beobachtungen von Prof. S. anlässlich der Untersuchungen des Klägers von grundlegender Bedeutung seien. Diese stellten „das fehlende Kettenglied“ dar, die es rechtfertigten, abweichend vom Ausgangsgutachten von einer die Berufsunfähigkeit begründenden mittelgradigen depressiven Episode im August 2012 auszugehen. Unter Berücksichtigung der Beobachtungen von Prof. S. anlässlich der Untersuchung des Klägers im Oktober 2012 habe zu diesem Zeitpunkt nur noch eine leichtgradige depressive Verstimmung vorgelegen, die eine Berufsunfähigkeit nicht begründe. Die Richtigkeit der für den Untersuchungszeitpunkt am 25.10.2012 von Prof. S. erhobenen Befunde, die sich detailliert aus dem vom Kläger selbst vorgelegten Gutachten vom 28.03.2013 ergeben, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P. zur Überzeugung des Senats, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers durch Prof. S. am 25.10.2012 eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % nicht mehr bestand. Im Hinblick auf den Monat September 2012 hat der Sachverständige bei seiner Vernehmung nachvollziehbar dargelegt, dass insoweit – nachdem Untersuchungsbefunde für diesen Monat nicht vorliegen – eine verlässliche Feststellung zur Frage der Berufsunfähigkeit nicht getroffen werden könne. Wie sich der Verlauf der psychischen Erkrankung des Klägers zwischen den beiden Untersuchungsterminen im August 2012 und im Oktober 2012 gestaltet habe, sei schwer zu beurteilen. Zu berücksichtigen sei insoweit allgemein, dass sich depressive Symptome eher langsam zurückbilden, weshalb vieles dafür spreche, dass im September 2012 noch ein beträchtliches Maß an Beeinträchtigungen beim Kläger vorgelegen habe. Die bei dieser Sachlage für den Zeitraum September 2012 verbleibenden Unsicherheiten hinsichtlich des Fortbestandes bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit gehen zu Lasten der Beklagten, die – wie ausgeführt – die Beweislast für die Wiederherstellung der Berufsfähigkeit trägt.

Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten, dem Sachverständigen vor seiner Vernehmung zugeleiteten und von ihm ausgewerteten ärztlichen Unterlagen – insbesondere der fachärztliche Befundbericht des Arztes J. S. vom 29.04.2013 und ein fachärztliches Attest desselben vom 13.08.2014 – rechtfertigen nach der Einschätzung des Sachverständigen Dr. P., der der Senat nach eigener Erwägung beitritt, keine abweichende Beurteilung im Hinblick auf die Frage der Wiederherstellung der Berufsfähigkeit ab Oktober 2012. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Einschätzung im Bericht vom 29.04.2013 zu einem deutlich gestörten Antrieb sowie zu einer ausgeprägten Störung der Auffassungsgabe und der Konzentrationsfähigkeit mit den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen bei dessen Untersuchung des Klägers am 29.04.2013 in keiner Weise in Einklang zu bringen sind. Der Sachverständige Dr. P. hat insoweit zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass er deutliche kognitive Beeinträchtigungen beim Kläger nicht habe feststellen können. Das Verhalten des Klägers in der Untersuchungssituation sei weniger auf eine transparente Darstellung seiner seelischen Situation ausgerichtet gewesen. Vielmehr sei der Eindruck entstanden, der Kläger habe ein bestimmtes Störungskonzept vermitteln wollen. So habe es der Kläger im Verlauf der fortschreitenden Untersuchungssituation insbesondere verstanden, seine Gesprächsanliegen unterzubringen, und von sich aus die Initiative ergriffen.

c. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers liegt eine wirksame Veränderungsmitteilung der Beklagten i. S. v. §§ 174 Abs. 1 VVG, 7 BB-BUZ im Schriftsatz vom 26.03.2014.

(1) Eines Anerkenntnisses oder einer Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten als Voraussetzung für eine Berechtigung zur Überprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit bedarf es entgegen der Ansicht des Klägers nicht. § 174 Abs. 1 VVG enthält ein solches Erfordernis nicht. Vielmehr genügt es nach dem Wortlaut der Vorschrift, wenn die Leistungspflicht tatsächlich bestand. Das Erfordernis einer vorherigen Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht als Voraussetzung für eine Berechtigung der Beklagten zur Leistungsprüfung ergibt sich auch nicht aus § 7 Nr. 1 BB-BUZ. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Sichtweise es für die Auslegung insoweit ankommt, wird dieser Regelung einen solchen Bedeutungsgehalt nicht beimessen. Vielmehr ergibt sich bei verständiger Würdigung ohne Weiteres, dass lediglich klargestellt werden soll, dass die Berechtigung zur Leistungsprüfung auch nach Anerkennung oder Feststellung der Leistungspflicht besteht.

(2) Soweit eine förmliche Mitteilung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nicht erfolgt ist, rechtfertigt dies schon deshalb keine abweichende Beurteilung, weil §§ 174 Abs. 1 VVG, 7 BB-BUZ ein solches Erfordernis nicht enthalten.

(3) Die Mitteilung der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.03.2014 wird auch den Erfordernissen der Darlegung der Veränderung in Textform i. S. v. § 174 Abs. 1 VVG gerecht.

 

Es ist in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass eine Einstellungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren auch durch schriftsätzlichen Sachvortrag im Rahmen eines zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer geführten Rechtsstreits erfolgen kann (vgl. Senat, Urteil v. 16.06.2009 – 12 U 36/09, juris, Tz. 50; BGH, Urteil v. 03.11.1999 – IV ZR 155/98, juris, Tz. 29; BGH, Beschl. v. 20.01.2010 – IV ZR 111/07, juris, Tz. 3; OLG Koblenz, Urteil v. 04.03.2011 – 10 U 469/10, juris, Tz. 59). Auch soweit der Versicherer – wie dies vorliegend der Fall ist – zum Zeitpunkt der Einstellungsmitteilung weiterhin den Eintritt bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit bestreitet und sich nur hilfsweise Ausführungen in einem Sachverständigengutachten zur Feststellung von Berufsfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum zu eigen macht, steht dies einer wirksamen Einstellungsmitteilung nicht entgegen (vgl. Senat, Urteil v. 16.04.2013 – 12 U 191/12, juris, Tz. 14).

Der Versicherungsnehmer soll durch die Mitteilung des Versicherers die Informationen erhalten, die er benötigt, um sein Prozessrisiko abschätzen zu können. Voraussetzung hierfür ist die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Versicherers. Sie ist für den Versicherungsnehmer so bedeutsam, weil er es ist, der sich gerichtlich gegen die durch eine solche Mitteilung ausgelösten Rechtsfolgen zur Wehr setzen muss (vgl. Prölss/Martin – Lücke, 28. Aufl. 2010, § 174 VVG, Rn. 23). Maßgebend im Nachprüfungsverfahren ist der Vergleich des Gesundheitszustandes zum Zeitpunkt bestehender Berufsunfähigkeit mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt. Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung setzt daher grundsätzlich voraus, dass mit ihr diese Vergleichsbetrachtung und die aus ihr abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden (vgl. BGH, Urteil v. 12.06.1996 – IV ZR 106/95, juris, Tz. 12). Dabei dürfen die Anforderungen an die Begründung nicht überspannt werden (vgl. Senat, Urteil v. 16.06.2009 – 12 U 36/09, juris, Tz. 50). Die inhaltlichen Voraussetzungen für eine wirksame Änderungsmitteilung richten sich – auch zur Vermeidung sinnloser Förmlichkeiten – nach den Umständen des Einzelfalles.

Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die Mitteilung der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.03.2014 den unter dem Gesichtspunkt der Nachvollziehbarkeit zu stellenden Anforderungen gerecht. Die Beklagte vergleicht insoweit – unter Bezugnahme auf das dem Kläger bekannte Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. P. – den Gesundheitszustand bis August 2012 mit demjenigen danach und führt aus, dass im Zeitraum von März 2011 bis August 2012 – unter Zugrundelegung der Feststellungen des Sachverständigen – eine mittelgradige depressive Episode mit der Folge einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % vorgelegen habe. Ab Ende August 2012 habe demgegenüber – bei Vorliegen einer allenfalls noch leichtgradigen depressiven Episode – eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % nicht mehr bestanden. Anders als in dem der Senatsentscheidung vom 16.04.2013 (12 U 191/12, juris) zugrunde liegenden Fall, beschränkt sich die Mitteilung der Beklagten vorliegend gerade nicht auf Ausführungen zum Ende der Berufsunfähigkeit. Vielmehr macht sich die Beklagte ausdrücklich die Feststellungen des Sachverständigen zum Bestehen von Berufsunfähigkeit im Zeitraum von März 2011 bis August 2012 hilfsweise zu eigen.

Soweit der Kläger geltend macht, es fehle deshalb an der Nachvollziehbarkeit der Mitteilung, weil der Zeitpunkt, zu dem die Leistungspflicht enden solle, nicht mitgeteilt werde, erschließt sich dies dem Senat nicht. Dem Schriftsatz vom 26.03.2014 ist unmissverständlich zu entnehmen, dass die Beklagte von einem Wegfall der Leistungspflicht ab September 2012 ausgeht.

(4) Der Klägervertreter war auch bevollmächtigt zur Entgegennahme der in der Mitteilung gemäß § 174 Abs. 1 VVG liegenden Willenserklärung. Die Prozessvollmacht gem. § 81 ZPO ermächtigt den Bevollmächtigten zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen. „Prozesshandlungen“ im Sinne dieser Vorschrift sind auch materiell-rechtliche Willenserklärungen, wenn sie sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits beziehen, weil sie zur Rechtsverfolgung innerhalb des Prozessziels oder zur Rechtsverteidigung dienen. Im gleichen Umfang wie die Prozessvollmacht zur Abgabe von Erklärungen befugt, ermächtigt sie auch den Prozessbevollmächtigten der Gegenseite zu deren Entgegennahme (vgl. BGH, Urteil v. 18.12.2002 – VIII ZR 72/02, juris = MDR 2003, 451 [452]). Dies ist aber bei der Veränderungsmitteilung der Beklagten gem. § 174 Abs. 1 VVG der Fall. Diese dient gerade der Rechtsverteidigung der Beklagten, indem die Erklärung darauf zielt, die vom Kläger im Rechtsstreit geltend gemachten Leistungsansprüche zumindest in zeitlicher Hinsicht zu begrenzen. Damit ist sie aber von der Prozessvollmacht des Beklagtenvertreters und – in der Folge – auch von der in der Prozessvollmacht des Klägervertreters liegenden Empfangsvollmacht erfasst (noch offen gelassen: Senat, Urteil v. 16.06.2009 – 12 U 36/09, juris, Tz. 52).

(5) Die Abschriften des Schriftsatzes der Beklagten vom 26.03.2014 gingen dem anwaltlichen Vertreter des Klägers im Zeitraum zwischen dem 04.04.2014 (Abgangsvermerk der Geschäftsstelle) und dem 15.04.2014 (Datum des darauffolgenden Schriftsatzes des Klägervertreters, in welchem er auf den Schriftsatz der Beklagten vom 26.03.2014 ausdrücklich Bezug nimmt) zu. Die Frist gemäß §§ 174 Abs. 2 VVG, 7 Nr. 4 BB-BUZ lief damit am 31.07.2014 ab, so dass die Leistungspflicht der Beklagten ab 01.08.2014 entfallen ist.

(6) Soweit der Zeitpunkt, von welchem die Beklagte für den von ihr geltend gemachten Wegfall der Leistungspflicht in ihrer Einstellungsmitteilung ausgeht (September 2012), von demjenigen abweicht, für den die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Nachweis einer Wiederherstellung der Berufsfähigkeit geführt hat (Oktober 2012), steht dies jedenfalls im konkreten Fall einem Wegfall der Leistungspflicht gemäß §§ 174 Abs. 1 VVG, 7 BB-BUZ mit Ablauf des 31.07.2014 nicht entgegen.

Dabei kann der Senat offen lassen, ob § 174 VVG grundsätzlich eine vollständige Übereinstimmung des Zeitpunktes, in dem die materiellen Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, und des vom Versicherer in seiner Veränderungsmitteilung genannten Zeitpunktes voraussetzt bzw. welche zeitliche Differenz insoweit als unschädlich zu erachten ist.

Jedenfalls im vorliegenden Fall, der insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass die zeitliche Differenz lediglich einen Monat beträgt und eine Rückbildung der die Berufsunfähigkeit zunächst begründenden depressiven Symptome nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. P. eher langsam erfolgt, ist die zeitliche Abweichung unschädlich. Insoweit kann insbesondere auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte sich – für den Kläger ohne Weiteres erkennbar – in ihrer Veränderungsmitteilung gerade auf diejenige Veränderung im psychiatrischen Krankheitsbild – den Übergang von einer zunächst mittelgradigen zu einer lediglich noch leichtgradigen depressiven Episode – bezogen hat, die tatsächlich auch nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zu einem Wegfall der Berufsunfähigkeit geführt hat. Dem Schutzzweck des § 174 Abs. 1 VVG, dem Versicherungsnehmer einen gewissen Bestandsschutz zu gewähren und ihm eine Einschätzung des Prozessrisikos im Hinblick auf die Beurteilung der Leistungspflicht des Versicherers zu ermöglichen, ist vor diesem Hintergrund ausreichend Genüge getan.

2. Soweit der Kläger mit der Berufung seinen Anspruch auf Erstattung der erstinstanzlich – teilweise – nicht zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Antrag Ziffer 3 zweiter Instanz) und des restlichen Selbstbehalts aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag (Antrag Ziffer 4 zweiter Instanz) begehrt, ist das Rechtsmittel unbegründet.

Dabei kann insbesondere dahinstehen, ob das Landgericht zutreffend von einem Gebührensatz von 1,5 anstelle des vom Kläger für gerechtfertigt erachteten Gebührensatzes von 1,8 ausgegangen ist, weil – wie hinsichtlich der Berufung der Beklagten noch auszuführen ist – ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten und des dem Kläger insoweit verbliebenen Selbstbehalts bereits dem Grunde nach nicht besteht.

B. Berufung der Beklagten

1. Soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Leistungsgewährung (Rentenzahlung und Beitragsbefreiung) für den Monat März 2011 wendet, hat ihre Berufung in der Sache Erfolg.

Gemäß § 1 Nr. 3 BB-BUZ entstehen die Ansprüche auf Beitragsbefreiung und Berufsunfähigkeitsrente mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Unter Zugrundelegung der – insoweit von den Parteien nicht angegriffenen – Feststellungen des Sachverständigen Dr. P. hat der Kläger vorliegend den Eintritt der Berufsunfähigkeit für den Zeitraum ab 01.03.2011 nachgewiesen. Damit besteht aber eine Leistungspflicht der Beklagten erstmals für den Monat April 2011. Zur Frage einer Berufsunfähigkeit des Klägers im Zeitraum vor dem 01.03.2011 – etwa am 28.02.2011 – konnte der Sachverständige auf der Grundlage der verfügbaren Informationen keine Aussage treffen. Auf entsprechende Frage des Klägervertreters hat er bei seiner Vernehmung vielmehr erklärt, es handle sich bei dem Krankheitsbild des Klägers sicherlich um einen schleichenden Prozess, eine Aussage seinerseits zur Frage einer Berufsunfähigkeit vor dem 01.03.2011 wäre indes eine bloße Spekulation. Am 01.03.2011 – so der Sachverständige Dr. P. – hatten die Beschwerden des Klägers ein solches Ausmaß erreicht, dass zu diesem Zeitpunkt von einer – die Berufsunfähigkeit begründenden – mittelschweren depressiven Episode auszugehen sei.

Der Kläger selbst hat in erster Instanz auch nur eine Berufsunfähigkeit seit 01.03.2011 geltend gemacht. Soweit er sich in der Berufung darauf stützt, es sei davon auszugehen, dass die entsprechenden Beeinträchtigungen „auch eine logische Sekunde zuvor, also noch im Februar 2011“ bestanden, handelt es sich überdies um neues Vorbringen, mit dem der Kläger gemäß §§ 529, 531 ZPO ausgeschlossen ist.

2. Soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Rentenzahlung für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 31.07.2014 sowie zur Beitragsfreistellung für diesen Zeitraum wendet, bleibt die Berufung in der Sache ohne Erfolg.

Den Nachweis, dass der Kläger bereits ab September 2012 nicht mehr berufsunfähig war, konnte die insoweit belastete Beklagte (vgl. zur Beweislast: Rixecker in: Römer/Langheid, 4. Aufl. 2014, § 174, Rn. 2) – wie dargelegt – nicht führen. Vielmehr hat die Beklagte den Wegfall der Berufsunfähigkeit – wie bereits zur Berufung des Klägers ausgeführt – ab Oktober 2012 bewiesen.

Eine Leistungsfreiheit der Beklagten für den Monat September 2012 scheidet schon aus diesem Grunde aus. Aber auch für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 31.07.2014 ist die Beklagte zur Erbringung der vereinbarten Versicherungsleistungen – monatliche Rente und Beitragsfreistellung – verpflichtet.

Mit dem Nachweis eines Wegfalls der Berufsunfähigkeit ab Oktober 2012 sind – wie vom Landgericht zutreffend angenommen – die Voraussetzungen einer Leistungseinstellung der Beklagten noch nicht erfüllt, denn es ist weiter erforderlich, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer gem. § 174 VVG diese Veränderung in Textform dargelegt hat und nach Zugang seiner Erklärung drei volle Monate vergangen sind. Diesem Erfordernis hat die Beklagte vorliegend – wie vom Landgericht zutreffend dargelegt – erst mit der mit Schriftsatz vom 26.03.2014 erfolgten Mitteilung entsprochen.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten bedurfte es einer solchen Einstellungsmitteilung auch in der vorliegenden Fallkonstellation. Ein Anerkenntnis der Beklagten oder eine vorherige Feststellung ihrer Leistungspflicht ist angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 174 Abs. 1 VVG nicht Voraussetzung für das Erfordernis einer formgerechten Veränderungsmitteilung. Vielmehr genügt es, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht zu irgendeinem Zeitpunkt vorhanden waren (vgl. Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Aufl. 2009, § 46, Rn. 143; Neuhaus, Berufsfähigkeitsversicherung, 3. Aufl. 2014, M., Rn. 129). Zwar wird die Ansicht vertreten, bei Fehlen eines Anerkenntnisses müsse zwar der Versicherer den Wegfall der Berufsunfähigkeit nachweisen, allerdings müssten in diesem Fall die formellen Voraussetzungen des Nachprüfungsverfahrens nicht eingehalten werden (vgl. Prölss/Martin-Lüke, 28. Aufl. 2010, § 173 VVG, Rn. 14). Dabei wird allerdings übersehen, dass § 174 VVG nach seinem klaren und eindeutigen Wortlaut weder ein Anerkenntnis noch eine sonstige vorangegangene Feststellung der Leistungspflicht voraussetzt.

Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass das Sachverständigengutachten, auf das sie sich bei ihrer Mitteilung gestützt habe, dem Kläger zum gleichen Zeitpunkt wie der Beklagten vorgelegen und vor diesem Hintergrund ein Wissensvorsprung der Beklagten nicht bestanden habe, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Die Veränderungsmitteilung soll dem Versicherungsnehmer die Informationen geben, die er benötigt, um sein Prozessrisiko im Hinblick auf die Leistungseinstellung bzw. die auf eine nach Ansicht des Versicherers eingetretene Veränderung der Umstände gestützte Leistungsablehnung des Versicherers einschätzen zu können (Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 174, Rn. 23). Hierfür ist es aber nicht ausreichend, wenn dem Versicherungsnehmer lediglich die Informationen vorliegen, denen der Versicherer eine zum einem Wegfall der Leistungspflicht führende Veränderung der Umstände i. S. v. § 174 VVG entnimmt. Vielmehr muss dem Versicherungsnehmer durch die Veränderungsmitteilung gerade die Beurteilung des Versicherers zum Wegfall der Leistungspflicht i. S. v. § 174 Abs. 1 VVG nachvollziehbar dargelegt werden.

Sinn und Zweck des Nachprüfungsverfahrens gem. § 174 Abs. 1 VVG ist es, dem Versicherungsnehmer nach Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers einen gewissen Bestandsschutz zu gewähren. Von der Vorschrift kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden (§ 175 VVG). Ein solcher Schutz ist aber auch dann gerechtfertigt, wenn es zwar an einem Anerkenntnis oder an einer vorherigen Feststellung der Leistungspflicht fehlt, nach den maßgeblichen vertraglichen Bedingungen aber die Leistungspflicht des Versicherers eingetreten war.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 24.10.2006 (12 U 109/06, juris). Im dort zu entscheidenden Fall stand fest, dass die Berufsunfähigkeit geendet hatte, bevor der Versicherer überhaupt mit Ansprüchen des Versicherungsnehmers konfrontiert wurde und diese prüfen konnte. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte erst mit ihrer Mitteilung vom 26.03.2014, nicht aber bereits mit derjenigen vom 12.02.2014 den Erfordernissen an die Nachvollziehbarkeit der Veränderungsmitteilung i. S. v. § 174 Abs. 1 VVG entsprochen hat.

 

Während die Beklagte im Schriftsatz vom 12.02.2014 lediglich auf eine „deutliche Gesundheitsbesserung beim Kläger“ ab August 2012 hingewiesen hat, hat sie mit Schriftsatz vom 26.03.2014 – in der gebotenen Weise – konkret dargelegt, von welcher konkreten Veränderung im Gesundheitszustand sie ausgeht. Während noch für den Zeitraum von März 2011 bis August 2012 nach den Ausführungen des Sachverständigen, die sie sich hilfsweise zu eigen mache, von einer mittelgradigen depressiven Episode mit der Folge einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % auszugehen sei, habe spätestens ab Ende August 2012 – bei Vorliegen einer allenfalls noch leichtgradigen depressiven Episode – keine mindestens 50%-ige Berufsunfähigkeit mehr bestanden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Sachverständigengutachten, auf welche die Beklagte sich bezog, dem Kläger bekannt war, war die zunächst gewählte Formulierung „deutliche Gesundheitsbesserung“ nicht ausreichend für die gebotene vergleichende Darstellung zweier Gesundheitszustände.

Die Abschriften des Schriftsatzes der Beklagten vom 26.03.2014 gingen dem anwaltlichen Vertreter des Klägers – wie bereits zur Berufung des Klägers ausgeführt – im Zeitraum zwischen dem 04.04.2014 und dem 15.04.2014 zu. Die Frist gemäß §§ 174 Abs. 2, 7 Nr. 4 BB-BUZ lief mit dem 31.07.2014 ab.

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten verstößt der Fortbestand der vertraglichen Leistungspflicht trotz Wegfalls der Berufsunfähigkeit ab Oktober 2012 auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). § 174 VVG nimmt diese Rechtsfolge – den Fortbestand der Leistungspflicht trotz Wegfalls der materiellen Anspruchsvoraussetzungen bis zum Vorliegen einer wirksamen Veränderungsmitteilung des Versicherers – bewusst in Kauf. Es obliegt nach der gesetzlichen Risikoverteilung dem Versicherer, auf einen Wegfall der materiellen Anspruchsvoraussetzungen den gesetzlichen Vorschriften entsprechend zu reagieren. Dies hat die Beklagte aber erst mit der Veränderungsmitteilung durch Schriftsatz vom 26.03.2014 getan.

3. Soweit die Berufung der Beklagten sich gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten an die Rechtsschutzversicherung des Klägers und der dem Kläger insoweit trotz Inanspruchnahme seiner Rechtsschutzversicherung verbliebenen Selbstbeteiligung richtet, ist das Rechtsmittel begründet.

Ein entsprechender Anspruch steht dem Kläger bereits dem Grunde nach nicht zu. Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 280Abs. 2, 286 BGB).

Ausweislich der anwaltlichen Kostenrechnung vom 31.01.2012 erfolgte die Beauftragung des anwaltlichen Vertreters des Klägers – angesichts der auf der Rechnung genannten Leistungszeit vom 13.12.2011 – 31.01.2012 – spätestens am 13.12.2011. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte aber noch nicht in Verzug. Vielmehr hat sie die Gewährung von Leistungen aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag erst später – mit Schreiben vom 08.05.2012 – abgelehnt (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Soweit gem. § 1 Nr. 1 a) BB-BUZ die Berufsunfähigkeitsrente monatlich im Voraus zu zahlen ist, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung, insbesondere nicht die Annahme eines Verzugseintritts gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor dem 08.05.2012. Gem. § 14 Abs. 1 VVG tritt Fälligkeit erst mit der Beendigung der zur Feststellung der Leistungspflicht notwendigen Erhebungen ein. Diese waren vorliegend aber erst nach Vorliegen des Privatgutachtens von Dr. S. vom 24.4.2012 abgeschlossen. Dass der Kläger zuvor gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 VVG Abschlagszahlungen geltend gemacht hätte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Auf die Frage, ob sich die Höhe der Selbstbeteiligung – wie vom Landgericht angenommen – nach der Höhe des Gegenstandswertes richtet, kommt es vor diesem Hintergrund nicht entscheidend an.

4. Soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen aus den für die Monate April 2011 bis Mai 2012 zu leistenden Rentenbeträgen wendet, hat die Berufung insoweit Erfolg, als sie die Verurteilung zur Zinszahlung für den Zeitraum vor dem 08.05.2012 angreift.

Die Beklagte geriet – wie bereits hinsichtlich der fehlenden Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Anwaltskosten ausgeführt – erst mit der Leistungsablehnung mit Schreiben vom 08.05.2012 in Verzug (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dass die Rentenzahlungen gem. § 1 Nr. 1 a) BB-BUZ monatlich im Voraus zu erbringen sind, rechtfertigt im Hinblick auf § 14 VVG auch insoweit keine abweichende Beurteilung. Verzugszinsen (§§ 286, 291 BGB) stehen dem Kläger vor diesem Hintergrund aus den für den Zeitraum April 2011 bis Mai 2012 zu erbringenden Rentenzahlungen erst für die Zeit ab 08.05.2012 zu.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.

Grundsätzliche oder einer Rechtsfortbildung bedürftige Fragen wirft der Rechtsstreit nicht auf. Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) war daher nicht geboten. Unabhängig von dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz der Beklagten war über die Frage der Zulassung der Revision von Amts wegen zu entscheiden (Zöller-Heßler, 30. Aufl. 2014, § 543 ZPO, Rn. 16).

Die an eine Veränderungsmitteilung gem. § 174 Abs. 1 VVG zu stellenden Anforderungen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Auch soweit zu § 174 Abs. 1 VVG im Schrifttum – wie ausgeführt – vereinzelt die Ansicht vertreten wird, bei Fehlen eines Anerkenntnisses des Versicherers seien die formellen Voraussetzungen des Nachprüfungsverfahrens nicht einzuhalten, ist eine Zulassung der Revision nicht geboten. Insbesondere rechtfertigt allein der Umstand, dass hierzu bislang – soweit ersichtlich – eine höchstrichterliche Entscheidung nicht vorliegt, angesichts des klaren Wortlauts des § 174 Abs. 1 VVG entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung. Über die Frage, ob sich die Abweichung zwischen dem in der Veränderungsmitteilung der Beklagten genannten Zeitpunkt des Wegfalls der Leistungspflicht und dem Zeitpunkt, für den die Wiederherstellung der Berufsfähigkeit nachgewiesen werden konnte, auf den Wegfall der Leistungspflicht gem. § 174 Abs. 1 VVG auswirkt, war vorliegend lediglich für den durch mehrere Besonderheiten – geringer zeitlicher Abstand, typischerweise langsame Rückbildung der Krankheitssymptome, Bezugnahme des Versicherers gerade auf diejenige Entwicklung des Krankheitsbildes, die tatsächlich zur Wiederherstellung der Berufsfähigkeit geführt hat – geprägten Einzelfall zu entscheiden.

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