Berufsunfähigkeitsversicherung: Leistungsstopp bei Aufhebung des krankheitsbedingten Fahrverbots
Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Bamberg (Az.: 41 O 123/20 Ver) wirft ein Schlaglicht auf die komplexen und oft kontroversen Aspekte der Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Kern des Falles stand die Frage, ob die Versicherung die Leistungen einstellen darf, wenn der Versicherte sein krankheitsbedingtes Fahrverbot aufgehoben bekommt und wieder arbeiten kann. Der Kläger, der in der Kundenbetreuung tätig war, hatte ein ärztlich verordnetes Fahrverbot erhalten, das seine Berufsausübung erheblich einschränkte. Als das Fahrverbot aufgehoben wurde, stellte die Versicherung die Leistungen ein. Der Versicherte klagte daraufhin gegen die Versicherung.
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Übersicht
Die formellen Voraussetzungen der Leistungseinstellung

Das Gericht stellte fest, dass die Versicherung die Leistungseinstellung ausreichend begründet hatte. Nach der Rechtsprechung muss der Versicherer die Gründe für die Einstellung der Leistungen klar und nachvollziehbar darlegen. Im vorliegenden Fall hatte die Versicherung argumentiert, dass die Aufhebung des Fahrverbots und die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit als Indikatoren für eine Verbesserung des Gesundheitszustands des Klägers angesehen werden könnten.
Materielle Aspekte: Gesundheitszustand und Berufsfähigkeit
Interessanterweise stellte das Gericht fest, dass der Gesundheitszustand des Klägers sich nicht verbessert hatte; er litt weiterhin an den gleichen gesundheitlichen Problemen. Allerdings hatte sich die „prognostische Risikoeinschätzung“ der behandelnden Ärzte geändert, was zur Aufhebung des Fahrverbots führte. Dies ermöglichte dem Kläger, seine berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen, und war für die Versicherung Grund genug, die Leistungen einzustellen.
Versäumnisse des Versicherten
Das Gericht wies darauf hin, dass der Kläger die späte Entscheidung der Versicherung teilweise selbst zu verantworten hatte. Er hatte es versäumt, der Versicherung die Aufhebung des Fahrverbots und die Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit mitzuteilen. Dies verzögerte die Entscheidungsfindung der Versicherung und beeinträchtigte das „schutzwürdige Vertrauen“ des Klägers auf den Fortbestand der Leistungen.
Das Urteil und seine Konsequenzen
Letztlich wurde die Versicherung verurteilt, dem Kläger einen bestimmten Betrag zu zahlen und ihn von der Verpflichtung zur Beitragszahlung bis zum 31.03.2028 zu befreien. Das Urteil zeigt die Bedeutung einer klaren Kommunikation zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer und hebt die Notwendigkeit hervor, alle relevanten Informationen rechtzeitig zu teilen, um Missverständnisse und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
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Das vorliegende Urteil
LG Bamberg – Az.: 41 O 123/20 Ver – Endurteil vom 11.12.2020
Leitsätze:
1. Die auf eine Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten gestützte Leistungseinstellung in der Berufsunfähigkeitsversicherung bedarf in formeller Hinsicht eines Vergleichs des beim Leistungsanerkenntnis angenommenen und des zur Leistungseinstellung führenden Gesundheitszustands mit der Auswirkung auf die Berufsfähigkeit (Anschluss an BGH BeckRs 9998, 165985). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die auf einem ärztlichen Fahrverbot wegen rezidivierender Synkopen beruhende Berufsunfähigkeit entfällt mit Auslaufen des befristeten Fahrverbots. (Rn. 20 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auf eine vereinbarte Nachleistungszeit kann sich der Versicherungsnehmer nicht berufen, wenn er die Entscheidung des Versicherers durch unterlassene Anzeigen verzögert und deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand von Leistungen gehabt hat. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tatbestand: Der Kläger macht Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gegenüber der Beklagten geltend.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit der Versicherungsnummer … mit einer Versicherungslaufzeit vom 01.04.1992 bis 31.03.2028 bei einer monatlichen Rentenleistung von 1.323,80 € und einer monatlichen Beitragsleistung von 215,74 €. Vertragsbestandteil sind die Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BB-BUZ E5). Wegen deren Inhalt wird Bezug genommen auf die Anlage K2.
Der Kläger war vor Eintritt des Versicherungsfalls als Werkleiter der Fa. … angestellt tätig. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden, die sich auf fünf Arbeitstage zu je acht Stunden verteilte, von denen etwa drei Stunden auf Büroarbeiten (Erstellen von Angeboten, Objektlisten und Lieferscheinen, PC-Arbeiten, Telefonate, Besprechungen) und fünf Stunden auf Kundenbetreuung (Betreuung/Besuche von Bauunternehmen, Baustellenbesuche, Telefonate, Besprechungen) entfielen.
Am 01.11.2018 erlitt der Kläger eine kurzzeitige Synkope samt Kollaps, woraufhin er sich bis zum 08.11.2018 in stationärer Behandlung befand. Da die Untersuchungen ohne pathologischen Befund verliefen und eine koronare Herzerkrankung bereits am 14.05.2018 nach einem ähnlichen Ereignis ausgeschlossen worden war, wurde dem Kläger am 07.11.2018 ein Ereigniszähler implantiert. Als Diagnose wurde u.a. rezidivierende Synkopen gestellt. Dem Kläger wurde außerdem mit Entlassung am 08.11.2018 ein ärztliches Fahrverbot für die nächsten sechs Monate angeraten. Die stationäre Anschlussbehandlung vom 08.01.2019 bis 08.02.2019 verlief unauffällig. Der Ereigniszähler markierte keine weiteren Ereignisse. Nach weiteren Untersuchungen am 13.03.2019 wurde im Ergebnis eine neurokardiogene Synkope vom (führend) vasopressorischen Typ festgestellt, womit eine kardiale Ursache ausgeschlossen werden konnte.
Der Kläger meldete den Versicherungsfall und reichte den Fragebogen vom 04.06.2019 (Anlage K 10) ein, wobei der Kläger mitteilte, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu noch unbekanntem Zeitpunkt wieder voll aufnehmen zu wollen, und die ärztlichen Berichte (Anlagen K4 bis K7) und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 02.11.2018 bis voraussichtlich 14.06.2019 (Anlage B1) beigab.
Die Beklagte begann daraufhin mit der Leistungsprüfung, in deren Zuge der Behandler Dr. … der Beklagten auf deren Anfrage mit dem ausgefüllten Formular vom 18.07.2019 (Anlage K8) mitteilte, dass der Kläger vom 01.11.2018 bis 10.07.2019 krankgeschrieben war, unter näher bezeichneten Einschränkungen leide, in der Teiltätigkeit „Büro“ zu 30% und in der Teiltätigkeit „Kundenbetreuung“ zu 60% weiterhin eingeschränkt sei und seit 14.07.2019 wieder voll arbeitete. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seine Tätigkeit – in leicht abgewandelter Form in Bezug auf den zeitlichen Anteil der Arbeiten – wieder aufgenommen, spätestens ab diesem Zeitpunkt lagen keine gesundheitlichen Einschränkungen vor, die die Berufstätigkeit des Klägers in einem Maße beeinträchtigten, dass er zu mindestens 50% außerstande war, seinen bisherigen Beruf auszuüben.
Mit weiterem Schreiben vom 02.09.2019 (Anlage K9) beantwortete Dr. … die Frage, ob noch ein Fahrverbot bestehe oder dieses nach Diagnosestellung aufgehoben wurde, mit „Nein“. Erst im Rahmen der Leistungsprüfung erfuhr die Beklagte über die erholten Auskünfte vom Ende der Krankschreibung und der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit. Daraufhin gewährte die Beklagte mit Schreiben vom 12.11.2019 (Anlage K11), zugegangen am 14.11.2019, dem Kläger die versicherten Leistungen für die Zeit vom 01.06.2019 bis 31.07.2019. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage K 11 Bezug genommen. Weitere Leistungen lehnte die Beklagte auch nach Leistungsaufforderung ab.
Der Kläger behauptet, das ärztliche Fahrverbot sei für die Dauer von genau sechs Monaten angeraten gewesen; da die Synkope sich am 01.11.2018 ereignet habe, seien die sechs Monate bereits im Mai 2019 abgelaufen gewesen und hätten damit der Erstprüfung gar nicht zugrunde gelegen haben können. Mit dem Ausschluss der kardialen Ursache im März sei auch der Grund für das ärztlicherseits angeratene Fahrverbot entfallen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass weder die formellen noch die materiellen Voraussetzungen einer wirksamen Nachprüfung vorlägen. Insbesondere bestehe auch weiterhin derjenige Gesundheitszustand fort, der dem Anerkenntnis der Leistungspflicht zugrunde gelegen habe – weitergehenden Sachvortrags zu einer fortbestehenden Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen sei daher nicht veranlasst. Jedenfalls werde die Leistungseinstellung nach den zugrundeliegenden Bedingungen nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden der Einstellungsmitteilung wirksam.
Der Kläger beantragt,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.914,20 € samt Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.05.2020 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Versicherungsnummer … eine monatliche Rente in Höhe von 1.323,80 €, jeweils fällig monatlich im Voraus, längstens für die Dauer der Berufsunfähigkeit bis zum 31.03.2028 zu zahlen.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.941,66 € samt Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger ab dem 01.05.2020 von der Verpflichtung zur Beitragszahlung zur Lebensversicherung samt Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Versicherungsnummer … zu befreien und zwar längstens für die Dauer der Berufsunfähigkeit bis zum 31.03.2028.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass das ärztlich erteilte „Autoverbot“ nicht für die exakte Dauer von sechs Monaten, sondern für die Mindestdauer von sechs Monaten bis zu dessen Aufhebung erteilt worden sei. Die Angaben im Fragebogen vom 18.07.2019 des Dr. … betreffend die Beschränkungen des Klägers würden auf Missverständnissen beruhen und der Arzt habe auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass das Fahrverbot nicht mehr bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2020 (Bl. 107 f. d.A.) und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Die Kammer hat den Kläger informatorisch angehört; diesbezüglich wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2020 verwiesen. Eine Beweisaufnahme ist nicht durchgeführt worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der Kläger hat keine Ansprüche auf die begehrten Leistungen bzw. Leistungsbefreiung gegen die Beklagte aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Versicherungsnummer …, da die Beklagte wirksam von ihrem Nachprüfungsrecht gem. § 6 Abs. 4 BBBUZ E5 Gebrauch gemacht hat, wodurch es zum Wegfall der Leistungspflicht zum 31.07.2019 kam. Die Nachprüfungsentscheidung genügt sowohl den formellen als auch den materiellen Voraussetzungen.
1. a) Hinsichtlich der formellen Voraussetzungen der Nachprüfung wird dem Versicherer auferlegt, die Leistungseinstellung mit einer nachvollziehbaren Begründung zu versehen (BGH NJW-RR 2006, 171). Sie soll dem obliegenheitstreuen Versicherten, der zuvor dem Versicherer die für die Nachprüfung sachdienlichen Auskünfte erteilt hat, die Informationen geben, die er benötigt, um sein Prozessrisiko abschätzen zu können, denn nach einer Einstellung muss sich der Versicherungsnehmer – notfalls im Klageweg – zur Wehr setzen, wenn er weiterhin Leistungen beanspruchen will (BGHZ 121, 284 (294 f.); NJW-RR 2006, 171). Um die Einstellungsentscheidung nachvollziehbar zu begründen, bedarf es insbesondere dann, wenn der Versicherer sich auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der versicherten Person berufen will, eines von ihm darzustellenden Vergleichs des beim Leistungsanerkenntnis angenommenen und des jetzigen Zustandes und der Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit; erst diese vergleichende Betrachtung macht eine Mitteilung im Nachprüfungsverfahren nachvollziehbar (BGH VersR 1993, 562).
b) Diesen Grundsätzen stetiger Rechtsprechung, denen die Kammer folgt, genügt die schriftliche Mitteilung vom 12.11.2019 (Anlage K 11).
Aus dieser ergibt sich eindeutig, dass Grundlage der Annahme einer Berufsunfähigkeit der fehlende Ausschluss einer kardialen Ursache der rezidivierenden Synkopen sowie die Fahruntauglichkeit nebst darauf beruhender Arbeitsunfähigkeit waren, während die Wiedererlangung der Berufsfähigkeit in der Aufhebung des Fahrverbotes sowie als Indiz die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit in Vollzeit seit 14.07.2019 gesehen wurden. Entscheidend für die Einschätzung der Beklagten ist damit nicht eine Veränderung des Gesundheitszustands, sondern eine Änderung der prognostischen Risikoeinschätzung der behandelnden Ärzte aufgrund weiter gewonnener Erkenntnisse über die Ursache der aufgetretenen Synkope – nämlich Ausschluss kardialer Ursache, darauf beruhende Aufhebung des Fahrverbots (von dem die Beklagte erst durch das Schreiben des Behandlers Dr. … vom 26.08.2019, Anlage K 9, und nicht etwa durch Mitteilung des Klägers Kenntnis erlangt hat) wegen einer bei Führen von Kraftfahrzeugen nicht erhöhten Gefahrensituation und damit einhergehende Wiederaufnahme der bisherigen beruflichen Tätigkeit. Eine Verbesserung des Gesundheitszustandes ist – wie vom Kläger zurecht geltend gemacht – gerade nicht erfolgt, vielmehr leidet dieser weiterhin an rezidivierenden Synkopen, die aber seine berufliche Tätigkeit nicht mehr einschränken.
Diesen Gedankengang und die darauf beruhende Schlussfolgerung, dass sie damit den Grad der Berufsunfähigkeit von mindestens 50% spätestens ab 14.07.2019 nicht mehr als erreicht sieht, legt die Beklagte im Schreiben vom 12.11.2019 ausreichend dar.
2. Die materiellen Voraussetzungen der Leistungseinstellung nach § 6 Abs. 4 BB-BUZ E5, nämlich dass die Berufsunfähigkeit weggefallen ist oder sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert hat, liegen vor.
a) Die Voraussetzungen der Leistungspflicht sind entfallen, wenn sich der gesundheitliche Zustand des Versicherungsnehmers derart gebessert hat, sodass er nunmehr in der physischen oder psychischen Lage ist, den funktionellen Anforderungen seines letzten Berufs oder eines (zulässigen) Verweisungsberufs in dem bedingungsgemäßen Maße zu genügen. Der Versicherer muss nachweisen, dass der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses außerstande war, den zuletzt ausgeübten Beruf wenigstens in dem bedingungsgemäßen Maße (regelmäßig zu mehr als 50%) fortzuführen, dies nunmehr aber aufgrund gesundheitlicher Besserung vermag (Langheid/Rixecker/Rixecker, 6. Aufl. 2019, VVG § 174 Rn. 16).
b) Diese Voraussetzung ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Tatsachenvortrag der Parteien.
Danach war dem Kläger mit Entlassung aus der Klinik am 08.11.2018 ein ärztliches „Autoverbot“, also die medizinisch bedingte Untersagung aufgrund des gesundheitlichen Zustandes ein Kraftfahrzeug zu führen, „für die nächsten 6 Monate“ erteilt worden. Im Kontext der unmittelbar zuvor genannten Kontrolle des Ereigniszählers nach 6 Monaten durch einen Kardiologen ergibt sich unzweifelhaft, dass das „Autoverbot“ sich auf den Zustand einer ungeklärten Ursache der Synkopen bezieht und damit – im Sinne der bei der Leistungsprüfung anzustellenden Prognoseentscheidung – länger als sechs Monate andauern wird. Überdies wären auch die bloßen sechs Monate am 07.05.2019, also über sechs Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit am 01.11.2018, abgelaufen. Auf den Zeitpunkt der Nachprüfung kommt es nicht an, sondern nur darauf, ob der Kläger voraussichtlich mehr als sechs Monate berufsunfähig ist. Aufgrund dieses „Autoverbots“ war der Kläger für mehr als sechs Monate nicht mehr in der Lage seinem Beruf zu mindestens 50% des vorherigen Umfangs nachzugehen, da zentraler Bestandteil der Tätigkeit des Klägers die Kundenbetreuung ist, die nur mit entsprechender Mobilität durchführbar ist.
Das medizinische „Autoverbot“ ist aufgehoben bzw. weggefallen. Ob dies wie klägerseits behauptet mit Ablauf der sechs Monate oder erst nach Ausschluss einer kardialen Ursache spätestens zum 14.07.2019 weggefallen ist, ist unerheblich. Jedenfalls war der Kläger spätestens zum 14.07.2019 aufgrund des Wegfalls nicht mehr berufsunfähig. Anderweitige gesundheitliche Einschränkungen seit dem 14.07.2019, die eine Berufsunfähigkeit begründen könnten, macht der Kläger nicht geltend. Lediglich hat er berichtet, dass vereinzelt weitere Synkopen aufgetreten seien. Dass diese die Ausübung seines Berufes, insbesondere das Fahren von Kraftfahrzeugen, unmöglich machten, hat er – trotz ausdrücklicher Aufforderung hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2020 – nicht vorgetragen. Allein der Bericht im Klageschriftsatz bezüglich der von Dr. … im Fragebogen vom 18.07.2019 festgestellten Einschränkungen ersetzt keinen diesbezüglichen Vortrag. Der Kläger hat sich diese Behauptungen gerade nicht zu eigen gemacht, sondern als bloße Feststellungen wiedergegeben. Dies kann auch nicht als eigene Behauptung ausgelegt werden, da sich dadurch ein nicht aufzulösender Widerspruch zum weiteren Klagevortrag ergeben würde, nämlich dass der Kläger gerade diesen Tätigkeiten, die in dem Fragebogen als völlig eingeschränkt bzw. bei den beruflichen Tätigkeiten als zu 30% bzw. 60% eingeschränkt bezeichnet werden, soweit nachgehen kann, dass er wieder – mit nicht ins Gewicht fallenden Umschichtungen und Umorganisationen – mit 40 Wochenstunden seinem vorherigen Beruf nachgeht.
3. § 6 Abs. 4 BB-BUZ E5 steht der wirksamen Leistungseinstellung zum 31.07.2019 nicht entgegen.
Zwar wird grundsätzlich die Leistungseinstellung danach nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden der Mitteilung wirksam.
Allerdings muss sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass er die späte Leistungs- und Nachprüfungsentscheidung wesentlich mit zu verantworten hat und diese ihm deswegen nicht zugute kommen kann. Die Mitteilung der Berufsunfähigkeit mittels Fragebogen vom 04.06.2019 erfolgte erst knapp vor Ende der Berufsunfähigkeit. Den Wegfall des „Autoverbots“ und die Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit hat der Kläger der Beklagten nicht angezeigt; vielmehr konnte diese von diesen Umständen erst im Rahmen der Leistungsprüfung Kenntnis erlangen, womit sich die Entscheidung weiter verzögerte. Hinzu kommt, dass der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen auf einen Fortbestand von Leistungen gehabt hat. Es kam nicht zu der Situation, dass der Kläger sich bereits auf den monatlichen Leistungsbezug eingestellt hätte und sich nach Kenntniserlangung der Einstellung während einer Übergangsphase den geänderten Umständen für seinen Lebensunterhalt anpassen können müsste.
II.
Mangels Anspruchs in der Hauptsache stehen dem Kläger auch die Nebenforderungen nicht zu.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.