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Berufsunfähigkeitsversicherung – nachteilige Abweichung nach Leistungseinstellung bei Altverträgen

Zwist um Berufsunfähigkeitsrente: OLG Dresden entscheidet

Die Auseinandersetzung dreht sich um die Klage einer Versicherungsnehmerin, die Ansprüche auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente sowie auf Rückerstattung der Versicherungsprämien für die Monate Oktober, November und Dezember 2016 geltend macht. Die Versicherung, die Beklagte, hatte Leistungen bis einschließlich Oktober 2016 erbracht und dann im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens eingestellt. Die Versicherungsnehmerin, die Klägerin, ging daraufhin vor Gericht. Es entwickelte sich ein juristisches Tauziehen, das schließlich vor dem Oberlandesgericht Dresden landete und zu einem Urteil führte, das die Rechtslage in solchen Fällen beleuchtet und klärt.

Direkt zum Urteil Az: 4 U 1168/21 springen.

Vertragsgemäße Leistungseinstellung

Das OLG Dresden entschied zugunsten der Beklagten und bestätigte, dass die Leistungseinstellung rechtmäßig war. Die vorgelegten Versicherungsbedingungen ermöglichten es der Beklagten, ihre Leistungen einzustellen, wenn die Berufsunfähigkeit der Klägerin weggefallen war oder sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert hatte. Die Beklagte hatte ihre Leistungen zum 31.10.2016 eingestellt und der Klägerin die Gründe für die Einstellung mitgeteilt.

Keine Anwendung neuerer VVG-Regelungen auf Altverträge

Ein weiterer bedeutender Punkt in diesem Fall war die Anwendung der VVG-Vorschriften (Versicherungsvertragsgesetz). Das Gericht stellte fest, dass die neueren Regelungen des VVG, insbesondere die §§ 174 und 175, nicht auf vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossene Altverträge anzuwenden sind. Dies war hier der Fall, da die betroffenen Versicherungsverträge bereits 1999 und 2001 geschlossen wurden.

Kostenfolge und Revision

Das OLG Dresden entschied zudem, dass die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat. Darüber hinaus wurde das Urteil als vorläufig vollstreckbar erklärt und die Zulassung einer Revision verneint, da die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren.

Festsetzung des Gegenstandswerts

Abschließend wurde der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens auf 2.512,77 € festgesetzt, was die Bemessungsgrundlage für die Gerichts- und Anwaltsgebühren bildet.

Dieses Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Anwendung von VVG-Regelungen auf Altverträge und zur Leistungseinstellung von Berufsunfähigkeitsrenten. Es wird sowohl Versicherungsnehmer als auch Versicherungen bei zukünftigen Auseinandersetzungen Orientierung bieten.


Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 4 U 1168/21 – Urteil vom 16.11.2021

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 26.05.2021 – 8 O 244/19 – im Tenor Ziff. 1. und 2. aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 2.512,77 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Aufnahme des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

A.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente sowie auf Zurückzahlung der Versicherungsprämien für die Monate Oktober, November und Dezember 2016 aus den zwischen den Parteien seit 1999 und 2001 bestehenden Versicherungsverträgen zu. Die Beklagte hat unstreitig Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung bis einschließlich 31.10.2016 erbracht. Die Beklagte hat – nachdem sie im September 2015 ihre Leistungspflicht aus der Berufsunfähigkeitsversicherung anerkannt und Leistungen bis zum 31.10.2016 erbracht hat – ihre Leistungen zu Recht im Nachprüfungsverfahren eingestellt. Sie hat der Klägerin mit Schreiben vom 21.09.2016 (Anlage K 2) die Gründe für die Einstellung der Leistungen mitgeteilt.

Im Berufungsverfahren steht nicht mehr im Streit, dass die Voraussetzungen für die Einstellung der Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vorgelegen haben und das Schreiben der Beklagten vom 21.09.2016 den formellen Anforderungen der Begründung genügt. Die Beklagte hat ihre Leistungen zu Recht bereits zum 31.10.2016 eingestellt. § 13 der dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen (Anlage B 4) enthält in Absatz 4 folgende Regelung:

Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger auf 50 % vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam. Zu diesem Termin muss, sofern die Beitragszahlungsdauer nicht abgelaufen ist, die Beitragszahlung wieder aufgenommen werden…

§ 13 Abs. 4 der AVB für die ergänzende Berufsunfähigkeitsvorsorge ist nicht gem. § 175 VVG wegen einer der Klägerin nachteiligen Abweichung von § 174 Abs. 2 VVG – jeweils in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung – unwirksam. Auf vor diesem Zeitpunkt abgeschlossene Altverträge über eine Berufsunfähigkeitsversicherung – wie hier – sind gem. Art. 4 Abs. 3 EGVVG die §§ 174, 175 VVG nicht anzuwenden (so BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, Rn. 23).

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.

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