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Berufsunfähigkeitsversicherung – Neuer Versicherungsfall nach Klageabweisung

Oberlandesgericht Köln

Az.: 20 U 164/10

Urteil vom 11.01.2013

 

Berufsunfähigkeitsversicherung – Neuer Versicherungsfall nach KlageabweisungDie Berufung der Klägerin gegen das am 13. Oktober 2010 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 373/09 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klägerin, von Beruf Druckerin, unterhält bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Erstmals machte die Klägerin im Januar 2003 Ansprüche aus der Zusatzversicherung mit der Behauptung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit geltend, die die Beklagte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Fristsetzung gemäß § 12 Abs. 3 VVG a.F. zurückwies; Klage erhob die Klägerin nicht. Einen im Januar 2005 erneut gestellten Antrag auf Leistungen lehnte die Beklagte mit der Begründung, eine gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin sei nicht feststellbar, ab; die daraufhin von der Klägerin vor dem Landgericht Oldenburg erhobene Klage wurde durch Versäumnisurteil vom 12. Mai 2006 rechtskräftig abgewiesen. Im Zuge eines weiteren Leistungsantrags schlossen die Parteien unter dem 17. November 2007 eine Vereinbarung dahin, dass die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Hälfte der monatlichen Rentenleistung (1.281,22 €) sowie Beitragsbefreiung erbringt (GA 84). Leistungen aus dieser Vereinbarung erbrachte und erbringt die Beklagte. Im Dezember 2008 stellte die Klägerin einen weiteren Leistungsantrag, den die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens zurückwies. Dagegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin bedingungsgemäße Rentenleistungen ab Januar 2009 unter Anrechnung der von der Beklagten geleisteten Zahlungen begehrt.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei mittlerweile vollständig erwerbsunfähig. Ihr Zustand habe sich erheblich verschlechtert. Hierzu hat sie insbesondere darauf verwiesen, dass ihr mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung aus Juni 2009 (GA 29 f.) Rentenleistungen wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden sind.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.968,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Dezember 2008 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. 20401xxxxxx mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 1. August 2009 bis längstens zum 1. Mai 2031 eine monatliche Rente von 2.562,43 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen behauptet, der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich seit der ersten Leistungsablehnung nicht verschlechtert.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. Oktober 2010, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Mit Blick auf die bestandskräftigen Leistungsablehnungen komme es – ungeachtet der im November 2007 geschlossenen Vereinbarung – maßgebend darauf an, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert habe. Dazu habe die Klägerin nicht hinreichend substantiiert und nachvollziehbar vorgetragen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiter. Die Klägerin rügt, das Landgericht habe ihren Prozessvortrag zu einer wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes seit 2007 nicht vollständig zur Kenntnis genommen. Sie habe sich insoweit nicht nur auf das von der Deutschen Rentenversicherung eingeholte Gutachten bezogen, sondern darüber hinaus auch schriftsätzlich – insbesondere im Schriftsatz vom 14. Januar 2010, in dem der Krankheitsverlauf eingehend geschildert worden sei – dargelegt, dass sich ihr Zustand verschlechtert habe. Damit habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Ein Hinweis sei erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgt, allerdings auch nur pauschal dahingehend, dass eine wesentliche Verschlechterung nicht substantiiert und nachvollziehbar dargetan sei. Welchen Vortrag das Gericht hierzu noch für erforderlich halte, sei nicht mitgeteilt worden. Darüber habe sie, die Klägerin, jedoch nicht im Unklaren gelassen werden dürfen.

Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragen, verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß den Beschlüssen vom 27. Mai 2011 (GA 198 f.) und vom 2. März 2012 (GA 270 ff.) Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle der zur Klärung des Berufsbilds beauftragten Rechtshilfegerichte (GA 219 ff., 244 f. und 260 f.) und auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. I vom 12. September 2012 (GA 366 ff.) verwiesen.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Der Klägerin stehen – über den von der Beklagten aufgrund der Vereinbarung vom 17. November 2007 gezahlten Rentenbetrag von monatlich 1.281,22 € hinaus – keine weiteren Rentenleistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu. Unter Berücksichtigung der von ihr bereits in der Vergangenheit verfolgten und bestands- bzw. rechtskräftig abgewiesenen Leistungsansprüche kann die Klägerin Leistungen ab Januar 2009 nur dann beanspruchen, wenn sich ihr Gesundheitszustand im Vergleich zu dem Zustand in den Jahren 2005/2006 verschlechtert haben sollte. Darauf hat der Senat schon in Ziffer 1.) des Beweisbeschlusses vom 2. März 2012 hingewiesen. Dort ist ausgeführt:

„Die Klägerin hat mehrfach Leistungsanträge bei der Beklagten wegen behaupteter Berufsunfähigkeit gestellt, die entweder mit außergerichtlicher Entscheidung unter Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. oder durch gerichtliche Entscheidung (Versäumnisurteil LG Oldenburg) rechts- bzw. bestandskräftig beschieden worden sind. Damit ist die Klägerin gehindert, zu einem späteren Zeitpunkt erneut BU-Leistungen geltend zu machen, solange sich an ihrem Gesundheitszustand nichts geändert hat. Ein neuer Versicherungsfall liegt bei dieser Sachlage nur dann vor, wenn sich eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingestellt hat (vgl. für den Fall der Klageabweisung: BGH, Beschl. v. 16. Januar 2008 – IV 271/04, n.v., in juris dokumentiert, unter Ziff. 2 der Gründe). Die letzte im vorgenannten Sinne maßgebliche Entscheidung ist das Versäumnisurteil des Landgerichts Oldenburg vom 12. Mai 2006; dieser Klage lagen Leistungsansprüche ab dem Jahr 2005 zugrunde. Mithin ist für die Frage, ob sich der Zustand der Klägerin verschlechtert hat, ein Vergleich zwischen den damals gegebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen und den Beeinträchtigungen, die ab Januar 2009 (ab diesem Monat macht die Klägerin nunmehr Leistungsansprüche geltend) festgestellt werden können, erforderlich.“

Daran hält der Senat fest. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes hat der vom Senat beauftragte Sachverständige Prof. Der. Hufnagel indes nicht festgestellt. Er hat unter Auswertung der ihm vollständig zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen und nach eigener Untersuchung der Klägerin bezogen auf die Diagnosen Migräne und chronischer Spannungskopfschmerz klar herausgearbeitet, dass sich der Zustand der Klägerin Anfang 2009 im Vergleich zu 2005 nicht nachteilig verändert hat und es in den Jahren 2011 und 2012 sogar zu einer leichten Verbesserung gekommen ist. Auch hinsichtlich der Diagnose sekundäre Depression ist es nicht nur aktuell im Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen zu einer Besserung gekommen. Vielmehr ist eine Zustandsverbesserung auch bereits in der Zeit bis 2007 eingetreten, was sich nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. I aus den Untersuchungsergebnissen der Psychosomatischen Klinik in I2 aus März 2007 ergibt. Relevante Lendenwirbelsäulenbeschwerden hat der Sachverständige weder aktuell noch unter Auswertung der früher gefertigten CT-Aufnahmen feststellen können.

Gegen diese in jeder Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. I führt die Klägerin nichts an. Insbesondere stellt sie nicht konkret in Abrede, dass die vom Sachverständigen getroffene Wertung, dass sich an ihrem Gesundheitszustand im Vergleich zu 2005 nichts zu ihrem Nachteil geändert hat, unzutreffend ist. Dazu reicht der bloße Hinweis der Klägerin auf die ihr seit Juni 2009 zuerkannte Erwerbsunfähigkeitsrente nicht aus. Der Bescheid verhält sich nicht dazu, ob bei der Klägerin im Vergleich zum Jahr 2005 eine Gesundheitsverschlechterung eingetreten ist. Darauf, ob die Klägerin tatsächlich bereits im Jahr 2005 bedingungsgemäß berufsunfähig war, kommt es – wie schon dargelegt – nicht an, denn aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils des Landgerichts Oldenburg vom 12. Mai 2006 ist zu Lasten der Klägerin davon auszugehen, dass ihr damaliger Gesundheitszustand die Annahme bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht gerechtfertigt hat. Hat sich ihr Gesundheitszustand indes nicht verschlechtert, steht dem erneuten Leistungsantrag die Rechtskraft jener Entscheidung entgegen. Bei dieser Sachlage bestand für den Senat auch keine Veranlassung zur ergänzenden Befragung des Sachverständigen Prof. I von Amts wegen, was der Klägerin mit Verfügung vom 2. November 2012 mitgeteilt worden ist. Ein Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen ist nicht gestellt worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für beide Instanzen (für die erste Instanz unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 13. August 2009 von Amts wegen) wird auf 62.779,32 € festgesetzt. Der Klageantrag zu 2) ist mit 53.810,82 € zu beziffern. Gegenstand des Klagebegehrens ist ungeachtet der Formulierung des Antrags die Zahlung der künftigen Rentenbeträge unter Anrechnung der von der Beklagten gemäß der Vereinbarung vom 17. November 2007 unstreitig geschuldeten und von ihr auch tatsächlich unstreitig durchgehend gezahlten 1.281,22 €, so dass insoweit monatlich lediglich 1.281,21 € anzusetzen sind (§ 9 ZPO: 42 x 1.281,21 € = 53.810,82 €).

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