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Berufsunfähigkeitsversicherung – Auswirkung Prämienerhöhung auf Versicherungsleistung

OLG Hamm – Az.: 20 U 182/19 – Urteil vom 04.09.2020

Die Berufung des Klägers gegen das am 29. August 2019 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Höhe der vertragsgemäß zu erbringenden Rentenzahlung aus zwei Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungsverträgen.

Für den Kläger bestanden bei der Beklagten zwei Verträge über jeweils eine Risikolebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Der erste Vertrag wurde im Dezember 1995 geschlossen, der zweite im September 1997, beide mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten.

Vereinbart war eine Dynamisierung von Prämie und Versicherungsleistung.

Dazu heißt es in den vom Kläger unterzeichneten Antragsformularen jeweils (Bl. 255 / 275 der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden: eGA-I):

Planmäßige Erhöhung von Beitrag und Leistung  Ja X(siehe Schlusserklärung Nr. 10)

mit normaler Beitragserhöhung, mindestens aber um6 % jährlich   Ja

mit gleichbleibender Beitragserhöhung, mindestens 6 % höchstens aber um 10 % jährlich?       [ 1 | 0 ] %  Ja X

Die Schlusserklärung Nr. 10, auf die in den Anträgen verwiesen wird, lautet (eGA-I 150):

10. Planmäßige Erhöhung (WZA)Ist die planmäßige Erhöhung von Beitrag und Leistung beantragt, so erhöht sich an jedem Jahrestag des Versicherungsbeginns

a) bei Kapitalversicherungen der Beitrag gemäß den „Besonderen Bedingungen für die Lebensversicherung mit planmäßiger Erhöhung der Beiträge und Leistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung“

b) bei der Einzel-Unfallversicherung die Versicherungssumme(n) gemäß den „Besonderen Bedingungen für die Lebensversicherung mit planmäßiger Erhöhung von Leistung und Beitrag“

Die Erhöhungen erfolgen entweder um den Prozentsatz, um den der Höchstbetrag zur gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten seit dem vorherigen Jahrestag angehoben wurde, mindestens jedoch um 6 Prozent (normale Erhöhung) oder aber um einen festen Prozentsatz.[…]

Die dem Kläger nach Antragstellung übersandten „Besonderen Bedingungen für die Lebensversicherung mit planmäßiger Erhöhung der Beiträge und Leistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung“ enthalten in § 3 folgende Regelung (eGA-I 152):

„§ 3 Wonach errechnen sich die erhöhten Versicherungsleistungen?

(1) Die Erhöhung der Versicherungsleistungen errechnet sich nach dem am Erhöhungstermin erreichten Alter der versicherten Person, der restlichen Beitragszahlungsdauer und einem eventuell vereinbarten Beitragszuschlag. Die Versicherungsleistungen erhöhen sich nicht im gleichen Verhältnis wie die Beiträge.

(2) Die Versicherungsleistungen aus etwa eingeschlossenen Zusatzversicherungen erhöhen sich grundsätzlich im selben Verhältnis wie die der Hauptversicherung. Eine Berufsunfähigkeitsrente erhöht sich jedoch ab dem Kalenderjahr, in dem die versicherte Person 55 Jahre alt wird, nicht mehr. […]

In den jeweils dem Kläger zugesandten Versicherungsscheinen ist Folgendes niedergelegt (eGA-I 31 / 67):

„Zu dieser Versicherung ist die planmäßige Erhöhung der Beiträge und Leistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung vereinbart.“

In den Tarifinformationen findet sich Folgendes (eGA-I 147):

Die Wertzuwachs-Automatik

Damit Ihr Versicherungsschutz wertstabil bleibt, vereinbaren Sie eine planmäßige Erhöhung der Beiträge und Leistungen. Dann erhöhen sich jährlich der Beitrag, die Versicherungssumme und etwaige Zusatz-Leistungen automatisch.

Maßgebend für die Beitragserhöhung ist der Prozentsatz, um den der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung steigt, mindestens aber erfolgt eine Erhöhung um 6 %. Es kann auch ein gleichbleibender Prozentsatz – 6, 7, 8, 9 oder 10 % – vereinbart werden.

Die Beklagte erhöhte während der Vertragslaufzeit sowohl die Prämie als auch die Rentenhöhe und teilte dies dem Kläger fortlaufend mit. Die Prämienzahlungen wurden dabei jeweils um 10 % erhöht, die Versicherungsleistung um einen Prozentsatz zwischen 8,0 % und 9,8 %. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die vom Kläger zur Akte gereichte Berechnung (eGA-I 191).

Vereinbarungsgemäß (§ 3 Abs. 2 S. 2 der Besonderen Bedingungen) endete die Dynamisierung im Jahr 2008, als der Kläger 55 Jahre alt wurde.

Ab dem 01.04.2013 bezog der Kläger wegen einer zwischen den Parteien unstreitigen Berufsunfähigkeit Leistungen aus beiden Verträgen.

Die Laufzeit des im Jahre 1997 geschlossenen Vertrages endete zum 01.09.2019 (eGA-I 67), diejenige des im Jahre 1995 geschlossenen Vertrages zum 01.12.2019 (eGA-I 31). Zu den genannten Zeitpunkten stellte die Beklagte die Leistungsgewährung ein.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe aus beiden Verträgen für die Zeit vom Eintritt des Versicherungsfalls bis zum Ablauf des jeweiligen Vertrages ein höherer Betrag zu, denn die Beklagte sei nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung auch zu einer Erhöhung der Rente mit einem festen Satz von 10 % jährlich verpflichtet gewesen.

Der Kläger hat die Rückstände mit 65.212,- EUR bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung berechnet und daneben die Feststellung begehrt, dass die Beklagte auch für die Zeit nach Klageerhebung verpflichtet sei, die Rentenleistung auf der Grundlage einer jährlichen Dynamisierung von 10 % zu erbringen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Dynamisierung mit einem festen Satz von 10 % sei vertraglich nicht vereinbart. Das Bedingungswerk erwecke entgegen der Ansicht des Klägers nicht den Eindruck, als sei eine solche Dynamisierung vereinbart, sondern bringe im Gegenteil hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass nur die Erhöhung der Prämie nach dem starren Satz von 10 % vorgenommen werde, nicht aber die Dynamisierung der Rente.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (eGA-I 441 ff.).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er meint, aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei das Bedingungswerk so zu verstehen, dass nicht nur die Prämie, sondern auch die Rentenhöhe bis zum Erreichen des Alters von 55 Jahren mit einem festen Satz von 10 % zu dynamisieren gewesen sei. Zudem behauptet er, ihm seien im Zuge der Vertragsanbahnung jeweils Bedingungswerke übersandt worden, in denen § 3 Abs. 1 eine andere Fassung gehabt habe als in den AVB, die ihm auf seinen Antrag hin übersandt wurden. Abs. 1 habe dort gelautet:

Die Erhöhung der Versicherungsleistungen errechnet sich nach dem am Erhöhungstermin erreichten rechnungsmäßigen Alter der versicherten Person(en), der restlichen Beitragszahlungsdauer und einem eventuell vereinbarten Beitragszuschlag. Im übrigen gilt der jeweilige von der Aufsichtsbehörde genehmigte Geschäftsplan.

Wegen des weiteren Inhalts dieser abweichenden Fassung der Besonderen Bedingungen wird verwiesen auf Anlage K 11 zum Schriftsatz des Klägers vom 04.07.2019 (eGA-I 368). Daher – so der Kläger – sei jedenfalls der erste Vertrag auf der Grundlage dieser älteren Bedingungen zustande gekommen.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagte in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 65.212,- EUR nebst Zinsen und zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu verurteilen sowie festzustellen, dass die Beklagte auch die im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht fälligen Rentenleistungen entsprechend einer zehnprozentigen Dynamisierung zur Auszahlung zu bringen habe.

Nunmehr beantragt er nach dem Ende der Laufzeit beider Verträge, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 65.212,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2018 sowie weitere 9.811,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2020 sowie schließlich vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.879,09 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung und erklärt sich mit Nichtwissen zu der behaupteten Übersendung anderer Besonderer Bedingungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 04.09.2020 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet.

1.

Dem Kläger stehen aus den zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverträgen in Verbindung mit § 1 S. 1 VVG keine weitergehenden Ansprüche auf Zahlung restlicher Berufsunfähigkeitsrente gegen die Beklagte zu.

Entgegen der Auffassung des Klägers dynamisierte die Beklagte die zu zahlenden Renten zutreffend, so dass sämtliche Ansprüche des Klägers gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt sind.

a)

Die Parteien vereinbarten wirksam, dass lediglich die Prämie mit einem festen Satz von 10 % erhöht werden sollte, während die Erhöhung der Versicherungsleistung davon abweichen konnte.

Dies ergibt sich aus den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Aus dem Antrag selbst ergibt sich nichts anderes.

aa)

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Maßgeblich sind grundsätzlich die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und dessen Interessen. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen, wobei der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln zusätzlich zu berücksichtigen sind, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (st. Rspr, vgl. z.B. BGH, Urteil vom 06.07.2016 – IV ZR 44/15, VersR 2016, 1177, juris Rn. 17).

Vorliegend kann dahinstehen, ob hier ausnahmsweise auf die Verständnismöglichkeiten eines Juristen abzustellen ist, weil der Kläger die Versicherungsverträge seinerzeit mit der „Sonderabteilung E“ der Rechtsvorgängerin der Beklagten abschloss, und diese üblicherweise nur Anwälte und Notare als Personenkreis ansprach (vgl. zu einer solchen Ansprache eines beschränkten Personenkreises z.B. BGH, Urteil vom 25.05.2011 – IV ZR 117/09, VersR 2011, 918, juris Rn. 22).

Denn auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne juristische Kenntnisse kann den hier maßgeblichen vertraglichen Regelungen entnehmen, dass die im Falle einer Berufsunfähigkeitsrente zu zahlende Rente nicht mit einem festen Satz von jährlich 10 % zu erhöhen ist.

(1)

Das ergibt sich deutlich aus § 3 Abs. 1 der „Besonderen Bedingungen für die Lebensversicherung mit planmäßiger Erhöhung der Beiträge und Leistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung“ (im Folgenden: „Besondere Bedingungen“).

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die von der Beklagten überreichten Besonderen Bedingungen (eGA-I 152) Vertragsinhalt geworden sind oder denkbarerweise – weil ein Agent der Beklagten dem Kläger zuvor die älteren Bedingungen übermittelt hatte und diese für die Beklagte qua Zurechnung (Agent) erkennbar dem Antrag zugrunde lagen – diejenigen, von denen der Kläger behauptet, sie seien ihm im Zuge der Vertragsanbahnung ausgehändigt worden (eGA-II 368).

Denn beide Fassungen enthalten jeweils übereinstimmend in § 3 Abs. 1 die ausdrückliche Regelung, dass sich „die Erhöhung der Versicherungsleistungen […] nach dem am Erhöhungstermin erreichten Alter der versicherten Person, der restlichen Beitragszahlungsdauer und einem eventuell vereinbarten Beitragszuschlag [errechnet].“ Schon daraus wird auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne rechtliche Spezialkenntnisse unmissverständlich klar, dass die Erhöhung der Versicherungsleistung nicht zu einem festen Prozentsatz erfolgt, sondern von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Ebenso deutlich wird, dass der vereinbarte Beitragszuschlag nur einer von mehreren solcher Faktoren ist.

Darauf, dass die mit dem Versicherungsschein von der Beklagten übersandten Besonderen Bedingungen in § 3 Abs. 1 S. 2 noch den klarstellenden Zusatz enthalten, dass die Versicherungsleistungen […] sich nicht im gleichen Verhältnis wie die Beiträge [erhöhen]“, kommt es angesichts dessen nicht an. Denn auch ohne diesen Zusatz wird hinreichend deutlich, dass die Leistungsanpassung nicht zwangsläufig der Prämienanpassung entspricht, sondern gesondert berechnet wird (a.A. selbst für den Fall, dass in den Besonderen Bedingungen ein Satz wie hier in § 3 Abs. 1 S. 2 enthalten ist, Neuhaus, in: Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Aufl. 2020, Kap. 4 Rn. 34).

Es ist auch nicht etwa so, dass bei Geltung der älteren Bedingungen deshalb feste Erhöhungen der Leistungen um jeweils 10 % oder auch nur sonst höhere Leistungen geschuldet wären, weil bei dem Vertragsschluss im Dezember 1995 ein von der Aufsichtsbehörde genehmigter Geschäftsplan nicht mehr vorlag. Es wäre dann möglicherweise eine ergänzende Vertragsauslegung geboten. Diese hätte sich zu orientieren an „dem am Erhöhungstermin erreichten rechnungsmäßigen Alter der versicherten Person(en), der restlichen Beitragszahlungsdauer und einem eventuell vereinbarten Beitragszuschlag“. Sie würde, da auch der Kläger nicht geltend macht, die Beklagte habe die Leistungserhöhungen „versicherungsmathematisch“ falsch berechnet, zu keinem anderen Ergebnis führen.

(2)

An dem vorstehenden Auslegungsergebnis ändert sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb etwas, weil in den Vertragsunterlagen an anderen Stellen mehrfach – in den Anträgen, der Schlusserklärung Nr. 10, den Versicherungsscheinen und den Tarifinformationen – von einer „planmäßigen Erhöhung von Prämie und Leistung“ die Rede ist, ohne dass dort explizit deutlich gemacht würde, dass die Erhöhung jeweils unterschiedlichen Regelungen folgt.

In keiner dieser Regelungen findet sich eine Aussage dahingehend, dass die Versicherungsleistungen jährlich um einen festen Satz von 10 % steigen sollen. Im Gegenteil sprechen beispielsweise die Tarifinformationen ausdrücklich davon, dass die Beitragserhöhung nach einem gleichbleibenden Prozentsatz erfolgen könne, enthalten aber keine Aussage darüber, wie die Leistungen zu erhöhen sind. Allein der in den Tarifinformationen, aber auch im Antrag, in der Schlusserklärung Nr. 10 und in den Versicherungsscheinen enthaltenen Wendung „planmäßige Erhöhung von Prämie und Leistung“ wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer im Hinblick auf die deutliche Regelung in § 3 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen nicht entnehmen, dass beide Größen zwangsläufig gleichmäßig erhöht werden. Dies gilt umso mehr, als eine exakt gleiche prozentuale Erhöhung von Betrag und Leistung auch – wie unten noch ausgeführt wird – den für den Versicherungsnehmer erkennbaren Interessen des Versicherers zuwider läuft. Zu der Frage, wie genau sich die Leistungen erhöhen, sind die zitierten Formulierungen offen.

Daher liegt auch keine Abweichung zwischen den Anträgen des Klägers und dem Inhalt des Versicherungsscheins im Sinne von § 5 Abs. 1, 3 VVG a.F. vor, und zwar selbst dann nicht, wenn die Anträge oder jedenfalls der Antrag zum ersten Vertrag – wie der Kläger meint – auf der Grundlage der ihm zuvor überlassenen abweichenden „Besonderen Bedingungen“ gestellt worden sein sollten.

bb)

Die vertraglichen Regelungen, insbesondere § 3 der „Besonderen Bedingungen für die Lebensversicherung mit planmäßiger Erhöhung der Beiträge und Leistungen ohne erneute Gesundheitsprüfung“, sind auch (zu dem Verweis auf den genehmigten Geschäftsplan in den älteren Bedingungen siehe bereits oben) wirksam.

(1)

Die Klausel in § 3 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen ist weder bezogen auf ihren Inhalt noch auf den Standort überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 5 Abs. S. 2 EGBGB.

(a)

In inhaltlicher Hinsicht ist eine Klausel überraschend und deshalb unwirksam, wenn ihr Regelungsgehalt objektiv ungewöhnlich ist und zwischen ihm und den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers eine so deutliche Diskrepanz besteht, dass der Versicherungsnehmer damit vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte (BGH, Urteil vom 21.07.2011 – IV ZR 42/10, VersR 2011, 1257, juris Rn. 16; BGH, Beschluss vom 06.07.2011 – IV ZR 217/09, VersR 2012, 48, juris Rn. 19).

Vorliegend ist die Klausel weder objektiv ungewöhnlich, noch weicht ihr Inhalt von den berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers ab.

Auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer liegt es nahe, dass der Versicherer den sukzessive um jeweils 10 % erhöhten Beitrag wegen der begrenzten Vertragslaufzeit umso kürzer erhält, je weiter die Dynamisierung voran schreitet. Schon daraus ergibt sich, dass die Erhöhung der Versicherungsleistung nicht ohne Weiteres der Erhöhung der Beiträge entsprechen kann, sondern selbstständig kalkuliert werden müssen (vgl. zu diesem Aspekt Winter, in: Bruck/Möller, a.a.O., C 236; vgl. auch Prölss/Martin-Schneider, VVG, 30. Aufl. 2018, vor § 150 Rn. 29).

Ein Versicherungsnehmer muss deshalb vernünftigerweise damit rechnen, dass der Versicherer entweder die Steigerung der Prämie festschreiben wird – dann aber die Erhöhung der Leistung gesondert versicherungsmathematisch berechnen muss – oder eine feste Erhöhung der Leistung vorsehen kann – dann aber die daraus resultierende Prämiensteigerung in der Höhe unterschiedlich sein kann. Eine berechtigte Erwartung des Versicherungsnehmers dahingehend, dass die Erhöhung der Leistung der Erhöhung der Prämie bezogen auf den Prozentsatz exakt entsprechen muss, gibt es nicht (a.A. Neuhaus, a.a.O., Kap. 4 Rn. 34, der meint, es liege ein „Sammelsurium aus Begrifflichkeiten“ vor, das für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer „nicht durchschaubar und häufig überraschend“ sei).

(b)

Schließlich steht § 3 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen vorliegend auch nicht in einem systematischen Zusammenhang, in dem der Versicherungsnehmer eine solche Regelung nicht zu erwarten brauchte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.07.2010 – XII ZR 189/08, NJW 2010, 3152, juris Rn. 27 [nicht versicherungsrechtlich]).

(2)

§ 3 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen hält zudem einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB stand.

(a)

Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Festlegung des genauen Ausmaßes der Rentenerhöhung um eine Leistungsbezeichnung handelt, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr vorläge, mit der Folge, dass eine derartige Leistungsbezeichnung der Inhaltskontrolle anhand von § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 1 BGB gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB entzogen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2007 – IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690, juris Rn. 13).

Denn jedenfalls benachteiligt § 3 der Besonderen Bedingungen den Versicherungsnehmer nicht gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB unangemessen.

Es ist anerkannt, dass eine Dynamisierung der Leistung in der Lebensversicherung (und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung) in der Weise erfolgen kann, dass die vertraglich festgelegte Erhöhung an die Versicherungsprämie anknüpft und daraus in der Folge eine Leistungssteigerung resultiert („Prämienprimat“, vgl. dazu Winter, in: Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., Band 5/2, C 231). Die Vereinbarung der Dynamisierung bezieht sich in diesen Fällen primär auf die Erhöhung der Versicherungsprämie, die dann zu einer gesondert zu berechnenden Erhöhung der Versicherungsleistung führt (OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.04.2001 – 5 U 670/00, VersR 2001, 1405, juris Rn. 24). Dadurch wird der Versicherungsnehmer aus den schon dargelegten Gründen nicht unangemessen benachteiligt. Diese Vertragsgestaltung dient seinen Interessen insofern, als er von Anfang an sicher beurteilen kann, welchen Prämienzahlungen er in Zukunft ausgesetzt sein wird. Dass daraus in der Folge resultiert, dass die Leistungssteigerung gesondert zu berechnen ist, liegt in der Natur der Sache und stellt keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Will dieser sichergehen, dass er eine prozentual festgelegte Leistungssteigerung erhält, kann er einen Vertrag nach dem „Leistungsprimat“ abschließen, muss dann aber in Kauf nehmen, dass die Höhe der zu zahlenden Prämien in der Zukunft gesondert berechnet werden muss.

(b)

§ 3 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, das gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch bei wesentlichen Leistungsbezeichnungen zu beachten ist.

Das Transparenzgebot verlangt vom Versicherer, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (st. Rspr, vgl. z.B. BGH, Urteil vom 11.07.2012 – IV ZR 164/11, VersR 2012, 1237, juris Rn. 40 m.w.N.).

Wie bereits ausgeführt verdeutlicht § 3 Nr. 1 der Besonderen Bedingungen seinem eindeutigen Wortlaut nach, dass die Erhöhung der Leistung prozentual nicht exakt der Erhöhung der Prämien entsprechen muss, sondern von einer Berechnung abhängt, in die auch andere Faktoren einfließen.

Eine genauere Darstellung dieser Berechnung war auch im Hinblick auf das Transparenzgebot nicht geboten.

Zwar kann der Versicherungsnehmer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht präzise ersehen, in welcher genauen Höhe ihm im Falle des späteren Eintritts eines Versicherungsfalls Leistungen zustehen werden. Angesichts der Komplexität der dafür anzustellenden versicherungsmathematischen Berechnungen und auch angesichts der verschiedenen möglichen Entwicklungen – etwa, weil der Versicherungsnehmer einzelnen Erhöhungen widerspricht – würde eine nähere Darstellung die Allgemeinen Versicherungsbedingungen jedoch völlig überfrachten und so nicht zu einer höheren Klarheit führen. Schon deshalb fehlt es an einem Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.

Unabhängig von dem Vorstehenden kommt hinzu, dass eine Verletzung des Transparenzgebots nicht schon dann gegeben ist, wenn der Versicherte keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Versicherte von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Erst in der Gefahr, dass der Versicherte wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S. von § 307 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 16.01.2013 – IV ZR 232/10, VersR 2013, 344, juris Rn. 18 m.w.N.). Da vorliegend die Auslegung der vertraglichen Erklärungen wie dargelegt aber gerade ergibt, dass dem Kläger kein Anspruch auf eine Erhöhung der Rentenleistung mit einem festen Satz von 10 % zusteht, kann er dadurch, dass dies nicht noch klarer zum Ausdruck kommt, nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden.

b)

Dass der Beklagten bei der Berechnung der Dynamisierung der Versicherungsleistung sonstige Fehler unterliefen, macht der Kläger nicht geltend.

2.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Insbesondere hat die vorliegende Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

Solche kommt einem Rechtsstreit zu, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und die deshalb das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (st. Rspr., vgl. statt vieler BGH, Beschluss vom 10.12.2003 – IV ZR 319/02, VersR 2004, 225, juris Rn. 16). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 08.122010 – 1 BvR 381/10, NJW 2011, 1277, juris Rn. 12). Maßgeblich für die Frage, ob unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, ist in erster Linie die Rechtsprechung. Gibt es dort keine divergierenden Auffassungen, so macht eine einzelne Literaturstimme (hier Neuhaus, a.a.O.) die Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO, wenn der BGH die Frage noch nicht entschieden hat (BGH, Beschluss vom 08.02.2010 – II ZR 54/09, NJW-RR 2010, 1047, juris Rn. 3). Rechtsprechung, von welcher der Senat abwiche, existiert soweit ersichtlich nicht.

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