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Berufsunfähigkeitsversicherung – Beginn und Ende der Leistungspflicht des Versicherers

Ein ehemaliger Geschäftsführer scheiterte vor dem Oberlandesgericht Brandenburg mit seiner Klage auf Berufsunfähigkeitsrente. Trotz zahlreicher gesundheitlicher Beschwerden, darunter Sarkoidose und Verdacht auf Herzerkrankung, erkannte das Gericht seine Berufsunfähigkeit nicht an. Gutachter bestätigten zwar Einschränkungen, sahen diese aber nicht als ausreichend für einen Leistungsanspruch an.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
  • Datum: 15.05.2024
  • Aktenzeichen: 11 U 20/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Berufsunfähigkeitsversicherung

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein ehemaliger selbstständiger Geschäftsführer, Vertriebsleiter und Verkaufscoach, der Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend machte. Der Kläger argumentierte, dass er aufgrund mehrerer Krankheiten berufsunfähig sei und das Landgericht Frankfurt (Oder) seine Beeinträchtigungen nicht ausreichend gewürdigt habe.
  • Beklagte: Eine Versicherungsgesellschaft, die die Ansprüche des Klägers auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung verweigerte. Sie verwies auf die medizinischen Gutachten, die keine ausreichende Berufsunfähigkeit belegten.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger verlangte von der Versicherung, Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum ab November 2011. Grundlage waren diverse ärztlich dokumentierte Erkrankungen. Das Landgericht hatte seine Klage abgewiesen, da es die erforderliche Berufsunfähigkeit von mindestens 50% nicht als nachgewiesen ansah.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob der Kläger ausreichend erkrankungsbedingte Berufsunfähigkeit nachweisen konnte, um Ansprüche gegenüber der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend zu machen. Zudem, ob das Landgericht die Beweismittel korrekt gewürdigt hatte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Oder) wurde bestätigt.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass der Kläger durch die vorgelegten medizinischen Gutachten keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit im fraglichen Zeitraum nachweisen konnte. Die verschiedenen Erkrankungen des Klägers führten nicht zu einer Beeinträchtigung seiner beruflichen Tätigkeit im erforderlichen Umfang von mindestens 50%.
  • Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen, und seine Ansprüche gegenüber der Versicherung bleiben abgelehnt. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen, was bedeutet, dass keine weiteren rechtlichen Möglichkeiten für den Kläger bestehen, diese Entscheidung anzufechten.

Gerichtsfall zeigt Herausforderungen der Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Berufsunfähigkeitsversicherung stellt für viele Menschen eine wichtige finanzielle Absicherung dar, falls sie ihren Beruf aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr ausüben können. Sie bietet Versicherungsschutz bei Invalidität und sichert das Einkommen ab, wenn die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Unfall beeinträchtigt wird.

Die vertraglichen Regelungen zur Leistungspflicht sind komplex und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören präzise definierte Versicherungsbedingungen, Nachweispflichten für Berufsunfähigkeit und individuelle Fristen für den Leistungsbeginn. Ein zentrales Element ist der Nachweis, dass der Versicherte seinen Beruf voraussichtlich dauerhaft nicht mehr ausüben kann.

Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall näher betrachtet, der die Grenzen und Auslegungen der Leistungspflicht bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Versicherer muss nicht für Berufsunfähigkeit bei multiplen Erkrankungen zahlen

Mann im Büro, durchblättert medizinische Unterlagen zur Berufsunfähigkeitsrente.
Berufsunfähigkeitsversicherung – Leistungsanspruch bei multiplen Erkrankungen | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Berufung eines ehemaligen Geschäftsführers und Vertriebsleiters gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) zurückgewiesen. Der Kläger hatte Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum von November 2011 bis Dezember 2016 gefordert.

Verschiedene Erkrankungen nicht ausreichend für Leistungsanspruch

Der selbstständig tätige Kläger machte multiple Erkrankungen geltend, darunter eine Sarkoidose im Röntgen-Stadium II, Verdacht auf koronare Herzerkrankung, Adipositas, Bluthochdruck, Prostatavergrößerung sowie weitere Beschwerden. Nach umfangreicher Beweisaufnahme durch mehrere medizinische Sachverständige konnte der Kläger jedoch nicht nachweisen, dass er aufgrund dieser Erkrankungen zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig war.

Sachverständige sehen keine erheblichen Einschränkungen

Die gerichtlich bestellten Sachverständigen bestätigten zwar gesundheitliche Beeinträchtigungen, sahen diese jedoch nicht als so gravierend an, dass sie den Kläger wesentlich in seiner beruflichen Tätigkeit eingeschränkt hätten. Die Sarkoidose führte nach Einschätzung der Experten zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von etwa 30 Prozent. Die anderen Erkrankungen hatten nach den gutachterlichen Feststellungen keine relevanten Auswirkungen auf die Berufstätigkeit. Der Verdacht auf eine Herzerkrankung bestätigte sich nicht, der Bluthochdruck war medikamentös gut eingestellt.

Keine Grundlage für zusätzliche Begutachtungen

Das Gericht sah auch keinen Anlass für weitere Gutachten etwa zu den später geltend gemachten urologischen Beschwerden oder einem möglichen Schmerzsyndrom. Die vorliegenden Sachverständigengutachten hätten die medizinische Situation umfassend geklärt. Eine chronische Schmerzerkrankung sei im relevanten Zeitraum nicht ausreichend belegt gewesen. Auch für eine psychische Erkrankung fanden sich in den ärztlichen Unterlagen keine konkreten Anhaltspunkte.

Rechtliche Bewertung des Gerichts

Nach den Versicherungsbedingungen hätte der Kläger nachweisen müssen, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen mindestens sechs Monate ununterbrochen zu 50 Prozent außerstande war, seinen Beruf auszuüben. Diesen Beweis konnte er nach Überzeugung des Gerichts nicht erbringen. Die später festgestellte Schwerbehinderung des Klägers hatte auf diese Beurteilung keinen Einfluss, da sie sich auf Einschränkungen im Alltagsleben bezieht und keine Aussage zur Berufsunfähigkeit trifft.


Die Schlüsselerkenntnisse

„Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Beurteilung einer Berufsunfähigkeit nicht die bloße Addition einzelner gesundheitlicher Einschränkungen ausschlaggebend ist, sondern eine Gesamtschau aller Beeinträchtigungen erfolgen muss. Für den Nachweis einer mindestens 50-prozentigen Berufsunfähigkeit reicht es nicht aus, wenn mehrere Erkrankungen vorliegen, sondern deren konkrete Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit müssen nachgewiesen werden. Das Gericht betont die Wichtigkeit einer umfassenden medizinischen Beweisführung durch Sachverständigengutachten.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Leistungen aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung beantragen möchten, müssen Sie konkret nachweisen, wie sich Ihre Erkrankungen auf Ihre berufliche Tätigkeit auswirken. Sammeln Sie dafür umfassende medizinische Dokumentationen und lassen Sie von Ihren Ärzten detailliert beschreiben, welche konkreten Einschränkungen sich für Ihre Berufstätigkeit ergeben. Auch wenn Sie unter mehreren Erkrankungen leiden, ist nicht deren bloße Anzahl entscheidend, sondern deren tatsächliche Auswirkung auf Ihre Arbeitsfähigkeit. Lassen Sie sich dabei von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten, um Ihre Ansprüche optimal durchsetzen zu können.

Benötigen Sie Hilfe?

Berufsunfähigkeitsanspruch abgelehnt? Wir helfen Ihnen weiter.

Das Urteil zeigt, wie wichtig eine detaillierte und umfassende Beweisführung bei der Beantragung von Berufsunfähigkeitsleistungen ist. Gerade bei multiplen Erkrankungen ist es entscheidend, die konkreten Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit nachzuweisen. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation und die Expertise erfahrener Rechtsanwälte.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen. Gemeinsam analysieren wir Ihre Situation, prüfen die Erfolgsaussichten und erarbeiten die optimale Strategie für Ihr Anliegen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie beweise ich meine Berufsunfähigkeit bei mehreren gleichzeitig auftretenden Erkrankungen?

Der Nachweis der Berufsunfähigkeit bei mehreren gleichzeitig auftretenden Erkrankungen erfolgt durch eine umfassende medizinische Dokumentation, die das Zusammenwirken der verschiedenen Erkrankungen und deren Auswirkungen auf Ihre berufliche Leistungsfähigkeit belegt.

Medizinische Nachweise

Die Gesamtheit aller gesundheitlichen Einschränkungen ist entscheidend, nicht die einzelnen Krankheiten für sich genommen. Für einen erfolgreichen Nachweis benötigen Sie:

  • Detaillierte ärztliche Berichte mit Diagnosen und Prognosen zur voraussichtlichen Dauer der Beeinträchtigung
  • Ausführliche Dokumentation Ihrer beruflichen Tätigkeit mit genauen Angaben zu Ihren Aufgaben
  • Unterlagen über Ihren beruflichen Werdegang

Dokumentation der Berufsunfähigkeit

Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist eine präzise Darstellung des Zusammenwirkens der verschiedenen Erkrankungen erforderlich. Erstellen Sie eine detaillierte schriftliche Tätigkeitsbeschreibung Ihres Berufsalltags vor der Erkrankung, die die Art, Häufigkeit und Dauer der unterschiedlichen körperlichen und geistigen Belastungen aufzeigt.

Begutachtungsprozess

Der Versicherer wird in der Regel einen medizinischen Gutachter beauftragen, der die verbliebene Leistungsfähigkeit untersucht. Der Gutachter muss dabei:

  • Die angegebenen Beschwerden auf Plausibilität prüfen
  • Die Beeinträchtigungen durch medizinische Untersuchungen objektivieren
  • Die konkreten Auswirkungen auf den Berufsalltag dokumentieren

Bei der Begutachtung ist wichtig, dass Sie mindestens 50 Prozent Ihrer gewöhnlichen Tätigkeiten nicht mehr ausüben können und dieser Zustand für mindestens sechs Monate in die Zukunft prognostiziert wird.


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Welche Rolle spielen Sachverständigengutachten bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit?

Sachverständigengutachten sind für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit von zentraler und entscheidender Bedeutung. Wenn Sie einen Antrag auf Leistungen aus Ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung stellen, wird der Versicherer in der Regel einen medizinischen Gutachter beauftragen, um Ihre verbliebene Leistungsfähigkeit zu überprüfen.

Ablauf der Begutachtung

Der vom Versicherer beauftragte Gutachter untersucht, ob die angegebenen Beschwerden realistisch und wahrheitsgemäß sind und wie diese sich auf Ihren konkreten Berufsalltag auswirken. Dabei wird ein Vergleich Ihrer beruflichen Tätigkeit in gesunden Tagen mit dem Berufsalltag seit der Erkrankung vorgenommen.

Anforderungen an Gutachter

An die Gutachter werden strenge fachliche Anforderungen gestellt. Sie müssen:

  • Facharzt für das erforderliche Fachgebiet sein
  • Fortbildungsnachweise auf ihrem Fachgebiet vorweisen
  • Praktische Erfahrung in der Begutachtung haben
  • Arbeitsmedizinische Kenntnisse bei Fragen zur Berufsunfähigkeit besitzen

Bedeutung für die Leistungsentscheidung

Der Gutachter stellt ausschließlich die medizinischen Sachverhalte fest – die finale Entscheidung über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit trifft der Versicherer. Aus dem Gutachten muss jedoch eindeutig hervorgehen, dass zwischen der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der Berufsunfähigkeit ein direkter Zusammenhang besteht.

Wenn der Gutachter zu dem Schluss kommt, dass keine Berufsunfähigkeit vorliegt, wird der Leistungsantrag in der Regel abgewiesen. In diesem Fall können Sie ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, das die Einschätzung des ersten Gutachters überprüft. Sollten sich die Gutachten widersprechen, werden sie in einem eventuellen Gerichtsverfahren gleichwertig berücksichtigt.


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Ab welchem Grad der Berufsunfähigkeit besteht ein Leistungsanspruch?

Ein Leistungsanspruch aus der Berufsunfähigkeitsversicherung besteht in der Regel, wenn Sie zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig sind. Bei diesem Grad der Berufsunfähigkeit wird die volle vereinbarte BU-Rente ausgezahlt.

Berechnung des BU-Grades

Der Grad der Berufsunfähigkeit wird durch einen vom Versicherer beauftragten Gutachter festgelegt. Dabei werden zwei wesentliche Aspekte berücksichtigt:

Quantitative Betrachtung: Die reine Betrachtung der Arbeitsstunden ist nur ein Indiz. Wenn Sie beispielsweise normalerweise 40 Stunden pro Woche arbeiten und nur noch 20 Stunden arbeiten können, liegt eine Einschränkung von 50 Prozent vor.

Qualitative Betrachtung: Entscheidend sind auch die prägenden Tätigkeiten Ihres Berufs. Können Sie wesentliche Kernaufgaben nicht mehr ausführen, kann eine Berufsunfähigkeit auch dann vorliegen, wenn der zeitliche Anteil dieser Tätigkeiten unter 50 Prozent liegt.

Besondere Regelungen

Einige Versicherer bieten alternative Leistungsstaffeln an:

  • Teilweise Leistung bereits ab 25 Prozent Berufsunfähigkeit
  • Volle Leistung erst ab 75 Prozent Berufsunfähigkeit

Die Standardregelung mit voller Leistung ab 50 Prozent ist jedoch am häufigsten verbreitet.

Zeitliche Komponente

Neben dem Grad der Berufsunfähigkeit muss auch eine zeitliche Komponente erfüllt sein. Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss voraussichtlich mindestens 6 Monate andauern. Ist diese Prognose gegeben und liegt der Grad der Berufsunfähigkeit über 50 Prozent, besteht ein Anspruch auf die volle versicherte BU-Rente.


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Welchen Einfluss hat ein Schwerbehindertenausweis auf den Anspruch aus der Berufsunfähigkeitsversicherung?

Der Grad der Behinderung (GdB) und die Berufsunfähigkeit stehen in keinem direkten Zusammenhang zueinander. Ein hoher GdB führt nicht automatisch zu einem Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Unterschiedliche rechtliche Grundlagen

Die Bewertung einer Schwerbehinderung erfolgt nach dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), während die Berufsunfähigkeit nach dem SGB VI und den jeweiligen Versicherungsbedingungen beurteilt wird. Sie können einen GdB von 100 haben und trotzdem wird Ihr Antrag auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung abgelehnt.

Maßgebliche Kriterien für die Berufsunfähigkeit

Für den Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ist entscheidend, ob Sie Ihren zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben können. Die Versicherung prüft dabei:

  • Die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsplatzes
  • Die Art der Tätigkeit
  • Die tatsächlichen gesundheitlichen Einschränkungen bei der Berufsausübung

Bedeutung ärztlicher Befunde

Ärztliche Befundberichte sind sowohl für die Feststellung des GdB als auch für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit wichtig. Dabei werden die Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen auf die konkrete berufliche Tätigkeit bewertet. Ein Kardiologe oder Psychiater kann beispielsweise in seinem Bericht Einschränkungen dokumentieren, die für beide Bewertungen relevant sind.

Wenn Sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchten, müssen Sie Ihren Gesundheitszustand vollständig offenlegen. Dabei kann eine bestehende Schwerbehinderung dazu führen, dass Versicherungen den Antrag ablehnen oder nur mit Einschränkungen annehmen.


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Welche zeitlichen Voraussetzungen müssen für einen Leistungsanspruch erfüllt sein?

Dauer der gesundheitlichen Beeinträchtigung

Sie haben Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung, wenn Sie voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50% außerstande sind, Ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben. Die Berufsunfähigkeit gilt dabei ab Beginn dieses sechsmonatigen Zeitraums als eingetreten.

Meldefrist und Anzeigepflicht

Wenn Sie berufsunfähig werden, müssen Sie dies Ihrer Versicherung innerhalb einer bestimmten Frist mitteilen. Die Meldefrist beträgt je nach Versicherungsvertrag zwischen einem und drei Monaten nach Eintritt der Berufsunfähigkeit. Bei einer verspäteten Meldung entstehen die Leistungsansprüche erst mit Beginn des Monats der Mitteilung.

Leistungsdauer und Vertragslaufzeit

Die Versicherung zahlt die BU-Rente, solange die Berufsunfähigkeit andauert und die vertraglich vereinbarte Leistungsdauer nicht überschritten wird. Der Leistungsanspruch endet, wenn:

  • Sie nicht mehr berufsunfähig sind
  • Sie versterben
  • Die vereinbarte Leistungsdauer abläuft

Nachprüfung der Berufsunfähigkeit

Nach Anerkennung der Berufsunfähigkeit kann die Versicherung regelmäßig überprüfen, ob die gesundheitlichen Einschränkungen weiterhin bestehen. Statistisch gesehen leisten noch etwa 60% der BU-Verträge 5 Jahre nach Anerkennung der Berufsunfähigkeit, nach 10 Jahren sind es noch 34%.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Berufsunfähigkeit

Eine Person gilt als berufsunfähig, wenn sie aufgrund von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben. Nach gängigen Versicherungsbedingungen muss die Einschränkung mindestens 50% betragen und voraussichtlich mindestens 6 Monate andauern. Die Beurteilung erfolgt anhand der konkreten beruflichen Tätigkeit und deren spezifischen Anforderungen. Maßgeblich ist § 172 VVG.

Beispiel: Ein Chirurg mit starkem Tremor kann operativ nicht mehr tätig sein, kann aber eventuell noch andere ärztliche Tätigkeiten ausüben.


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Erwerbsfähigkeit

Die Fähigkeit, durch berufliche Tätigkeit Einkommen zu erzielen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit wird in Prozent angegeben und beschreibt, wie stark die Arbeitskraft im Vergleich zu einem gesunden Menschen eingeschränkt ist. Die Beurteilung erfolgt durch medizinische Gutachter anhand standardisierter Kriterien. Rechtliche Grundlage ist § 43 SGB VI.

Beispiel: Eine 30%ige Minderung bedeutet, dass die Person noch 70% ihrer ursprünglichen Arbeitsleistung erbringen kann.


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Versicherungsbedingungen

Die detaillierten vertraglichen Regelungen zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer, die Leistungsvoraussetzungen, Ausschlüsse und Pflichten festlegen. Sie definieren präzise, wann ein Versicherungsfall vorliegt und welche Nachweise erbracht werden müssen. Grundlage ist § 1 VVG in Verbindung mit den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB).

Beispiel: Eine typische Klausel definiert Berufsunfähigkeit ab 50% Einschränkung für mindestens 6 Monate.


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Sachverständigengutachten

Eine fundierte medizinische oder technische Einschätzung durch einen gerichtlich bestellten, neutralen Experten. Der Sachverständige untersucht den Sachverhalt nach wissenschaftlichen Kriterien und erstellt eine objektive Bewertung als Entscheidungsgrundlage für das Gericht. Geregelt in §§ 402-414 ZPO.

Im Kontext der Berufsunfähigkeit beurteilen medizinische Sachverständige den Gesundheitszustand und die daraus resultierenden beruflichen Einschränkungen.


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Leistungspflicht

Die rechtliche Verpflichtung des Versicherers, bei Eintritt des vereinbarten Versicherungsfalls die vertraglich zugesagten Leistungen zu erbringen. Sie beginnt, wenn alle im Vertrag definierten Voraussetzungen erfüllt und nachgewiesen sind. Geregelt in § 14 VVG.

Beispiel: Bei nachgewiesener 50%iger Berufsunfähigkeit muss die Versicherung die vereinbarte monatliche Rente zahlen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 7 – Berufsunfähigkeitsversicherung: Das VVG regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen von Versicherungsverträgen in Deutschland. Insbesondere § 7 beschäftigt sich mit den Bedingungen und Leistungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen. Er legt fest, unter welchen Umständen Versicherungsschutz besteht und welche Pflichten der Versicherungsnehmer hat.

    Im vorliegenden Fall ist die Berufsunfähigkeitsversicherung des Klägers zentral. Die Ablehnung der Leistung durch die Beklagte basiert auf der Interpretation der vertraglichen Bedingungen gemäß § 7 VVG, insbesondere hinsichtlich der Feststellung der Berufsunfähigkeit.

  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 44 – Nachversicherungsgarantie: Dieser Paragraph ermöglicht es dem Versicherungsnehmer, unter bestimmten Voraussetzungen den Versicherungsschutz ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erweitern. Er stellt sicher, dass der Versicherungsschutz an veränderte Lebensumstände angepasst werden kann.

    Der Kläger hatte seine Berufsunfähigkeitsversicherung bis zum 1. August 2024 laufen. Die Nachversicherungsgarantie könnte relevant sein, um zu prüfen, ob und wie der Versicherungsschutz während der Vertragslaufzeit angepasst oder erweitert werden konnte, insbesondere im Kontext der eingetretenen gesundheitlichen Veränderungen.

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 631 – Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag: Obwohl primär für Werkverträge relevant, stellt § 631 grundlegende Verpflichtungen dar, die auch bei Versicherungsverträgen Anwendung finden können, wie die Erbringung der vereinbarten Leistung und die Zahlung der Prämie.

    Im Fall des Klägers steht die Verpflichtung der Versicherung zur Leistungserbringung im Mittelpunkt. § 631 BGB dient als Grundlage für die vertraglichen Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten hinsichtlich der Auszahlung der Berufsunfähigkeitsleistungen.

  • Zivilprozessordnung (ZPO) §§ 286 – 310 – Beweislast und Beweisverwertung: Diese Vorschriften regeln, wie Beweise im Zivilprozess zu erbringen und bewertet werden müssen. Sie bestimmen die Verteilung der Beweislast zwischen den Parteien und die Anforderungen an die Beweisführung.

    Das Landgericht bewertete die vorgelegten ärztlichen Gutachten und Zeugenaussagen im Hinblick auf die Berufsunfähigkeit des Klägers. Die ZPO-Vorschriften waren entscheidend für die Bewertung der Beweislage und letztlich für die Entscheidung, ob die Berufsunfähigkeit ausreichend nachgewiesen wurde.

  • Versicherungsvertragsgesetz (VVG) § 46 – Leistungspflicht und Leistungsumfang: § 46 VVG definiert die genauen Bedingungen, unter denen die Versicherung zur Leistung verpflichtet ist, inklusive der Umfang der Leistungen und etwaiger Ausschlüsse.

    Die Beklagte begründete die Ablehnung des Leistungsanspruchs des Klägers unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 46 VVG. Es war zu klären, ob die vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers den vertraglich festgelegten Leistungsumfang erfüllen oder ausschließen.


Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 11 U 20/23 – Urteil vom 15.05.2024


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